Männer mit asozialen Gesichtszügen – Wissenschaftler als Brandstifter und Feuerwehr

Es ist wirklich überraschend, was man heutzutage wieder alles an Forschung vorfindet. Zuweilen habe ich den Eindruck, die wissenschaftliche Entwicklung seit 1900 ist vielen, die sich heute in den Institutionen der Wissenschaft bewegen, vollständig, aber zumindest weitgehend unbekannt. Deshalb will ich diesen Post mit dem Zitat eines Zitats aus einem Buch von Siegfried Lamnek beginnen, das 1979 erstmals veröffentlicht wurde:

Lamnek_abweichendes Verhalten“Diebe haben im allgemeinen sehr bewegliche Gesichtszüge und Hände; ihr Auge ist klein, unruhig, oft schielend; die Brauen gefältet und stoßen zusammen; die Nase ist krumm oder stumpf, der Bart spärlich, das Haar seltener dicht, die Stirn fast immer klein und fliehend, das Ohr oft hinkelförmig abstehend. Die Mörder haben einen glasigen, eisigen, starren Blick, ihr Auge ist bisweilen blutunterlaufen. Die Nase ist groß, oft eine Adler- oder vielmehr Habichtnase: die Kiefer starkknochig, die Ohren lang, die Wangen breit, die Haare gekräuselt, voll und dunkel, der Bart oft spärlich, die Lippen dünn, die Zähne groß. Im allgemeinen sind bei Verbrechern von Geburt die Ohren henkelförmig, das Haupthaar voll, der Bart spärlich, die Stirnhöhlen gewölbt, die Kinnlade enorm, das Kinn viereckig oder hervorragend, die Backenknochen breit – kurz ein mongolischer und bisweilen negerähnlicher Typus vorhanden” (Lombroso zitiert nach Lamnek, 1991, S.68).

Das Zitat stammt von Cesare Lombroso, der gegen Ende des 19. Jahrhunderts versucht hat, Kriminalität als biologische Abnormität der körperlichen Entwicklung auszuweisen. Und nicht nur die im obigen Zitat beschriebenen Gesichtszüge, waren für Lombroso Anzeichen einer biologisch determinierten Delinquenz, sondern auch die Form und Größe des Schädels. Lombroso ist bis heute unter Kriminologen für seine Schädelvermessungen bekannt, denn besonders markante Schädel, in Größe, Breite und Form, so Lombrosos Ansicht, weisen den Kriminellen aus.

Im Zeitraffer haben wir uns ins 21. Jahrhundert bewegt und hier treffen wir nunmehr die Erben von Lombroso. Heute kleiden sich Biologisten in andere Begriffe, sind nicht mehr so deutlich und offen, wie Lombroso dies war, und deshalb schreiben sie von der fWHR, der facial width-to-height-ratio. Das Verhältnis zwischen Gesichtsbreite zu Gesichtshöhe ist also ihr Spielzeug und heute muss man seine Vorurteile nicht mehr, wie dies Lombroso getan hat, in Deskriptionen des Forschungsgegenstand kleiden, nein, heute kann man korrelieren. Und das wird getan, bar jeder theoretischen Fundierung und mit allem, was im Fundus der “nachhaltigen Werte”, wie von sie Nicht-Regierungsorganisationen global verbreitet werden, negativ bestimmt ist.

  • Carré und McCormick (2008) finden, dass Männer mit einer großen fWHR (also breit und kurz) aggressiver sind als Männer mit einer kleinen fWHR.
  • Stirrat und Peret (2010) finden, dass Männer mit einer großen fWHR nicht so vertrauenswürdig sind, wie Männer mit einer kleinen fWHR.
  • Haselhuhn und Wong (2012) wollen gar herausgefunden haben, dass Männer mit einer großen fWHR eher bereit sind, andere zu täuschen als Männer mit einer kleinen fWHR.

Pazzi criminialeKeiner der vermeintlichen Wissenschaftler hat sich die Frage gestellt, warum die fWHR mit all den negativen Eigenschaften zusammenhängen soll, die sie den entsprechenden Männern mit ihrer Forschung gerade anhängen wollen. Sie alle betätigen sich als Brandstifter und behaupten eine biologische Basis für diese negativen Eigenschaften, die sich eben mit der fWHR messen lässt. Derartige Behauptungen kann man nicht unabhängig prüfen, jedenfalls nicht mit den Untersuchungsanlagen, die biologistische Forscher gemeinhin verwenden und entsprechend ist es ziemlich einfach, deratige Behauptungen in die Welt zu schleudern.

Umso wichtiger sind Studien, wie die von Haselhuhn, Wong und Ormiston (2013), die umso bemerkenswerter ist, weil Haselhuhn und Wong mit dieser neuen Studie Ergebnisse hinterfragen, die sie selbst 2012 veröffentlicht haben. Sind unsere Ergebnisse das Ergebnis einer self-filfilling prophecy, so fragen sich die Forscher. Der Begriff der self-fulfilling prophecy wurde von Robert K. Merton in die Soziologie und die Sozialpsychologie eingeführt ,und er beschreibt eine Situation, in der die Furcht vor einem Ergebnis zu Handlungen führt, die dieses Ergebnis erst eintreten lassen. Das klassische Beispiel ist der Bankrun, bei dem Anleger aus Angst, ihr Geld durch den Zusammenbruch einer Bank zu verlieren, in Banken stürmen, um ihr Geld abzuheben und dadurch den Zusammenbruch der Bank erst auslösen.

Im Zusammenhang mit den Männern, die ein breites und kurzes Gesicht haben, besteht die self-fulfilling prophecy darin, dass die Männer mit dem breiten und kurzen Gesicht sich so fies verhalten, weil sie denken, dass das fiese Verhalten an sie herangetragen, von ihnen erwartet wird, weil sie wissen, dass Interaktionspartner ihre Gesichtszüge zum Anlass nehmen, eine Kooperation zu verweigern, sie schlecht zu behandeln, ihnen asozial zu begegnen, und dies entsprechend antizipieren und sich ihrerseits unkooperativ zeigen.

euheadofstateDass dem so ist, dass negativ bewertete Verhaltensweisen an bestimmte Personen herangetragen werden und diese Personen sich dann entsprechend verhalten, können Haselhuhn, Wong und Ormiston in insgesamt vier Experimenten zeigen, in denen sie Versuchspersonen vor eine Wahl zwischen einer prosozialen und dem, was sie als antisoziale Wahl ansehen, gestellt haben. Bei dieser Wahl ging es im Wesentlichen darum, Ressourcen aufzuteilen. Herauskam, dass mit einer zunehmenden fWHR weniger prosoziale Wahlen getroffen wurden. Wichtiger ist jedoch, dass Versuchspersonen, die mit Männern mit hoher fWHR als Interaktionspartner konfrontiert waren, deutlich weniger bereit waren, sich diesen gegenüber pro-sozial zu verhalten. Es scheint also, als würden Männer mit hoher fWHR sich nur deshalb anti-sozial verhalten, weil man ihnen anti-sozial begegnet oder wie Haselhuhn, Wong und Ormiston schreiben: “Across four studies, our results illustrated a self-fulfilling prophecy illustration for the link between men’s fWHR and behavior” (5).

Allerdings haben die Auoren nicht den Mut, die Konsequenz aus diesem Ergebnis zu ziehen und festzustellen, dass es Forscher wie sie selbst sind, die mit abstrusten Korrelationen soziale Erwartungen aufbauen, mit denen sich dann die entsprechenden Forschungsopfer konfrontiert sehen. Diese Form der Projektion eigener Vorurteile auf Dritte, die dann gegen Vorurteile ankämpfen müssen, ist zudem ein fester Bestand der Kriminologie und der Sozialwissenschaft. Er findet sich als sekundäre Devianz im labeling approach und beschreibt die Erwartung der Umwelt an ehemalige Kriminelle, wieder delinquent zu werden. Er findet sich als Stereotype Threat in der Bildungsforschung und wurde von Dr. habil. Heike Diefenbach auf Deutschland und hier insbesondere Migranten und Jungen übertragen: Erstere sind in der Schule schlecht, weil sie mit der Erwartung konfrontiert sind als Migranten in der Schule schlecht abzuschneiden, machen diese Erwartung zu ihrer Handlungsgrundlage. Letztere sind in der Schule schlecht, weil man sie ab der Einschulung als kleine Machos stereotypisiert, denen man den Machismo austreiben muss, was zum Ergebnis hat, dass sie sich erst in der von ihnen erwarteten Weise verhalten.

meaningoflifeLetztlich beschreibt die Forschung von Haselhuhn, Wong und Ormiston das Elend von Gutmenschen, wie z.B. Genderisten, die in der Welt nichts anderes als Frauenhasser erblicken können und Dritten mit dieser Erwartung begegnen. Sie projezieren ihre Ängste und Befürchtungen auf Dritte und wundern sich, wenn diese Dritte das nicht gut funden. Und so ist es kein Wunder, dass Dritte sich dann Genderisten gegenüber nicht freundlich verhalten, denn wer will sich schon vorverurteilen lassen.

Am Ende fällt sowohl genderistischer Interventionismus wie Forschungen, die alle möglichen theoretisch nicht begründeten Korrelationen suchen und finden, auf diejenigen zurück von denen Interventionismus oder Studie ausgeht. Sie projezieren ihre Vorturteile, zwingen unbeteiligte Dritte in ihre Vorstellungswelt und finden wenig überraschend wonach sie gesucht habe. Dies ist das Elende der atheoretischen Sozialforschung.

Carré, Justin M. & McCormick, Cheryl M. (2008). In your Face: Facial Metrics Predict Aggressive Behavior in the Laboratory and in Varsity and Professional Hockey Players. Proceedings of the Royal Society B: Biological Sciences 275(1651): 2651-2656.

Haselhuhn, Michael P. & Wong, Elaine M. (2012). Bad to the Bone. Facial Structure Predicts Unethical Behavior. Proceedings of the Royal Society B: Biological Science 279(1728): 571-576.

Haselhuhn, Michael P., Wong, Elaine M. & Margaret E. Ormiston (2013). Self-Fulfilling Prophecies as a Link between Men’s Facial Width-to-Height Ratio and Behavior. PlosOne.

Stirrat, Michael & Perret David I. (2010). Valid Facial Cues to Cooperation and Trust: Male Facial Width and Trustworthiness. Psychological Science 21(3): 349-354.

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