Licht am Ende des Tunnels: Der „Weihnachtsstern“ 2020

von Dr. habil. Heike Diefenbach

Das Jahr 2020 war für die meisten von uns wohl eines, an das wir uns nicht gerne erinnern werden. Wenn wir uns daran erinnern werden, dann werden wir es vermutlich als ein dunkles Jahr erinnern, als das Jahr, das große Unsicherheit im Zusammenhang mit dem neuen Corona-Virus gebracht hat, das in der Folge hiervon erhebliche Einschränkungen unser aller individueller Freiheiten gebracht hat, die wirtschaftliche Existenz vieler Menchen beschädigt, wenn nicht zerstört hat, und als das Jahr, das die tiefe Kluft zwischen dem, was Bürger sich von ihren Repräsentanten erwarten, und dem, was die politische Klasse für das Richtige für „ihre“ Bürger hält, deutlich erkennbar gemacht hat, deutlicher als dies in den vergangenen Jahren ohnehin schon der Fall war.

So betrachtet darf man das Jahr 2020 getrost als ein dunkles Jahr für sehr viele Menschen überall auf der Welt bezeichnen. Aber wie immer im Leben des Einzelnen und in der Geschichte der Menschheit leuchtet am Ende des Tunnels ein Licht: Ganz so, als wollte das Jahr 2020 dieser Allegorie Rechnung tragen, verabschiedet es sich mit etwas ganz Besonderem.

Es spendiert uns nämlich pünktlich zum Weihnachtsfest, genau gesagt: zur Wintersonnenwende am 21. Dezember, ein seltenes Himmelsereignis, das für alle Menschen überall auf der Welt zu sehen sein wird – sofern sie mehr oder weniger freie Sicht auf den Nachthimmel haben und nicht dazu verurteilt sind, auf nichts anderes als die Mauer des Nachbarhauses schauen zu können.

Am 21. Dezember wird 45 bis 60 Minuten nach Sonnenuntergang im Südwesten, etwa 20 Grad über dem Horizont, ein „Weihnachtsstern“ erscheinen, der nach dem Mond das hellste Objekt am Nachthimmel sein wird. In diesem Zusammenhang mag es hilfreich sein, wenn man weiß, wie man Winkel am Himmel mit Hilfe seiner Hände ungefähr schätzen kann (siehe rechts).

Tatsächlich ist der Weihnachtsstern gar kein Stern. Was wir am Himmel leuchten sehen werden, sind vielmehr die beiden größten Planeten in unserem Sonnensystem, Jupiter und Saturn, in einer sogenannten großen Konjunktion. Die beiden Planeten werden einander – von der Erde aus gesehen, also nicht notwendigerweise tatsächlich im Raum – so nahe stehen, dass sie beide im selben Ausschnit zu sehen sein werden, wenn man durch ein Teleskop oder durch ein Fernglas schaut, denn die beiden Planeten werden – wieder von der Erde aus gesehen – in einer Entfernung von weniger als einem Durchmesser des Mondes voneinander entfernt stehen. Sie werden deshalb mit bloßem Auge betrachtet so erscheinen, als handle es sich um ein einziges hell leuchtendes Himmelsobjekt, wie ein Stern.



Jupiter-Saturn-Konjunktionen sind nicht selten; sie erfolgen etwa alle 20 Jahre (und die letzte erfolgte im Mai 2000), so der Astronom Patrick Hartigan von der Rice University im Interview mit Forbes, aber meistens sind sie aufgrund relativ großer Nähe zur Sonne kaum zu sehen.

„You’d have to go all the way back to just before dawn on March 4, 1226, to see a closer alignment between these objects visible in the night sky.”

Die Jupiter-Saturn-Konjunktion im Dezember 2020 ist also nach menschlichen Maßstäben ein durchaus seltenes Ereignis, und dass sie gerade auf den 21. Dezember, die Wintersonnenwende in der nördlichen Hemisphäre, fällt, wird den Beobachtern der Wintersonnenwende z.B. in Stonehenge in Südengland, ein besonders erinnerungswürdiges Spektakel bieten.

Aber auch die Weihnachtsgeschichte vom Stern über Bethlehem mag durch die Planeten-Konjunktionen – im doppelten Sinn – erhellt werden. So hat schon Johannes Kepler darüber spekuliert, ob der Stern von Bethlehem nicht tatsächlich eine Konjunktion der drei Planeten Jupiter, Saturn und Venus gewesen sei.

Welche Bedeutung man der Plantenkonstellation zur Wintersonnenwende oder in Form des Sterns von Bethlehem zurechnen möchte, ist eine persönliche Angelegenheit. Uns erscheint es hinreichend faszinierend, dass wir mit der großen Jupiter-Saturn-Konjunktion am 21. Dezember einen Blick tief in unser Sonnensystem tun können, denn Jupiter ist – ja nach seiner Position in seiner Umlaufbahn um die Sonne – 740 bis 816 Millionen Kilometer von der Erde entfernt, während Saturn etwa doppelt so weit von der Erde entfernt ist. Diese „kosmische Perspektive“, wie Hartigan sie nennt, mag dazu geeignet sein, uns die Relativität all dessen, was Menschen auf der Erde so treiben – im Guten wie im Schlechten – vor Augen zu führen, aber uns auch oder gerade deshalb vor Augen führen, dass wir (bis auf  Weiteres) etwas Besonderes in unserem Sonnensystem sind und die Freiheit jedes einzelnen Menschen ein kostbares Gut, um das es sich zu kämpfen lohnt.

Die nächste große Jupiter-Saturn-Konjunktion, die so gut sichtbar sein wird wie diejenige am 21. Dezember wird sich erst wieder am 15 März 2080 einstellen. Die Mehrheit von uns jetzt Lebenden wird also keine zweite Chance in ihrem Leben erhalten, sie zu beobachten. Wer sie am 21. Dezember nicht selbst am Nachthimmel bebachten kann, der kann sie immerhin im livestream des Lowell Observatory beobachten, der über diesen link zu erreichen ist.


Bilderquellen:
Love The Nightsky
Starworlds
Earth Sky


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