Journalistisches Provisorium ohne Zukunft: ARD wütend über Brexit-Handelsabkommen

Annette Dittert ist eine gehässige Person.

Erinnern Sie sich noch daran, wie sie 2016 unmittelbar nachdem die Briten in einem Referendum beschlossen hatten, die EU zu verlassen, Boris Johnson als “gewissenlosen, gefährlichen Clown” bezeichnet hat? Seit 2016 hat sich Dittert ausschließlich mit Hasstiraden auf Johnson, dessen vermeintlichen Nationalismus, auf Brexiteers und vor allem damit hervorgetan, dass ihre Einschätzungen kontinuierlich und ohne Ausnahme falsch waren. Wir haben den Unfug, den Dittert regelmäßig über die ARD verbreitet hat, in Teilen dokumentiert. Wer es sich antun will, der kann die Dittertiraden hier nachlesen.

Heute nun, anlässlich der Tatsache, dass im House of Commons über das Handelsabkommen mit der EU debattiert und abgestimmt wird, ist Dittert angetreten, um ihrer Wut darüber, dass der Brexit nun Faktum ist, die EU in Britannien Geschichte und die Insel auf dem Weg in eine globale Zukunft ohne EU-Regulation ist, regelrecht auszuspeien. Hasstiraden sind bei der ARD nichts Besonderes, geht es um die Regierung Johnson oder Donald Trump, dann sind sie die Regel. Hasstiraden sind die logische Folge von Inkompetenz, denn, wer wie Dittert in der Regel nicht weiß, wovon er schreibt, kann seine Leser nicht mit Faktenwissen beeindrucken. Es bleiben Emotionen und Dittert, die mehr an einen Blindgänger auf der Suche nach einem Detonator, denn an einen Journalisten erinnert, hat viele Emotionen, sehr viele.



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Provisorium mit ungewisser Zukunft“, so lautet die Überschrift des Beitrags zu einem Vertrag, dem zwischenzeitlich alle EU-Botschafter der Mitgliedsstaaten zugestimmt haben. Ob die Botschafter wissen, dass sie einem “Provisorium mit ungewisser Zukunft” zugestimmmt haben? Warum der Handelsvertrag zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU ein Provisorium sein sollte, eines, das im House of Commons gerade mit einer Mehrheit von 521 zu 73 Stimmen angenommen wurde, ist übrigens ein Geheimnis, das Dittert nicht lüftet, nicht lüften kann, denn dazu bedürfte es einer Begründung und Begründung setzt Rationalität nicht Emotionalität voraus. Dittert hat aber nur Emotionalität, sehr viel, zu viel davon.

Aber es ist immerhin gut zu wissen, dass Dittert in einer Welt mit “gewisser Zukunuft” lebt. Machte man diese Annahme nicht, dann müsste man Dittert zum stupiden Schwätzer deklarieren, der von ungewisser Zukunft faselt, wo Zukunft doch immer ungewiss ist. Wer es nicht glaubt, der hat den Auftrag, diese Woche im Lotto den Hauptgewinn zu erzielen.

Zurück zum ARD-Hassprediger Dittert.

“[V]on großen Teilen der britischen Prsse” sei der Handeslvertrag “triumphierend als Boris Johnsons Sieg über die EU begrüßt worden”, so lamentiert Dittert voller Groll. Aber natürlich sind die großen Teile, das sind alle außer Channel 4 und dem Guardian, uninformiert, wissen nicht, was Dittert weiß: Es ist nämlich gar kein Erfolg von Boris Johnson über die EU. Die meisten, die den Handelsvertrag feiern und von denen, die ihn heute, in den Worten von Dittert “im britischen Parlament durchgewunken” haben, dürften ihn jedoch “nicht genau geprüft haben”. Zu Deutsch: Die meisten, so mutmaßt Dittert, wissen nicht, was sie da verabschieden oder feiern, so wie es die EU-Botschafter, nimmt man Dittert ernst, wohl nicht wissen.

Dittert weiß es.
Dittert hat den Handelsvertrag zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU gelesen, Seite für Seite, alle 1.246 Seiten davon. Und im Gegensatz zu den Tausenden Journalisten und den unwissenden Deppen, die das House of Commons bevölkern, weiß Dittert, dass “der Erleichterung über ein Abkommen schon bald Ernüchterung folgen könnte” (die Zukunft ist eben ungewiss).

Warum?

“Zukünftige Streitereien werden zwar nicht mehr vom Europäischen Gerichtshof, sondern in Schiedsgerichten oder noch zu etablierenden Arbeitsgruppen geklärt. Falls eine Seite zu Wettbewerbsverzerrung greifen sollte, kann die andere Seite Handelssanktionen verhängen. Nicht automatisch, sondern nur mit Verzögerung, aber dennoch.”

Nur zur Erinnerung. Die britische Verhandlungsposition hat drei unverrückbare Pfeiler umfasst:

  • Es gibt keinerlei Zuständigkeit für den Europäischen Gerichtshof. Das UK hat volle Souveränität.
  • Die Standards der EU sind für das Vereinigte Königreich nicht bindend.
  • Das UK übt volle Souveränität über seine Gewässer aus, d.h. EU-Fischer fischen nur, wenn sie zugelassen werden..

Nun zurück zu dem hanebüchenen Unfug, den Dittert quasi als Strohhalm verbreitet, an den sie sich in ihrer Hoffnung, Johnson möge keinen Erfolg errungen haben, klammert.

Im Gegensatz zu dem, was Dittert behauptet, wissen die meisten Abgeordneten im House of Commons worüber sie heute abgestimmt haben, mit Ausnahme vermutlich der Abgeordneten der Scottish National Party. Nehmen wir die European Research Group. Die European Research Group setzt sich aus Brexiteers zusammen. Sie ist hauptverantwortlich dafür, dass Theresa May 2019 zurückgetreten wurde. Die ERG ist das Gremium, das über Wohl und Wege des Handelsvertrags bestimmt, denn stimmen die entsprechenden Abgeordneten nicht zu, dann wäre der Handelsvertrag zwar dennoch mit den Stimmen von Labour durchgewunken worden, um die Formulierung von Dittert zu benutzen, aber die Folge wäre das Ende von Boris Johnson als Prime Minister gewesen.

Die ERG hat nicht nur Anwälte an den Text gesetzt. Die Mitglieder haben sich wiederholt getroffen, Teile des Abkommens, die besonders wichtig sind, diskutiert, Gutachten ausgetauscht und sich ein Bild vom Abkommen gemacht, das so umfassend wie nur möglich ist. Zur Frage der “zukünftigen Streitereien”, in die Dittert so große Hoffnung setzt, steht zu lesen:

“Where a divergence arises between the laws of the parties in the fields of environmental, climate, labour and social law, and subsidy control, there is a mechanism for ‘rebalancing” the trade effects … The mechanism can apply when one party changes its law … to ‘increase’ standards, but is not followed in that change by the first party. This potential to be penalised for not following changes made by the other party could give rise to concern that the UK might be forced into a position of being a ‘rule taker’, having no practial control over future EU decisions on changes to its laws but nevertheless effectively obliged to follow them.

However, ‘rebalancing’ tarrifs can be challenged in an arbitration panel before they can be imposed, and if they are imposed then the party concerned is not required to change its law, but can choose to live with the tariffs. Furthermore, the tariffs can only be ‘proportionate’ to any trade effect of the divergence which are demonstrable by evidence. In practice, it is hard sucessfully to demonstrate this kind of linkage to trade effects before international tribunals”.

Mit anderen Worten, die Streitereien, auf die Dittert ihre ganze Hoffnung setzt, die gehässige Hoffnung, die EU-Kommission möge sie zum Anlass nehmen, Zölle auf britische Waren zu erheben, sie sind eine theoretische Möglichkeit, die praktisch zwar benutzt werden kann, um die jeweiligen Verwaltungen zu beschäftigen, aber keinerlei Konsequenzen im täglichen Handel haben wird und für den Fall, dass die EU Zölle verhängen sollte, kann man einmal mehr feststellen, dass Zölle nicht das exklusive Recht der EU-Kommission sind. Ein bisserl Zoll auf europäischen Autos, bei gleichzeitiger Zollfreiheit für die japanische Konkurrenz, Japan hat mit dem UK bereits ein Freihandelsabkommen abgeschlossen, das zum 1.1.2021 in Kraft treten wird, und die EU-Kommission wird genau überlegen, welche Maßnahmen sie ergreift.



Aber Dittert hat noch mehr in petto. Das Handelsabkommen werde britischen Unternehmern eine große Papierflut bescheren, so sieht Dittert voraus und behauptet frech ins Blaue, dass die entsprechenden Betriebe nicht auf das, was kommt, vorbereitet seien. Eine solche absurde Behauptung hat schon etwas, vor allem, wenn sie im Zusammenhang mit einem Land aufgestellt wird, das die EU auch wegen der endemischen Bürokratie, die bis zum Krümmungswinkel von Bananen reicht, verlassen hat. In welcher Welt lebt Dittert eigentlich? Wie dem auch sei, das, was an neuem Papierkram auf die Briten zukommt, ist die Normalität in den Handelsbeziehungen mit nicht EU-Ländern, der Tatsache geschuldet, dass die britische Regierung es abgelehnt hat, Daten mit der EU-Kommission zu teilen und kein Problem, denn die britischen Unternehmen sind vorbereitet. Seit knapp acht Monaten kann man im Vereinigten Königreich nicht einmal mehr Talkradio hören, ohne darauf hingewiesen zu werden, dass sich die Art und Weise, in der mit der EU Handel betrieben wird, verändert.

Fragen Sie einen beliebigen Briten und er wird ihnen aus dem Stand sagen: gov.uk[slash]transition.
Ergebnis der Eingabe:

Nicht nur wir sind vorbereitet. Wir haben den 1. Januar 2021 seit mehr als vier Jahren herbeigesehnt. Dittert wüsste das, wenn sie die Realität, die sie in London umgibt, auch nur eine Sekunde zur Kenntnis nehmen würde. Den “Briten” wird das nicht “allmählich klar werden”, wie Dittert behauptet, nein, Dittert wird allmählich klar werden, dass sie auch mit diesem neuerlichen Text voll daneben liegt. Vielleicht wird ihr auch allmählich klar, was für eine Fehlbesetzung sie als ausgerechnet Korrespondent im Vereinigten Königreich doch ist.

Bleibt noch auf den Dittert des Tages hinzuweisen. Wir fragen uns schon länger, ob wir nicht einen Dittert-Preis für besonders hanebüchenen Unfug, der nur durch ideologische Verdummung erklärt werden kann, einführen sollen. Mal schauen, was das neue Jahr so bringt.

“Womit wir bei einer weiteren Gewinnerin des Brexit sind: Schottlands Regierungschefin Nicola Sturgeon, deren leidenschaftliches Eintreten für die schottische Unabhängigkeit durch Johnsons unverbrämten englischen Nationalismus neuen Fahrtwind bekommen hat.”

Das ist schon eine Sonderleistung ideologischer Bornierung. Sturgeon, die monatelang gegen einen Hard Brexit zu Felde gezogen ist und nun, nachdem der Hard Brexit vermieden wurde, gegen den Handelsvertrag mit der EU, auf ziemlich einsamem Posten übrigens, zu Felde zieht, ist nun wirklich das, was man einen Nationalisten nennt. Wer sich nur kurz mit dem befasst, was in Schottland Politik sein soll, der merkt sehr schnell, dass die Scottish NATIONAL Party nicht umsonst NATIONAL im Namen trägt. Aber bei Dittert regiert Emotion, nicht Vernunft und weil Boris Johnson im verqueren Weltbild von Dittert der Böse ist, muss Sturgeon gut sein. Und weil Nationalismus böse ist, muss Boris Johnsonn ein “unverbrämter englischer Nationalismus” unterstellt werden, während Sturgeon, ein Nationalist par excellence, leidenschaftlich für die schottische Unabhängigkeit eintritt.

Kurz nachdem wir 2006 in das Vereinigte Königreich ausgewandert sind, haben wir Tee (was sonst) mit einer Nachbarin in dem kleinen Ort in Hampshire getrunken, in den es uns damals gezogen hat. Irgendwie kamen wir im Teegespräch auf das Thema “Nationalismus” und Mrs. Bennett hat angemerkt, dass alle Home Nations, Nordiren, Welsh und Schotten ihren eigenen Nationalstolz haben, bei den Welsh bestens dokumentiert im National Rugby Team. Nur Engländer, so ihre Analyse, hätten nichts, was sie zu “Engländern” mache. Das, was Mrs. Bennett hier angesprochen hat, ist ein ständiges Thema im Vereinigten Königreich. Engländer fühlen sich konstant von Nationalismen aus Wales und Schottland und selbst aus Nordirland bedrängt und finden, außer vielleicht “swing low sweet chariot” keinen eigenen nationalen Kern, denn Engländer sind eben Briten. Dittert liegt mit ihrer Behauptung, die natürlich nur dazu gedacht ist, Johnson zu diskreditieren, so weit daneben, wie man nur daneben liegen kann.

Sie ist eine absolute Fehlbesetzung auf ihrem Posten.
Jeder Cent, der für Dittert auf den Kopf gehauen wird, wäre einer besseren Verwendung zugeführt, wenn er willkürlich an einen Passanten auf der Straße verteilt worden wäre.

Und einmal ehrlich, sieht so eine Gewinnerin aus:

Für diejenigen, die es interessiert, die Ergebnisse, zu denen die ERG mit Blick auf das Handelsabkommen zwischen dem UK und der EU gekommen ist, in der Zusammenfassung:

  • Die Souveränität des UK wird im Vertrag ausdrücklich bestätigt;
  • Streitigkeiten werden in einem unabhängigen Gremium beigelegt, der Europäische Gerichtshof hat keinerlei Einfluss auf das UK;
  • Es ist möglich, den Handelsvertrag mit einem Vorlauf von 12 Monaten zu kündigen, falls man im UK der EU überdrüssig wird;
  • Das UK hat volle Gesetzgebungsautonomie;
  • Die EU hat keinerlei Einfluss auf Staatshilfen, die im UK gewährt werden. Die EU kann entsprechende Staatshilfen nur dann problematisieren, wenn aus den Staatshilfen ein nachweisbarer negativer Effekt auf den Handel zwischen UK und EU ausgeht. Schiedsgerichte, die noch eingesetzt werden müssen, nehmen sich dann des entsprechenden Falls an.
  • Die EU-Standards, das was unter “Level Playing Field” diskutiert wurde, im Hinblick auf Sozialgesetzgebung oder Umweltrecht etc sind für das UK nicht bindend. Veränderungen sind, solange sie nicht “materiell” sind und den Handel zwischen dem UK und der EU negativ beeinflussen, möglich. Es wird im Vertrag explizit festgestellt, dass die Harmonisierung der Standards des UK oder der EU nicht Zweck des Handelsabkommens ist;
  • Nach einer Übergangszeit von 5,5 Jahren, in der das Quota der EU-Fischer von Jahr zu Jahr reduziert wird, übt das UK volle Souveränität über die eigenen Gewässer aus. Fangrechte für EU-Fischer müssen dann neu verhandelt werden.

Das Fazit der ERG lautet wie folgt:

“Our overall conclusion is that the Agreement preserves the UK’s sovereignty as a matter of law and fully respects the norms of international sovereign-to-sovereign-treaties. The ‘level playing field’ clauses go further than in comparable trade agreements, but their impact on the practical exercise of sovereignty is likely to be limited if addressed by a robust government. In any event they do not prevent the UK from changing its laws as it sees fit at a risk of tariff countermeasures, and if those were unacceptable the Agreement could be terminated on 12 months’ notice”.

Damit kann man gut leben.

Da Annette Dittert vorgibt, über die 1.246 Seiten des Handelsvertrags besser Bescheid zu wissen als die meisten anderen, sind wir schon auf die entsprechende Zusammenfassung der Regelungen, die Dittert natürlich längst erstellt hat, gespannt. Seltsam nur, dass ihr Text für die ARD, der von Gebührenzahlern finanziert wurde, keinerlei Zitate aus dem Vertrag, keinerlei Bezug zu dem Vertrag enthält, sondern ausschließlich Verweise auf jemanden, der jemanden kennt, der etwas gesagt haben soll und ansonsten unbelegte Behauptungen und vor allem Bewertungen. Das scheint das komplette Repertoire von Dittert zu umschreiben, kein Inhalt, aber viel Meinung, gestützt auf Gefühl und dabei vor allen Wut und Hass.


Wer das Statement der ERG nachlesen will, anbei die Zusammenfassung:



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