Im Rausch der Gleichheit: Wahlrecht für geistig Behinderte

Gesellschaften entwickeln sich zyklisch, so hat einst Ibn Khaldun geschrieben. Sie erleben einen Aufbruch, das, was man als einen Aufschwung bezeichnen kann, schaffen Wohlstand für ihre Mitglieder, ermöglichen den meisten ein mehr der weniger sorgenfreies Leben und überschreiten, vermutlich weil sie den meisten ein sorgenfreies Leben ermöglichen, ihren Zenit. Sie degenerieren mehr und mehr. Der Wohlstand schwindet. Die Gesellschaft versinkt in der Bedeutungslosigkeit, solange, bis ein neuer Funke von Idee oder Innovation einen neuen Aufbruch ermöglicht.
Ibn Khaldun hat den Prozess, aber nicht die Mechanismen beschrieben, der diesen Prozeß befördert.

Wir denken, einer der Mechanismen, die gesellschaftliche Degeneration vorantreiben, ist die komplette Entwertung in einer Gesellschaft: Die Beseitigung von Symbolen und Werten, die mit Status und gesellschaftlicher Wertschätzung verbunden sind; Symbole, nach denen es sich für Mitglieder der Gesellschaft zu streben gelohnt hat, Werte, die das Zusammenleben von Menschen, ihre Kooperation berechenbar gemacht und eine Basis für gegenseitiges Vertrauen geboten haben.

Blickt man auf den derzeitigen Stand des Entwertungspegels, dann hat sich schon allerhand angesammelt.

Berufe, die in Handarbeit oder körperliche Arbeit münden, wurden entwertet. Dadurch, dass eine aberwitzige Beförderung von Abitur und tertiärer Bildung betrieben wird.

Heute hat fast jeder ein Abitur. Ergebnis: Das Abitur ist nichts mehr wert.

Arbeit und Freizeit wurden gegeneinander aufgerechnet und in der Konsequenz Arbeit entwertet, zum Muss, das neben dem Kann und Darf der Freizeit nicht bestehen kann. Arbeit ist das notwendige Übel im Leben derer, die sie noch notwendig haben, weil sie nicht von staatlichen Transferleistungen leben (können oder wollen).

Individuelle Akte gegenseitiger Verpflichtung wurden entwertet. Die Ehe als älteste Institution des sich gegenseitig Ernsthaftigkeit versicherns wurde entwerten. Jeder kann, wann immer er nach 18 Jahren Wartezeit will, heiraten wen er will, so oft er will, denn Scheidung ist nur eine Formalität und er kann in welcher sexuellen Ausrichtung auch immer heiraten. Ehe ist von der Institution, die eine gegenseitige Verpflichtung ausgedrückt hat, zur jederzeit wähl- und abwählbaren Belanglosigkeit geworden. Sie und das Zusammenleben als solches wurde entwertet.

Berufe wurden entwertet. Seit es Genderisten an Hochschulen gibt, muss man nur sagen, “Professor in einem Fach der Sozialwissenschaften” und man ist sich des Spots sicher.

Die Feminisierung anderer Berufe, die damit einhergehende Flut von Teilzeitarbeit, entwertet einen Beruf nach dem anderen: Grundschullehrer, Lehrer, Ärzte, Staatsanwälte, Richter … immer mehr Berufe fallen mehr durch die Leistungen, die sie nicht (mehr) erbringen auf: gut ausgebildete Schüler, flächendeckende ärztliche Versorgung, fehlerfreie Anklageschriften, den Regeln der juristischen Methode entsprechende Urteile, als dass man über sie wegen bemerkenswerter Leistungen sprechen würde. Sie wurden entwertet.

Wenn man einmal darüber nachdenkt, was in der heutigen Gesellschaft alles keinen besonderen Wert mehr hat, dann wird die Liste schnell lang:

  • Öffentliche Ämter: entwertet – Wer ist noch stolz auf die Leistung von Politikern, wie man das zu Zeiten von Erhardt oder Schmidt noch war. Wer kann sich noch einem benennbaren Sachbearbeiter anvertrauen, der im Dienst der Bürger arbeitet?
  • Amt des Bundeskanzlers: entwertet – Wer denkt noch, das Amt des Bundeskanzlers sei eines, das von besonders qualifizierten Personen ausgefüllt werden muss?
  • Amt des Verfassungsrichters: entwertet – Nach Susanne Baer ist alles anders.
  • Universitäten: entwertet und zu Legitimationsanstalten und genderistischen Schwatzbuden verkommen.
  • Staatliche Symbole: entwertet und zum Stück „Scheiße“ erklärt
  • Staatliche Feiertage: zu kollektiven Besäufnissen oder zum Anlass für Straßenschlachten mit der Polizei verkommen.

Es ist kein Wunder, dass die deutsche Gesellschaft den Anschein einer parzellierten und zerstrittenen Gesellschaft macht, denn diejenigen, die sich für Politiker halten und ihre politische Aktivistenarmee, sie haben jede gemeinsame Grundlage von Wert und Symbolik zerstört.

Jede?
Fast jede.

Ein paar gibt es noch.

Z.B. das Wahlrecht, jenes Symbol mündiger Bürger, das anzeigt, dass Regierungen von einem souveränen Volk bestimmt, gewählt werden.

Das Wahlrecht ist das nächste Opfer dessen, was man nur als Rausch der Gleichheit beschreiben kann, als Wahn, der alle Unterschiede einebnen will und mit den Unterschieden auch die Werte und Symbole, auf denen eine Gesellschaft sich notwendig konstituieren muss, einebnet.

Die SPD hat in der Regierungskoalition – so berichten Handelsblatt und Epoch Times – das Wahlrecht auch für geistig Behinderte durchgesetzt.

Derzeit sind geistig Behinderte nicht als Wähler bei Bundes- und Europawahlen zugelassen. § 13 des Bundeswahlgesetzes schließt sie aus:

Ausgeschlossen vom Wahlrecht ist,

  1. wer infolge Richterspruchs das Wahlrecht nicht besitzt,
  2. derjenige, für den zur Besorgung aller seiner Angelegenheiten ein Betreuer nicht nur durch einstweilige Anordnung bestellt ist; dies gilt auch, wenn der Aufgabenkreis des Betreuers die in § 1896 Abs. 4 und § 1905 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Angelegenheiten nicht erfaßt,
  3. wer sich auf Grund einer Anordnung nach § 63 in Verbindung mit § 20 des Strafgesetzbuches in einem psychiatrischen Krankenhaus befindet.

§ 1896 BGB, der im Text angesprochen wurde, regelt die Bestellung eines Betreuers für folgende Fälle:

(1) Kann ein Volljähriger auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen, so bestellt das Betreuungsgericht auf seinen Antrag oder von Amts wegen für ihn einen Betreuer. Den Antrag kann auch ein Geschäftsunfähiger stellen. Soweit der Volljährige auf Grund einer körperlichen Behinderung seine Angelegenheiten nicht besorgen kann, darf der Betreuer nur auf Antrag des Volljährigen bestellt werden, es sei denn, dass dieser seinen Willen nicht kundtun kann.
(2) …
(3) …
(4) Die Entscheidung über den Fernmeldeverkehr des Betreuten und über die Entgegennahme, das Öffnen und das Anhalten seiner Post werden vom Aufgabenkreis des Betreuers nur dann erfasst, wenn das Gericht dies ausdrücklich angeordnet hat.

§ 1905 BGB regelt die Betreuung von Personen, die als schuldunfähige Straftäter in einer psychiatrischen Anstalt untergebracht sind.

Das Zauberwort, mit dem sich Gutmenschen derzeit um das Wenige an Verstand reden, das ihnen noch geblieben ist, lautet: Inklusion.

Eine inklusive Wahlbeteiligung soll nach dem Willen der SPD geschaffen werden. Nach dem Willen der CDU/CSU soll dies auch der Fall sein, aber den schuldunfähigen Straftätern in der Psychiatrie, denen will man bei der Union doch kein Wahlrecht zubilligen.

Das lässt rund 80.000 Personen, die „auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung [ihre] Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen“ können, als neue Wahlberechtigte zu.

In ihrem Gleichheitswahn verscherbeln die Gutmenschen nun auch noch das Wahlrecht.

Es hat zwar eine gewisse Logik, wenn man Wähler mit Gewählten auch im Hinblick auf geistige Behinderung gleich stellen will, und es mag den ein oder anderen Politiker freuen, dass sich unter seinen Wählern auch welche befinden, die nicht klüger als er selbst sind, aber dieser neue Anschlag auf den gesunden Menschenverstand entwertet das Gut, das in Demokratien angeblich so wichtig ist, dass es die Suffrageten der Wende zum 20. Jahrhundert erkämpfen wollten.

Die Symbolik des Wahlrechts sieht den mündigen Bürger vor, also den Bürger, der Urteilskraft und Unabhängigkeit kommandiert und auf Basis beider, eine informierte Entscheidung zur Wahl einer der Parteien trifft, die sich im Angebot finden. Die Gewählten werden als Konsequenz zu Beauftragten mündiger Bürger, die in deren Namen deren Nutzen mehren und Schaden von ihnen wenden (sollen).

Diese Symbolik setzt also den mündigen Bürger voraus.

Ein Mensch, der aufgrund einer geistigen oder seelischen Behinderung oder aufgrund einer psychischen Erkrankung unter Betreuung gestellt wurde (von einem GERICHT!), dem also attestiert wurde, dass er nicht in der Lage ist, ein eigenverantwortliches Leben, basierend auf eigener Urteilskraft und in Unabhängigkeit von der Leitung anderer zu führen, ist das Gegenteil eines mündigen Bürgers. Er ist ein entmündigter Bürger!

Wenn die Wahl von Parlamenten nicht mehr durch ausschließlich mündige Bürger erfolgt, entfällt die ohnehin schon geringe Notwendigkeit für Politiker, sich ihren Wählern verpflichtet zu fühlen, vollständig.

Wenn selbst geistig Behinderte wählen können, kann die Wahlentscheidung nicht mehr ernstgenommen werden.
Und da selbst geistig Behinderte wählen gehen können, wird der Anreiz, selbst wählen zu gehen, geringer.

Die Institution der Wahl wird entwertet und verkommt.

Welche politische Idiotie hinter der Entscheidung steht, geistig Behinderte zur Wahl zuzulassen und damit die Symbolik der Wahl als Entscheidung mündiger Bürger zu zerstören, das kann man als mit normaler geistiger Fakultät Ausgestatteter nur vermuten.

Vielleicht haben sich Politiker so sehr an den Begriffen Gleichheit und Inklusion berauscht, dass sie nicht mehr klar denken können. Dann müssen sie als geistig behindert gelten.

Vielleicht sind es manche Politiker leid, dass die Mehrheit der Wähler die sie gewählt haben und – schlimmer noch – die Mehrheit der Wähler, die sie nicht gewählt haben, intelligenter sind als sie selbst. Sie brauchen daher jemanden, auf den sie herunterschauen können. Geistig behinderte Wähler sind genau das, was der Psychiater diesen Politikern verordnet.

Vielleicht ist das Wahlrecht für geistig Behinderte auch erst die Vorstufe. Denn wenn die Fähigkeiten, das Wahlrecht der Erst- und Zweitstimme zu verstehen, sich ein eigenes Urteil über die zur Wahl stehenden Parteien zu bilden und zwischen den zur Wahl stehenden Parteien prinzipiell eine informierte Entscheidung treffen zu können, erst einmal als Voraussetzung des Wahlrechts entfallen sind, dann ergeben sich wie von selbst eine Vielzahl neuer Möglichkeiten, das Wahlrecht und die Wahlkampfkostenerstattung der Parteien auszuweiten, …
… auszuweiten in ein Kinder- und Säuglingswahlrecht;
… auszuweiten in ein Nächste-Generationen-Wahlrecht;
… auszuweiten in ein grundsätzliches Wahlrecht für alle, die in Deutschland leben, ohne Ansehen von Person, geistigem Zustand, Alter und Herkunft;
… das Wahlrecht vererbbar zu machen: Gegen die Zahlung von 1000 Euro pro Jahr in eine Parteikasse ihrer Wahl, können sie auch posthum an Bundes- und Europawahlen teilnehmen. Die Wahrnehmung des Wahlrechts wird dann einem Gewährsmann übertragen, der mindestens Rechtsanwalt sein muss und im Namen des Verstorbenen dessen letzten Wahlwillen ausführt, bis er selbst dahingerafft wird.

Und so weiter.

Stellt man sich das Wahlrecht für Behinderte einmal in der Praxis vor, in der Praxis, in der die entsprechenden Menschen zuweilen nicht in der Lage sind, ihren Schnürsenkel selbst zu binden, in der sie keine Verträge unterschreiben können und dürfen, weil sie nicht geschäftsfähig sind, in der sie nicht Autofahren dürfen, weil sie die Kriterien einer Zulassung zum Straßenverkehr nicht erfüllen, in der sie nicht eigenständig einkaufen können, weil sie oft genug die Logik von Produktentnahme und Bezahlung an der Kasse nicht verstehen, in der Praxis, in der sie sich nicht richtig artikulieren und nicht eigenständig zurechtfinden können, dann drängt sich der Irrsinn des Behinderten-Wahlrechts auf und die Frage, wer dieses Wahlrecht de facto wahrnimmt, der Betreute oder sein Betreuer, beantwortet sich von selbst.

Damit kommen wir zu § 14 des Bundeswahlgesetzes:

(4) Jeder Wahlberechtigte kann sein Wahlrecht nur einmal und nur persönlich ausüben.

So ist das. Es sei denn, wir wählen in Briefwahl oder der Wähler, der in das Wahllokal kommt, ist wegen geistiger oder psychischer Behinderung nicht in der Lage, den Bleistift in einen Kreis zu führen und ein Kreuz zu machen. Dann benötigt er jemanden, der seine Hand und vermutlich auch seinen Willen führt, ihm beim Kreuzmachen behilflich ist, jemanden, der dadurch automatisch gegen das Wahlgesetz verstößt und sich strafbar macht.

§ 107 a Straftgesetzbuch

(1) Wer unbefugt wählt oder sonst ein unrichtiges Ergebnis einer Wahl herbeiführt oder das Ergebnis verfälscht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) …
(3) Der Versuch ist strafbar.

Vielleicht ist das Ganze auch einfach nur der Gipfel der Heuchelei, sind es doch dieselben Gutmenschen, die nun ein Wahlrecht für geistig Behinderte durchsetzen wollen, die den Wählern der AfD attestieren, sie seien populistischen Parolen auf den Leim gegangen. Dieselben Gutmenschen, die Falsch-Wählern gerne vorhalten, sie würden den komplexen Sachverhalt, den die Politiker durchdrungen haben, nicht verstehen. Wie viel Wert diese Gutmenschen darauf legen, dass Wähler informierte Entscheidungen treffen, das zeigt sich geradezu mit Bravour im Wahlrecht für Behinderte.

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