Linke sind autoritär, und nicht am einzelnen Menschen interessiert

Der folgende Kommentaraustausch zwischen MasedPringle und Dr. habil. Heike Diefenbach ist zu wichtig, als dass wir ihn auf den Kommentarbereich reduzieren wollen. Es geht darin, im Anschluss an den heutigen Beitrag von Dr. Diefenbach, um den Versuch der Manipulation durch Personalisierung, wie man ihn in der Regel u.a. bei Linken beobachten kann, die mit Herz-Schmerz-Einzelfällen versuchen, für ihre Sache zu trommeln, also unter Anwendung des individualistischen Fehlschlusses, oder die Einzelfälle ausnutzen wollen, wenn sie wieder einmal eine “Verschärfung” oder sonst eine der bei Linken so beliebten freiheitsberaubenden Maßnahmen durchsetzen wollen.

Diskutiert wird dies im Beitrag in Bezug auf den person-positivity bias:

Der “person-positivity bias” bezeichnet die menschliche Tendenz, Einstellungsobjekte um so positiver zu bewerten, je eher sie individuellen Menschen ähneln (Sears 1983), also auch z.B. einen einzelnen Menschen, der (unter vielen anderen Eigenschaften) Mitglied in einer Gewerkschaft ist, positiver einzuschätzen als (die Gruppe der) Gewerkschaftsmitglieder oder gar die Gewerkschaft.

Dazu schreibt Kommentator “MasedPringle”:

“Deshalb erfinden und begründen die Linken auch gern Sozialleistungen für/mit eher seltene(n), tragischen oder ungerechten Einzelfälle(n), die dann von der sie kassierenden Mehrheit lediglich abgestaubt und missbraucht werden. Grundrente und gepamperte (angebliche & absichtliche) Alleinerziehende fallen mir da spontan ein.”

Die Entgegnung von Dr. habil. Heike Diefenbach entwickelt eine Hypothese, von der wir denken, dass sie hervorragend geeignet ist, um Linke, das, was wir in der Redaktion als “Linkes Syndrom” bezeichnen, die autoritäre Struktur der linken Persönlichkeit, die Tendenz von Linken, über Menschen hinwegzugehen, um die Haltung von Linken gegenüber dem “lumpigen Individuum”, wie es schon Engels formuliert hat, bloßzustellen:

Dr. habil. Heike Diefenbach:

Stimmt!

Aber nicht alle Einzelfälle werden von Linken gleichermaßen gewürdigt. Sie mögen es z.B., zu zeigen, wie ein einsamer Eisbär auf einer ebenso einsamen Eisscholle durch’s weite Meer treibt, aber sie kommen nicht auf die Idee, zu zeigen, wie eine Fledermaus von den Flügeln eines Windkraftrades in Teile zerhackt wird. Und „human interest“-Berichte von Gaststätten-Besitzern, die durch den lockdown finanziell ruiniert werden oder wurden, scheinen mir auch nicht gerade das zu sein, was Linke mögen oder aufgrund ihrer Wertschätzung für das individuelle Leben und Wohlergehen in Medien verbreiten möchten.

Man müsste also erklären, warum ein Einzelfall anders behandelt wird als ein anderer. Und das kann man nicht erklären, wenn man von einer allgemeinen Präferenz für „human (oder animal) interest“-Berichte ausgeht oder vom „person positivity bias“ als solchem.

Eine Erklärung, die mir einfällt, könnte sein, dass dem „human interest“ von Linken gar kein „person positivity bias“ in seinem eigentlichen Sinn, zugrundeliegt, dass es beim „human interest“ von Linken also gar nicht um den INDIVIDUALISIERENDEN Blick auf das einzelne Lebewesen und sein Wohlergehen geht, sondern um einen ESSENZIALISIERENDEN Blick, bei dem das einzelne Lebewesen auf ein, vielleicht zwei, drei, Merkmale, reduziert wird und so zu einem Typus wird, zu einem Symbol, das als solches gerade nicht für ein individuelles Lebewesen steht. Nicht umsonst sprechen Linke gerne von „der Frau“, als sei mit dem Verweis auf Weiblichkeit alles andere über diesen Menschen schon mitgesagt, und das, obwohl die Rede von „der Frau“ klingt, als würde damit ein einzelner Mensch bezeichnet.

Oder nehmen wir das Flüchtlingsbeispiel (weil es ja auch in den Forschungen, von denen ich berichtet habe, vorkommt):

Bilder von verwahrlosten, vielleicht hungernden, einsamen minderjährigen Flüchtlingen dienen vielleicht gerade nicht der Individualisierung von Flüchtlingen, sondern – sozusagen umgekehrt – der Essenzialisierung von Flüchtlingen. Wenn die Essenz von Flüchtlingen ist, unschuldige, bedauernswerte Menschen, die ohne eigenes Verschulden in Not geraten sind und nun in einer bedauernswerten Lage sind, zu sein, wie es die Kinder auf dem Bild vielleicht sind, dann wird das Bild von den Kindern zum Symbol für DEN Flüchtling, dessen Essenz in den genannten Eigenschaften besteht. Das ist aber gerade das Gegenteil einer Individualisierung von „Flüchtlingen“ als Menschen mit den verschiedensten Hintergründen, den verschiedensten Motiven, in den verschiedensten Lebenslagen.

Was ich sagen will, ist ungefähr: man richtet den Blick vordergründig auf einen Einzelnen, aber tatsächlich will man nicht den einzelnen Menschen in seiner Individualität samt seiner individuellen Lage zeigen, sondern man will ihn lediglich als Exemplar eines Typus darstellen, als Exemplar einer Sammlung von Menschen, die dieselbe „Essenz“ haben [das selbe Wesen], eben die, ein armer, bedauernswerter, unverschuldet in Not geratener Flüchtling zu sein. Und wenn das die „Essenz“ [das Wesen] solcher Leute ist, dann ist sie es eben, egal, ob es sich um Kinder handelt, Angehörige von Schlepperbanden, Erwachsene, die vor einem Krieg oder vor Verfolgung geflohen sind, oder Erwachsene, die einfach irgendwo ein besseres Leben suchen, oder Erwachsene, die ein besseres Leben an einem bestimmten Ort suchen, weil ihnen dort ein bereits ansässiger Verwandter einen Job verschaffen kann, etc. etc. Diese Beispiele verschiedener Menschen mit verschiedenen Motiven in verschiedenen Lagen bilden einen Anflug von Individualität ab, aber genau diese soll ja nicht durch „human interest“-Berichte nahegelegt werden, sondern eben, dass Menschen einen bestimmten Typus darstellen, der durch eine bestimmte Essenz gegenüber anderen Typen ausgezeichnet ist.

Und das zu vermuten, liegt ja nahe: Wie sonst könnte man einen einzelnen Menschen zum Gegenstand in einem „human interest“-Bericht über Flüchtlinge – und eben nichts anderes, nicht über Väter, Geschiedene, Weltreisende, was weiß ich – machen?!

Ich weiß nicht, ob diese Spekulationen einer genaueren Analyse standhalten würden, ganz zu schweigen von einer empirischen Prüfung (und ich weiß auch nicht auf Anhieb, wie man diesen Unterschied zwischen Individualisierung und Essenzialisierung in einer experimentellen Studie umsetzen könnte), aber in jedem Fall denke ich, dass hier noch einiger Forschungsbedarf besteht: was genau ist es, was dem Interesse an einem Einzelfall zugrundeliegt und dem Desinteresse an einem anderen?

Läge die Antwort einfach in der ideologischen Nähe des jeweiligen Einzelfalles, dann dürfte es keinen mehr oder weniger durchgängig zu beobachtenden „person positivity bias“ geben, und Konservative müssten eine Präferenz für „ihre“ Einzelfälle haben ebenso wie „Liberale“ eine Präferenz für „ihre“ Einzelfälle haben. Also spielt hier (außerdem?) etwas anderes eine Rolle, und ich vermute, dass eben der individualisierende Blick nicht immer gleich beschaffen ist, dass man – wie gesagt – auf den Einzelnen als individuellen Menschen in seiner gesamten, ihm eigenen Individualität, schauen kann oder auf den individuellen Menschen als Träger einer „Essenz“, die er mit anderen teilt, als Exemplar eines Typus.


Wir denken, dass dies keine Spekulation darstellt, wie Dr. Diefenbach schreibt, sondern eine sehr gute Hypothese, die beschreibt, wie Linke ein essentielles Prokrustesbett für Menschen zimmern, in das sie die jeweiligen Individuen dann einpassen, um sie zu standardisieren, und standardisieren müssen Linke die Welt um sich herum, weil sie nicht in der Lage sind, mit der Komplexität der Wirklichkeit umzugehen. Ihre autoritäre Persönlichkeit, die keinerlei Toleranz für Abweichung kennt, keinerlei Ambiguitätstoleranz, erfordert es, die Welt auf krude Wesenheiten zu reduzieren und die Vielfalt der Individuen auf diese Essenzen zu reduzieren.

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