Rasse: Politische Systeme benötigen die Klügsten, nicht die Dümmsten in Positionen

Die deutschen Politdarsteller haben ein neues Spielzeug gefunden. Es nennt sich Rasse. Rasse gibt es nicht, so hört man sie behaupten (ohne dass sie es belegen könnten). Rasse, so der Eindruck, der sich aufdrängt, wird von diesen Ahnungslosen nicht als wissenschaftliches Konzept, sondern als Essenz aufgefasst. Darin sind sie sich mit den Nazis und Hitler seltsam einig. Während die Nazis Rasse als allgegenwärtiges Merkmal angesehen haben, das jede menschliche Regung eines rassisch Markierten steuert, sind die neuen Essentialisten der Ansicht, dass Rasse aus genau diesem Grund beseitigt werden müsse, weil es die Bedeutung, die die Nazis dem Begriff Rasse unterstellt haben, nicht gebe. Wenn es diese Bedeutung nicht gibt, ist es nicht notwendig, den Begriff zu tilgen. Die Tilgung von Rasse kann nur fordern, wer dem Begriff ein essentielles Wesen, das sich bei Verwendung schädlich auswirkt, zuweist. Er hat somit dieselbe Prämisse, die auch die Nazis hatten, bewertet sie nur anders.

“Die Grünen-Forderung nach Streichung des Begriffs “Rasse” aus dem Grundgesetz stößt in der Koalition auf Zustimmung. Neben den Oppositionsparteien FDP und Linke spricht sich auch die stellvertretende SPD-Chefin Serpil Midyatli klar dafür aus. “Der veraltete Begriff ‘Rasse’ hat im Grundgesetz nichts zu suchen, er muss aus Artikel 3 gestrichen werden. Es gibt keine Rassen, diese Klarheit wünsche ich mir auch in unserer deutschen Verfassung”, sagte sie den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.

Der Parlamentsgeschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Marco Buschmann, schrieb auf Twitter: “Das Grundgesetz verbietet rassistische Diskriminierung. Das muss es auch sprachlich zum Ausdruck bringen.” Und Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch twitterte: “Zustimmung!” [Irrsinn in drei Sätzen: Wie man etwas dadurch zum sprachlich Ausdruck bringt, dass man die Verwendung von Begriffen verbietet, ist ein Geheimnis, das wohl nicht einmal Marco Buschmann lüften kann – obwohl er es gerade erfunden hat.]



Es ist erschreckend wie dumm heutige Politdarsteller sind, denn: Niemand, außer Politdarstellern und anderen Essentialisten, hat je behauptet, dass es Rasse gibt. Rasse ist ein kategorialer Begriff, der als solcher operationalisiert werden muss. Als kategorialer Begriff beschreibt er Gemeinsamkeiten zwischen – in diesem Fall – einer Menge von Menschen, die diese Menge von Menschen verbindet und von einer anderen Menge von Menschen, die durch andere Gemeinsamkeiten, die derselben Kategorie “Rasse” zugeordnet werden können – unterscheidbar macht. Insofern ist es wichtig, den Ahnungslosen, deren Unkenntnis wieder einmal nur dazu führen wird, Regulierung und Zwang auszuüben und Gräben auszuheben, die diejenigen, die einen Begriff benutzen können, von ihnen unterscheiden, die es nicht können, einmal mehr die BEDEUTUNG von RASSE klar zu machen, es zumindest zu versuchen.

Rasse, Ihr Ahnungslosen, ist in seiner Bedeutung nicht im Heiligen Buch der Welt festgeschrieben. Wie alle wissenschaftlichen Konzepte, so ist auch Rasse ein Konzept im Wandel, das eine bestimmte Operationalisierung erfordert. Dr. habil. Heike Diefenbach hat die Lanze für die Wissenschaft und die Realität gebrochen, für die Realität, die man nicht dadurch beseitigen kann, dass man Begriffe verbietet, ohnehin eine Idee, auf die nur jemand kommen kann, der mit dem logischen Denken auf Kriegsfuß steht und der Ansicht ist, seine Worte hätten einen Einfluss auf die Ausgestaltung der Realität , jemand, den man entsprechend als Fall für die Psychiatrie einstufen müsste. Dr. Diefenbach hat die Lanze im folgenden Kommentar gebrochen, der zu wichtig ist, als dass wir ihn in der Kommentarspalte belassen wollen:

“Um es einmal (mehr) klarzustellen:

Die Frage, ob es Rassen gibt oder nicht, macht so überhaupt keinen Sinn. Die Frage ist und war, was mit “Rasse” gemeint ist. Äußerliche Merkmale, anhand derer “Rassen” unterschieden werden können, sind genetisch verankert. So weit, so gut.

Bekanntermaßen haben bestimmte Leute gedacht, dass mit den äußerlichen Merkmalen irgendwelche “inneren” Merkmale in, was weiß ich, Temperament, Charakter, Talent o.ä. einhergingen. Andere haben das nicht geglaubt.

Die Genetik hat uns eines gelehrt: Die Frage nach “Rassen” kann nicht die Frage danach sein, wer oder was jemand ist, sondern nur, woher jemand kommt in dem Sinn, dass er ein Produkt der Fortpflanzung einer Reihe von Vorfahren ist, die alle irgendwo und das heißt: unter spezifischen geographischen Bedingungen, ge- und überlebt haben.

Barbara Koenig, Sandra S. Lee und Sarah S. Richardson haben das, finde ich, sehr gut in ihrer Einleitung zum von ihnen herausgegebenen Sammelband mit dem Titel “Revisiting Race in the Genomic Age” (2008) auf den Punkt gebracht, und zwar (auf S. 25):

“The word remains the same (yes, ‘race’), but the concept underlying it has again been radically reformulated. It is now a very careful look at the most divergent qualities of the most geographically separated peoples, so as to maximize detectable differences between groups. This is exemplified by the study of Ancestry Informative Markers, or AIMs – an analysis of the residuals of human genetic variation once the major [!] features of that variation [d.h. die Variationen, die sogenannte within-group variations (im Gegensatz zu between-group variations) sind und den größten Anteil an Variation im menschlichen Gen-Pool ausmachen] are dismissed. Here an individuals’s African ancestry is inferred from genetic similarity along a few dozen genetic markers (sampled across 25.000 genes and 3 billion DNA bases in a human genome), derived from a few dozen cell lines from Central-West Africa, carefully chosen to be maximally different from a comparable sample of East Asians and Northern Europeans”.

Sofern Genetiker und Biologen von “Rasse” reden, ist es gewöhnlich das gerade Beschriebene, was sie meinen, also “ancestry”, was im Deutschen am ehesten als eine Mischung aus Abstammung und geographischer Herkunft sein dürfte. Und die ist in jedem von uns real verkörpert; es gibt keinen Menschen, der nicht irgendwo herkommt und von einer sehr, sehr langen Reihe von biologischen Vorfahren abstammt, die ebenfalls irgendwo waren oder von irgendwo hergekommen sind.

Wenn sich u.a. das ZDF dazu entscheidet, Kindern zu vermitteln, dass der Begriff “Rasse” rein sozialkonstruktivistisch zu sehen ist und im Kern bedeutet, was das ZDF (und die ein oder andere Lobbyisten-Gruppe) meint, was es bedeuten sollte, dann ist das eine Entscheidung zu einer bestimmten Begriffsbestimmung, die man im Prinzip beliebig anders treffen könnte.

“Rasse” als Begriff oder Konzept umstandslos zu streichen oder zu verbieten und an seine Stelle Begriffe zu setzen, die frei “aus der Luft” gesetzt werden, mit einer Bedeutung versehen werden, die für alle verbindlich gemacht werden soll, verhindert ironischerweise genau den Zugang, den Kinder zu Geschichte und modernen Erkenntnissen der Genetik brauchen, um die Fragen nach dem Sinn dieser Begriffe und derer, die sie ersetzen sollen, für sie befriedigend und halbwegs vernünftig zu beantworten:

Die Geschichte gibt Aufschluss darüber, was mit der Entwicklung dieses Begriffes und Konzeptes von „Rasse“ verbunden war, und dies ist durchaus nicht sinnvoll auf “Rassismus” als Diskriminierung oder Verfolgung von Leuten mit anderer Hautfarbe reduzierbar, sondern eng verbunden mit der Entwicklung der Erblehre (ob man das nun mag oder nicht), die Kinder zumindest rudimentär verstehen sollten, wenn sie z.B. eine Vorstellung davon entwickeln sollen, wie die Zucht von Pflanzen und Tieren funktioniert, wie man Jungpflanzen aus älteren Pflanzen zieht, welche Risiken mit der Anschaffung eines „Rasse“-Hundes verbunden sind. Das sind grundlegende kulturelle Techniken bzw. „basics“ unserer Lebensweise, und die rudimentärsten von ihnen durch „entdeckendes Lernen“ in der Schule vermitteln zu wollen, bleibt notwendigerweise weit hinter dem zurück, was vor fast 300 Jahren diesbezüglich geleistet wurde, u.a. durch die Herren Mendel oder Linnäus. M.E. ist das eine systematische Vorenthaltung von Bildung, die Kindern dadurch zugefügt wird/würde.

Was den Zugang zur modernen Genetik betrifft, so wird er Kindern systematisch versperrt werden müssen, wenn man verhindern will, dass sie in diesem Zusasmmenhang auf den Begriff „Rasse“ stoßen, vermutlich im modernen, oben zitierten Sinn. Genau in diesem Zusammenhang würden Kinder aber diejenigen empirischen Erkenntnisse der Genetik kennenlernen können, die ihnen deutlich machen sollte, warum man mit Bezug auf „Rasse“, Hautfarbe, Haarfarbe oder –struktur etc. nur sinnvoll fragen kann, woher jemand kommt (im Sinn von „ancestry“), nicht, wer oder wie er „ist“. Das passt nicht nur nicht zu angeblichen Bestrebungen, STEM-Fächer stärken zu wollen, sondern ist insofern gefährlich als Genetik in Zukunft eine immer größere Rolle spielen wird und die dann erwachsenen Kinder unvorbereitet und ihren eigenen Assoziationen überlassen diejenigen Fragen neu stellen werden, die ihnen zu stellen abgewöhnt werden sollte.

Für mich als Soziologe und Ethnologe fällt dies alles unter die Rubrik: Der tragische Irrtum von der nachhaltigen Manipulierbarkeit anderer Menschen – der leider nur allzu oft tragische Konsequenzen produziert!



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