Abstand und Masken schützen – das schwedische Modell ist tot und Dexamethasone [COVID-19 update]

Es ist höchste Zeit, für ein COVID-19 update zu dem, was in der Virenwelt geforscht wird und vor sich geht…

COVID-19 ist nicht vorbei, auch wenn es manchem so vorkommen mag. Weltweit steigt die Anzahl der positiv Getesteten weiterhin an, aktuell sind es 8.595.095 positiv auf SARS-CoV-2 Getestete, 456.650 Menschen sind bislang an COVID-19 gestorben. Derzeit finden sich die Hotspots von COVID-19 in Amerika, Nord-, Mittel- und Süd-, in Asien (vor allem in Pakistan und Indien) und in Afrika, wobei in vielen Ländern Afrikas nicht über SARS-CoV-2 berichtet wird. Eines dieser Länder ist Burundi, in dem eine evangelikale Haltung gegenüber SARS-CoV-2 vorherrscht, staatlich verschrieben wird: Wer bete und fromm sei, der erkranke nicht. Burundis Präsident, Pierre Nkurunziza, der diese Überzeugung vertreten hat, ist gerade gestorben. Offiziell an Herzversagen, tatsächlich an COVID-19. SARS-CoV-2 hat nicht nur den Präsidenten von Burundi hingerafft, das Virus geht derzeit durch die politische Klasse des Landes, wohl in der Absicht, erhebliche Lücken zu schlagen. Ob beten hilft?



Die Frage, ob Masken und Abstandsregeln die Verbreitung von SARS-CoV-2 verhindern können, ist eine Frage, die man einerseits auf Basis dessen, was man von SARS-CoV-2 weiß, aerosole Übertragung, hohe Viralität, lange Überlebensfähigkeit und schnelle Reproduktion mit hoher Virenlast, mit gesundem Menschenverstand beantworten kann: Natürlich schützen Masken. Wir haben das schon vor Monaten geschrieben. Natürlich hilf es, anderen nicht so nahe zu kommen. Beide Aussagen basieren auf gesundem Menschenverstand und den kann man heute nicht überall voraussetzen. Die Regierung von Wales, vor allem der First Minister “Mark Drakeford” und sein Health Minister “Vaughan Gething”, der gerne Picknick macht (auch wenn es eigentlich verboten ist, für die anderen), gehören nicht nur zur Labour Party, sie gehören auch zu denjenigen, die sich seit Wochen mit absurden Aussagen zur Wirksamkeit von Masken hervortun. Der letzte Stand der walisischen Tragödie, die im Senedd, dem Waliser Parlament, gespielt wird, kann hier nachgelesen werden . Das Herumgeeiere hat dazu geführt, dass in Wales das Tragen von Masken da empfohlen wird, wo es nicht möglich ist, mindestens 2 Meter Abstand zu halten.

“The wearing of face coverings are not a silver bullet for COVID-19. Wearing face coverings will not be mandatory, but we will encourage people to do for the benefit of themselves and others. We are not recommending the use of face coverings outdoors.”

Es hat niemand behauptet, dass Masken zu 100% vor einer Infektion schützen. Wie so oft, bekämpfen Linke Schimären, die in ihrer Einbildung bestehen und schaden dadurch anderen (dazu kommen wir gleich noch). Immerhin konnten sich die Maskenmuffel in Cardiff nun dazu durchringen, das zu empfehlen, was der gesunde Menschenverstand sagt und viele Waliser ohnehin tun: Masken tragen, denn Masken schützen.

Auf der anderen Seite des Severn, in England, auf das wir insofern neidisch blicken, als England Wales in Sachen Normalisierung rund zwei Wochen voraus ist, wird derzeit über eine der letzten Anomalien gestritten: Die Abstandsregel. Boris Johnson und sein Medical Adviser bestehen auf 2 Metern Abstand, während kleine Betriebe und die Besitzer kleiner Läden, von Pubs und Gaststätten, den Mindestabstand auf einen Meter reduziert sehen wollen. Hier tobt der Kampf. Ausgang offen – Wissenschaft nicht (auch dazu gleich). Lehrer, die in England fast ausnahmslos gewerkschaftlich organisiert sind, nutzen den Streit, um die Öffnung von Schulen zu verhindern. Zwar sind kaum Fälle bekannt, in denen Kinder als Überträger von SARS-CoV-2 aufgetreten sind, aber Lehrer, ganz so, wie es das alte Stereotyp will, nutzen augenscheinlich jede Gelegenheit, um nicht arbeiten zu müssen. Ergo unterlaufen die Lehrergewerkschaften mit Verweis auf die in Schulen nicht einhaltbare 2 Meter Abstandsregel den Versuch, die Schulen zu öffnen. Jeder ist sich eben selbst der nächste, und die Behauptung, den meisten Lehrern läge die Bildung und die Zukunft von Schülern am Herzen, kann damit ins Reich der Legenden überwiesen werden

Nicholas Mutton / Severn Bridge (M48) full view / CC BY-SA 2.0

2-Meter Abstand und Gesichtsmasken, die Mund und Nase bedecken, reduzieren das Risiko, sich mit SARS-CoV-2 zu infizieren, beträchtlich. Dieses Ergebnis steht am Ende der bislang umfangreichsten Studie, die Derek Chu, Elie E. Akl, Stephanie Duda, Karla Solo, Sally Yaacoub und Holger J. Schünemann durchgeführt haben. Die Studie ist eine Meta-Studie, in der zusammengetragen und bewertet wird, was in anderen Studien, die die Frage, ob Masken und Abstandhalten vor einer Infektion mit RNA-Viren schützen können, namentlich vor einer Ansteckung mit SARS-CoV-1, SARS-CoV-2 und MERS behandelt haben. 172 Studien, die sich mit dieser Frage befasst haben, erlauben eine systematische Bewertung der Ergebnisse, 44 davon basieren auf empirischen Daten, die es erlauben, eine Meta-Analyse durchzuführen. Die Ergebnisse sind dieselben:

  • Abstand halten schützt. Die folgende Abbildung zeigt, in welchem Ausmaß. Das Ergebnis basiert auf Daten von 18.815 Personen.
  • Masken, vor allem N95-Masken reduzieren das Risiko, sich zu infizieren von 17,4% (ohne Maske) auf 3,1% (mit Maske). Das sollten selbst Labour-Politiker verstehen können. Das Ergebnis basiert auf Daten von 12.817 Personen;
  • Auch ein Augenschutz reduziert das Risiko, sich mit SARS-CoV-2 zu infizieren. Die Studien, die diese Frage untersucht haben, stammen jedoch alle aus dem klinischen Bereich, d.h. haben Ärzte, Pfleger und andere Menschen, die direkt mit Infizierten zu tun haben (n = 3713), zur Grundgesamtheit.

Die Ergebnisse sind robust und werden von den Autoren wie folgt zusammengefasst:

“The findings of this systematic review of 172 studies (44 comparative studies; n=25697 patients) on COVID-19, SARS, and MERS provide the best available evidence that current policies of at least 1 m physical distancing are associated with a large reduction in infection, and distances of 2 m might be more effective. These data also suggest that wearing face masks protects people (both health-care workers and the general public) against infection by these coronaviruses, and that eye protection could confer additional benefit.”


Masken, Abstand halten, Hände waschen, sie fließen zusammen in dem, was als Maßnahmen sozialer Distanz bekannt und im Lockdown und seinen Folgen umgesetzt wurde. Insofern ist die Arbeit von Chu et al. (2020) auch ein Beleg dafür, dass Maßnahmen sozialer Distanz wirksam sind, ein weiterer Beleg finden sich in Schweden.



Das schwedische Modell wurde von Gegnern der drastischen Maßnahmen, die wir gesehen haben und immer noch sehen, regelmäßig als Alternative angeführt, denn die Schweden haben weder einen Lockdown von Geschäften, Restaurants, Kneipen noch eine Schließung von Schulen für notwendig gehalten. Nun ist Schweden ein dünn besiedeltes Land mit einigen urbanen Agglomerationen, so dass man denken könnte, vielleicht kommen die Schweden mit einem blauen Auge davon. Tun sie aber nicht, denn im Gegensatz zu den Ländern, die einen Lockdown umgesetzt haben, kommen die Schweden nicht in den Genuss nachlassender Fallzahlen positiv Gestester, im Gegenteil: Die Fallzahlen steigen. Die schwedische Wirtschaft ist von SARS-CoV-2 nicht weniger in Mitleidenschaft gezogen worden als die Wirtschaften anderer Länder, aber das schwedische Modell wurde mit einem hohen Todeszoll bezahlt, 500 Tote auf eine Million Einwohner, nur Belgien, Spanien, Italien und das Vereinigte Königreich haben einen höheren Anteil an COVID-19 Gestorbener auf eine Million Einwohner aufzuweisen, im Gegensatz zu Schweden aber deutlich mehr positiv Getestete (Ausnahme Belgien). Das schwedische Modell ist damit gescheitert.


Schließlich noch eine gute Nachricht aus Oxford. Die Universität Oxford macht derzeit nicht nur als Irrenanstalt von sich reden, in der schwarzen Studenten, die vom Tod von George Floyd traumatisiert sind, was der Vize-Kanzler der Universität offenkundig auch über eine Distanz von mehr als 4000 Kilometern für möglich hält, psychische Beratung, bevorzugte Bewertung und die Möglichkeit, vergeigte Prüfungen, ohne dass sie zählen würden, zu wiederholen, angeboten wird. Die Universität Oxford hat auch einen wissenschaftlichen Teil, in dem nunmehr das erste Medikament entdeckt wurde, das tatsächlich gegen COVID-19 hilft, wenn auch in begrenztem Maße und nur bei schweren Fällen von COVID-19. Das Mittel ist ein Steroid, trägt den Namen “Dexamethasone” und ist billig. Wir haben schon vor einiger Zeit darüber berichtet, dass Dexamethazone zu den Mitteln gehört, die im größten britischen Trial auf ihre Wirksamkeit untersucht werden.

“A total of 2104 patients were randomised to receive dexamethasone 6 mg once per day (either by mouth or by intravenous injection) for ten days and were compared with 4321 patients randomised to usual care alone. Among the patients who received usual care alone, 28-day mortality was highest in those who required ventilation (41%), intermediate in those patients who required oxygen only (25%), and lowest among those who did not require any respiratory intervention (13%).

Dexamethasone reduced deaths by one-third in ventilated patients (rate ratio 0.65 [95% confidence interval 0.48 to 0.88]; p=0.0003) and by one fifth in other patients receiving oxygen only (0.80 [0.67 to 0.96]; p=0.0021). There was no benefit among those patients who did not require respiratory support (1.22 [0.86 to 1.75; p=0.14).

Based on these results, 1 death would be prevented by treatment of around 8 ventilated patients or around 25 patients requiring oxygen alone.

Für einen großflächigen Einsatz von Dexamethasone wurde bereits grünes Licht gegeben. Es kommt somit im UK da zum Einsatz, wo es Hilfe verspricht, in der Behandlung schwerer Fälle von COVID-19.

Schließlich: SARS-CoV-2 ist wohl doch schon ein älterer Bekannter. Italienische Forscher haben ihn in Abwasserproben aus Turin, Mailand und Bologna nachgewiesen. Die Proben stammten aus dem Dezember. Sollte sich herausstellen, dass SARS-CoV-2 schon mindestens zwei Monate vor Ausbruch in der Lombardei in Italien vorhanden war, dann sind die Karten neu gemischt. 

Soweit unser Update zu COVID-19.



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Fakten zu SARS-CoV-2/COVID-19:




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