Inkompetenz-Signalling: Stadt Gießen führt Gendersprech ein

Dietlind Grabe-Bolz ist nicht nur eine Vertreterin der zwischenzeitlich antiquierten Doppelnamen-Generation, sie gehört auch noch zu den Ewiggestrigen, die denken, Gerechtigkeit sei eine Frage von Sprechen, nicht von Tun. Also redet sie: „Eine faire und geschlechtergerechte Sprache gehört heute zu den Grundlagen einer modernen Verwaltung.“ Das hat sie, als Besetzer der Position eines Oberbürgermeisters gegenüber der Gießener Allgemeine gesagt und als Begründung dafür angegeben, dass die Stadt Gießen eine „genderneutrale Sprache“, wie die Gießener Allgemeine schreibt, eingeführt habe.

Geschlechtergerecht ist Sprache nach Ansicht von Grabe-Bolz, ein Name, bei dem wir uns fragen, ob es eine Verballhornung, sorry: Verball-Hornung von Grabholz ist, wenn sie Höflichkeitsformen wie „Sehr geehrte Damen und Herren“ durch „Guten Tag“ ersetzt, eine perfekte Formulierung, die den sozial Inkompetenten sofort deutlich macht. Geschlechtergerecht ist eine Sprache für Grabe-Bolz auch dann, wenn von Kolleg*innen die Rede ist, einer sprachlichen Verhunzung, die daran ein Ende finden wird, dass das Gendersternchen von den Textverarbeitungssystemen der Verwaltung als Suchstring erkannt wird …

Eine moderne Verwaltung zeichnet sich also dadurch aus, dass sie „faire und geschlechtergerechte Sprache“ benutzt, sagt Frau Grabe-Bolz. Verwaltungen, Bürokratien, so hat einst Max Weber geschrieben, seien notwendig, um den Tausch von Gütern zu erleichtern, um Serviceleistungen für die, die man heute Kunden bei Verwaltungen nennt, zu erbringen, und zwar schnell, zuverlässig und OHNE ANSEHEN DER PERSON.

Deshalb war Max Weber auch der Meinung, eine Verwaltung müsse sich an ihrer Effizienz messen lassen, daran, ob sie die Serviceleistungen, um deren willen sie geschaffen wurde, auch effizient erbringt. Das war, bevor Verwaltungen zum Gegenstand des Signallings wurden, zu Stätten an denen nicht effizient gearbeitet wird, sondern an denen eine vermeintliche moralische Suprematie zelebriert wird.

Was ist unter Signalling zu verstehen?

Nun, die Signalling Theorie wurde im Wesentlichen von Michael Spence entwickelt und behandelt die nonverbalen Signale, die Akteure absetzen, um sicherzustellen, dass sie als der Akteur wahrgenommen werden, als der sie sich gerne präsentieren wollen. Signalling so gesehen, ist die ökonomische Variante der Selbstinszenierung, wie sie Erving Goffman beschrieben hat.

Der Name Grabe-Bolz z.B. signalisiert der Umwelt: Ich bin verheiratet, habe also auch einen Mann abbekommen. Er signalisiert darüber hinaus, dass die Heirat nicht mit einem gemeinsamen Leben einhergeht, sondern mit getrennten Konten und mit einer Differenzierung, die notwendig ist, weil die an der Interaktion beteiligten schwachen Persönlichkeiten der Ansicht sind, ohne Teil im Doppelnamen würden sie im Orkus verschwinden. Und so wie der Name Grabe-Bolz signalisiert, so signalisiert auch die Einführung dessen, was fälschlicher Weise als geschlechtergerechte Sprache bezeichnet wird, denn absurde Zeichen und Formulierungen haben mit Gerechtigkeit nichts zu tun und Gerechtigkeit kann man auch nicht einfach als Sprachakt verordnen, denn Gerechtigkeit ist eine prozedurale Größe, die Leistung und Ergebnis berücksichtigt.

Aber das nur nebenbei, denn dass hier von geschlechtergerechter Sprache die Rede ist, trägt natürlich keine Bedeutung, es ist, ein leeres Sprach-Symbol das einzig dazu dient, der Umwelt die eigene moralische Größe zu demonstrieren, denn Verwaltungen wie die Stadtverwaltung in Gießen signalisieren nicht mehr Effizienz, sie signalisieren moralische Größe (virtue signalling im Englischen).

Letzteres ist ein Ergebnis der Entprofessionalisierung, die damit einhergeht, dass immer mehr Personen in Positionen kommen, die diesen Positionen nicht gewachsen sind, die in den meisten Fällen weiblich sind und von ihrer fehlende Kompetenz durch Ersatzhandlungen ablenken wollen. DiMaggio und Powell, die sich im Anschluss an Max Weber gefragt haben, was nur aus Verwaltungen geworden ist, haben dies bereits 1983 als neuen Trend in Verwaltungen beschrieben. Letztere würden sich nicht mehr über Effizienz legitimieren. Vielmehr seinen Bürokratien (die Verwaltungen der Soziologen) zu einem sich selbsterhaltendes System geworden, das sich über seine Existenz legitimiert: Je mehr Bürokratie vorhanden sei, desto legitimer erscheine Bürokratie.

Die neue Richtlinie zum richtigen Schreiben in der Stadtverwaltung Gießen ist ein sehr gutes Beispiel für den von DiMaggio und Powell beschriebenen Entprofessionalisierungsprozess, der Bürokratien (Verwaltungen) zu mit sich selbst beschäftigten Organisationen degradiert, in denen jeder, der eine Position inne hat, denkt, er könne einen politisch-korrekten Spleen ausleben. Dass er das denkt, ist an sich schon eine Folge der Entprofessionalisierung. Wäre er kompetent, er würde sich seinen Aufgaben widmen. Hätte er Fähigkeiten, er würde versuchen, die Fähigkeiten in Dienstleistung für Kunden zu übersetzen. Nur wer weder Kompetenz noch Fähigkeiten hat, muss sich an symbolischen Akten festhalten, um anderen signalisieren zu können, dass er eine gute Besetzung für seine Stelle ist.

Denen, die im Echozimmer seiner Verwaltung seine Not, sich als kompetent zu inszenieren, teilen, mag dies eine glaubwürdige Darstellung sein, seinen Kunden gegenüber, denen absurde Sprachmonstrositäten zugemutet und denen Höflichkeiten im sprachlichen Umgang nunmehr verweigert werden,  belegt er aber gerade durch dieses Signalling, dass er eine absolute Fehlbesetzung ist, weil ihm Ideologie wichtiger ist als Effizienz.

Es gibt derzeit zwei Aufrufe, sich diesem Gendersprech-Blödsinn entgegen zu stellen.

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