Zwei Welten: Für das ZDF ein Sozialwissenschaftler für den BGH ein linksextrem Eingestellter

Dass eine ehemalige Mitarbeiterin der Stasi heute eine von Steuerzahlern finanzierte “Stiftung” führt und sich in der Wikipedia als “Menschenrechts-Aktivistin” feiern lassen kann, daran werden wir uns nie gewöhnen. Tatsache ist aber: Die ehemaligen Stasi sind überall. Die DDR ging unter. Die ehemaligen Stasi sind untergetaucht. Niemand hat sich so wirklich für ihren Verbleib interessiert. Und nach Jahren im Untergrund sind sie dann nach und nach wieder aufgetaucht und bei manchen – wie bei Anetta Kahane – taucht auch die Stasi-Akte und die Wahrheit über ihr Verhältnis zum DDR-Regime, zu Mielkes und Honeckers auf.

Ein solches “Coming out” hat z.B. Andrej Holm. Schon mit 14 Jahren hat er seine Bindung zur SED damit dokumentiert, aussichtsreicher FdJ-Bewerber für militärische Berufe zu werden. 1988 hat Holm sein Abitur abgelegt und anschließend die angestrebte Karriere als Offiziersschüler im Wachregiment „Feliks Dzierzynski“ der Elitetruppe der Stasi, begonnen. Mitglieder dieser Einheit haben den Mauerbau 1961 überwacht. Die Namensgebung verweist auf den Gründer der russischen Tscheka, der Geheimpolizei Lenins, die als Außerordentliche Allrussische Kommission zur Bekämpfung von Konterrevolution, Spekulation und Sabotage 1917 gegründet wurde und sich durch ihr brutales Vorgehen ein Denkmal gesetzt hat.



Dass die Elite-Einheit der Stasi kein Zufall war, zeigt auch der weitere Werdegang von Holm, der ihn 1989 in die berüchtigte Hauptabteilung XX der Stasi hat wechseln sehen. Hauptabteilung XX wird von Matthias Braun in seiner Einleitung zum von Thomas Auerbach, Matthias Braun, Bernd Eisenfeld, Gesine von Prittwitz, Clemens Vollnhals herausgegebenen Buch: “Hauptabteilung XX: Staatsapparat, Blockparteien, Kirchen, Kultur, »politischer Untergrund«” wie folgt beschrieben:

Wer sich für die Tscheka interessiert: Wir haben hier einen Text dazu geschrieben.

“Die Hauptabteilung XX bildete den Kernbereich des Systems der politischen Repression und Überwachung des Ministeriums für Staatssicherheit. In Struktur und Tätigkeit passte sich die Abteilung mehrfach an die sich wandelnden Bedingungen der Herrschaftssicherung an.

[…]

Bis zuletzt stand die »Zurückdrängung« von oppositionellen und anderen politisch unerwünschten Handlungen im Zentrum des Aufgabenspektrums der HA XX. Im Originalton der Akten hieß dies »Aufsplitterung, Begrenzung und Einschränkung des Potenzials innerer feindlicher Kräfte der politischen Untergrundtätigkeit, reaktionärer kirchlicher Amtsträger sowie von Antragstellern auf ständige Ausreise«. Daneben überwachten die Struktureinheiten der Linie XX wichtige Bereiche des Staatsapparates, etwa die Justiz und das Gesundheitswesen, sowie die Medien, den Kulturbetrieb und die Blockparteien. Die Diensteinheit hatte zudem in Kooperation mit der Hauptabteilung II3 auch Spionageabwehraufgaben, besonders bezüglich des Reisekaderbestandes, in ihrem Verantwortungsbereich und erhielt regelmäßig die Federführung bei der Absicherung von Großveranstaltungen (Parteitage, Jugendfestivals, Sportveranstaltungen usw.).”

Wir haben die Holm-Saga in Berlin bislang mit zwei Texten gewürdigt:

Nach der Elite-Wacheinheit hat sich Holm also in der Elite-Schnüffel-, Kontroll- und Repressionsabteilung der Stasi eingefunden und natürlich hat er auch versucht, Mitglied der SED zu werden. Der Transformation seines Status als Kandidat, den er 1989 erhalten hat, kam dann jedoch Egon Krenz mit seiner Maueröffnung und dem damit verbundenen Ende der DDR in die Quere. Holm hat die Zeit nach der Vereinigung genutzt, um zum einen an der Humboldt Universität zu Berlin Sozialwissenschaften zu studieren (1990 bis 1997), um dann bei Hartmut Häußermann wissenschaftlicher Mitarbeiter zu werden. Die akademische Karriere verlief weitgehend ungestört. Ein kurzer Aufenthalt an der Universität Oldenburg mündet in eine ab 2013 unbefristete Anstellung als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der HU-Berlin. Eine Anstellung, die zunächst ein jähes Ende fand: 2017 wurde Holm ordentlich gekündigt. Er hatte vergessen seine Stasitätigkeit und seine vielversprechende Karriere im Ministerium für Staatssicherheit anzugeben. Nach Protesten von Studenten ist Holm seit Ende 2018 wieder an der HU-Berlin tätig.



Seine Mitarbeit in einem Projekt mit dem Titel “Neuordnung des städtischen im neoliberalen Zeitalter” lässt bereits vermuten, dass Holm den politischen Einstellungen, die man ihm ob seiner Tätigkeit für das DDR-Regime unterstellen muss, treu geblieben ist. In der Tat war er nach der Vereinigung in einer marxistischen Jugendvereinigung, in der Berliner Hausbesetzerbewegung aktiv und hat in Blättern wie Telegraf und MieterEcho, junge Welt und Blätter für deutsche und internationale Politik publiziert. 2006 geriet er ins Fadenkreuz des Verfassungsschutzes und der Bundesstaatsanwalt hat ein Ermittlungsverfahren gegen Holm wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung eingeleitet. Die Verhaftung und Inhaftierung Holms war die Folge, wurde 2007 vom Bundesgerichtshof aber aufgehoben, dort hatten die Richter Tolksdorf, Miebach und Becker Zweifel daran, dass Holm den “militanten gruppen (mg)” – einer als terroristische Gruppe angesehene Vereinigung – tatsächlich angehört habe. Keinen Zweifel hatten die Richter indes daran, es bei Holm mit einem Linksextremisten zu tun zu haben. In ihrem Urteil schreiben sie wörtlich:

“Das weitere Beweismaterial, das beim Beschuldigten und bei Mitbeschuldigten sichergestellt werden konnte (insbesondere etwa die bei dem Beschuldigten gefundene Ausgabe von “radikal”, in der eine Seite mit der Anleitung zum Bau von Brandsätzen aufgeschlagen war), ist ebenfalls weder für sich noch in Verbindung mit den sonst bisher vorhandenen Beweisen geeignet, einen dringenden Tatverdacht gegen den Beschuldigten dahingehend zu begründen, er sei Mitglied der “militanten gruppe”. Es bestätigt zwar in hinreichender Weise seine linksextremistische Einstellung, seine Einbindung in die entsprechende Szene im Raum Berlin und auch seine Mitarbeit an den letzten Ausgaben der aus dem Untergrund publizierten Szenezeitschrift “radikal”; es mag auch ein Indiz für seine Gewaltbereitschaft liefern. Mehr als einen Anfangsverdacht, dass der Beschuldigte selbst Mitglied der “militanten gruppe” sein könnte, ergeben die bisher aufgedeckten Beweistatsachen indessen auch in ihrer Gesamtheit nicht.”

Andrej Holm kann somit wie folgt beschrieben werden:

  • Mitglied im Elite-Wachregiment des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR.
  • Mitarbeiter in der berüchtigten Hauptabteilung XX des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR.
  • Aktivist der Hausbesetzerbewegung in Berlin.
  • Person mit linksextremer Einstellung, die Indizien für Gewaltbereitschaft liefert.

Es ist insofern überraschend heute beim ZDF Folgendes über Andrej Holm zu lesen:

Wir haben auf ScienceFiles schon häufiger die Frage gestellt, was eigentlich aus den Tausenden Mitarbeitern des Ministeriums für Staatssicherheit, die für subversive Tätigkeiten ausgebildet wurden, geworden ist. Glaubt jemand, diese Experten in Zersetzung und anderen Mittel der Kontrolle und Überwachung und der Bekämpfung Andersdenkender seien einfach zu Demokraten resozialisiert worden? So naiv kann man eigentlich nicht sein. Hubertus Knabe schreibt in diesem Zusammenhang von den Tätern, die unter uns sind, und zwar in großer Zahl, denn Leute wie Holm, denen neuerdings in öffentlich-rechtlichen Sendern Gelegenheit gegeben wird, ihre anti-demokratische Einstellung auszuleben und Stimmung gegen Vermieter zu machen, übrigens ein eindrucksvoller Beleg für das Fortleben der DDR in Holm, in der es bekanntlich kein privates Eigentum gegeben hat, sind nur die Spitze des Eisbergs. Eigentum, das weiß Herr Holm nicht, Eigentum ist eine der Grundsäulen der Demokratie. Wer gegen Eigentum zu Felde zieht, der offenbart seine anti-demokratische Haltung, zeigt damit, wessen geistiges Kind er ist.

Aber offenkundig schreckt man beim ZDF nicht davor zurück, eine Person, der von Richtern am Bundesgerichtshof eine linksextreme Einstellung attestiert wurde, eine Person, die in Eliteabteilungen des Ministeriums für Staatssicherheit tätig war und seit der Vereinigung keinerlei Anlass zu dem Gedanken gibt, die ideologische Grundlage der DDR verlassen zu haben, nur als “Sozialwissenschaftler und Getrifizierungskritiker” zu präsentieren und somit als einen, der eine akzeptable Quelle für Fragen von Eigentum und dessen Durchsetzung ist.



Dass man beim ZDF der Ansicht ist, es sei angemessen einen vom Bundesgerichtshof attestierten linksextrem Eingestellten zu zitieren, hat selbstverständlich nicht den Grund, dass die Aussagen von Holm mittlerweile andere sind als noch vor Jahren, dass in seinen Aussagen wie oben dokumentiert, nicht mehr der alte Marxismus, Kommunismus, die alte Feindschaft gegenüber Menschen, die die Schuld auf sich geladen haben, Eigentum zu erwerben, Hauseigentum im vorliegenden Fall, zum Ausdruck kommt. Im Gegenteil, das gerade ist der Grund dafür, dass Holm im ZDF zitiert wird, denn das ZDF teilt die linksextreme Einstellung:

“Die rot-rot-grüne Berliner Landesregierung findet sich in der undankbaren Rolle wieder. Einerseits machen die Aktivisten sie jetzt für die Räumung mit verantwortlich, beschimpfen sie als Verräter. Umgekehrt hat es die konservative Opposition leicht, das Entgegenkommen von R2G-Lokalpolitikern wie dem grünen Baustadtrat Florian Schmidt als Billigung von Extremismus zu präsentieren.”

Man hat sehr viel Verständnis beim ZDF dafür, dass ein Baustadtrat ein alternatives Projekt, genauer: einen anarcha-queerfeministischen Saustall, unter dem die Nachbarn leiden, also Linksextreme deckt… Das sagt alles.

Wir sind längst nicht mehr im Stadium “wehret den Anfängen”, es ist mehr das Stadium “retten, was noch zu retten ist” oder “rette sich, wer kann”.



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