Erzeugergemeinschaften: DIW-Studie bereitet Entmündigung von Eltern vor

Wir beobachten schon seit längerer Zeit eine Form der Arbeitsteilung, von der selbstverständlich nur Verschwörungstheoretiker denken, dass sie abgesprochen ist.

Sie geht wie folgt.

Ein Minister wird vorgeschickt, um eine Gesetzesänderung anzuregen. Er verlautbart z.B., dass es sinnvoll wäre, Kinder bereits ab dem dritten Lebensjahr in staatliche Verwaltung zu überstellen, oder er merkt an, dass man der Hatespeech im Internet langsam begegnen müssen. Ein anderer ist der Überzeugung man müsse den Einsatz von Glyphosat nach mehreren erfolgreichen Jahrzehnten nunmehr überdenken.

Davon auf den ersten Blick unabhängig tauchen so genannte Studien auf, in denen z.B. gezeigt worden sein soll, dass Hatespeech in Ostdeutschland weit verbreitet ist. Wie es der Zufall so will, gibt es in Ostdeutschland auch viele Nazis, wie eine andere Studie herausgefunden haben will, die – wie eine weitere Studie zu zeigen versucht, organisiert und gefährlich sind… Sie kennen das. Oder es gibt, purer Zufall natürlich, eine Studie, in der Insektensterben hochgerechnet, im wahrsten und wissenschaftlich unlautersten Sinne des Wortes hochgerechnet wird, in der Glyphosat zwar nicht als Datum vorkommt, aber als Begriff erwähnt wird. Die Studie entwickelt ein Eigenleben im Imperium gerunzelter Stirne, hinter denen ein Katastrophenszenario das nächste jagt.

Und dann gibt es Zufälle wie den, dass in Frankreich gerade eine Pflicht für Eltern beschlossen wurde, ihre Kinder ab 3 Jahren in staatliche Verwaltung zu überstellen.

Und noch ein Zufall: Das DIW veröffentlicht eine, na? Richtig, eine Studie, in der gezeigt wird, wie die Autoren der Studie behaupten, dass Kinder, die mit drei Jahren bereits in Kindertagesstätten abgeschoben wurden, in der neunten, nicht in der achten, auch nicht in der zwölften, nein in der neunten Klasse „kommunikativer und durchsetzungsfähiger“ sind als Kinder, die das Los, eine Kita besuchen zu müssen, „ungefähr“ ein Jahr später getroffen hat.

Wer wettet mit uns, dass diese „Studie“, diese JUNK-Studie in Kleinen Anfragen, Redebeiträgen im Parlament und allerlei Materialien, in denen der Vorteil einer frühkindlichen Verwaltung mit einhergehender Entmündigung der Eltern beschri(eb)en wird, Eingang findet?

Eigentlich ist JUNK-Studie für das Machwerk von Maximilian Bach, Josefine Koebe und Frauke Peter, das im neuesten DIW-Wochenbericht mit dem Titel „Früher Kita-Besuch beeinflusst Persönlichkeitseigenschaften bis ins Jugendalter“ veröffentlicht wurde, ein Lob. Besser wäre Trash-Studie oder JUNK-Trash-Kollaboration…

Die Autoren gehören zu dem, was man früher Datenfuzzis genannt hat. In Mannheim gibt es einen Datenfuzzi, der vermutlich immer noch schmollt, weil er von einem ScienceFiles-Redaktionsmitglied einmal (vor 20 Jahren) so bezeichnet und damit in fortwährendes Schweigen versetzt wurde. Aber: Datenfuzzis von früher, die konnten noch rechnen und haben nicht jeden Unsinn korreliert. Das ist heute anders.

Wir leben im Zeitalter der Bachs, Koebes und Peters, in dem man schon einmal auf die Idee kommt, dass das Alter bei Eintritt in den Kindergarten, nein, die Kindertagesstätte, die „Kita“ und nur das Alter bei Eintritt (und gar nichts anderes) dafür verantwortlich ist, dass Schüler im Alter von 15 oder 16 Jahren auf einer Skala von 5 bis 1 (trifft voll und ganz zu bis trifft überhaupt nicht zu) von sich sagen, dass sie aus sich herausgehen, gesellig und nicht zurückhaltend sind.

Wenn moderne Datenfuzzis wie Bach, Koebe und Peters Aussagen wie diese beiden in die Finger bekommen, dann wird daraus… Achtung: EXTRAVERSION. Hat man Jugendliche im Alter von 15 und 16 Jahren erst einmal von solchen, die von sich sagen, dass sie mehr oder weniger aus sich herausgehen bzw. gesellig sind und mehr oder weniger nicht zurückhaltend sind, zu EXTRAVERTIERTEN Jugendlichen konvertiert: all hell breaks loose.

Nun werden die Jugendlichen, die faktisch gesagt haben, und zwar auf einer Skala von 5 bis 1 (trifft voll und ganz bis überhaupt nicht zu) von sich gesagt haben, dass sie aus sich herausgehen und/oder gesellig sind bzw. nicht zurückhaltend sind: „kommunikativer“ und „durchsetzungsfähiger“ als andere Jugendliche. Wohlgemerkt, niemand hat das gemessen. Die Datenfuzzis bilden sich das ein.

Nun macht die unsinnige Behauptung, Schüler, die sagen, die Aussage, sie seien gesellig oder gingen aus sich heraus treffe voll und ganz zu, eher zu, weder noch, treffe eher nicht zu, treffe überhaupt nicht zu, mit einem Mittelwert bei 3,47 also bei trifft eher zu, seien kommunikativer und durchsetzungsfähiger als andere, nur dann Spaß, wenn man die unsinnige Behauptung mit einer wilden Assoziation verbinden kann. Jugendliche, die im Alter von drei Jahren in die Kita eingeliefert wurden, seien wenn sie in der neunten Klasse angekommen sind, kommunikativer und durchsetzungsfähiger als Jugendliche, die erst mit „ungefähr“ vier Jahren in die Kita überstellt wurden.

Damit wir uns nicht falsch verstehen: Bach, Koebe und Peter behaupten hier nicht mehr und nicht weniger als eine Kausalität: Der frühere Kita-Eintritt sei ursächlich dafür, dass die dreijährigen Kita-Eintreter 12 oder 13 Jahre später durchsetzungsfähiger und kommunikativer sind als die „ungefähr“ vierjährigen Kita-Eintreter dies 12 oder 13 Jahre später sind, wobei – um es noch einmal zu wiederholen – die drei aus dem DIW keine Daten haben, die Aussagen über Durchsetzungsfähigkeit oder Kommunikationsfrequenz zulassen.

Das macht für manche unmittelbar Sinn. Was könnte zwischen dem Alter von 3 bzw. 4 und 15 bzw. 16 Jahren schon geschehen, das den (politisch gewünschten) Effekt eines früheren Eintritts in die Kindertagesstätte vergessen lässt? Jenen Effekt, den die drei vom DIW mit dem Instrumentalvariablenansatz gemessen haben, um damit den „längerfristigen kausalen Effekt des Kita-Besuchs ab dem dritten Geburtstag … zu identifizieren“? (Das war das Zitat für all diejenigen, die nicht glauben wollten, dass Bach, Koebe, und Peter tatsächlich denken, das Alter des Kita-Eintritts sei kausal für das, was man 12/13 Jahre später als Persönlichkeitsfaktor „Extraversion“ messen kann).

Nun wird der Instrumentalvariablenansatz nicht nur deshalb von richtigen Datenfuzzis mit Argwohn betrachtet, weil er recht große Standardfehler produziert, die das Ergebnis im besten Fall insignifikant im schlechtesten Fall zu Quatsch werden lassen, er ist auch ein sehr deterministisches Verfahren, das im Gegensatz zu anderen Varianten der Regressionsanalyse davon ausgeht, dass ein Modell alle exogenen Variablen beinhaltet. Das ist eine heftige Annahme, die nur Unbedarfte machen, die denken, man könne Persönlichkeitsmerkmale, die man im Alter von 15 oder 16 Jahren misst mit ausschließlich einer Variablen, nämlich dem Alter bei Überstellung in die Kita erklären.

Dagegen sind Forscher eher vorsichtig und immer der Ansicht, ihr Modell könnte nicht vollständig sein, es könnte noch andere Variablen als das Kita-Eintrittsalter geben, die einen Effekt auf die Persönlichkeit von Kindern haben, Eltern zum Beispiel, Erfolge in der Schule, im Sport, Hobbies, Peers, VNV-Nation, der 1. FC Kaiserslautern, Kartoffelpfannkuchen und Ritterfiguren, die in Rohren verloren wurden … Nein, die haben keinen Einfluss. Bach, Koebe und Peter haben es verkündet und mit dem Instrumentalvariablenansatz nachgewiesen, was kein Problem ist, da der IV-Ansatz, wie er bei Bach, Koebe und Peter kenntnisreich abgekürzt wird, keinen Fehlerterm in seinen Modellen duldet. Alles wird erklärt. Alles wird mit dem erklärt, was im Modell ist. Und wenn im Modell nur das Eintrittsalter in die Kita enthalten ist, um Persönlichkeitsmerkmale 12/13 Jahre später zu erklären, dann erklärt auch nur das Kita-Eintrittsalter.

Aber, man ist vor Irrem und Wahnsinnigem nicht gefeit, wenn moderne Datenfuzzis, also nicht die alten, die noch wussten, was sie tun, zumindest mathematisch, wüten: Bach, Koebe und Peter erklären in ihren Modellen nicht die Persönlichkeitsmerkmale von Jugendlichen im Alter von 15 oder 16 Jahren mit deren Eintrittsalter in die Kindertagesstätte, sondern das Eintrittsalter in die Kindertagesstätte im Alter von drei oder vier Jahren mit den Persönlichkeitsmerkmalen im Alter von 15 bzw. 16 Jahren, eben zum Zeitpunkt der Befragung. Moderne Datenfuzzis halten nichts mehr von Chronologie und einer konsequenten Trennung zwischen abhängigen und unabhängigen Variablen: anything goes, nothing works und alles wird interpretiert.

Und noch ein Lesebeispiel: „Jugendliche, die ungefähr ein Jahr früher als andere erstmals eine Kita besuchten, sind um 0,23 Punkte kommunikativer“.

Um 0,23 Punkte, das muss man sich einmal vorstellen.
Und alles, wegen eines um ein Jahr längeren Kita-Besuchs. 0,23 Punkte. Phänomenal. Zumal die Kommunikationsintensität gar nicht gemessen wurde. Eine wirkliche Eingebung dieses Ergebnis. 

Wenn es darum geht, politische Zuarbeit zu leisten, dann gibt es für JUNK/TRASH-Studien keinen Boden, dann ist der Boden mindestens 0,23 Punkte tiefer als beim letzten Mal, das DIW hat Junk/Trash-Studien auf ein um den Faktor 0,23 tieferes Niveau abgesenkt – oder so!


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