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Wissenschaftliches über Mainzer Neger

Kaum ein Gegenstand hat in der letzten Zeit Wissenschaftler so prominent in Medien auftreten sehen, wie das Piktogramm auf dem Logo, mit dem die Mainzer Firma von Thomas Neger für sich Werbung macht. Schon das ist eine erstaunliche Leistung.

Da gibt es zunächst Matthias Krings, der einen Lehrstuhl für Ethnologie und populäre Kultur Afrikas an der Universität Mainz besetzt. Es sind die Studenten von Professor Krings, die mit ihrer Aktion „das Logo muss weg“ (#daslogomussweg) dafür gesorgt haben, dass das Logo von Thomas Neger über die Landesgrenzen von Deutschland hinaus und bis in die Washington Post bekannt geworden ist.

Krings unterstützt die Aktion seiner Studien, denn: „Ein solches Logo hat eine bestätigende Wirkung. Es implementiert rassistische Gedanken.“

Der Essentialismus, er lebt, in Logos z.B., die bei allen, die sie betrachten, dieselbe Wirkung hervorrufen. Machen Sie einen Selbstversuch.

Hier ist das Logo:

Wie ist das mit Ihnen? Haben Sie sich beim Betrachten, wie Krings das vorhergesagt hat, zum Rassisten entwickelt? Hat Ihnen das Logo „rassistische Gedanken implementiert“? Wenn ja, welche? Für alle, die durch das Logo nicht zum Rassisten transformiert wurden, die weiterhin Herr über sich selbst sind, die nicht unter die Herrschaft des Logos gefallen sind und deshalb auch keine rassistischen Gedanken implementiert bekommen haben, sei am Beispiel von Krings gezeigt, was passieren kann, wenn man der Kraft des Logos nicht mit seinem Verstand widersteht:

„‚Neger‘ zu sagen war in der Bundesrepublik bis in die 1960er-Jahre hinein durchaus Konsens. Aus der Zeit stammt das Logo. Die Haltung, die es bildlich vermittelt, passt nicht ins Heute. Schwarze als Weißen unterlegene „Wilde“ mit dicken Lippen, großen Ohrringen, Knochen im Haar und Bastrock darzustellen ist inakzeptabel.“

Sehen Sie im Logo von Thomas Neger einen Schwarzen, der Weißen unterlegen ist und als Wilder dargestellt wurde, mit dicken Lippen, großen Ohrringen und Knochen im Haar und mit Bastrock? Oder ist hier die Phantasie mit Herrn Krings durchgegangen, ist er das Opfer nicht des Logos, sondern seiner eigenen blühenden Einbildung, seines ausufernden Paternalismus‘ geworden, mit dem er den kleinen Schwarzen gegen die weiße Mehrheitskultur zur Hilfe eilt?

Wir sehen eine stilisierte Darstellung eines Negers mit Glatze (und ganz ohne Knochen im Haar), mit Ohrringen und einer Spitzhacke über einem Dreieck, das wohl ein Dach symbolisiert (Dachdecker!) und keinen Bastrock. Der Bastrock, der entstammt den feuchten Träumen des Herrn Krings. Ebenso sehen wir keinen „Weißen unterlegenen Wilden“, sondern einen Arbeiter, der seine Spitzhacke (oder seinen Zimmermannshammer, wie manche meinen) in die Höhe streckt, als Zeichen seiner Motivation und seiner Bereitschaft, ans Werk zu gehen.

Uns scheint, das Logo hat keine bestätigende Wirkung auf Herrn Krings. Es muss auch keine rassistischen Gedanken implementieren, denn die rassistischen Gedanken, die sind längst vorhanden, die trägt der Herr Krings an das Logo heran. Er ist es, der hier einen Wilden sieht, einen Wilden in Bastrock und mit Knochen im Haar. Er ist es, der den Wilden als den Weißen unterlegen phantasiert. Die meisten anderen sehen hier einen stilisierten Neger, der zum Arbeiten bereit ist.

Matthias Krings

Insofern hat der Herr Krings schon recht. Es ist inakzeptabel, dass Menschen wie Krings ihre höchst eigenen Phantasien an z.B. das Firmenlogo eines Mainzer Unternehmens herantragen, sich dann über ihre eigenen Phantasien empören und fordern, dass das die Phantasien auslösende Logo entfernt wird. Angesichts der wilden Phantasien, die z.B. Krings beim Anblick des Logos hat, sollte er sich eher fragen, ob er der richtige ist, um ausgerechnet Ethnologie zu lehren, ein Fach, das auf Interesse gegenüber fremden Kulturen aufbaut, nicht auf Überlegenheitsphantasien, die aufgrund des eigenen schlechten Gewissens gewendet und nach außen projiziert werden, in einer Art heiligem Kreuzzug, der ausschließlich der eigene Läuterung dient.

Krings folgt in der Welt der Namensforscher Jürgen Udolph, der heute ein eigenes Forschungsinstitut betreibt und nicht mehr Professor an der Universität Leipzig ist. Udolph erklärt uns einerseits, dass das Wort „Neger“ seit dem 17. Jahrhundert in Gebrauch ist und sich von dem französischen Wort „nègre“ (schwarz ), dem spanischen „negro“ (schwarz) und dem lateinischen „niger“ (schwarz) herleitet oder ableitet – wie auch immer. Kurz: Neger bezieht sich auf eine dunkle Hautfarbe.

Neger als Nachname, so erklärt Udolph, hat mit Neger aber gar nichts zu tun. Vielmehr, so erfahren wir, handele es sich dabei um eine mundartliche Variante des Berufsnamens Näher. Entsprechend rät Udolph Thomas Neger, sein Firmenlogo „in einen Näher zu ändern“.  Ein sehr sensibler Vorschlag, der die Weltgewandtheit des Wissenschaftlers Udolph zeigt, obgleich man vermutlich irritiert wäre, beim Anblick eines Nähers (vielleicht ein Piktogramm des tapferen Schneiderleins mit der Überschrift „Sieben auf einen Streich“), der das Firmenlogo eines Dachdecker- und Metallbauunternemens ziert. Aber es war immerhin der Versuch, konstruktiv zu sein.

Und natürlich rät auch Krings dem Mainzer Thomas Neger, sein Firmenlogo zu ändern und dabei „ohne bildliche Umsetzung seines Nachnamens“ auszukommen (also auch ohne tapferes Schneiderlein). Eine – mit den Worten von Krings –  „unheimlich große Geste“, dieser Vorschlag, wenn man bedenkt, dass er im Anschluss an die Krings’sche Vermutung steht, dass Neger „kulturell und finanziell Kapital aus dem Erbe der Fastnachtsikone Ernst Neger“ schlagen wolle. Manchmal sind es diese kleinen Einsprengsel, die den wahren Krings zum Vorschein kommen lassen, von dem man dann wohl annehmen muss, dass er mit seinem Interview die aus seiner Sicht positive Publicity, die seine Studenten mit ihrer rufschädigenden Aktion geschaffen haben, für sich „kulturell und finanziell“ ausnutzen will, d.h. dass er Kapitel daraus schlagen will.

Ansonsten gibt es noch zwei Nachträge an der Neger-Front zu machen:

Ersterer betrifft die Aktion „Ein Herz für Neger„, mit der nicht nur Mainzer sich zur Rückenstärkung von Thomas Neger entschlossen haben.

Stadtwappen Coburg

Zweiterer betrifft die Stadt Coburg, die bislang unbemerkt von ihre Phantasieren projizierenden Rassisten, die sich als Anti-Rassisten bezeichnen, ein Stadtwappen besitzt, das erstaunlicher Weise noch nicht dazu geführt hat, dass Coburger öffentlich aufgefordert werden, dem Stadtwappen abzuschwören und den Fahneneid auf die antirassistische Sicht der Dinge zu leisten.

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