ScienceFiles-News: Bewusste Wahrnehmung muss sich erst entwickeln
Die meisten Philosophen stimmen darin überein, dass die bewusste und willentliche Steuerung des eigenen Lebens eine Eigenschaft ist, die den Mensch zum Menschen macht. Für Kant ist die Entwicklung einer moralischen Urteilfähigkeit der Schritt, der den Mensch zum Menschen macht. Hobbes, der etwas weniger mit “Moral”, dafür mehr mit Vernunft beschäftigt ist, sieht willentliches Handeln, also das, was einen Menschen erst konstituiert, als Ergebnis eines Denkprozesses:
“Wille ist deshalb die Neigung, die beim Überlegen am Schluss überwiegt (Hobbes, 1984[1651], S.47).”
Wer nicht rational zu denken im Stande ist, ist somit nicht zu willentlicher Entscheidung fähig. Entsprechend schnell sind die meisten Philosophen mit der Frage am Ende, ob menschliche Organismen, die (noch) nicht zum Denken und (moralischen) Urteilen im Stande sind, als vollwertige Menschen gelten können.
Unabhängig von der Frage, was den Idealtypus “Mensch” konstituiert, stellt sich die Frage danach, wann Lebewesen ein “Bewusstsein” entwickelt haben und dementsprechend als aktive Teilnehmer an ihrer Umwelt angesehen werden können, was wiederum die Voraussetzung dafür ist Urteilsfähigkeit zu entwickeln und willentlich zu handeln. Ein Indiz dafür, dass ein Bewusstsein vorhanden ist, ist die Fähigkeit, bewusst wahrzunehmen, die Fähigkeit, auf Reize aus der Umwelt bewusst zu reagieren. Aber wann im Verlauf der menschlichen Entwicklung setzt die Fähigkeit zu bewusster Wahrnehmung ein?
Diese Frage haben Forscher des Centre Nationalede la Recherche Scientific (CNRS) untersucht. Dabei sind sie zu dem Ergebnis gekommen, dass Säuglinge ab 5 Monate über eine ähnliche Form der bewussten Wahrnehmung verfügen wie Erwachsene, dass diese bewusste Wahrnehmung jedoch eine verzögerte Form bewusster Wahrnehmung ist, die in den Anfangsstadien ihrer Entwicklung steht.
Wie misst man bewusste Wahrnehmung? Das ist die zentrale Frage dieser Forschung, deren Antwort darüber entscheidet, ob die Ergebnisse sinnvoll oder sinnlos sind. Die Forscher des CNRS haben bewusste Wahrnehmung auf zwei Ebenen gemessen und an Geschwindigkeit gekoppelt. Die erste Ebene bewegt sich dabei im Millisekundenbereich (200 bis 300 Millisekunden): Hier findet eine unbewusste Verarbeitung von Wahrnungsinformationen statt. Im Gehirn zeigt sich ein stetiger und linearer Anstieg neuronaler Aktivität. Ist ein Schwellenwert neuronaler Aktivität erreicht, dann geht die lineare Antwort in eine nicht-lineare Antwort über, d.h. die neuronale Aktivität wächst in nicht-linearer Weise (z.B. exponentiell). Ab diesem Schwellenwert sprechen die CNRS-Forscher von einer bewussten Wahrnehmung.
Das Maß für bewusste Wahrnehmung ist demnach der Übergang von einer kurzen (bis 300 Millisekunden) Phase des linearen Anstiegs neuronaler Aktivität in eine Phase der nicht-linearen Reaktion auf einen Wahrnehmungsgegenstand.
Vor dem Hintergrundd dieser Operationalisierung haben die Forscher bei 5 Monate alten Säuglingen erste Anfänge einer bewussten Wahrnehmung gemessen: Während die neuronale Aktivität der Säuglinge mit einem Elektroenzephalogramm (EEG) gemessen wurde, wurden ihnen Gesichter gezeigt und die Reaktion auf die Gesichter gemessen. Dabei zeigte sich ein lineares Wachstum neuronaler Aktivität und ein Übergang von der linearen Phase in die nicht-lineare Phase, der als Übergang zu bewusster Wahrnehmung interpretiert wurde. Allerdings fand der Übergang bei Säuglingen deutlich später statt als bei Erwachsenen, und zwar erst nach rund 1 Sekunde.
Diese langsame Aktivierung von bewusster Wahrnehmung spricht dafür, dass sich bewusste Wahrnehmung erst entwickeln muss und nicht bereits bei Säuglingen und schon gar nicht bei Föten vorhanden ist. Da bewusstes Wahrnehmen die Voraussetzung dafür ist, dass sich ein Mensch, wie er im Idealtypus oben beschrieben wurde, überhaupt entwickeln kann, weisen diese Ergebnisse darauf hin, dass man Säuglinge als Organismen ansehen muss, die das Potential mitbringen, sich zum Mensch zu entwickeln, was jedoch eine Aktivierung von bewusster Wahrnehmung und eine Entwicklung der Denkfähigkeit, der Vernunft voraussetzt. Daraus muss geschlossen werden, dass Föten noch keine vollwertigen menschlichen Lebewesen darstellen und auch Säuglinge sich erst zum menschlichen Lebewesen und zum Menschen entwickeln müssen.
Hobbes, Thomas (1984[1651]). Leviathan oder Stoff, Form und Gewalt eines kirchlichen und bürgerlichen Staates. Frankfurt a.M.: Suhrkamp.
Kouider, Sid, Stahlhut, Carsten, Gelskov, Sofie V., Barbosa, Leonardo S., Dutat, Michel, de Gardelle, Vincent, Christophe, Anne, Dehaene, Stanislas & Dehaene-Lambertz, Ghislaine (2013). A Neural Marker of Perceptual Consciousness in Infants. Science 340(6130), pp.376-380.
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“Die meisten Philosophen stimmen darin überein, dass die bewusste und willentliche Steuerung des eigenen Lebens eine Eigenschaft ist, die den Mensch zum Menschen macht. Für Kant ist die Entwicklung einer moralischen Urteilfähigkeit der Schritt, der den Mensch zum Menschen macht.”
Und da gehen die Probleme schon los. Bewußte Entscheidungen treffen auch Tiere, einen Willen haben sie auch. Bewußtsein als “logisch” zu verstehen löst das Problem nicht. Unsere täglichen Entscheidungen treffen wir aus dem Bauch heraus, also am Logikmodul vorbei. Moral haben auch Tiere, vor allem sozial lebende höhere Tiere. Auch das Überlegen ist kein Ausweg. Auch das “Bauchgefühl” benötigt Zeit.
Der Willen ist der Ausgang, was das Tier “beabsichtigt”. Eine Schildkröte kriecht in Richtung Sonne. Ist das nun ein Reflex oder ist es das Ergebnis der Ratio?
Es ist nicht entscheidbar, was in der Black Box abläuft. Muß man das entscheiden? Das Bewußtsein ist das Ergebnis eines Entwicklungsprozesses, der schon sehr früh begann. Die Reflexion der Beziehungen zwischen ich und der Umgebung in der Steuerung ist existenznotwendig. Schon einfachste Strukturen müssen entscheiden, Nahrung rein, Abfall raus. Es geht nicht anders. Dieses egoistische Moment ist der Keim der Bewußtseinsentwicklung. An ihm kristallisieren im Lauf der Entwicklung alle lebenserhaltenden Funktionen. Diese bilden ein komplexes System, das das Lebewesen steuert. Die Widerspiegelung des eigenen Seins in dieser Steuerung ist ebenfalls exsitenznotwendig. In Nahrung rein, Abfall raus steckt schon ein Ich drin. Ja, es kommt noch verrückter! Bauen wir elektronisch die Schildkröte nach, ein beliebtes Experiment der ’60er, dann genügt ein einfacher Regelkreis. Dieser einfache Regelkreis enthält in seiner Rückkopplung auch schon ein Ich, den Istwert.
Man sieht, es ist nicht möglich, das Ich aus einer Steuerung auszubauen, wenn diese erhaltende Aufgaben hat. Die Selbststabilisierung ist dieses Ich.
Die Individualentwicklung ist durchaus eine verkürzte Wiederholung der Stammesentwicklung. Das Bewußtsein des Individuums entwickelt sich. Dieses ist aber nicht nur das Nervensystem. Jedes Organ, jede Zelle hat da ein Mitspracherecht. Vernünftig kann nur der sein, dem es auch sonst gut geht.
Sicher, die Leistungsfähigkeit des Nervensystems entwickelt sich und die Reakionszeiten werden kürzer.
Wahrnehmung kann man vermutlich messen, anhand von Reaktionen. Bewußtsein ist aber eine graduelle Sache, die sich kontinuierlich entwickelt. Die Änderung von Reaktionsgeschwindigkeiten auf Reize bei der Entwicklung des Nervensystems kann ein taugliches Kriterium sein, ebenso wie die Entwicklung der Lüge als Beweis höherer Einsichten in die Beziehungen zwischen ich und Umgebung.
Carsten
—
»Warum eigentlich müssen Banken jetzt für Falschaussagen in ihren Prospekten haften und Politiker nicht?«
Professor Hans-Heinrich Rupp
Wenn Föten noch keine vollwertigen menschlichen Lebewesen darstellen, darf man sie dann töten?
Und wenn Säuglinge sich erst zum menschlichen Lebewesen und zum Menschen entwickeln müssen – also noch keine Menschen sind – darf man es dann?
Wie ist es denn mit Menschen, die schlafen? Sind das überhaupt Menschen im Vollsinne, oder nicht vielmehr lebende Zellhaufen?
Aber bleiben wir bei der ersten Frage. Da geht es ja um ein Frauenrecht. Abtreiben dürfen Männer ja auch. Nämlich z.B. Spulwürmer (igitt!), falls sie welche haben.
Frauen dürfen auch abtreiben, was sie im Leibe haben, sogar Menschen, die sich nicht beeilt haben, erwachsen zu werden. Denn: “Mein Bauch gehört mir.” Darf ich jemanden, der mein Eigenheim besucht, von meinem Balkon stoßen? Das Haus gehört doch mir!
Ach übrigens, ich habe einem Verlag mein neuestes Manuskript zugesandt. Gerade höre ich, er hat das weggeschmissen. “O je, mein Buch!” rief ich ihm ins Telefon.
“Was für’n Buch”, antwortete der, “das war doch noch gar nicht erschienen. Das war nichts als ein Blätterhaufen. Und übrigens: Was in meinem Hause lagert, das gehört mir!”
Was sagen die Philosophen dazu? Wir können, müssen aber nicht die Ansichten von Peter Singer erwähnen.
Ich kann überhaupt nicht nachvollziehen, wo Sie hier eine Verbindung sehen. Muss alles, was (noch) keine bewusste Wahrnehmung hat, zum Abschuss freigegeben werden? Ich sehe hier wirklich gar keine Verbindung.
Offenbar habe ich mich nicht eindeutig ausgedrückt. Ich bin ein entschiedener Gegner der Abtreibung im Sinne eines Frauenrechts. Pränataltötung sollte nur in ganz besonderen Fällen möglich sein.
Die von cartesianischer Wissenschaft und der Kollektiven (Zivilisations-)Neurose dominierte zivilisierte Gesellschaft (ein Teil der “Menschheit”) ist großmehrheitlich einer Wahrnehmungs- / Denkstörung erlegen.
Was die große Mehrheit der zivilisierten Menschen wahrnimmt, ist nicht die volle Wirklichkeit. Das ist aus dem typischen Bewußtsein, in dem sie leben, nicht möglich. Die allermeisten “Erwachsenen” leben im typischen KINDHEITS-Bewußtsein, dem “Niederen Selbst” / “Ego”, dem GROBSTOFFLICHEN Bewußtsein, welches zum materiellen Weltbild zählt. Von dieser Ebene weiß die cartesianische Wissenschaft.
Die Kollektive Zivilisations-Neurose, auch “Krankheit der Gesellschaft” oder anders genannt, ist die Ursache dafür, daß die Betroffenen nicht mehr den Schritt zum wahren Erwachsensein vollziehen, wovon sie “entfremdet” sind. Dieser Schritt erfordert Angst-Überwindung, Kontaktaufnahme zur höheren Bewußtseins-Ebene – dem “Höheren / wahren Selbst”, schließlich die Vereinigung mit ihm und Identifikation mit seinen Qualitäten sowie die Reinigung des (Unter-)Bewußtseins von alten Verdrängungen und das künftige Freihalten von neuen Verdrängungen.
Wahrhaft erwachsen ist, wer diesen Wandel vollzogen hat und in das “Höhere / wahre Selbst”, in die FEINSTOFFLICHE Bewußtseins-Ebene eingezogen ist und von dort aus über sein Leben selbstbestimmt herrscht – und nicht mehr von Ego und Angst dominiert wird.
Von diesem FEINSTOFFLICHEN Teil des menschlichen Bewußtseins-“apparates” weiß das cartesianische Weltbild nichts und will auch allermeist davon nichts wissen; wehrt Informationen, Diskussion usw. darüber ab; leugnet teilweise sogar vehement die Existenz.
Darin zeigt sich die kollektivneurotische Befallenheit und Beeinträchtigung, die “latente Angst”, wie Rainer Taéni schreibt – und eben das nicht erreichte wahre Erwachsensein.
Was den Menschen vom Tier unterscheidet ist z.B., daß der Mensch lernen kann, Angst zu überwinden (damit ist nicht das Verdrängen gemeint!) und damit innerlich wahrhaft frei zu werden und weder von der Angst (und sei sie auch verdrängt) dominiert zu werden, noch von außen manipulier bar zu sein. (Nur) der wahrhaft erwachsene Mensch besitzt tatsächlich den freien Willen und erliegt keinen Fremdeinflüssen.
Wahres Erwachsensein?
Es geht um die langsame Loslösung von Mythen, Religionen, Einbildungen und Ideologien. Es geht darum, seine Entscheidungen mehr und mehr an Fakten und zwingende logische Zusammenhänge zu binden. Es geht um Erkenntnis, um Wissenschaft, um den langen Weg von der Subjektivität zur Objektivität, um Selbsterkenntnis. Daß einigen der Blick in den Spiegel schmerzt — zugegeben.
Carsten
—
»Ich habe immer für die Abschaffung der D-Mark gekämpft. Sie ist das letzte Machtmittel der Deutschen.«
Jacques Delors nach Unterzeichnung des Maastricht-Vertrages
Sicher, und in Köpfen.
Der Staat soll also in Bäuchen, Wohnungen und Köpfen schnüffeln und nach dem rechten sehen? Dann kann ich Dir und mir nur wünschen, daß Du die Gesellschaft bekommst, die Du Dir wünschst.
Carsten
—
“Deutschland ist ein Sanierungsfall.”
Jürgen Möllemann
(jetzt weiß ich endlich, wo das Merkel den Spruch geklaut hat)
So sollte man es nicht sehen. Größtenteils hat sich die Gesellschaft entwickelt, weil gesellschaftliche Zusammenarbeit effektiver ist als individuelles Schaffen. Dieser Teil, der auf freiwilliger Zusammenarbeit der Individuen beruht ist evolutionär bedingt, sinnvoll, effektiv und letztlich gut. Diesem Teil können wir uns nicht in den Weg stellen. Er wird von dem Effizienzdruck durchgesetzt. Nur der Teil, bei dem Individuen oder Gruppen von anderen unterdrückt und mißbraucht werden, ist das Problem. Das betrifft das Handeln aggressiver Gruppen. Meist gipfelt das im Staat als Haupttäter.
Es gibt nur einen Ausweg, die Bildung eines friedlichen Staates mit klaren minimalen Aufgaben, der das Zusammenleben der Bürger schützt, und dem jegliche Möglichkeit des Übergriffes auf die Bürger fehlt.
Das bedingt auch, daß die Bürger, wenn sie wirklich Bürger sein wollen, ein Minimum an Gehirnschmalz investieren und dazu bereit sind, ihre Freiheit zu erhalten.
So wie jetzt wird das nichts.
Auch der Kampf von Gruppen um die Macht ist evolutionär bedingt. Es muß aber keine unterdrückende Gruppe die Oberhand behalten. Eine Gesellschaft, die individuelle Freiheit gewährleistet, ist möglich. Die Ablehnung herrschender Gruppen in einer Gesellschaft ist möglich.
Aber dazu müßte das Ganze zuerst einmal verstanden werden.
Carsten
—
“Ich scheiterte an meiner Illusion, auf Dr. Westerwelles Verstand, Mut und Wort sei Verlass. Walter Scheel und Hans-Dietrich Genscher hatten mich gewarnt: Auf den sei nie Verlass. Ich habe nicht darauf gehört. Leider.”
Jürgen Möllemann
Vergewaltigung ist Körperverletzung. Eher sollte man die Ehe hinterfragen, die ein gesellschaftlicher Zwang zur Zertifizierung einer Lebensgemeinschaft mit religiösen Wurzeln ist.
Soll also eine Ehe, ein religiös staatlich erzwungener Vertrag, der auch noch ständigen Änderungswünschen einer nicht legitimierten Regierung mit rückwirkender Wirkung ausgesetzt ist, den Tatbestand einer Körperverletzung negieren? Klar, man könnte in den Vertrag reinschreiben “wenn nicht Beine breit, dann Prügel”. Und das Problem wäre gelöst.
Für die, die es nicht gemerkt haben, die Abschaffung des Straftatbestandes durch den Staat wäre die rückwirkende Installation einer solchen Klausel — falls wieder jemandem meine Formulierungskünste nicht schmecken.
Carsten
—
“Der öffentliche Dienst hält Staat und Politik als Geisel.”
Jürgen Möllemann
Der Mensch versucht immer, alles mit seinem logischen Verstand und mit wissenschaftlichen “Beweisen” zu begreifen. Ich denke, dass viele Themen nicht geeignet sind, um sie von dem beschränkten Wissen des Menschens erfassen zu lassen.
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“Die meisten Philosophen stimmen darin überein, dass die bewusste und willentliche Steuerung des eigenen Lebens eine Eigenschaft ist, die den Mensch zum Menschen macht. Für Kant ist die Entwicklung einer moralischen Urteilfähigkeit der Schritt, der den Mensch zum Menschen macht.”
Und da gehen die Probleme schon los. Bewußte Entscheidungen treffen auch Tiere, einen Willen haben sie auch. Bewußtsein als “logisch” zu verstehen löst das Problem nicht. Unsere täglichen Entscheidungen treffen wir aus dem Bauch heraus, also am Logikmodul vorbei. Moral haben auch Tiere, vor allem sozial lebende höhere Tiere. Auch das Überlegen ist kein Ausweg. Auch das “Bauchgefühl” benötigt Zeit.
Der Willen ist der Ausgang, was das Tier “beabsichtigt”. Eine Schildkröte kriecht in Richtung Sonne. Ist das nun ein Reflex oder ist es das Ergebnis der Ratio?
Es ist nicht entscheidbar, was in der Black Box abläuft. Muß man das entscheiden? Das Bewußtsein ist das Ergebnis eines Entwicklungsprozesses, der schon sehr früh begann. Die Reflexion der Beziehungen zwischen ich und der Umgebung in der Steuerung ist existenznotwendig. Schon einfachste Strukturen müssen entscheiden, Nahrung rein, Abfall raus. Es geht nicht anders. Dieses egoistische Moment ist der Keim der Bewußtseinsentwicklung. An ihm kristallisieren im Lauf der Entwicklung alle lebenserhaltenden Funktionen. Diese bilden ein komplexes System, das das Lebewesen steuert. Die Widerspiegelung des eigenen Seins in dieser Steuerung ist ebenfalls exsitenznotwendig. In Nahrung rein, Abfall raus steckt schon ein Ich drin. Ja, es kommt noch verrückter! Bauen wir elektronisch die Schildkröte nach, ein beliebtes Experiment der ’60er, dann genügt ein einfacher Regelkreis. Dieser einfache Regelkreis enthält in seiner Rückkopplung auch schon ein Ich, den Istwert.
Man sieht, es ist nicht möglich, das Ich aus einer Steuerung auszubauen, wenn diese erhaltende Aufgaben hat. Die Selbststabilisierung ist dieses Ich.
Die Individualentwicklung ist durchaus eine verkürzte Wiederholung der Stammesentwicklung. Das Bewußtsein des Individuums entwickelt sich. Dieses ist aber nicht nur das Nervensystem. Jedes Organ, jede Zelle hat da ein Mitspracherecht. Vernünftig kann nur der sein, dem es auch sonst gut geht.
Sicher, die Leistungsfähigkeit des Nervensystems entwickelt sich und die Reakionszeiten werden kürzer.
Wahrnehmung kann man vermutlich messen, anhand von Reaktionen. Bewußtsein ist aber eine graduelle Sache, die sich kontinuierlich entwickelt. Die Änderung von Reaktionsgeschwindigkeiten auf Reize bei der Entwicklung des Nervensystems kann ein taugliches Kriterium sein, ebenso wie die Entwicklung der Lüge als Beweis höherer Einsichten in die Beziehungen zwischen ich und Umgebung.
Carsten
—
»Warum eigentlich müssen Banken jetzt für Falschaussagen in ihren Prospekten haften und Politiker nicht?«
Professor Hans-Heinrich Rupp
Wenn Föten noch keine vollwertigen menschlichen Lebewesen darstellen, darf man sie dann töten?
Und wenn Säuglinge sich erst zum menschlichen Lebewesen und zum Menschen entwickeln müssen – also noch keine Menschen sind – darf man es dann?
Wie ist es denn mit Menschen, die schlafen? Sind das überhaupt Menschen im Vollsinne, oder nicht vielmehr lebende Zellhaufen?
Aber bleiben wir bei der ersten Frage. Da geht es ja um ein Frauenrecht. Abtreiben dürfen Männer ja auch. Nämlich z.B. Spulwürmer (igitt!), falls sie welche haben.
Frauen dürfen auch abtreiben, was sie im Leibe haben, sogar Menschen, die sich nicht beeilt haben, erwachsen zu werden. Denn: “Mein Bauch gehört mir.” Darf ich jemanden, der mein Eigenheim besucht, von meinem Balkon stoßen? Das Haus gehört doch mir!
Ach übrigens, ich habe einem Verlag mein neuestes Manuskript zugesandt. Gerade höre ich, er hat das weggeschmissen. “O je, mein Buch!” rief ich ihm ins Telefon.
“Was für’n Buch”, antwortete der, “das war doch noch gar nicht erschienen. Das war nichts als ein Blätterhaufen. Und übrigens: Was in meinem Hause lagert, das gehört mir!”
Was sagen die Philosophen dazu? Wir können, müssen aber nicht die Ansichten von Peter Singer erwähnen.
Ich kann überhaupt nicht nachvollziehen, wo Sie hier eine Verbindung sehen. Muss alles, was (noch) keine bewusste Wahrnehmung hat, zum Abschuss freigegeben werden? Ich sehe hier wirklich gar keine Verbindung.
Offenbar habe ich mich nicht eindeutig ausgedrückt. Ich bin ein entschiedener Gegner der Abtreibung im Sinne eines Frauenrechts. Pränataltötung sollte nur in ganz besonderen Fällen möglich sein.
Das ist nachvollziehbar. Es geht aber um eine Abwägung von Interessen. Und ich bin ein Gegner staatlicher Einmischung in fremde Bäuche.
Carsten
—
Wer erzieht die Erzieher?
Die von cartesianischer Wissenschaft und der Kollektiven (Zivilisations-)Neurose dominierte zivilisierte Gesellschaft (ein Teil der “Menschheit”) ist großmehrheitlich einer Wahrnehmungs- / Denkstörung erlegen.
Was die große Mehrheit der zivilisierten Menschen wahrnimmt, ist nicht die volle Wirklichkeit. Das ist aus dem typischen Bewußtsein, in dem sie leben, nicht möglich. Die allermeisten “Erwachsenen” leben im typischen KINDHEITS-Bewußtsein, dem “Niederen Selbst” / “Ego”, dem GROBSTOFFLICHEN Bewußtsein, welches zum materiellen Weltbild zählt. Von dieser Ebene weiß die cartesianische Wissenschaft.
Die Kollektive Zivilisations-Neurose, auch “Krankheit der Gesellschaft” oder anders genannt, ist die Ursache dafür, daß die Betroffenen nicht mehr den Schritt zum wahren Erwachsensein vollziehen, wovon sie “entfremdet” sind. Dieser Schritt erfordert Angst-Überwindung, Kontaktaufnahme zur höheren Bewußtseins-Ebene – dem “Höheren / wahren Selbst”, schließlich die Vereinigung mit ihm und Identifikation mit seinen Qualitäten sowie die Reinigung des (Unter-)Bewußtseins von alten Verdrängungen und das künftige Freihalten von neuen Verdrängungen.
Wahrhaft erwachsen ist, wer diesen Wandel vollzogen hat und in das “Höhere / wahre Selbst”, in die FEINSTOFFLICHE Bewußtseins-Ebene eingezogen ist und von dort aus über sein Leben selbstbestimmt herrscht – und nicht mehr von Ego und Angst dominiert wird.
Von diesem FEINSTOFFLICHEN Teil des menschlichen Bewußtseins-“apparates” weiß das cartesianische Weltbild nichts und will auch allermeist davon nichts wissen; wehrt Informationen, Diskussion usw. darüber ab; leugnet teilweise sogar vehement die Existenz.
Darin zeigt sich die kollektivneurotische Befallenheit und Beeinträchtigung, die “latente Angst”, wie Rainer Taéni schreibt – und eben das nicht erreichte wahre Erwachsensein.
Was den Menschen vom Tier unterscheidet ist z.B., daß der Mensch lernen kann, Angst zu überwinden (damit ist nicht das Verdrängen gemeint!) und damit innerlich wahrhaft frei zu werden und weder von der Angst (und sei sie auch verdrängt) dominiert zu werden, noch von außen manipulier bar zu sein. (Nur) der wahrhaft erwachsene Mensch besitzt tatsächlich den freien Willen und erliegt keinen Fremdeinflüssen.
Wahres Erwachsensein?
Es geht um die langsame Loslösung von Mythen, Religionen, Einbildungen und Ideologien. Es geht darum, seine Entscheidungen mehr und mehr an Fakten und zwingende logische Zusammenhänge zu binden. Es geht um Erkenntnis, um Wissenschaft, um den langen Weg von der Subjektivität zur Objektivität, um Selbsterkenntnis. Daß einigen der Blick in den Spiegel schmerzt — zugegeben.
Carsten
—
»Ich habe immer für die Abschaffung der D-Mark gekämpft. Sie ist das letzte Machtmittel der Deutschen.«
Jacques Delors nach Unterzeichnung des Maastricht-Vertrages
Carsten Thumulla:
Und ich bin ein Gegner staatlicher Einmischung in fremde Bäuche.
Dann bist du sicher auch ein Gegner staatlicher Einmischung in Privatwohnungen?
Sicher, und in Köpfen.
Der Staat soll also in Bäuchen, Wohnungen und Köpfen schnüffeln und nach dem rechten sehen? Dann kann ich Dir und mir nur wünschen, daß Du die Gesellschaft bekommst, die Du Dir wünschst.
Carsten
—
“Deutschland ist ein Sanierungsfall.”
Jürgen Möllemann
(jetzt weiß ich endlich, wo das Merkel den Spruch geklaut hat)
ie ganze zivilisierte Gesellschaft ist ein Sanierungsfall.
So sollte man es nicht sehen. Größtenteils hat sich die Gesellschaft entwickelt, weil gesellschaftliche Zusammenarbeit effektiver ist als individuelles Schaffen. Dieser Teil, der auf freiwilliger Zusammenarbeit der Individuen beruht ist evolutionär bedingt, sinnvoll, effektiv und letztlich gut. Diesem Teil können wir uns nicht in den Weg stellen. Er wird von dem Effizienzdruck durchgesetzt. Nur der Teil, bei dem Individuen oder Gruppen von anderen unterdrückt und mißbraucht werden, ist das Problem. Das betrifft das Handeln aggressiver Gruppen. Meist gipfelt das im Staat als Haupttäter.
Es gibt nur einen Ausweg, die Bildung eines friedlichen Staates mit klaren minimalen Aufgaben, der das Zusammenleben der Bürger schützt, und dem jegliche Möglichkeit des Übergriffes auf die Bürger fehlt.
Das bedingt auch, daß die Bürger, wenn sie wirklich Bürger sein wollen, ein Minimum an Gehirnschmalz investieren und dazu bereit sind, ihre Freiheit zu erhalten.
So wie jetzt wird das nichts.
Auch der Kampf von Gruppen um die Macht ist evolutionär bedingt. Es muß aber keine unterdrückende Gruppe die Oberhand behalten. Eine Gesellschaft, die individuelle Freiheit gewährleistet, ist möglich. Die Ablehnung herrschender Gruppen in einer Gesellschaft ist möglich.
Aber dazu müßte das Ganze zuerst einmal verstanden werden.
Carsten
—
“Ich scheiterte an meiner Illusion, auf Dr. Westerwelles Verstand, Mut und Wort sei Verlass. Walter Scheel und Hans-Dietrich Genscher hatten mich gewarnt: Auf den sei nie Verlass. Ich habe nicht darauf gehört. Leider.”
Jürgen Möllemann
Dann sind wir uns also einig, daß der Straftatbestand der Vergewaltigung in der Ehe abgeschafft wird. Ebenso der der häuslichen Gewalt.
Und daß ich mein Forum “Weiberplage” betreiben darf, ohne Zensur fürchten zu müssen.
Vergewaltigung ist Körperverletzung. Eher sollte man die Ehe hinterfragen, die ein gesellschaftlicher Zwang zur Zertifizierung einer Lebensgemeinschaft mit religiösen Wurzeln ist.
Soll also eine Ehe, ein religiös staatlich erzwungener Vertrag, der auch noch ständigen Änderungswünschen einer nicht legitimierten Regierung mit rückwirkender Wirkung ausgesetzt ist, den Tatbestand einer Körperverletzung negieren? Klar, man könnte in den Vertrag reinschreiben “wenn nicht Beine breit, dann Prügel”. Und das Problem wäre gelöst.
Für die, die es nicht gemerkt haben, die Abschaffung des Straftatbestandes durch den Staat wäre die rückwirkende Installation einer solchen Klausel — falls wieder jemandem meine Formulierungskünste nicht schmecken.
Carsten
—
“Der öffentliche Dienst hält Staat und Politik als Geisel.”
Jürgen Möllemann
Der Mensch versucht immer, alles mit seinem logischen Verstand und mit wissenschaftlichen “Beweisen” zu begreifen. Ich denke, dass viele Themen nicht geeignet sind, um sie von dem beschränkten Wissen des Menschens erfassen zu lassen.
Stimmt, aber es wird langsam besser. Ehrlich sein, auch wenn es schmerzt, ist die Grundbedingung. Deshalb auch ehrliche Wissenschaft!