“Corona-Hotspot Schule” – Bei der ZEIT ist die Ahnungslosigkeit Hysterie geworden

Das Schauspiel, das in vielen Ländern Europas derzeit um die Frage “Können Schulen wieder geöffnet werden?” aufgeführt wird, ist an Lächerlichkeit nicht zu überbieten. Im Vereinigten Königreich gibt es nach wie vor Gewerkschaften, die Sturm gegen die Entscheidung der Regierung laufen, alle Schulen ab September [!sic] wieder zu öffnen. Ergebnis: ein Ultimatum an die Lehrer: Go to work or get the sack!

In Deutschland toben ähnliche Kämpfe, die man schwerlich anders als hysterische Aufwallung ansonsten lethargischer Geister ansehen kann. Urplötzlich wird der Kampf um Schulen geführt. Dazu muss man wissen, dass Schulen schon in den Modellen des Imperial College, die wir vor einiger Zeit besprochen haben und die sich als in ihrer Vorhersage weitgehend falsch erwiesen haben, kein großer Einfluss auf das Infektionsgeschehen gezeigt wurde. Die geringe Bedeutung von Schulen in der Erhöhung des Infektionsrisikos ging damals und geht bis heute nicht davon aus, dass Kinder sich infizieren und dann Erwachsene infizieren, sondern davon, dass Eltern dann, wenn Kinder zur Schule gehen, wieder an den Arbeitsplatz zurückkehren können und auf dem Weg dahin, Gelegenheit haben, sich z.B. in öffentlichen Verkehrsmitteln anzustecken. Schon vor diesem Hintergrund ist die Diskussion um Schulen als “Corona Hotspot” nachgerade lächerlich. Die größten Hotspots für SARS-CoV-2-Infektionen sind Familien, wie sich derzeit im Raum Manchester und Leicester im UK zeigt. Der dortige Anstieg der Infektionszahlen geht im Wesentlichen auf Muslime zurück, die im Großfamilienkreis gefeiert haben.



Weitere Forschung hat zwischenzeitlich gezeigt, dass die Wahrscheinlichkeit, sich mit SARS-CoV-2 zu infizieren, mit dem Alter steigt. Und eine Studie, die die Forscher der University of Cambridge gemeinsam mit der Berliner Charité durchgeführt haben, zeigt, dass sich Kinder und Jugendlichen seltener mit SARS-CoV-2 infizieren, wenn sie infiziert sind, dann findet sich für sie in etwa dieselbe Verteilung der Virenlast wie für andere Altersgruppen. Dazu muss man wissen, dass nicht jeder mit SARS-CoV-2 Infizierte auch an COVID-19 erkrankt. Um an COVID-19 zu erkranken, muss eine bestimmte Grenze der Virenlast überschritten sein, die nur bei rund der Hälfte der rund 3.900 Testpersonen der Cambridge-Berliner Studie überschritten war.

Mit anderen Worten:

  • Kinder und Jugendliche haben nach allem, was man weiß, ein geringeres Risiko sich mit SARS-CoV-2 zu infizieren;
  • Haben sich Kinder oder Jugendliche infiziert, dann haben weisen sie ungefähr dieselbe Verteilung der Virenlast auf, die sich auch bei Erwachsenen findet;
  • Schulen spielen in allen Modellen zur Vorhersage des Infektionsgeschehen eine untergeordnete Rolle:

Wenn die Ansteckungsgefahr am Arbeitsplatz also gering ist, und es daher möglich ist, an den Arbeitsplatz zurückzukehren, dann ist es in jedem Fall möglich, Schulen zu öffnen, da die Ansteckungsgefahr dort noch geringer ist.

Vor diesem Hintergrund muss man eine Studie bewerten, die Leipziger Mediziner an 18 Schulen in Sachsen (Grundschulen und Gymnasien) in 5 sächsischen Städten ab dem 18. Mai durchgeführt haben. Im Verlauf der Studie wurden 1.884 Schüler und 803 Schulangestellte sowohl per Rachenabstrich (RT-PCR) auf eine Infektion mit SARS-CoV-2 getestet als auch per Blutentnahme auf das Vorliegen von SARS-CoV-2-lgG (Immunoglobin G). Dabei hat sich gezeigt, dass nicht ein einziger der Gestesten positiv auf SARS-CoV-2 getestet wurde und nur 14 von 2.344 Testpersonen, für die Serumproben vorhanden waren, Antikörper aufgewiesen haben, die den Schluss zulassen, dass in der Vergangenheit eine Infektion mit SARS-CoV-2 vorhanden war.

Die Sero-Prävalenz von SARS-CoV-2 beträgt somit 0,6% und liegt damit höher als die Sero-Prävalenz, die auf Basis von 120.610 Teilnehmern der englischen REACT-Studie ermittelt wurde. Sie betrug nur 0,13%. Man muss daraus wohl schließen, dass SARS-CoV-2 weit weniger in der Bevölkerung verbreitet ist als befürchtet. Eigentlich eine gute Nachricht.



Also: Schulen öffnen, denn die damit verbundene Gefahr ist gering. Denkt man. Wer das denkt, hat seine Rechnung ohne die Bedenkenträger, Gewerkschaften, Lobbyisten und wohl auch die seltsam unmotivierten Lehrer gemacht, die keinerlei Druck zu verspüren scheinen, ihr gutes Werk der Bildung der heranwachsenden Generationen, die so wichtig für deren Biographie ist, zu erbringen. Statt sich über die Ergebnisse aus Leipzig zu freuen, die den Schluß nahelegen, dass in Sachsen kaum SARS-CoV-2 vorzufinden ist, kein “community spread” vorhanden ist, sodass eventuelle Ausbrüche, auch in Schulen, leicht kontrollierbar sein sollten, immer vorausgesetzt, dass auch entsprechend getestet wird, stattdessen liest man Folgendes:

“Sollten Schulen in der Pandemie nun öffnen und wenn ja, wie? Für Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) scheint die Antwort gefunden: “Die Infektionsgefahr an #Schulen in #Sachsen ist extrem niedrig”, twitterte er bereits am Montag. “Wir starten das neue Schuljahr im #Normalbetrieb. Kinder wollen lernen[,] und sie brauchen Kontakt zu Gleichaltrigen.” Er bezog sich dabei auf aktuelle Studienergebnisse zu Corona an sächsischen Schulen, die Forschende des Universitätsklinikums Leipzig kurz zuvor präsentiert hatten.
[…]
Das Problem dabei: Sie liegen mit ihren Aussagen falsch – zumindest in dem Punkt, wo sie aus den Ergebnissen Rückschlüsse über das Infektionsrisiko an Schulen ziehen. Denn die Studie sagt darüber nichts aus.
[…]
Es wurde auf Virus getestet, wo es keins gab.
[…]
Auch in den Kreisen Leipzig, Dresden und Zwickau – also dort, wo das Forscherteam testete – lagen die Infektionszahlen zwischenzeitlich so gut wie bei Null (gut zu erkennen, an den Infektionskurven im ZEIT ONLINE-Corona-Dashboard). So ist es nicht verwunderlich, dass auch an den Schulen fast keine positiven Fälle auftraten. Insofern liefern die Zwischenergebnisse der Studie nur eine Bestätigung dessen, was sowieso schon bekannt war: Es gab kaum Ansteckungen in der Region Ende Mai und Anfang Juni. Und wo das Virus nicht kursiert, da lässt sich auch nichts darüber ablesen, ob die Öffnung von Schulen nun besonders riskant wäre oder nicht.”

Das ist schon eine außergewöhnlich dämliche Rabulistik. Weil die Infektionszahlen in den Kreisen Leipzig, Dresden und Zwickau zu dem Zeitpunkt, zu dem das Forscherteam testete, sehr gering waren, also diejenigen, die durch Test festgestellt wurden, deshalb kann man aus dem Ergebnis der Leipziger Ärzte nicht den Schluss ziehen, dass das Infektionsrisiko an Schulen gering ist.

Wow.
Natürlich kann man diesen Schluss ziehen.

Offenkundig ist seit der Studie aus Leipzig, die keinen positiven SARS-CoV-2-Test unter den Lehrern und Schülern dort vorweisen kann, klar, dass man sich mehr oder minder auf die offiziellen Zahlen verlassen kann. Wenn die Statistik kaum Fälle von SARS-CoV-2 ausweist, dann gibt es offenkundig auch wenige und vor allem gibt es dann an Schulen KEINE. Das zeigt die Studie. Und sie zeigt darüber hinaus, dass auch Asymptomatische, also Infizierte, die sich nicht testen lassen, weil sie nicht bemerken, dass sie infiziert sind, denn sie haben keine Symptome, in Sachsen kein Problem sind. Bislang wurde angenommen, bei denen, die sich mit SARS-CoV-2 beschäftigen, nicht in der ZEIT-Redaktion, dass die Statistik der positiv Getesteten eine große Anzahl von asymptomatischen Trägern des Virus nicht ausweist. Nun, nach der Leipziger Studie kann man diese Aussage dahingehend einschränken, als geringe Zahlen in den Statistiken mit keinem großen Dunkelfeld asymptomatisch Erkrankter einhergehen. Last but not least zeigt die Studie aus Leipzig, dass Schüler und Lehrer ein Abbild ihrer Umgebung sind, d.h. in Kreisen und Gemeinden, in denen SARS-CoV-2 Infektionen gering sind, ist es gefahr- und problemlos möglich, Schulen zu öffnen, in Kreisen und Gemeinden, die mit höheren Fallzahlen aufwarten, kann man getrost annehmen, dass Schulen kein 1:1 Abbild der erhöhten Fallzahlen sind, eher eine positive Selektion derer, für die das Infektionsrisiko gering ist.


Maskenpflicht mit Stil: Die ScienceFiles-Maske


Kurz:
Schulen können geöffnet werden.

Die Gefahr, sich in Schulen mit SARS-CoV-2 zu infizieren, ist in jedem Fall geringer als im Umfeld der Schulen.

Gegenstand der Leipziger Studie ist das regionale und aktuelle Infektionsrisiko.

Gegenstand des ZEIT-Textes scheint eine Art generelles, essentielles Infektionsrisiko zu sein, das überall und für alle gilt. Ein solches Risiko gibt es nur in der Vorstellungswelt der Zeit-Schreiber, in diesem Fall ist es eine “Linda” (Fischer), die hier alles ganz genau zu wissen meint.

Die Kunst der Handhabung von SARS-CoV-2 wird darin bestehen, Ausbrüche des Virus, die es mit Sicherheit geben wird, lokal zu halten. Das setzt voraus, dass die lokalen Herde schnell gefunden und eingedämmt werden können, also Testen, Track and Trace. Es setzt in keiner Weise geschlossene Schulen voraus, zumal der Effekt von Schulschließungen auf die Verbreitung von SARS-CoV-2 ohnehin gering ist, fast so gering wie die Folgen einer Erkrankung an COVID-19 für Kinder und Jugendliche.

Schulen sind kein Corona-Hotspot. Sie waren es nie. Sie werden es nach derzeitigen Erkenntnissen der Forschung nie sein. Wer von einem Corona-Hotspot Schulen schreibt, der dokumentiert damit nachdrücklich seine vollkommene Ahnungslosigkeit.



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