Sie müssen ärmer werden! Prätentiös, inkompetent, ahnungslos: Dunning-Kruger-Epidemie in Deutschland

Sie werden immer mehr.
Diejenigen, die wissen, was für UNS, für DIE MENSCHEN, für “DEN NORDEN” gut, richtig, wichtig, notwendig ist.
Diejenigen, die denken, ihre Einbildung, zu wissen, gebe ihnen das Recht, anderen Vorschriften machen zu können.
Diejenigen, die auf Grundlage von Ahnungslosigkeit, Inkompetenz kultivieren, um sie dann in prätentiöser Weise anderen als “Heilslehre” zu präsentieren.

David Dunning und Justin Kruger haben vor ein paar Jahrenzehnten ins Schwarze getroffen. In einer Reihe von Beiträgen haben sie den von ihnen gefundenen Dunning-Kruger-Effekt beschrieben:

Dunning, David, Kerri Johnson, Joyce Ehrlinger, and Justin Kruger (2003). Why people fail to recognize their own incompetence. Current directions in psychological science 12(3 ): 83-87.

Ehrlinger, Joyce, Kerri Johnson, Matthew Banner, David Dunning, and Justin Kruger (2008). Why the unskilled are unaware: Further explorations of (absent) self-insight among the incompetent.Organizational behavior and human decision processes 105(1): 98-121.

Kruger, Justin, and David Dunning (1999). Unskilled and unaware of it: how difficulties in recognizing one’s own incompetence lead to inflated self-assessments. Journal of personality and social psychology 77(6): 1121.

Die Crux der Forschung von Dunning und Kruger ist der Anti-Sokrates. Während Sokrates weiß, dass er nichts weiß, wissen diejenigen, die Dunning und Kruger beschreiben, es nicht. Sie sind sich ihrer eigenen Ahnungslosigkeit vollkommen unbewusst, was dazu führt, dass sie auf Basis dieser Ahnungslosigkeit eine Inkompetenz ausbilden, die sich gewaschen hat und nur durch die prätentiöse Art übertroffen wird, mit der diese Inkompetenz vor aller Welt ausgebreitet wird und deren Ergebnis anderen verordnet werden soll.

Wir haben heute ein Beispiel für diese Form vom Leidenden unbemerkter persönlicher Beeinträchtigung, entnommen aus einem Interview, das in den Pressemitteilungen der HU-Berlin veröffentlicht wurde. Anlass ist das 60-jährige Bestehen des Seminar für ländliche Entwicklung (SLE).

Aber lesen Sie selbst. Wir haben den relevanten Teil kopiert:

“Der Begriff Entwicklungspolitik wird mittlerweile auch kritisch betrachtet. Es sind immer noch die reichen Länder des Nordens, die arme Länder des globalen Südens nach den eigenen Maßstäben und Interessen versuchen zu entwickeln. Wie sehen Sie das aus der Forschungsperspektive?

Die derzeitigen Menschheitskrisen: „Klima, Pandemie, Krieg“ zeigen, dass wir mit unserem Entwicklungsparadigma falsch lagen. Wohlstand für alle im Sinne des Erfüllens eines nicht endenden Bedürfnisses nach mehr ist unrealistisch und nicht unser Ziel. Wir schauen uns stattdessen die wachsenden Ungleichheiten zwischen Regionen und Bevölkerungsgruppen an und sagen: Der Norden muss sich transformieren, damit sich der Süden noch entwickeln kann (und zwar ebenfalls grün). Unter anderem heißt dies: Wirksamer Klimaschutz, grüne Innovationen, mehr Genügsamkeit und Solidarität praktizieren. Da ist viel zu tun und dies kostet sehr, sehr viel Geld, was wir nun wuppen müssen [??].

Jubiläen dienen oft dazu, in die Zukunft zu schauen. Welche Ziele hat sich das SLE gesetzt?

Das SLE hat gemeinsam mit allen Mitarbeiter:innen eine Transformationsagenda entwickelt und Teile davon bereits 2021/ 2022 in die Ausbildung integriert. Diese Agenda optimieren wir nun Jahr um Jahr weiter. Wir wollen junge Pioniere des Wandels ausbilden, die dann im Berufsfeld der Entwicklungszusammenarbeit reale Kooperationen praktizieren, im Süden wie im Norden und am besten zusammen. Wir nennen das „Real Collaboration“.

Solch eine Zusammenarbeit mit dem globalen Süden sollte vor allem paternalismusfrei sein. Denn nach all den Desastern der letzten Jahre ist es nun genug mit dem Narrativ: „Wir wissen wie es geht.“ Für die Ausbildung ist es unser Ziel, ab 2024 einen paritätisch besetzten Lehrgang aus jungen Leuten sowohl aus dem Globalen Süden und aus dem Norden gleichgewichtig zusammenzusetzen. Hierfür fehlen noch die formalen Voraussetzungen, die es gilt in den nächsten eineinhalb Jahren zu schaffen.

Die Fragen beantwortete Dr. Susanne Neubert, Direktorium des SLE, mit Prof. Markus Hanisch.

Die Fragen stellte Ljiljana Nikolic.

Folgen Sie uns auf TELEGRAM

So, nun wissen Sie es. Wohlstand im von Susanne Neubert missverstandenden Sinne von immer mehr, immer größer, immer fetter, ist nicht mehr drin. Natürlich ist diese Prämisse ein Irrtum, ein grundlegendes Missverständnis, denn Wohlstand resultiert nicht aus “immer mehr”, das “immer mehr” ist zeitweise eine Begleiterscheinung, die indes endlich ist. Wer hat schon Verwendung für 20 Computer und 200 Smartphones? Neubert scheint zu denken, dass es Leute gibt, auf die das zutrifft. Auf andere Weise ist es kaum möglich, zu der Fehleinschätzung zu gelangen, zu der Neubert gelangt ist. Denn: Wohlstand wird von einem mehr an QUALITÄT getragen. Wo man früher Bäume abholzen musste, um im Winter heizen zu können, kann man heute die Bäume in Ruhe lassen und eine Ölheizung betreiben, eine viel effizientere Art und Weise, sich warm zu halten als offene Feuer. Wo man früher auf einem Computer herumprogrammieren musste, damit irgend eine sinnvolle Anzeige in Hellgrün auf Dunkelgrün erscheint, kann man heute mit der Maus herumklicken und unzählige Serviceleistungen nach einander abrufen. Wo man früher der Natur jeden Getreidehalm einzeln abringen musste, haben moderne Formen des Ackerbaus dazu geführt, dass Überschuss produziert wird. Ja, Überschuss gibt es auch in der Landwirtschaft.

Aufbauend auf diesem Irrtum darüber, was Wohlstand ist, verordnet Neubert dem Norden, also allen oberhalb des Äquators, eine Abmagerungskur, weniger Wohlstand, damit das, worauf der Norden verzichtet, dem Süden an Wohlstand zugute kommt, aber natürlich nur in grün, innovativ, nachhaltigem Wohlstand. Die naive Vorstellung von Wohlstand wird durch eine primitive Vorstellung des Austausches von Ressourcen ergänzt. Aber gut, schaffen wir alle Prätentiösen in die Kalahari und schauen, wie weit sie mit ihrem “Wissen” kommen…. Neubert in der Lehmhütte, das wäre unser Beitrag zu Genügsamkeit und praktizierter Solidarität.

Mehr als Solidarität mit den ackerbauenden Afrikanern kann Neubert offenkundig nicht bieten, denn, das “wir wissen wie es geht”, das gilt nicht mehr, was die Frage nach dem Sinn von Entwicklungszusammenarbeit aufwirft: Wenn das Geld, das deutsche Steuerzahler aufbringen, um Entwicklungsprojekte z.B. im Bereich der Wasserversorgung zu finanzieren, nicht mehr dazu führt, dass Spezialisten, die zumindest etwas, was mit Wasserversorgung zu tun hat, besser wissen, nach Afrika reisen, um dort die Welt mit ihrem Wissen zu verbessern, dann stellt sich die grundsätzliche Frage nach dem Sinn des Ganzen.

Und die Antwort, warum sollte man Entwicklungshilfe finanzieren, wenn dabei kein Wissen von Nord nach Süd transferiert wird, sie wird von Neubert auch gleich gegeben: Denn Entwicklungshilfe soll zu einem ideologischen Happening werden, einem paritätisch besetzten Lehrgang, der “gleichgewichtig”, also paritätisch aus jungen Leuten aus dem Norden und dem Süden zusammengesetzt ist, denn man wolle “Pioniere des Wandels ausbilden, die dann im Berufsfeld der Entwicklungszusammenarbeit reale Kooperationen praktizieren”. Konkreter als hohle Phrasen hat Neubert nicht zu bieten. Indes, rekonstruieren wir: Reale Kooperation ist paritätisch und sie ist kein Wissensaustausch, denn ein solcher setzt zwangsläufig voraus, dass einer etwas weiß, was der andere nicht weiß. Worüber sonst sollte man sich austauschen? Aber all das ist keine reale Kooperation. Was bleibt: Ein happening. Wir tanzen den Regen herbei oder reden uns gegenseitig so lange den Kopf heiß, bis keiner mehr weiß, worüber wir eigentlich reden.

Nur eines ist klar: Reale Kooperation ist Ideologie, ideologische Indoktrination, bei der den “Pionieren des Wandels”, die richtige, die grüne Art “reale Kooperation” zu praktizieren, eingetrichtert wird.

Das hatten wir schon einmal …


Aber ist es nicht schön, wie unter dem Vorwand Zusammenarbeit mit dem Süden, also mit Entwicklungsländern “sollte vor allem paternalismusfrei sein”, der krudeste denkbare Paternalismus gegenüber der eigenen Gesellschaft ausgepackt wird?
Ein weiterer Beleg für die Existenz von Dunning-Kruger.


Quelle: Featured Image.


Texte, wie dieser, sind ein Grund dafür, dass versucht wird, ScienceFiles die finanzielle Grundlage zu entziehen.
Die Deutsche Bank und Paypal haben uns unsere Konten gekündigt.

Aber: Weil Sie uns unterstützen, lassen wir uns nicht unterkriegen.
Helfen Sie uns, ScienceFiles auf eine solide finanzielle Basis zu stellen:

Entweder direkt über die ScienceFiles-Spendenfunktion spenden [das ist sicher und Sie haben die volle Kontrolle über ihre Daten]:

Zum Spenden einfach klicken

Oder über unser Spendenkonto bei Halifax:

ScienceFiles Spendenkonto:

HALIFAX (Konto-Inhaber: Michael Klein):

IBAN: GB15 HLFX 1100 3311 0902 67
BIC: HLFXGB21B24


Wenn Sie ScienceFiles weiterhin lesen wollen, dann sind Sie jetzt gefordert.

Folgen Sie uns auf Telegram.
Anregungen, Hinweise, Kontakt? -> Redaktion @ Sciencefiles.org
Wenn Ihnen gefällt, was Sie bei uns lesen, dann bitten wir Sie, uns zu unterstützen. ScienceFiles lebt weitgehend von Spenden. Helfen Sie uns, ScienceFiles auf eine solide finanzielle Basis zu stellen.
Wir haben drei sichere Spendenmöglichkeiten:

Donorbox

Unterstützen Sie ScienceFiles


Unsere eigene ScienceFiles-Spendenfunktion

Zum Spenden einfach klicken

Unser Spendenkonto bei Halifax:

ScienceFiles Spendenkonto: HALIFAX (Konto-Inhaber: Michael Klein):
  • IBAN: GB15 HLFX 1100 3311 0902 67
  • BIC: HLFXGB21B24

Print Friendly, PDF & Email
11 Comments

Schreibe eine Antwort zu NachdenkfreiheitserlaubenderAntwort abbrechen

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Entdecke mehr von SciFi

Jetzt abonnieren, um weiterzulesen und auf das gesamte Archiv zuzugreifen.

Weiterlesen

Entdecke mehr von SciFi

Jetzt abonnieren, um weiterzulesen und auf das gesamte Archiv zuzugreifen.

Weiterlesen