Die Zensur frisst ihre Kinder oder: Vom Schicksal der Einfältigen
Arcadia ist eine Mustersiedlung, die in der sechsten Staffel der X-Files die Szenerie für eine Handlung bietet, die man als Allegorie auf die Risiken die totalitäre Maßnahmen mit sich bringen, ansehen kann. Ein tibetanischer Tulpa spielt darin eine Hauptrolle. Der Tulpa ist eine Gedankenform, die durch Willenskraft zum Leben erweckt werden kann. Kaum zum Leben erweckt, fängt der Tulpa jedoch an, sich der Kontrolle seines Schöpfer zu entziehen und seine eigene Agenda zu verfolgen. Je nach dem Motiv, das dazu geführt hat, willentlich den Tulpa ins Leben zu rufen, entwickelt sich dieser zum Monster oder auch nicht. In Arcadia wird er zum Monster, der sich willkürlich gegen alle richtet, die das, was der Tulpa für die richtige Ordnung hält, stören.
Mit Zensur ist es wie mit dem Tulpa. Ist sie erst eingerichtet, um diejenigen zu beseitigen, die man ideologisch nicht mag, dann ist es eine Frage der Zeit, bis die Zensur anfängt, ihre Kinder zu fressen.
Es ist Wahlkampf.
Politik per Twitter:
Minister #deMaizière hat heute die linksextremistische Internetplattform #linksunten.indymedia verboten. Weitere Infos folgen in Kürze.
— BMI (@BMI_Bund) August 25, 2017
Nun ist sie also verboten, die Plattform “linksunten”, das Informationsportal der linken Extremisten, auf dem man irekte Vorabwarnung geplanter Anschläge oder Aktionen oder nachträgliche Begründungen für Gewalt oder Bekennerschreiben für zerstörte Autos lesen konnte.
Der Bundesinnenminister hat das Portal Linksunten „indymedia“ verboten. Die Begründung dafür folgt. Bereits jetzt kann man sagen, dass die Meinungsfreiheit eine weitere Niederlage in Deutschland erlitten hat. Abermals werden Zugänge zu Informationen vermauert, abermals werden Bürger von den politischen Funktionsträgern bevormundet.
Jetzt stehen sie da und sind baff, die linken Kinder, die noch vor kurzem Beifall klatschten, als der Justizminister Meinungsfreiheit in sozialen Netzwerken beseitigt hat und der Innenminister das kleine Häuflein der Identitären als Profilierungsobjekt benutzt hat. Sie, die sich freuen, wenn sie ein zerstörtes Plakat der AfD sehen, die Handreichungen fabrizieren, um demokratische Parteien zu kriminalisieren, die vor Verzückung jauchzen, wenn die polizeiliche Kavallerie eine kleine Wohnung stürmt, um anschließend einige Pamphlete, auf denen der Holocaust geleugnet wird oder mit einer Festplatte auf der intensives Suchen einen Hasskommentar zum Vorschein gebracht hat, als Trophäe zu präsentieren, sie sind nun baff.
Die Zensur, die sie bislang so begeistert aufgenommen haben, an der sie sich beteiligt haben, sie richtet sich nun gegen sie selbst, gegen ihre Mitteilungs- und Informationsplattform linksunten. Zensur ist seit jeher ein zweischneidiges Schwert gewesen, das, wie alle totalitären Maßnahmen, sich heute gegen die eine, morgen gegen die andere Seite richtet. Als Leo Trotzki oder Lawrenti Beria erschossen wurden, hatten die beiden Schlächter Stalins, deren Handwerk darin bestand, Gegner des Regimes zu ermorden, vielleicht einen kurzen Moment der Klarheit, in dem sie bemerkt haben, wie leicht es ist, selbst zum Gegner des Regimes erklärt zu werden. Diejenigen, die sich nun nicht mehr auf der Seite der Claqueure finden, die klatschen, wenn andere Opfer staatlicher Zensur werden, sondern auf der Seite derer, die betroffen sind, teilen vielleicht die Einsicht von Trotzki und Beria.
Manche Handlungen und Maßnahmen verbieten sich in einer Demokratie. Werden sie dennoch ausgeführt, dann verhält es sich wie mit dem Öffnen der Büchse der Pandora. Nun sind all die Krankheiten in der Welt, an denen eine Demokratie zu Grunde gehen muss. Die Zensur von Informationen ist vielleicht die Krankheit, an der eine Demokratie am schnellsten verenden muss. Denn, wie wir schon wiederholt festgestellt haben: Eine Demokratie lebt davon, dass Informationen frei verfügbar sind und jeder, der sich Informationen beschaffen will, die Möglichkeit hat, die entsprechenden Informationen auch zu erhalten. Wer Informationen, wer den Zugang zu Informationen kontrolliert, der schafft damit effektiv die Meinungsfreiheit ab. Es gibt Meinungsfreiheit nicht relativ, es gibt sie nur absolut. Deshalb ist die neuerliche Einschränkung der Meinungsfreiheit, durch das wahltaktische Verbot der Plattform Indymedia, nichts Besonderes, denn die Meinungsfreiheit ist in Deutschland schon seit Jahren nicht mehr egeben.
Ideelle Stasi-Nachfolgeorganisationen wie die Amadeu-Antonio-Stiftung werden seit Jahren von SPD-Ministerien dafür bezahlt, die Trommel für die Einschränkung der Meinungsfreiheit zu rühren. Als Kampf gegen Rechts wird dieses Vernichtungswerk bezeichnet. Nun haben auch Politiker, die versuchen, sich kurz vor der Wahl ein konservatives Profil zuzulegen, die Zensur als Profilierungsmittel und als Mittel im politischen Kampf entdeckt, und es ist eingetreten, was wir schon vor fünf Jahren vorhergesagt haben: Seit heute 7.26 Uhr wird zurückzensiert.
Ab sofort leben auch Linke unter dem Damoklesschwert, dass die Meinung, die sie zu äußern glauben, der Vorstellung davon, was Bürger sagen dürfen, die irgendwo von einem kleinen totalitären Persönchen gepflegt wird, zuwider läuft und deshalb zensiert wird. Nun dürfen auch Linke erwarten, auf Facebook gelöscht oder zensiert zu werden. Was sonst sollte das Unternehmen angesichts der angedrohten Strafzahlungen in Millionenhöhe bei Nichtlöschen von vermeintlicher Hatespeech tun als präventiv löschen? Wenn man bei der Frage: „Wollt Ihr die totale Zensur?“ aus ideologischer Verblendung und aus Genugtuung darüber, dass es bislang nur die anderen, die ideologischen Feinde trifft, euphorisch „ja“ schreit, dann muss man sich nicht wundern, wenn das Mittel, das man gerade überschwänglich begrüßt hat, gegen die eigene Ideologie gerichtet werden. Das eben macht Zensur aus.
Zensur ist ein Mittel, Informationen und den Zugang zu Informationen zu kontrollieren.
Und wir leben wieder in einer Zeit, in der sich Politiker anmaßen, Bürger zu bevormunden, in der sie Bürgern vorschreiben wollen, welche Informationen sie sich verschaffen dürfen und welche nicht, welche Meinungen sie äußern dürfen und welche nicht. Derartige Praktiken, die gegen den Geist von Demokratie verstoßen, haben die Linken die ganze Zeit bejubelt. Wenn Sie sich nun beklagen, wenn sie nun zetern, dann zeigt das nur, wie einfältig und dumm sie sind, wie sehr sie den Schaden, den man politischen Gegnern zufügen kann, die ganze Zeit über das gestellt haben, was allein eine Demokratie aufrecht zu erhalten vermag: Die Informations-, Meinungs- und Redefreiheit für alle.
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Ja, auch ich habe mich öffentlich gefreut, daß diese Seite verboten wurde. Ja, auch habe mich durch den Wahlkämpfer der Misere manipulieren lassen, auch ich habe nicht gesehen, daß man Zensur gegen die eine Seite nicht gutheißen und gegen die andere Seite begrüßen kann. Das ist mir heute hier klar geworden. Danke dafür. Entweder das Pendel schlägt (auch heftig) nach beiden Meinungsseiten aus oder der Zensor hält es fest und es pendelt gar nichts mehr.
Scheint eine neue Erfahrung zu sein für linke Linke, das das Recht auch für sie gilt.
Wartet mal ab, wie es sich anfühlt, wenn ihr mit Nazis gleichgestellt werdet.
(war da nicht letztens etwas mit Grünen und A-loch?).
Also in dem Falle bin ich sehr für Gleichstellung und Gleichberechtigung (Gleichberechtigung sowieso, . Besonders im Empfang von Gerichtsurteilen aber auch für Gleichstellung!)
Und mache erhebliche Defizite aus.
[……]
Wir teilen Ihre Ansicht.
Deshalb haben wir Ihren Kommentar zensiert/gelöscht.
Nein, das würden wir ja nie tun, nur zu pädagogischen Zwecken und nur temporär.
Da ist er wieder:
Ja klar. Und was Menschen und Lebensfeindlich ist, wird nach Bedarf definiert wie man es braucht. Ist das Werkzeug erstmal da, kann man alles damit machen. Und das wird auch getan. Das ist wie mit den Mautbrücken. Für die LKW-Maut wurden die nicht wirklich gebraucht, da hätte ne Plakette gereicht. Jetzt lesen die Dinger Nummernschilder aus, und wenn Sie auf der Liste stehen, werden Sie aus dem Verkehr gefischt. Das war erst illegal, dann passt man die Gesetze an, und jetzt ist es legal. Merken Sie da nicht etwas?
Das nächste wird sein, dass man für die falsche Meinung auf die Liste kommt und nicht für nichtgezahlte Steuer oder Versicherung.
Das Verbot wurde in diesem Fall wohl zu Recht ausgesprochen: das Internet ist in der Tat kein rechtsfreier Raum, und Indymedia hat – wie es scheint – geltendes Recht gebrochen, und das systematisch, nicht nur in Einzelfällen. Wenn man die in letzter Zeit Usus gewordene Rechtssprechung zum Delikt Volksverhetzung anschaut, dann ist Indymedia zweifellos ein Paradebeispiel.
Ich fürchte nur, dass dieses Verbot de facto lediglich eine Alibi-Funktion haben soll und wird: “Seht her, wir gehen selbstverständlich auch gegen linke Straftäter vor!” Trotz des Verbots glaube ich nicht, dass auch nur ein Einziger der Verantwortlichen von Indymedia konkret strafrechtlich belangt werden wird. Das Verbot wird aber als “Rechtfertigung” dafür dienen, nun angebliche, rechte “Straftäter” in bislang nicht gekanntem Ausmaß zu verfolgen, sobald sie auch nur mal den Mund aufmachen.