Ärzteblatt und Drosten erschaffen asymptomatische Verbreitung – Junk Journalismus folgt auf Junk Science

So, jetzt haben auch wir den Beitrag von Terry C. Jones und … Christian Drosten gelesen, der gerade in Science erschienen ist und zeigen soll, dass “Prä-symptomatische, asymptomatische oder nur mild symptomatische (PAMS) Personen … vermutlich die wichtigsten Verbreiter von SARS-CoV-2 in der Gesellschaft sind”, wie es im Ärzteblatt heißt. Zudem soll der Beitrag von Jones und Drosten zeigen, dass die Kleinsten nicht weniger infektiös sind als Erwachsenen sind und dass Superspreader einen Anteil von etwa 8% ausmachten, so steht im Ärzteblatt zu lesen.

Superspreader sind wiederholt Gegenstand des wissenschaftlichen Interesses gewesen. Dabei hat sich gezeigt, dass sie rund 10% aller Infizierten ausmachen und für rund 90% aller Infektionen verantwortlich sind. Die Welt von SARS-CoV-2, sie ist eine kleine Welt, eine, in der nur wenige eine ansteckende Rolle spielen. Das ist schlecht für Hysterie und Panik, weshalb man die Ergebnisse etwas aufpeppen muss: 36%, so das Ärzteblatt, der Superspreader sind PAMS und daraus resultiert für dasselbe Ärzteblatt, für Autorenkürzel rme, dass PAMS “vermutlich die wichtigsten Verbreiter von SARS-CoV-2 sind”, 36% der “Superspreader”, die für rund 90% der Infektionen verantwortilch sind, sind PAMS. Das lässt wenig Raum für die Behauptung aus dem Ärzteblatt. Aber die Behauptung ist natürlich instrumentell, denn es soll gezeigt werden, dass die Gefahr von denen ausgeht, die nicht krank, die GESUND sind, die KEINE Symptome haben und dass unter diesen GESUNDEN auch Kinder und “die Kleinsten” eine ansteckende Rolle spielen. Die Erfindung unsichtbarer Gegner war der Hysterie der Angegriffenen immer förderlich. Warum also aufgeben, was sich in der Vergangenheit als so effektiv erwiesen hat? Aus Lauterkeit? Pah. Wegen moralischer Bedenken? Putzig. Aus Anstand – LoL, Anstand ist, wenn man am Schalter anstehen muss, ein Bonmot, das Dr. Diefenbach schon vor Jahren angesichts des eklatanten Bedeutungsverlusts, den der Begriff erlitten hat, geprägt hat.

Zurück zum Text im Ärzteblatt, dessen Behauptungen alle auf die Studie von Jones und Drosten zurückgehen sollen, die unter dem TitelEstimating infectiousness throughout SARS-CoV-2 infection coursein Science erschienen ist. Stellen wir das Problem voran: Keine der Behauptungen im Ärzteblatt wird durch die Arbeit von Jones und Drosten und all denen, dazwischen, gestützt.

Bevor wir mit dem beginnen, was uns an der Studie von Jones/Drosten irritiert hat, gleich ein Hinweis vorweg: Haben Sie den kleinen Trick bemerkt, der sich in PAMS verbirgt. Offenkundig ist die Kunde darüber, dass ASYMPTOMATISCHE nicht sonderlich ansteckend sind, wenn sie es überhaupt sind, auch bei Jones/Drosten und beim Ärzteblatt angekommen, deshalb werden nunmehr Personen, die “mildly symptomatic” sind, die also SYMPTOME zeigen, mit denen vermengt, die KEINE SYMPTOME zeigen. Das ist keine Kleinigkeit, das ist Betrug, denn damit sind PAMS, wie sie fortan in der Hoffnung heißen, dass das mit den milden Symptomen übersehen wird, KEINE Asymptomatischen mehr, sondern eine Gruppe, die sich aus Symptomatischen und Asymptomatischen zusammensetzt. Warum man als Wissenschaftler eine solche Art von Etikettenschwindel betreiben soll, das ist eine Frage, deren Antwort nicht mehr im Bereich dessen liegt, was mit wissenschaftlicher Erkenntnis auch nur entfernt in einem Zusammenhang gebracht werden kann. Sie gehört eher in den Bereich der Ideologie, der Täuschung, des Framings.

Nun zum Beitrag von Jones/Drosten, der angeblich Peer reviewed sein soll. Wenn er das ist, dann fragen wir uns, wie es sein kann, dass die Reviewer eine eklatante Täuschung gleich zu Beginn des Beitrags übersehen haben. Richtig, wir sind nicht weit im Text gekommen, bereits der zweite Satz, der der Feststellung nachfolgt, dass es sehr schwierig bis kurz vor unmöglich sei, die Art und Weise, in der Krankheiten übertragen werden, dingfest zu machen (womit eigentlich schon alles gesagt ist). Er lautet wie folgt:

“This is especially the case, when transmission from presymptomatic, asymptomatic and mildly-symptomatic (PAMS) subjects is frequent, as with SARS-CoV-2 (1-8).” Das ist vor allem dann der Fall, wenn eine Verbreitung wie bei SARS-CoV-2 häufig durch prä- asymptomatische oder moderat symptomatsiche Personen erfolgt.” Dieser Aussage folgt das, was uns neugierig gemacht hat: (1-8).

Das “(1-8)” sind Belege für die Behauptung, Belege, die dem Leser den Eindruck vermitteln sollen, dass acht (1-8) wissenschaftliche Arbeiten gezeigt haben, dass die Verbreitung von SARS-CoV-2 durch prä-, asymptomatische und moderat symptomatische Personen häufig sei. Es geht in dieser Aussage also um das Potential von PAMS zur Ansteckung anderer. Belegen sollen dieses Potential diese Texte:

1. S. Lee, T. Kim, E. Lee, C. Lee, H. Kim, H. Rhee, S. Y. Park, H.-J. Son, S. Yu, J. W. Park, E. J. Choo, S. Park, M. Loeb, T. H. Kim, Clinical Course and Molecular Viral Shedding Among Asymptomatic and Symptomatic Patients With SARS-CoV-2 Infection in a Community Treatment Center in the Republic of Korea. JAMA Intern. Med. 180, 1447–1452 (2020). doi:10.1001/jamainternmed.2020.3862 Medline

2. C. M. Szablewski, K. T. Chang, M. M. Brown, V. T. Chu, A. R. Yousaf, N. Anyalechi, P. A. Aryee, H. L. Kirking, M. Lumsden, E. Mayweather, C. J. McDaniel, R. Montierth, A. Mohammed, N. G. Schwartz, J. A. Shah, J. E. Tate, E. Dirlikov, C. Drenzek, T. M. Lanzieri, R. J. Stewart, SARS-CoV-2 Transmission and Infection Among Attendees of an Overnight Camp – Georgia, June 2020. MMWR Morb.
Mortal. Wkly. Rep. 69, 1023–1025 (2020). doi:10.15585/mmwr.mm6931e1 Medline

3. Q.-X. Long, X.-J. Tang, Q.-L. Shi, Q. Li, H.-J. Deng, J. Yuan, J.-L. Hu, W. Xu, Y. Zhang, F.-J. Lv, K. Su, F. Zhang, J. Gong, B. Wu, X.-M. Liu, J.-J. Li, J.-F. Qiu, J. Chen, A.-L. Huang, Clinical and immunological assessment of asymptomatic SARS-CoV-2 infections. Nat. Med. 26, 1200–1204 (2020). doi:10.1038/s41591-020-0965-6 Medline

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4. Q. Bi, Y. Wu, S. Mei, C. Ye, X. Zou, Z. Zhang, X. Liu, L. Wei, S. A. Truelove, T. Zhang, W. Gao, C. Cheng, X. Tang, X. Wu, Y. Wu, B. Sun, S. Huang, Y. Sun, J. Zhang, T. Ma, J. Lessler, T. Feng, Epidemiology and transmission of COVID-19 in 391 cases and 1286 of their close contacts in Shenzhen, China: A retrospective cohort study. Lancet Infect. Dis. 20, 911–919 (2020). doi:10.1016/S1473-
3099(20)30287-5 Medline

5. T. Waterfield, C. Watson, R. Moore, K. Ferris, C. Tonry, A. Watt, C. McGinn, S. Foster, J. Evans, M. D. Lyttle, S. Ahmad, S. Ladhani, M. Corr, L. McFetridge, H. Mitchell, K. Brown, G. Amirthalingam, J.-A. Maney, S. Christie, Seroprevalence of SARS-CoV-2 antibodies in children: A prospective multicentre cohort study. Arch. Dis. Child. 10.1136/archdischild-2020-320558 (2020). doi:10.1136/archdischild-2020-320558 Medline

6. D. C. Adam, P. Wu, J. Y. Wong, E. H. Y. Lau, T. K. Tsang, S. Cauchemez, G. M. Leung, B. J. Cowling, Clustering and superspreading potential of SARS-CoV-2 infections in Hong Kong. Nat. Med. 26, 1714–1719 (2020). Medline

7. M. Hippich, L. Holthaus, R. Assfalg, J. M. Zapardiel Gonzalo, H. Kapfelsperger, M. Heigermoser, F. Haupt, D. A. Ewald, T. C. Welzhofer, B. A. Marcus, S. Heck, A. Koelln, J. Stock, F. Voss, M. Secchi, L. Piemonti, K. de la Rosa, U. Protzer, M. Boehmer, P. Achenbach, V. Lampasona, E. Bonifacio, A.-G. Ziegler, A public health antibody screening indicates a six-fold higher SARS-CoV-2 exposure rate than reported cases in children. Med 2, 149–163.e4 (2020). doi:10.1016/j.medj.2020.10.003

8. E. Lavezzo, E. Franchin, C. Ciavarella, G. Cuomo-Dannenburg, L. Barzon, C. Del Vecchio, L. Rossi, R. Manganelli, A. Loregian, N. Navarin, D. Abate, M. Sciro, S. Merigliano, E. De Canale, M. C. Vanuzzo, V. Besutti, F. Saluzzo, F. Onelia, M. Pacenti, S. G. Parisi, G. Carretta, D. Donato, L. Flor, S. Cocchio, G. Masi, A. Sperduti, L. Cattarino, R. Salvador, M. Nicoletti, F. Caldart, G. Castelli, E. Nieddu, B. Labella, L. Fava, M. Drigo, K. A. M. Gaythorpe, A. R. Brazzale, S. Toppo, M. Trevisan, V. Baldo, C. A. Donnelly, N. M. Ferguson, I. Dorigatti, A. Crisanti, Imperial College COVID-19 Response Team, Imperial College COVID-19 Response Team, Suppression of a SARS-CoV-2 outbreak in the Italian municipality of Vo’. Nature 584, 425–429 (2020). doi:10.1038/s41586-020-2488-1 Medline


Problem hier: sieben der acht Texte belegen nicht, was die Autoren Jones/Drosten behaupten, dass sie belegen würden:

  • Beitrag 1 zeigt, dass unter 303 Infizierten 110 asymptomatisch Infizierte sind, von denen 21 später Symptome entwickeln.
  • Beitrag 2 zeigt, dass unter den Teilnehmern eines Zeltlagers in Georgia, die positiv auf SARS-CoV-2 getestet wurden, asymptomatische Personen sind.
  • Beitrag 3 zeigt, dass das Immunsystem asymptomatisch Infizierter schwächer auf SARS-CoV-2 reagiert als das Immunsystem von Symptomatischen.
  • Beitrag 4 zeigt, welche Symptome sich bei positiv Getesteten vor allem einstellen. Der Beitrag handelt nicht von asymptomatisch Infizierten.
  • Beitrag 5 zeigt auf Basis von Antibody-Tests, dass Personen, die Antikörper gegen SARS-CoV-2 gebildet haben, häufig von Erschöpfung und Verdauungsproblemen berichten.
  • Beitrag 6 beschäftigt sich mit Superspreader-Events in Hong Kong, abermals nicht mit Asymptomatischen.
  • Beitrag 7 schätzt die Inzidienz von SARS-CoV-2 für Kinder.

Keiner dieser Beiträge liefert auch nur ein Körnchen Beleg dafür, dass Asymptomatische, prä-Symptomatische oder “moderat Symptomatische” SARS-CoV-2 übertragen. Der einzige Beitrag, der das tun will, ist unser alter Bekannter aus Vo, die italienische Studie, die eine von drei Fallstudien ist, die den Mythos der Verbreitung von SARS-CoV-2 durch Asymptomatische begründet haben. Wir haben die Vo-Studie und die anderen beiden Studien hier besprochen. Um den Humbug, der hier als Forschung verkauft wird, deutlich zu machen, ein kurzes Zitat aus dem Vo-Text (Beitrag 8):

“Two out of the eight participants with new infections that were detected in the second survey either shared a household or had a contact history with asymptomatic individuals (Supplementary Table 1).”

Elementare Mathematik führt zu der Erkenntnis, dass die Datengrundlage, die zeigen soll, dass Asymptomatische andere anstecken können, zwei Asymptomatische und zwei angesteckte Leute umfasst. Da die Studie aus Vo die einzige Studie ist, die die Behauptung, die Jones/Drosten mit ihren Fussnoten belegen wollen, belegt, basiert die Behauptung von Jones/Drosten: “Das ist vor allem dann der Fall, wenn eine Verbreitung wie bei SARS-CoV-2 häufig durch prä-, asymptomatische oder moderat symptomatsiche Personen erfolgt” auf genau zwei Personen, die das gezeigt haben sollen. Dass diese beiden Personen in sieben weiteren Literaturangaben versteckt werden, grenzt an Wissenschaftsbetrug.

Eigentlich reicht das schon, um die “Studie” zu beerdigen und das Peer Review Verfahren bei Science gleich mit, denn ein Reviewer, der derartigen Beschiss nicht bemerkt, der ist ungeeignet und ein Verfahren, das solche ungeeigneten Reviewer nicht aussortiert, ebenfalls. Machen wir uns dennoch den Spaß, zu lesen, ob die restlichen Behauptungen, die im Ärzteblatt aufgestellt werden, in dieser “Studie” auch nur ansatzweise belegt werden.

Zur Erinnerungen, die Behauptungen sind:

  • PAMS seien die wichtigsten Verbreiter von SARS-CoV-2, eine Behauptung, die bereits der Beitrag im Ärzteblatt ein paar Zeilen weiter widerlegt.
  • PAMS sind wichtig, denn sie sind auch Superspreader.
  • Auch “die Kleinsten” können SARS-CoV-2 verbreiten.

Jones/Drosten berichten in ihrem Beitrag die Ergebnisse der Bestimmung der Virenlast für 25.381 positive Ersttests, die alle in Berlin eingesammelt wurden. Die 25.381 positiv Getesteten werden danach unterschieden, ob sie zu PAMS gehören (N = 6.110), Hospitalisiert wurden (N = 9519) oder Anders (Other, N = 9.752) sind. Vor allem die Kategorie der “Anderen” hat es uns angetan. Wenn man bedenkt, dass PAMS diejenigen sein sollen, die milde oder keine Symptome haben, während man von denjenigen, die hospitalisiert wurden, annehmen kann, dass sie schwere Symptome zeigen, dann stellt sich die Frage, was um aller Götter Willen “Andere” sind, die zwangsläufig positiv getestet sein müssen, aber weder in die Kategorie der Symptomlosen noch in die Kategorie der Symptomatischen gehören. Definiert werden “Others” bei Jones/Drosten als “subjects not in the first two categories”, also weder PAMS noch hospitalisiert. Und man fragt sich, was sind “Andere”, ist das eine fiktive Kategorie für diverse SARS-CoV-2-Infizierte, die sich weder als symptomatisch noch als asymptomatisch identifizieren? Was auch immer “Andere” sein mögen, sie sind das zweite Indiz, das heftig mit dem Junk Science Banner wedelt.

Und nun kommt bei Jones/Drosten ein statistischer Trick, den wer auch immer sich beim Ärzteblatt hinter dem Kürzel rme verbirgt, schlicht nicht verstanden hat.

rme schreibt:

“Das Forscherteam hat nicht nur die Viruslast ermittelt – also die Anzahl der Erbgutkopien von SARS-CoV-2 in der PCR-Probe. Es wurde teilweise auch untersucht, ob die Viren aus den Abstrichen in der Lage waren, im Labor Zellkulturen zu infizieren, was ein sicherer Hinweis auf eine Infektiosität ist als der bloße Nachweis der Gene im Abstrich.”

Das klingt, als hätten Jones/Drosten die PCR-Proben oder einige davon genommen und versucht, mit diesen Proben Zellkulturen zu infizieren. Und das ist Bullshit, denn genau das haben Jones/Drosten nicht gemacht. Der erste Indikator dafür, dass das, was rme denkt, nicht das sein kann, was Jones/Drosten getan haben, ist leicht zu finden: Es gibt keinerlei Fallzahlen. Wenn, was rme denkt, getan worden wäre, Jones/Drosten hätten angegeben wie viele der 25.381 positiven Proben sie genutzt haben, um eine Zellkultur zu begründen. Das haben sie nicht getan. Statt dessen schreiben sie:

“We estimated the association between viral load and successful cell culture isolation probability (hereafter “culture probability”) by combining the Bayesian regression estimations with cell culture isolation data from our own laboratory (19) and from Perera et al. (20) (Fig. 2C)”

Man nehme eine Wahrscheinlichkeitsverteilung und bringe zwei Datensätze, von denen uns Jones/Drosten nicht verraten, ob sie auch nur ansatzweise “kongruent” sind, miteinander in Verbindung. Eh voilá, wir produzieren ein Ergebnis, von dem wir zwar nicht wissen, ob es die Realität abbildet, aber von dem wir doch sagen können, dass es “wahrscheinlich” ist, sofern die Annahmen, die zugrunde liegen, richtig sind, was wir der Einfachheit halber ebenfalls annehmen wollen. Warum auch nicht, wenn man schon am Annehmen ist, dann gleich richtig. Wir könnten auch annehmen, was herauskommt, aber das wirkt nicht so gut. Es wirkt besser, wenn man annimmt, wie das, was herauskommt, über zwei weitere Annahmen angenommen werden kann.

Offenkundig ist unserem Ärzteblatt rme von so viel Annahmen schwindelig geworden. Welchen Stellenwert die Ergebnisse von Jones/Drosten haben, das wissen wir nicht, ob sie überhaupt einen haben, das wissen wir auch nicht, schon weil die Autoren selbst schreiben: “Viral loads and their differences are not easy to interpret, absent knowledge of when in the disease course the samples were taken and the correspondence between viral load and shedding.” Wenn man über das, worüber man gerne eine Aussage machen will, keine Aussagen machen kann, weil man nicht genügend Informationen hat, dann ist es schwierig, eine Aussage zu machen, sofern man über das, über das man Aussagen machen will, die man aufgrund zu weniger Informationen aber nicht machen kann, nicht Annahmen formuliert, Annahmen, die angeben, wie das, was man nicht kennt, sein könnte, wenn man es kennen würde.

Kaffeesatzlesen ist dagegen eine nachvollziehbare Tätigkeit.

Aber selbst wenn man das alles beiseite lässt und die Ergebnisse, die Jones/Drosten verbreiten wollen, unter die Annahme stellt (wir machen auch Annahmen), sie seien reliabel und valide, dann zeigen die Ergebnisse dennoch nicht, was der rme vom Ärzteblatt hinein- oder herausgelesen hat. Eine kurze Sequenz aus Jones/Drosten reicht, um das zu demonstrieren.

“Across all ages, the average estimated culture probability at the time of first positive RT-PCR was 0.35 (0.01, 0.94). The mean culture probability is higher for PAMS cases, at 0.44 (0.01, 0.98), than Hospitalised cases, at 0.32 (0.00, 0.92) (Fig. 2D). Comparing PAMS cases, we found differences, in particular for children aged 0-5 compared to adults aged 20-65, with average culture probabilities of 0.329 (0.003, 0.950) and 0.441 (0.008, 0.981) respectively, and a difference of -0.112 (-0.279, -0.003). Age group differences in Hospitalised cases range from -0.028 (-0.104, 0.009) to -0.018 (-0.055, 0) (Table 2).”

Wie vielen Statistik-Kennern haben sich gerade die Fussnägel geringelt?

Berichtet werden in diesem Absatz die Wahrscheinlichkeiten, dass eine gemessene Virenlast unter bestimmten Annahmen ausreichend ist, um eine Zelle zu infizieren. Die entsprechende Wahrscheinlichkeit soll für PAMS im Mittelwert höher sein und sie ist für Kinder im Alter von 0 bis 5 Jahre durchweg geringer. Interessant ist indes, was in der Klammer steht, die Spannweite der Ergebnisse reicht von Wahrscheinlichkeiten, die Werte von 0.01 bis 0.98 annehmen können, also von überhaupt kein Zusammenhang bis hoher Zusammenhang. Was man mit einem solchen Ergebnis soll? Keine Ahnung. Es ist nicht vom Werfen einer Münze verschieden, wobei man beim Vorhersagen des Münzenwurfs eine höhere Wahrscheinlichkeit hat, richtig zu liegen.

Interessant wird es mit Bezug auf den Altersvergleich, der in der folgenden Tabelle ausführlich dargestellt ist:

Betrachtet man “PAMS”, dann haben Kinder und Jugendliche durchweg eine GERINGERE WAHRSCHEINLICHKEIT (Spalte 2)  verwertbares SARS-CoV-2-Material zu verbreiten, also andere anzustecken. Die “Kleinsten”, wie es im Ärzteblatt so niedlich heißt, sie haben somit eine geringere Wahrscheinlichkeit, andere anzustecken. Um diese Aussage zu würdigen, muss man natürlich wissen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit, andere anzustecken, überhaupt ist. Nun, leider können Jones/Drosten dazu keine Angaben machen, denn dazu benötigen sie handfeste Daten, Proben, die in Zellkulturen gezüchtet werden können, Daten, die sie nicht haben. Aber man kann sich dem Problem über die Virenlast nähern und hier über die Superspreader also diejenigen, die als “highly-infectious subjects” definiert werden. 8,78% sind das im Sample von Jones/Drosten. Davon sind, wie wir aus dem Ärzteblatt wissen, “36%, also … etwa 1/3” PAMS. 36% von 8,78% ergibt 3,16%. Geht man davon aus, dass die Superspreader über alle Altersgruppen gleich verteilt sind, was sie vermutlich nicht sind, aber sei’s drum, dann finden sich im Datensatz 4 Kinder und Jugendliche im Alter von 0 bis 15 Jahre, die in die Kategorie des Superspreader fallen würden. Damit haben wir immerhin eine Fallzahl erreicht, die um das doppelte höher liegt, als die zwei asymptomatischen Hansel, die in der Vo-Studie zwei andere angesteckt haben sollen, aber damit kann man die Behauptung, dass Kinder und Jugendliche genau so ansteckend sein sollen wie Erwachsene in keiner Weise belegen. Tatsächlich kann man mit der Jones/Drosten Studie nur belegen, dass man mit statistischen Verfahren in der Lage ist, die Ergebnisse zu gewinnen, die man durch die Annahmen, die man zu Beginn der Analyse gemacht hat, vorweggenommen hat.

Fehlt nur noch ein Nachtrag.

Im Bemühen, Kinder und Jugendliche zu Spreaders of Disease zu machen, verschwendet rme im Ärzteblatt viel Zeit darauf zu argumentieren, dass die geringere Virenlast, die bei Kinder und Jugendlichen gefunden wird, darauf zurückzuführen sein kann, dass der Abstrich bei Kindern und Jugendlichen nicht mit derselben brachialen Gewalt vorgenommen wird wie bei Erwachsenen. Der ganze Beitrag im Ärzteblatt steht im Zeichen des Versuchs, die neue Betrugs-Gruppe PAMS zu Superspreadern zu machen und Kinder und Jugendliche in diese Gruppe zu intergrieren. Vor lauter Mühe entgeht rme dadurch, dass er selbst schreibt, was die Ergebnisse von Jones/Drosten obsolet macht: Die Infektiosität steigt früh an.

In statistischer Sprache: Es gibt eine Verzerrung zuungunsten von PAMS: Hätte man die Hospitalisierten früher erwischt und getestet, dann wäre ihre Virenladung deutlich höher gewesen. Hat man aber nicht. Indes reicht die Aussage: “Die Infektiosität steigt früh an”, um die Studie zu zerstören, denn die unterschiedlichen Zeitpunkte der Probenentnahme, eine der Unbekannten, ist ein Problem, das man nicht heilen kann, auch nicht durch Annahmen über die Wahrscheinlichkeit von Verteilungen, weil sich die Populationen unterscheiden. Aber im Gegensatz zum Ärzteblatt Eifrigen sind sich Jones/Drosten dieses Mangels bewusst. Sie schreiben:

“Viral loads and their differences are not easy to interpret, absent knowledge of when in the disease course the samples were taken and the correspondence between viral load and shedding. The higher first-positive viral loads in PAMS subjects than Hospitalised subjects are likely due to time of detection. This is suggested in the first place by the estimated 2.4 (1.7, 3.0) day difference in test timing, which would produce a viral load difference of ~0.4 using the -0.168 daily viral load decline gradient from the (mainly hospitalised) time series subjects. Additionally, the time series of PAMS, Other, and Hospitalised subjects estimates that, throughout the infection course, the Hospitalised group have higher viral loads than Other, who are in turn higher than PAMS (fig. S9 and table S3). This relationship holds across age groups (fig. S13) and also in a fine-grained split of test centres by clinical severity (fig. S14). Similarly, the lower first positive viral loads in elderly PAMS subjects may be due to these subjects being less likely to be tested as early due to being more likely to be house-bound, less likely to be employed, less mobile, more cautious and inclined to get tested with only mild symptoms, etc.”

Das ist die lange Version des Faustschen Ausspruchs: Da steh’ ich nun, ich armer Tor und bin so klug als wie zuvor! Bleibt die Frage, warum Jones/Drosten dieses seltsamen Beitrag verfasst und veröffentlicht haben? Einen Erkenntnisfortschritt enthält es nicht. Aber es liefert viel Material für Phantasiereiche, die auf ideologischer Mission sind und alles verwenden, was sie zwar nicht verstehen, ihnen aber irgendwie nützlich auf der ideologischen Reise in den Wahnsinn erscheint.



Seit Ende Januar 2020 besprechen wir Studien zu SARS-CoV-2. Damit gehören wir zu den wenigen, die das neue Coronavirus seit seinem Auftauchen verfolgt und den Niederschlag, den es in wissenschaftlichen Beiträgen gefunden hat, begleitet haben.
Eine Liste aller Texte, die wir zu SARS-CoV-2 veröffentlicht haben, finden Sie hier.

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