Preissteigerung? Sie fühlen sie nur, es gibt sie eigentlich gar nicht – Die ARD erklärt

Warum sich die Teuerung schlimmer anfühlt. Die ARD-tagesschau sie erklärt es uns. Warum? Weil Sie aus einer Fliege einen Elefanten machen. Haben Sie sich nicht so. Die Preissteigerung in Deutschland ist gar nicht so groß, wie sie sich einbilden. Warum bilden Sie sich das überhaupt ein? Warum vertrauen Sie Ihrer “gefühlten Inflation” mehr als dem Statistischen Bundesamt und der tatsächlichen, der “korrekten Zahl der Inflation”?

Sind Sie am Ende ein Defätist, ein Rechter, ein Coronaleugner, der Deutschland und seine blühenden Landschaften schlecht reden will, der Putins Krieg gutredet, gegen Klimapolitik und antifeministisch ist?

Axel John vom SWR erklärt Ihnen, warum sie denken, die Inflation sei höher als sie tatsächlich ist. Also haben Sie sich nicht so. Da wo sie eine Lücke in ihrem Geldbeutel fühlen, da war früher auch nichts, dass alles teurer wird, das ist alles halb so schlimm.

Der Beitrag, den John für die ARD tagesschau zusammengeschrieben hat, es ist ein Beitrag, den man entsprechend würdigen muss. Fassen wir kurz zusammen: Zunächst bedient sich John “Veronika Erol aus Koblenz”, einer offenkundig alleinerziehenden Mama, die zudem arbeitslos ist und über den Preis von Gurken und Benzin klagt. Höhepunkt ihres Beitrags, der auf konkreten Erfahrungen mit eben Gurken, Fertiggerichten, vermutlich Grundnahrungsmitteln insgesamt und Benzin basiert, ist die folgende Aussage:

“Mein Eindruck ist, dass die Preise viel mehr als fünf Prozent zugelegt haben”.

So kann man das nicht stehen lassen, als öffentlich-rechtlicher Auftragsschreiber.

Eine Aufgabe für John, von der schnellen Debunkgruppe… Und wie immer, wenn vermeintliche Journalisten die Bürger, derer sie sie gerade bedient haben, dumm aussehen lassen wollen, kommt ein Experte ins Spiel: Experte Gunter Schnabl, der “an seinem Schreibtisch” sitzt und dessen “Blick über mehrere Umfragen der Europäischen Kommission” wandert. Schnabl ein Schreibtischexperte, der das mit der Inflation, die Diskrepanz zwischen dem, was Erol berichtet und dem, was das Statistische Bundesamt meldet, erklärt, weg erklärt. Das sei “GEFÜHLTE INFLATION”, sagt Schnabl. Ihr Geldbeutel ist also gar nicht leer, er fühlt sich nur so leicht an. Die “GEFÜHLTE INFLATION”, von der Schnabl oder John uns nicht verraten, wie sie denn bestimmt wird, sie liegt, so weiß Schnabl, bei GENAU 8,5%, also über der korrekten Preissteigerung, die das Statistische Bundesamt errechnet.

Schnabl hat Verständnis für Erol: “Werden Güter des täglichen Bedarfs teurer – etwa Lebensmittel – wird das stärker empfunden”, so der Empathische aus Leipzig. Aber die Empfindung, so die Suggestion, sie ist natürlich falsch, denn so stark, wie Erol denkt, sind die Preise gar nicht gestiegen, 5,1% nicht 8,5%.

Man steht diesem Anschauungsbeispiel in ökologischem Fehlschluss und statistischer Unfähigkeit irgendwie hilflos gegenüber. Bei so viel Inkompetenz ist es schwierig, überhaupt zum Thema zurückzufinden, dem Thema, das bei der Berechnung der Preissteigerung durch das Statistische Bundesamt beginnt, dem Thema, das bei John wie Schnabl eine erschreckende Lücke in Bezug auf die Antworten auf die Fragen: “Was ist ein Mittelwert?” und “Was sagt die Inflationsrate eigentlich für das tägliche Leben von Leuten wie Erol aus?” offenbart.

Beginnen wir mit der Feststellung, dass die vom Statististischen Bundesamt veröffentlichte Inflationsrate, die Rate der Preissteigerung einen Mittelwert darstellt, der auf Grundlage einer großen Zahl von Waren und Gütern, die den sogenannten Warenkorb ausmachen, berechnet wird, einer Rechnung, die durch die Praxis der Gewichtung Manipulation sehr zugänglich ist. Wollte man die Inflation nach unten rechnen, es wäre kein Problem.

Da die Inflation ein Mittelwert ist, hat sie auch eine Streuung, ein Maß, das nicht angegeben wird, aus gutem Grund nicht angegeben wird, denn es würde deutlich machen, wie sehr einzelne Waren und Güter in ihrer Preisentwicklung nach oben und nach unten von diesem Mittelwert abweichen, was kurz vor der Einsicht kommt, dass so eine Inflationsrate ein mehr oder weniger nutzloses, weil kaum aussagekräftiges Maß ist. Denn es basiert auf der Berechnung eines Idealbürgers, eines Bürgers, dessen Kaufverhalten sich Bundesstatistiker unter anderem so vorstellen:

  • 125 Versicherungsdienstleistungen (24,68),
  • 123 Persönliche Gebrauchsgegenstände (6,16),
    • 1231 Schmuck und Uhren (3,23),
    • 12311 Schmuck (1,90),
  • 12132 Verbrauchsgüter für die Körperpflege (11,03),
  • 12 Andere Waren und Dienstleistungen (74,25),
    • 121 Körperpflege (22,88),
  • 11 Gaststätten- und Beherbergungsdienstleistungen (46,77),
    • 111 Gaststättendienstleistungen (36,39),
    • 1111 Restaurants, Cafés, Straßenverkauf u.Ä. (31,77),
    • 11111 Speisen und Getränke in Restaurant, Café, Bar u.Ä. (17,23).
  • 10 Bildungswesen (9,02),
    • 101 Bildungsdienstleistungen des Elementar- und Primarbereichs (3,38),
  • 095 Druckerzeugnisse, Schreib- und Zeichenwaren (15,17),
    • 0951 Bücher (4,68)
    • 09511 Unterhaltungsliteratur (2,08).
  • 0942 Kulturdienstleistungen (17,29),
    • 09421 Besuch von Kino, Theater, Konzert, Zirkus u.Ä. (5,77),
  • 0933 Gartenerzeugnisse, Pflanzen und Blumen (5,73),
    • 09331 Gartenerzeugnisse (1,74),
  • 0914 Ton-, Bild- u.a. Datenträger (2,00),
    • 09141 Ton-, Bild- u.a. Datenträger, bespielt (1,46),
  • 09 Freizeit, Unterhaltung und Kultur (113,36)
    • 091 Audio-, Foto-, IT-Geräte und Zubehör (14,18),
    • 0911 Rundfunk-, Fernsehgeräte u.Ä. (5,27),
    • 09111 Empfangs-, Wiedergabe- u.a. Geräte für Ton (1,20),
  • 073 Personen- und Güterbeförderung (23,69),
    • 0731 Personenbeförderung im Schienenverkehr (4,57),
    • 07311 Personenbeförderung im Schienenverkehr der Eisenbahn (4,57),
  • 0630010000 Stationäre Gesundheitsdienstleistungen (6,49),
    • Verkehr (129,05),
    • 071 Kauf von Fahrzeugen (34,66).
    • 0711 Personenkraftwagen (ohne Wohnmobile) (31,56),
    • 07111 Neue Personenkraftwagen (24,50),
  • 06 Gesundheit (46,13),
    • 061 Medizinische Erzeugnisse, Geräte und Ausrüstungen (19,42),
    • 0611 Pharmazeutische Erzeugnisse (9,65),
    • 06110 Pharmazeutische Erzeugnisse (9,65)
  • 05 Möbel, Leuchten, Geräte u.a. Haushaltszubehör (50,04),
    • 051 Möbel, Leuchten, Teppiche u.a. Bodenbeläge (19,42),
    • 0511 Möbel und Leuchten (16,50),
    • 05111 Wohnmöbel (13,43)
  • 04 Wohnung, Wasser, Strom, Gas und andere Brennstoffe (324,70),
    • 041 Wohnungsmiete, einschl. Mietwert von Eigentümerwohnung (207,26),
    • 0411 Nettokaltmiete (196,32),
  • 03 Bekleidung und Schuhe (45,34),
    • 031 Bekleidung (35,56),
    • 0311 Bekleidungsstoffe (0,96),
  • 02 Alkoholische Getränke und Tabakwaren (37,77),
    • 021 Alkoholische Getränke (16,96),
    • 0211 Spirituosen (3,53),
  • 012 Alkoholfreie Getränke (11,98),
    • 0121 Kaffee, Tee und Kakao (4,04),
  • 01 Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke (96,85),
    • 011 Nahrungsmittel Food (84,87),
    • 0111 Brot und Getreideerzeugnisse (15,03),
    • 0112 Fleisch und Fleischwaren (18,60),
    • 0113 Fisch, Fischwaren und Meeresfrüchte (3,17),
    • 0114 Molkereiprodukte und Eier (14,19),
    • 0115 Speisefette und Speiseöle (2,34),
    • 01151 Butter (1,19),
    • 0116 Obst (8,88),
    • 01161 Obst, frisch oder gekühlt (7,00),
    • 0117 Gemüse (11,08),
    • 01171 Gemüse (ohne Kartoffeln), frisch oder gekühlt (6,69),
    • 0118 Zucker, Marmelade, Honig und andere Süßwaren (7,12),
    • 0119 Nahrungsmittel, a.n.g. (4,46),

Das ist ein Auszug aus dem “Wägungsschema für das Basisjahr 2015” des Statistischen Bundesamts, das gnutzt wird, um den Verbraucherpreisindex für Deutschland, also die Inflation, zu berechnen. Die Angaben, die sich hinter den einzelnen Produktgruppen finden, sind Promilleangaben, also Tausendstel, die das Gewicht angeben, mit dem die einzelne Produktgruppe in die Berechnung eingeht. Das, was letztlich als Inflation in einem Wert zusammengefasst wird, ist also das Ergebnis einer Berechnung auf Grundlage von Preissteigerungen in einer Vielzahl von Produktgruppen, Produktgruppen, aus denen manche Bürger keinerlei Produkte erwerben. Z.B. kauft nicht jeder einen Computer in einem Jahr oder gar Monat. Dass Computer billiger geworden sind, ist ihm somit herzlich egal, den Statistikern beim Bundesamt aber nicht. Sie beziehen die Preise von Computer und Software in ihre Berechung mit ein und nach Lage der Dinge reduziert diese Berücksichtigung die Preissteigerung, die die Statistiker errechnen, aber natürlich nicht die Preissteigerung, der sich reale Bürger wie “Veronika Erol aus Koblenz” gegenübersehen, Preissteigerungen, die deutlich ÜBER dem Gesamtwert der Preissteigerung, der als Verbraucherpreiseindex veröffentlicht wird, liegen:

Die Abbildungen zeigen erheblich unterschiedliche Preisentwicklungen für Produktgruppen, die alle in die Berechnung der Verbraucherpreise eingehen (So hat sich Butter seit 2015 um 69% verteuert, Brötchen um 18,3%, der Preisindex ist in dieser Phase aber nur um 11,5% gestiegen) . Die Frage, wie sehr ein Haushalt von Preissteigerungen betroffen ist, ist somit von seinen Konsumgewohnheiten abhängig, soweit es nicht Güter wie Nahrungsmittel betrifft, deren Konsum man nicht einfach einstellen kann. Preissteigerungen im Bereich von Nahrungsmitteln, wie sie Erol berichtet, sind nichts, was man als “gefühlte Inflation” diksreditieren kann, sie sind REAL. Nach dem Einkauf hat man entweder weniger im Korb oder weniger im Geldbeutel, je nachdem. Dass das Statistische Bundesamt eine Zahl berechnet, deren Berechnung sich in der Statistik eingebürgert hat und von für viele vermutlich nicht angeben können, was ihr konkreter Nutzen für individuelle Bürger sein soll, das hat mit den Kosten des täglichen Lebens für diese Bürger überhaupt nichts zu tun. Sie erfühlen keine Preissteigerung, sie erleben sie.

Lüften wir noch das Geheimnis der “gefühlten Preissteigerung”:

“So lag Umfrageergebnissen zufolge z. B. im ersten Quartal 2021 die gefühlte Inflation im Euroraum bei 4,5 %, während die offiziell gemessene Inflationsrate 1 % betrug. Das könnte daran liegen, dass Preissteigerungen subjektiv stärker wahrgenommen werden als Preissenkungen.”

Das schreiben Gunther Schnabl und Tim Sepp in einem Beitrag mit dem Titel: “Inflationsziel und Inflationsmessung in der Eurozone im Wandel“. Es ist schon mehr als eigentümlich, wenn sich vermeintliche Wissenschaftler fragen, warum ein Wert, den ein statistisches Amt aus unzähligen Einzelwerten als Inflation errechnet, von dem Wert, den man erhält, wenn man Bürger danach fragt, wie hoch sie die Inflation schätzen, abweicht. Natürlich weicht er ab. Welcher Bürger nimmt seinen subjektiven Eindruck der Preissteigerung aus der Summierung von mehreren Tausend Einzelposten, die er dann zu einem Gesamtwert verrechnet? Gefühlte Inlfation ist ein Muster ohne Wert, eine jener akademischen Fragestellungen, deren Beantwortung den Fragenden so schlau hinterlässt, wie er es ohne Antwort geblieben wäre.

Aber derart realitätsferne Konzepte, die für Ökonomen einen Spielwert haben mögen, sie lassen sich natürlich gut von denen instrumentalisieren, die den falschen Eindruck vermitteln wollen, dass Sie fälschlicher Weise denken, die Preise seien eherblich gestiegen, denn so schlimm, wie sie behaupten dass es sei, ist es gar nicht. Falsch gefühlt!

Also haben Sie sich nicht so.



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