Scheitert allgemeine Wehrpflicht am Verbot der Zwangsarbeit? [ScienceFiles-Faktenfinder]
Niemand – oder besser: nicht genug wollen zur Bundeswehr. Vermutlich hat es sich herumgesprochen, dass der Dienst bei der Bundeswehr mehr einer Verwaltung des Mangels an funktionierendem Gerät entspricht als dem, was man sich unter der Ausübung des Berufes „Soldat“ vorstellt.
Wenn niemand zur Bundeswehr will, dann gibt es eine Reihe von Möglichkeiten, die Anziehungskraft der Armee für neue Rekruten zu erhöhen:
Man kann die Attraktivität der Bundeswehr erhöhen, in dem man den Umgang mit Technologie in den Vordergrund stellt. Dann muss die Technologie aber auch funktionieren, dann müssen die Panzer fahren, die Flugzeuge fliegen, die U-Boote tauchen und die Schiffe … sie wissen schon.
Man kann den Beruf „Soldat“ bewerben. Dann verbietet es sich jedoch, auf die Möglichkeiten von Familienplanung und Teilzeitarbeit hinzuweisen. Hier gilt das Unvereinbarkeits-Prinzip.
Man kann die Bundeswehr zu einem Söldnerheer ausbauen, eine Art deutsche Fremdenlegion. Damit die Bundeswehr aber für ausländische Söldner interessant und attraktiv wird, müssen 1 und 2 erfüllt sein, was sie nicht sind.
Man kann in seiner Verzweiflung auch die Wehrpflicht wieder einführen und damit es nicht so auffällt, Dienstpflicht dazu sagen. Eine Armee der Gezwungenen kann man auch mit keinem oder kaum funktionsfähigem Gerät unterhalten.
Wenig verwunderlich ist man bei der CDU auf Alternative 4 gekommen, um die von der CDU und ihren wechselnden Koalitionspartnern verschuldete Misere der Bundeswehr zu lösen. Eine Dienstpflicht für Männlein und Weiblein soll es sein. 12 Monate bei Bundeswehr oder in einem sozialen Ausweichberuf, für den Fall, dass der Wehrdienstleistende keine Lust hat, in Afghanistan oder im Irak zu landen.
Alternative 4, so behauptet der SPD-Mann Bartels, der Wehrbeauftragter spielt, sei durch das Verbot der Zwangsarbeit im Moment nicht möglich.
“Auch der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages, Hans-Peter Bartels sieht die Einführung einer allgemeinen Dienstpflicht für Männer und Frauen skeptisch. “Eine allgemeine Dienstpflicht für Männer und Frauen ist verfassungsrechtlich im Moment nicht möglich. Das fällt unter das Verbot der Zwangsarbeit”, sagte der SPD-Politiker der “Bild am Sonntag”.
Ist das wirklich so?
Wir haben es geprüft. Ergebnis: Bartels verbreitet wissentlich oder unwissentlich FakeNews.
Zwangsarbeit wird zum einen in § 232b des Strafgesetzbuches unter Strafe gestellt, und zwar dann, wenn
eine wirtschaftliche Zwangslage oder die Hilflosigkeit bei Personen unter 21 Jahren ausgenutzt wird, um sie in eine ausbeuterische Beschäftigung zu zwingen, sie in Verhältnisse zu zwingen, die Sklaverei, Leibeigenschaft oder Schuldknechtschaft ähneln oder um sie zur Bettelei zu zwingen.
Nun hat man schon des Öfteren Bundeswehrangehörige bei NATO-Partnern betteln sehen, aber die Voraussetzungen des § 232b des Strafgesetzbuches sind dennoch nicht erfüllt. § 232b scheidet also aus.
Bleibt die Europäische Menschenrechtskonvention, in deren Artikel 4 das Verbot der Sklaverei und der Zwangsarbeit festgeschrieben ist, auf das sich Bartels wohl bezieht.
Wir zitieren den Volltext:
Art. 4
Verbot der Sklaverei und der Zwangsarbeit(1) Niemand darf in Sklaverei oder Leibeigenschaft gehalten werden.
(2) Niemand darf gezwungen werden, Zwangs- oder Pflichtarbeit zu verrichten.
(3) Nicht als Zwangs- oder Pflichtarbeit im Sinne dieses Artikels gilt
a) eine Arbeit, die üblicherweise von einer Person verlangt wird, der unter den Voraussetzungen des Artikels die Freiheit entzogen oder die bedingt entlassen worden ist
b) eine Dienstleistung militärischer Art oder eine Dienstleistung, die an die Stelle des im Rahmen der Wehrpflicht zu leistenden Dienstes tritt, in Ländern, wo die Dienstverweigerung aus Gewissensgründen anerkannt ist;
c) eine Dienstleistung, die verlangt wird, wenn Notstände oder Katastrophen das Leben oder das Wohl der Gemeinschaft bedrohen;eine Arbeit oder Dienstleistung, die zu den üblichen Bürgerpflichten gehört.
Eine Dienstleistung militärischer Art oder ein Ersatzdienst dazu, sind in Artikel 4 Absatz 3b der Menschenrechtskonvention explizit vom Verbot der Zwangsarbeit ausgenommen. Bartels erzählt also Falsches, Falsches, wie man es vom Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages nicht erwarten würde, aber Falsches, das erklärt, wie es mit der Bundeswehr soweit kommen konnte, wie es tatsächlich mit der Bundeswehr gekommen ist – oder wie man in Abwandlung eines Beitrags von Günter Wallraff sagen könnte:
Bundeswehr – ganz unten.
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Ich habe noch unter Schmidt dienen dürfen, eingezogen als “W18´ner” entlassen als “W15´ner”- 3 Monate noch Bereitschaft. Habe den Wehrdienst nie als “Sklawedienst” empfunden, sondern als Dienst für Deutschland. Bin als einer der Letzten noch Uffz (der Reserve) geworden, das ging bei “W18´nern” damals noch.
Ansonsten würde ich für Deutschland einmal um die Welt marschieren, für Europa noch maximal bis zur Wohnungstür gehen, und für die USA nicht einmal aus dem Bett aufstehn.
“Würde ich für Deutschland … marschieren…”
…bis alles in Scherben fällt?
Nee, genau nicht, aber das passiert heute.
Warum die europäische Menschenrechtskonvention zitieren? Artikel 12 GG [Berufsfreiheit] lautet:
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf,Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte
frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf
Grund eines Gesetzes geregelt werden.
(!) (2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer
im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen
Dienstleistungspflicht.
(!) (3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung
zulässig.
Die Wehrpflicht wird in Artikel 12a (!) geregelt, deren Satz 1 da lautet:
[Militärische und zivile Dienstpflichten]
(1) Männer können vom vollendeten achtzehnten Lebensjahr an zum
Dienst in den Streitkräften, im Bundesgrenzschutz oder in einem Zivilschutzverband
verpflichtet werden.
Auch das GG spricht im Übrigen von Dienstpflicht, 1. in der “Überschrift” des Artikels, 2. “..zum Dienst […] verpflichtet …”, was auch Dienstpflicht bedeutet!
Das wär’s folglich nicht!
Aber! Art. 12 sagt ausdrücklich “Männer können…”! (Frauen nicht!)
Wer also eine allgemeine (für Männer und Frauen) Dienstpflicht haben will, muß das GG ändern und es würde gleiche Rechte und Pflichten für alle der Dienstpflicht Unterliegenden bedeuten!
Tut man das nicht, besteht keine “herkömmliche allgemeine und für alle gleiche Dienstleistungspflicht” (weil das GG es auf Männer beschränkt) und kann dann wenn man Frauen einbeziehen will – schätze ich – juristisch durchaus als Zwang zu einer bestimmten Arbeit angesehen werden!
So gesehen hätte Herr Bartels sogar recht!
Einfachster (?) Weg wäre folglich das GG zu ändern, bloß, dann unterliegen auch Frauen dieser Dienstpflicht mit allen, für alle gleichen, Rechten und Pflichten und hieße auch gleiche Anforderungen an die (körperliche) Leistung (nix mit leichterem “Gerödel” bei Märschen, kürzere Lauf- und Marschstrecken, etc.), inklusive des tatsächlichen Kampfeinsatzes (und der Möglichkeit im Kampf erschossen zu werden und im Zinnsarg heimzukehren). Und das “Soldatinnengleichstellungsgesetz” welches im Verteidigungsfall eh NICHT gilt, wäre sowieso obsolet.
Wenn man sich anschaut wieviel Mühe die Politik in das “Soldatinnengleichstellungsgesetz” gesteckt hat um zwar Frauen in der BW zu fördern, aber im Falle des Falles eben nicht die vollen Konsequenzen tragen zu lassen, wird der Weg der GG-Änderung bestimmt nicht gegangen, dann wäre ja ein Ende mit der Rosinenpickerei!
(Und würde alle Frauenquotenträume zerstören weil eine deutlich geringere Anzahl von Frauen überhaupt in der Lage wäre die körperlichen Anforderungen zu erfüllen! )
“Allgemein” dürfte hier das Schlüsselwort sein. Frauen zu etwas zwingen zu wollen, das geht ja mal garnicht. Mit Männern kann man das machen, aber mit Frauen? Ich bitte Sie! Küchendienst – klar antifeministisch. Waffe! reinigen – unvorstellbar, noch Frauenverachtender geht ja wohl kaum. Hat so ein Leopard eigentlich auch ein Frauenklo? Zahlt die BW eine Zulage z.B. bei den Fallschirmjäger_innen für 3 Wetter Taft? Tarntampons?
Was das alles kostet!
Und die ganzen Psychologen erst. Also, der Herr Wehrbeauftragte macht das schon ganz gut.
P.S.
Hier hat es heute in Straelen gebrannt. Wer hat die Hubschrauber? Die Rheinarmee.
Und wie bekommen diese Planungsrecken eine Wehrdienstleistende ungefesselt und grundgesetzkonform nach Afghanistan oder Mali ?
Nachtigall, ick hör dir trapsen, die wollen einfach mehr Pflegedienstleistende in den Beruf zwingen, superbillig und ganz ohne Zwangsarbeit.
Diese Lösung hätte ich den Sozis gar nicht zugetraut.
Und wenn ich mir die Konkursmasse der v.d.L. so betrachte, würde Danisch wohl schreiben, Schrotthändler hät´ ich werden sollen.
Nebenbei hat die Genderissima v.d.L. völlig übersehen, dass die Bundeswehr im Krisenfall in jeder Kaserne Wöchnerinnenstationen vorhalten muss für die vielen dann Schwangeren. Die Islamisten haben für diese Fälle ihre Jungfrauen im Jenseits, unsere Soldaten haben´s dann in der Kaserne.
Ich möchte noch auf einen Beitrag auf dem Blog von H. Danisch hinweisen, der den Bogen noch ein wenig weiter spannt:
http://www.danisch.de/blog/2018/08/05/wehrpflicht-crasht-an-zeitgeist/
Dem ist nichts mehr hinzuzufügen. Und all die Diskussionen – die zu Zeiten Schmidts nie geführt worden wären (waren auch meine Wehrdienstzeiten) – zeigen, wie sehr dieses Land auf den Hund gekommen ist. Schlimme Aussichten – überall.
Art 12 a ist die Grundlage und wurde nicht gestrichen. Sie können es gerne nennen wie Sie wollen es ist Zwangsarbeit nur eben eine die so behandelt wird als ob Sie “rechtens” wäre. Steht halt so im Gesetz. Korrekt müsste es Gesetzstaat heißen aber man fand es ja besser es zu “veredlen” und so heißt es Rechtsstaat auch wenn 80 % der Gesetze mit Recht nicht mehr zu tun haben.
Sorry, aber Danisch erklärt das (trotz Tippfehler) viel punktgenauer als das hier oben oder Fefe.
Fefe?
Das ist doch der, der Inhalte die die Worte ‘links-grün-versifft’ rausfiltert.
Klar das aus so einer Bubble heraus keine guten Erklärungen mehr kommen können.
Zumindest lädt die Bubble schnell beim Aufruf.
Wunderbar zu diesem Thema passt das Buch des isrl. Militärhistoriker Martin van Creveld “Wir Weicheier: Warum wir uns nicht mehr wehren können und was dagegen zu tun ist ” im Original “Pussycats..”
Ich bin selbst Teil der Bw und rate jedem Menschen der selbständig und ergebnisorientiert arbeiten will, einen großen Bogen um diesen “Arbeitgeber” zu machen.
Es ist typisch für die unfähige Politik nicht die Ursachen zu beseitigen, die sie selbst geschaffen hat bspw. in der Bw, Altenpflege, Krankenhäusern, Schulen etc. Kuriert werden sollen die Probleme durch die übliche Symbol-/ Symtompolitik in diesem Fall Zwangsdienste für unqualifizierte und unmotivierte junge Menschen (Pussycats).
U.a. naturrechtlich und existenzialistisch würde die ”Wehr”pflicht (mit entsprechenden ideologie-basierten Definitionen, gegen was sich wer wie wehren soll und darf etc.) als Zwangsarbeit und als durch Gewalt erzwungene Ausrichtung auf Gewaltanwendung gegenüber Dritten nicht legitim sein.
Aber positiv-gesetzlich ist es eine Frage, welche kontingente Grundnorm [Kelsen] man partikular setzt.
Soso, dann habe ich damals also 15 Monate Zwangsarbeit ableisten müssen! Wo kann ich die Bundesregierung auf Schadensersatz verklagen?
Gar nicht weil es wie schon geschrieben durch den Artikel 12 a im Grundgesetz in Ordnung war. Das ist genau so in Ordnung, wie wenn Banken Ihre Einlagen nehmen und diese eiine Kredit für die Bank werden. Warum meinen Sie schreibe ich über Gesetzesstaat?
Warum so aggressiv? Muss man jetzt ausgerechnet bei Science Files Ironietags setzen?
Tatsächlich gibt es zur Dienstpflicht Bedenken. Ähnlich erläutert habe ich das auch hier: lesefunk.de/das-gestohlene-jahr