Szenen einer Denunziation: Bundestagsgrüner im Zentrum des Versuchs, eine Biographie zu zerstören

Wer erinnert sich noch an Franz Handlos?
Nein?
Wie ist es mit Franz Schönhuber?

Richtig: Die Republikaner – jenes kurze Aufflimmern des Versuchs, die Themen und Inhalte der französischen Neuen Rechte nach Deutschland zu bringen und hier in Wahlerfolg umzusetzen. Tatsächlich ist es den Republikanern gelungen, 1992 und 1996 in den Baden-Württembergischen Landtag einzuziehen. 1989 gab die Partei ein sehr kurzes Gastspiel im Berliner Abgeordnetenhaus. Ansonsten sind die Erfolge der Republikaner eher bescheiden: bei drei Bundestagswahlen in Folge 1990, 1994 und 1998 ist die Partei nicht über 2% hinausgekommen. Und das war’s. Heute sind die Republikaner eine Ferner-Liefen-Partei, die 2017 nicht einmal mehr zur Europawahl, geschweige denn 2019 zur Bundestagswahl angetreten ist. Um die Republikaner rankt sich dasselbe Spektakel, das in Deutschland immer vorzufinden ist, wenn eine rechte Partei auftaucht. Linke laufen nur Amok, der Bundesverfassungsschutz beginnt irgendwann zu beobachten, bei den Republikanern war das 1992, und irgendwann hört der Verfassungsschutz wieder auf, bei den Republikanern war das 2004. Dagegen steht die LINKE seit Jahrzehnten dauerhaft unter Beobachtung des Bundesverfassungsschutzes. Aber das nur nebenbei.

Die Republikaner haben die üblichen Diskussionen und die übliche Begriffs-Verwirrung hervorgerufen, Rechtspopulisten für die einen, Rechtsradikale für die anderen, Rechtsextremisten für wieder andere. Die wenigsten derjenigen, die einen der drei Begriffe benutzen, wissen, was damit bezeichnet werden soll. Sozialwissenschaftliche Operationalisierungen, die sich zuweilen in empirischer Sozialforschung finden, sind in der Regel so weich, breit oder unsinnig, dass man der Messung wenig Wert zuweisen kann. Kurz: Die Republikaner waren eben eine rechte Partei, eine, die um so weiter nach rechts gerückt ist, je weiter derjenige, der die Republikaner bewerten wollte, nach links gerückt ist.



Christian Storch ist einer derjenigen, die man wohl als links bezeichnen kann / muss. Er ist wissenschaftlicher Mitarbeiter bei dem Grünen Bundestagesabgeordneten Sven-Christian Kindler, der sich selbst als “Öko, Gutmensch, Umverteiler” bezeichnet. Das kommentieren wir erst einmal nicht.


Wenn Christian Storch gerade nicht damit beschäftigt ist, für die Arbeit im Haushaltsausschuss von Sven-Christian Kindler, dem Gutmenschen aus Öko,das Bundesministerium für Verkehr zu betreuen, dann führt er wohl einen Privatkrieg gegen den Berliner Polizeibeamten Bodo Pfalzgraf, der vermutlich außer denen, die ein Problem damit haben, wenn aus Parlamenten heraus Denunziation betrieben wird, auch noch Psychiater interessieren wird.

Bodo Pfalzgraf hat sich den Ärger des Gutmenschen-Mitarbeiters zugezogen. Deshalb hat Storch einen Brief an den Polizeipräsidenten von Berlin geschrieben und diesen Brief, in narzisstischer Selbstverklärung weithin und vor allem auf Twitter verbreitet, wohl in der Hoffnung Brownie Punkte zu erhalten und darüber hinaus, seinen Wert als Gutmenschen-Mitarbeiter von Kindler zu beweisen.

Der Brief:

Der Brief beginnt mit einem essentialistischen Fehlschluss, wie man ihn gewöhnlich bei Faschisten finden, die den individuellen Wert von Menschen z.B. über deren Ahnengalerie oder über deren Lebensweise bestimmen wollen. “Herr Bodo Pfalzgraf ist ein Rechtsextremist”, so schreibt Storch, der zu diesem Schluss nicht etwa auf Grundlage einer Operationalisierung von Rechtsextremismus und einer Befragung von Pfalzgraf gekommen ist, sondern über den Fehlschluss der falschen Analogie, denn Pfalzgraf war in den 1990er Jahren Mitglied der Republikaner, hat für sie in Berlin kandidiert. Wer das tut, der kann nach Ansicht von Storch nur ein Rechtsextremist sein, denn – zum Genießen:

“Das inhaltliche Profil der Partei [die Republikaner] ließ spätestens seit 1985 keinerlei Zweifel an der menschenrechtsfeindlichen, menschenverachtenden, homophoben, antisemitischen, revisionistischen und rechtsextremen Ausrichtung. […] Jeder und jede, die sich – so wie Herr Pfalzgraf in der Partei engagierte, wusste das und trug die Einstellungen und antidemokratischen Ziele mit.”

Modernisierte Sippenhaft, ein Fehlschluss falscher Analogiebildung, ein essentialistischer Fehlschluss und ein genetischer Fehlschluss, sie findet man in der Regel nur dann in trauter Eintracht, wenn Faschisten versuchen, ein Argument zu machen. Aus der falschen Gleichsetzung politischer Ziele einer Organisation mit individuellen Zielen, der falschen Behauptung, dass Menschen sich nicht verändern können, der Aufzählung von Begriffen, die Storch böse erscheinen (ein Verweis auf die 8 Kriterien des Totalismus bei Robert Jay Lifton, die Dr. habil. Heike Diefenbach gerade in einem Beitrag für ScienceFiles aufgearbeitet hat, drängt sich förmlich auf), sie bilden die Grundlage für die Forderung des Mitarbeiters eines grünen Bundestags-Gutmenschen, Bodo Pfalzgraf aus dem Polizeidienst zu entfernen:



“Ich fordere Sie daher auf[,] gegen den Polizeibeamten Bodo Pfalzgraf ein internes Ermittlungsverfahren einzuleiten, ihn bis auf weiteres vom Polizeidienst freizustellen und gemeinsam mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz seine politischen Aktivitäten in Zusammenhang mit rechtsextremen Parteien und Gruppierungen in den letzten 45 Jahren intensiv zu überprüfen”.

Manche Formen des Narzissmus sind schon extrem.
Wie dem auch sei, der von Storch angeschriebene Polizeipräsident, der die Sache “Storch” delegiert hat, ist zu dem Schluss gekommen, dass Storch sich ohne Grund ereifert:

Storchs Reaktion ist vorhersehbar: Er ist wütend. Er hat seinen Willen nicht bekommen. Ein Polizeibeamter, den er angeschwärzt hat, wird dennoch nicht entlassen. Der wichtige Mitarbeiter des Gutmenschen-Abgeordneten der Grünen im Bundestag ist aufgelaufen.

Damit ist die Geschichte aber nicht zuende. Denn das Beispiel “Storch” ist von uns als “Gesinnungs-Denunziation” klassifiziert worden. Der Versuch, die Erwerbsbiographie von Bodo Pfalzgraf zu zerstören, ihn aus dem Polizeidienst zu entfernen, greift zwar auf die olle Kamelle von dessen Mitgliedschaft bei den Republikanern zurück, hat aber nicht diese Kamelle zum Anlass. Sie wurde vermutlich nachträglich recherchiert, um mit Dreck werfen zu können, auf einen Polizeibeamten, der sich die Wut und wohl auch den Hass von Storch wegen der folgenden Tweets, die Protesten von Black Lives Matter in Berlin zum Gegenstand haben,  zugezogen hat:

Ein Polizeibeamter, der sich um die Sicherheit seiner Kollegen sorgt, der linke Gewalt als in keiner Weise durch das, was in den USA geschehen ist, gerechtfertigt sieht, der die Heuchelei aufzeigt, die alle diejenigen teilen, die angesichts der oben abgebildeten Black Lives Matter Proteste, die allesamt gegen die Auflagen gegen SARS-CoV-2 verstoßen haben, schweigen (während sie derzeit ihren Mund ganz weit aufreißen) und ansonsten der Ansicht ist, dass Gewalttäter mit der vollen Härte des Gesetzes getroffen werden müssen, muss nach Ansicht des Mitarbeiters eines Gutmenschen-Bundestagsabgeordneten derGrünen aus dem Polizeidienst entfernt werden, und zwar, wie man aus dem Text des Briefes ableiten kann, weil Storch nicht nur meint, derartige Tweets seien beanstandenswert, sondern nur dadurch erklärbar, dass Pfalzgrad vor Jahrzehnten Mitglied der Republikaner gewesen sei, deshalb rechtsextreme sei und “Solche Einstellungen legt man nicht von heute auf morgen ab”, wie Storch behauptet. Dass die Aussagen von Pfalzgraf alle durch das Grundgesetz gestützt sind und in keinerlei Zusammenhang mit der Frage, wie gut er seinen Beruf ausübt, stehen, ist offenkundig.

Robert Gellately hat in seinem wichtigen Buch “Backing Hitler” diejenigen ins Zentrum gestellt, die vollkommen grundlos über ihre Mitmenschen hergefallen sind. Teile seines Buches wurden in der BBC Serie “The Nazis – A Warning from History”, die auf dem gleichnamigen Buch von Laurence Rees basiert, verarbeitet, u.a. Fälle von Personen, die ihre Nachbarn bei der Gestapo angeschwärzt haben. Die Motivation war in jedem Fall ein Gemisch aus persönlichem Hass, Vorteilsnahme und – in jedem Fall – dem Versuch, sich vor dem Regime als besonders treuer Staatsbürger auszuzeichnen. Heute spricht man vom Virtue Signalling, um den letztgenannten Umstand zu beschreiben. Und die Veröffentlichung des gesamten Schriftwechsels durch Storch erfüllt alle Kriterien des Virtue Signalling. Ob die anderen Beweggründe, die Gellately zusammengestellt hat, um die Konspiration vieler Deutscher mit der Gestapo zu erklären, bei Storch auch gegeben sind?


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