HomeDDR8. Mai 1945: Tag der Befreiung? Ausgerechnet DDR-Nachfolgesozialisten wollen ihn feiern
April 19, 2016
8. Mai 1945: Tag der Befreiung? Ausgerechnet DDR-Nachfolgesozialisten wollen ihn feiern
Old habits die hard, so heißt es im Englischen. Einen alten Baum verpflanzt man nicht mehr, so heißt es im Deutschen, und gemeint ist in beiden Sprachen die Resistenz von Angewohnheiten, die man in früher Kindheit oder Jugend erworben hat. Von einer formativen Phase sprechen Psychologen und die formative Phase, man kann sie als Konzept auch auf politische Ideologien und deren Vertreter anwenden.
So hat es sich nach 1945 in der sowjetisch besetzten Zone und später in der Deutschen Demokratischen Republik eingebürgert, den 8. Mai 1945 als Tag der Befreiung zu feiern, als Tag, an dem das 1000-Jährige Reich der NSDAP endgültig untergegangen ist.
Am 7. Mai 1945 hat Generaloberst Alfred Jodl, der von Großadmiral Karl Dönitz, dem offiziellen Nachfolger Adolf Hitlers, dazu authrisiert wurde, in Reims die bedingungslose Kapitulation der Deutschen Wehrmacht unterzeichnet. Das Dokument trat am 8. Mai in Kraft.
Und ausgerechnet diesen 8. Mai haben sich die Kommunisten in der sowjetisch besetzten Zone ausgesucht, um daraus den Tag der Befreiung zu machen, eine Befreiung, die viele politische Gegner der KPD in die KZs von Buchenwald und Sachsenhausen geführt hat. Vor allem Sozialdemokraten, die der Zwangsfusion von KPD und SPD zur SED am 21. April 1946 ablehnend gegenüberstanden, fanden sich schnell in den oben genannten KZs wieder, die die SMAD zu nützlich fand, als dass man sie hätte leerstehen lassen wollen.
Der Tag der Befreiung wurde für viele in der sowjetisch besetzten Zone zu dem Tag, an dem die Unfreiheit Einzug gehalten hat. Mit dem Bau der Berliner Mauer und dem Beginn der Einkerkerung der Ostdeutschen, die es nicht rechtzeitig geschafft haben, auf das Gebiet der drei Westmächte zu fliehen, hat dann die zweite Stufe der Befreiung begonnen, die Stufe der bedingten sozialistischen Freiheit, die Bürger innerhalb eines Käfigs, der um sie gebaut wurde, die volle Freiheit gewährt. Befreiung auf sozialistisch.
Dass man auch in einem Gefängnis den Tag der Befreiung feiern kann, das hat die SED in den durch Todesstreifen und Mauer gesicherten Gebieten regelmäßig zum 8. Mai in der volkseigenen Kammer, in der die Einheitsmeinung zelebriert wurde, zur Schau gestellt. Und diese alte Angewohnheit, den Beginn der Einkesselung der DDR-Bürger als Tag der Befreiung zu feiern, sie ist eine der Angewohnheiten, die bei denen, die noch im Geiste der SED sozialisiert wurden, munter vor sich hinlebt.
einen Gesetzentwurf vorzulegen, um – dem Beispiel Mecklenburg-Vorpommerns, Brandenburgs und Thüringens folgend – dem 8. Mai, an dem im
Jahr 1945 auch die Befreiung der deutschen Bevölkerung von der Nazi-Diktatur erfolgte, als Tag der Befreiung den Status eines gesetzlichen Gedenktages zu
verleihen.
Zur Begründung der Einführung des ehemaligen DDR-Feiertags nun auch in der Bundesrepublik heißt es unter anderem:
“Insbesondere vor dem Hintergrund, dass in absehbarer Zeit keine Zeitzeugen der NS-Vergangenheit mehr berichten können, ist die Etablierung eines gesellschaftspolitische Diskussionen anregenden Gedenktages von besonderer Bedeutung.”
Der Drang, Geschichtsklitterung zu begehen, er ist den Mitgliedern der Nachfolgepartei der SED wohl zu sehr ins Blut übergegangen, als dass sie die Gelegenheit ungenutzt verstreichen lassen würden. Sicher hat es in Deutschland Menschen gegeben, die die Alliierten als Befreier angesehen haben. Und sicherlich sind die Generationen, die den Zweiten Weltkrieg nicht selbst miterlebt haben, den Westalliierten dafür dankbar, dass sie Deutschland, dem Land der Besiegten, Demokratie verordnet haben, den wirtschaftlichen Aufschwung ermöglicht haben und dafür gesorgt haben, dass einige Generationen, die von 1960 bis 1980 geboren wurden, in einem Klima von Liberalismus und Freiheit aufwachsen konnten.
Aber was um aller Götter willen wollen die Ostdeutschen, was will die Linke als Befreiung feiern? Das Staatsgefängnis DDR? Die Gewissheit, bei Äußerung einer abweichenden Meinung eingesperrt zu werden (so wie das heute wieder manche gerne sehen würden, die in der DDR groß geworden und für die Stasi gearbeitet haben)? Die naheliegende Vermutung, dass mindestens einer im Bekanntenkreis ein Spitzel für die Staatssicherheit ist? Die Sicherheit, beim unbefugten Grenzübertritt erschossen zu werden? Die Gnade, im Rahmen des Fünf bzw. Siebenjahresplans von den Krumen leben zu dürfen, die sozialistische Misswirtschaft geschaffen und in Jahresfarben verewigt hat?
Es wirkt schon wie eine Ironie der Geschichte, wenn ausgerechnet die Erben der SED nun den 8. Mai 1945, den Tag an dem der Bau des Gefängnisses DDR begonnen hat, als Tag der Befreiung feiern wollen.
Der 8. Mai 1945 er war für die meisten Deutschen ein Tag der Niederlage und der Ungewissheit, denn was nun kommen würde, es war alles andere als sicher. Wer das nicht glaubt, der soll die Bilder vom Einzug der Alliierten in Paris mit wahllosen Bildern von einrückenden Truppen der Alliierten in Deutschland vergleichen. Der Unterschied, der sich beim Betrachten der Bilder aufdrängt, das ist der Unterschied zwischen Befreiten und Besiegten.
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Es gibt noch einen Aspekt, den Ihr dabei vergessen habt: Die DDR-Führung war im Ostblock immer bekannt als die stalinistischste aller Ostblockregime. Hintergrund war, daß die deutschen Kommunisten noch lange mit dem Schuldkomplex lebten, Hitler geschehen haben zu lassen. Interessanter Aspekt dabei ist, daß es gerade Stalin war, der mit seiner Linie, jede Kooperation mit der SPD sei Verrat, eine SPD/KPD-Koalition, die Hitler hätte verhindern können, seinerseits verhindert hat. Es gibt durchaus Indizien, daß er das in voller Absicht tat, genauso wie er die Juden im Warschauer Ghetto zum Widerstand ermutigte und Beistand versprach, nur um sie dann im Stich zu lassen.
Jedenfalls, die deutschen Kommunisten lebten einerseits mit diesem Schuldkomplex, andererseits natürlich auch mit der Gewißheit, daß die gesamte öffentliche Verwaltung durchsetzt war mit Nazis, ohne die der neue Staat überhaupt nicht hätte aufgebaut werden können. Daß volle Ausmaß dessen ist auch erst vor wenigen Jahren, nach Öffnung der Archive, an die Öffentlichkeit gelangt.
Also kam dieser “Spin” auf, die “Nazis” hätten den 2. Weltkrieg verübt (nicht wir, die Deutschen), und die Sowjets (nicht die Alliierten) hätten uns dann 1945 davon befreit. Das minimierte zum einen die Rolle der imperialistischen Kapitalisten, aber viel gravierender war der psychologische Kunstgriff, sich selbst sogleich als Opfer zu definieren. Das hat bis heute eine wirkliche Auseinandersetzung mit der Vergangenheit im Osten verhindert.
Dieses Festhalten am Tag der Befreiung ist nichts anderes als das Festklammern an diesem Mythos, mit dem man sich an die Opferrolle klammern kann. Psychisch viel anstrengender wäre es ja dagegen, sich einmal in die Täter hineinzuversetzen, um zu verstehen, wie es zu diesem millionenfachen Massenmord kommen konnte, der von hunderttausenden verübt und von Millionen stumm hingenommen worden.
Und die Stilisierung der Sowjets (oder der Alliierten) stur als Befreier verhindert auch eine kritische Auseinandersetzung mit der Frage, um welchen Preis dieser Krieg beendet wurde (v.a. auf dem Gebiet, daß Timothy Snyder die “Bloodlands” nennt)
Was die Schuldfrage der (liberalen und konserativen) Eliten und Behörden betrift, kann ich vllt etwas helfen. Einer meiner Kindheitnachbarn war ein ziemlich illustrer deutscher Geheimdienstler, der mir manchmal seine Geschichten erzählt hat. Angefangen hat er bei den IG Farben in der Konzernspionage, kam dann noch vor dem Kriegsbeginn, er war Ostpreusse, als Russlandkenner und fliessend Russisch Sprecher zu Fremde Heere Ost und wurde hinter den Linien eingesetzt.
Er meinte immer, er sei Patriot gewesen, loyal und Antikommunist wie die meisten und wie es heute noch überall normal ist, außer bei uns. Die wenigsten waren wirkliche Nazis, wobei viele mit eugenischen Ideen sympathisierten. Der Hauptgrund, weshalb der Widerstand gegen Hitler intern zunächst so gering war oder gar unterstützt wurde bestand darin, dass seine Ideologie ein ziemlich wirksames Mittel gegen die Kommunisten war. Das wurde damals vor dem Krieg als viel größere Gefahr gesehen als alles andere. Daher haben die meisten die Kröten der Ideologie geschluckt und dachten sich, wenn es zu viel wird kann man ihn bremsen. Ich denke, das war auch die Einstellung bei von Papen et al.
Das haben sie gnadenlos unterschätzt, vor allem, als in den internen Netzwerken klar wurde, was die SS Einsatzgruppen anfingen zu treiben. Das System konnte ab den 1940ern aber nicht mehr stabilisiert werden, da die Kriege zu erfolgreich liefen und die Zeichen auf weitere Expansion standen. Der Nachbar war schon vor dem Einmarsch in der Sowjetunion hinter den Linien aktiv und – hier weis ich nicht ob es so war, oder ob er es gerne so gehabt hätte – lief zum OSS (CIA Vorläufer) über. Ich vermute eher, dass er umgedreht wurde, aber seis drum. Jedenfalls haben er und andere angefangen übertriebene und falsche Aufmarschberichte nach Berlin zu melden, um Hitler in die Kriegserklärung zu verführen.
Das haben sie damals als einzigen Weg gesehen, Hitler im Westen zumindest vorläufig vom Sieg abzuhalten: Das Eröffnen einer weiteren Front und deren komplette Überdehnung. Das sollte Zeit bringen, am Ende in den Systemzusammenbruch führen und den Nationalsozialismus diskreditieren. Hat geklappt, aber der Preis war epochal. Er bestand in der völligen Selbstzerstörung – vor allem des klassisch deutschen Konservativen.
Der Nachbar hat mir noch ein paar weitere ziemlich abgefahrene Geschichten erzählt, aber das ist teilweise absolut verrückt und würde die Hälfte der Geschichtsbücher zum brennen bringen. Jedenfalls hat er nach dem Krieg für die CIA den BND/Operation Gehlen mit aufgebaut und war als Russlandexperte beratend aktiv. Im zivilen Leben durfte er bei einem der IG Farben Überbleibsel weiter machen. Beweise kann ich hier keine liefern, aber er zeigte mir welche, die ziemlich glaubhaft waren.
Insgesamt war es die Angst bis auf die Knochen vor den Kommunisten, die mit allen Mitteln versuchten, die Gesellschaft und das Eigentum zu zerstören, welche die Leute in Hitlers Arme trieb, der im Gegensatz zu allen anderen Erfolg hatte die Linksextremisten zu bekämpfen. Diese Angst war bestimmend bis zu dem Punkt, an dem das wahre Schreckensmaß der Naziideologie offenbar wurde. Jenseits der Überzeugten haben die meisten dann die Augen zugemacht, andere haben offen Widerstand geleistet und wieder andere, die es konnten, sind übergelaufen und haben subversiv gearbeitet.
Also ich bin Befürworter eines Tags der Befreiung.
Kaum etwas illustriert die geistige Gefangenschaft in der Vergangenheit und den nachhaltigen, kollektiven Dachschaden dieser Nation, den man als bis heute anhaltende Spätfolge des Nationalsozialismus betrachten kann, besser, als den Tag der deutschen bedingungslosen Kapitulation (was die objektiv zutreffende Bezeichnung ist, aber sich nicht so gut ideologisch instrumentalisieren läßt) als “Tag der Befreiung” zu bezeichnen und diesen in den Rang eines Gedenktages zu erheben.
Zudem sollte es verpflichtend für alle Staatsangehörigen sein, an “Bomber Harris do it again!”-Demonstrationen am Tag der Befreiung teilzunehmen, um jedem Menschen in diesem Land vollendeten Wahnsinn begreiflich zu machen.
Sozusagen als strategische Maßnahme frei nach dem Motte: “Erkenne dich selbst.”
Was das Ganze soll? Nun, der Tag an dem der dahinter stehende Irrsinn, der sich selbst zu allem Überfluß auch noch als “Lehre aus Geschichte” begreift, mehrheitlich realisiert und sich für die Abschaffung ausgesprochen wurde, wäre ironischerweise der “Tag der Befreiung”.
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Es gibt noch einen Aspekt, den Ihr dabei vergessen habt: Die DDR-Führung war im Ostblock immer bekannt als die stalinistischste aller Ostblockregime. Hintergrund war, daß die deutschen Kommunisten noch lange mit dem Schuldkomplex lebten, Hitler geschehen haben zu lassen. Interessanter Aspekt dabei ist, daß es gerade Stalin war, der mit seiner Linie, jede Kooperation mit der SPD sei Verrat, eine SPD/KPD-Koalition, die Hitler hätte verhindern können, seinerseits verhindert hat. Es gibt durchaus Indizien, daß er das in voller Absicht tat, genauso wie er die Juden im Warschauer Ghetto zum Widerstand ermutigte und Beistand versprach, nur um sie dann im Stich zu lassen.
Jedenfalls, die deutschen Kommunisten lebten einerseits mit diesem Schuldkomplex, andererseits natürlich auch mit der Gewißheit, daß die gesamte öffentliche Verwaltung durchsetzt war mit Nazis, ohne die der neue Staat überhaupt nicht hätte aufgebaut werden können. Daß volle Ausmaß dessen ist auch erst vor wenigen Jahren, nach Öffnung der Archive, an die Öffentlichkeit gelangt.
Also kam dieser “Spin” auf, die “Nazis” hätten den 2. Weltkrieg verübt (nicht wir, die Deutschen), und die Sowjets (nicht die Alliierten) hätten uns dann 1945 davon befreit. Das minimierte zum einen die Rolle der imperialistischen Kapitalisten, aber viel gravierender war der psychologische Kunstgriff, sich selbst sogleich als Opfer zu definieren. Das hat bis heute eine wirkliche Auseinandersetzung mit der Vergangenheit im Osten verhindert.
Dieses Festhalten am Tag der Befreiung ist nichts anderes als das Festklammern an diesem Mythos, mit dem man sich an die Opferrolle klammern kann. Psychisch viel anstrengender wäre es ja dagegen, sich einmal in die Täter hineinzuversetzen, um zu verstehen, wie es zu diesem millionenfachen Massenmord kommen konnte, der von hunderttausenden verübt und von Millionen stumm hingenommen worden.
Und die Stilisierung der Sowjets (oder der Alliierten) stur als Befreier verhindert auch eine kritische Auseinandersetzung mit der Frage, um welchen Preis dieser Krieg beendet wurde (v.a. auf dem Gebiet, daß Timothy Snyder die “Bloodlands” nennt)
Was die Schuldfrage der (liberalen und konserativen) Eliten und Behörden betrift, kann ich vllt etwas helfen. Einer meiner Kindheitnachbarn war ein ziemlich illustrer deutscher Geheimdienstler, der mir manchmal seine Geschichten erzählt hat. Angefangen hat er bei den IG Farben in der Konzernspionage, kam dann noch vor dem Kriegsbeginn, er war Ostpreusse, als Russlandkenner und fliessend Russisch Sprecher zu Fremde Heere Ost und wurde hinter den Linien eingesetzt.
Er meinte immer, er sei Patriot gewesen, loyal und Antikommunist wie die meisten und wie es heute noch überall normal ist, außer bei uns. Die wenigsten waren wirkliche Nazis, wobei viele mit eugenischen Ideen sympathisierten. Der Hauptgrund, weshalb der Widerstand gegen Hitler intern zunächst so gering war oder gar unterstützt wurde bestand darin, dass seine Ideologie ein ziemlich wirksames Mittel gegen die Kommunisten war. Das wurde damals vor dem Krieg als viel größere Gefahr gesehen als alles andere. Daher haben die meisten die Kröten der Ideologie geschluckt und dachten sich, wenn es zu viel wird kann man ihn bremsen. Ich denke, das war auch die Einstellung bei von Papen et al.
Das haben sie gnadenlos unterschätzt, vor allem, als in den internen Netzwerken klar wurde, was die SS Einsatzgruppen anfingen zu treiben. Das System konnte ab den 1940ern aber nicht mehr stabilisiert werden, da die Kriege zu erfolgreich liefen und die Zeichen auf weitere Expansion standen. Der Nachbar war schon vor dem Einmarsch in der Sowjetunion hinter den Linien aktiv und – hier weis ich nicht ob es so war, oder ob er es gerne so gehabt hätte – lief zum OSS (CIA Vorläufer) über. Ich vermute eher, dass er umgedreht wurde, aber seis drum. Jedenfalls haben er und andere angefangen übertriebene und falsche Aufmarschberichte nach Berlin zu melden, um Hitler in die Kriegserklärung zu verführen.
Das haben sie damals als einzigen Weg gesehen, Hitler im Westen zumindest vorläufig vom Sieg abzuhalten: Das Eröffnen einer weiteren Front und deren komplette Überdehnung. Das sollte Zeit bringen, am Ende in den Systemzusammenbruch führen und den Nationalsozialismus diskreditieren. Hat geklappt, aber der Preis war epochal. Er bestand in der völligen Selbstzerstörung – vor allem des klassisch deutschen Konservativen.
Der Nachbar hat mir noch ein paar weitere ziemlich abgefahrene Geschichten erzählt, aber das ist teilweise absolut verrückt und würde die Hälfte der Geschichtsbücher zum brennen bringen. Jedenfalls hat er nach dem Krieg für die CIA den BND/Operation Gehlen mit aufgebaut und war als Russlandexperte beratend aktiv. Im zivilen Leben durfte er bei einem der IG Farben Überbleibsel weiter machen. Beweise kann ich hier keine liefern, aber er zeigte mir welche, die ziemlich glaubhaft waren.
Insgesamt war es die Angst bis auf die Knochen vor den Kommunisten, die mit allen Mitteln versuchten, die Gesellschaft und das Eigentum zu zerstören, welche die Leute in Hitlers Arme trieb, der im Gegensatz zu allen anderen Erfolg hatte die Linksextremisten zu bekämpfen. Diese Angst war bestimmend bis zu dem Punkt, an dem das wahre Schreckensmaß der Naziideologie offenbar wurde. Jenseits der Überzeugten haben die meisten dann die Augen zugemacht, andere haben offen Widerstand geleistet und wieder andere, die es konnten, sind übergelaufen und haben subversiv gearbeitet.
Also ich bin Befürworter eines Tags der Befreiung.
Kaum etwas illustriert die geistige Gefangenschaft in der Vergangenheit und den nachhaltigen, kollektiven Dachschaden dieser Nation, den man als bis heute anhaltende Spätfolge des Nationalsozialismus betrachten kann, besser, als den Tag der deutschen bedingungslosen Kapitulation (was die objektiv zutreffende Bezeichnung ist, aber sich nicht so gut ideologisch instrumentalisieren läßt) als “Tag der Befreiung” zu bezeichnen und diesen in den Rang eines Gedenktages zu erheben.
Zudem sollte es verpflichtend für alle Staatsangehörigen sein, an “Bomber Harris do it again!”-Demonstrationen am Tag der Befreiung teilzunehmen, um jedem Menschen in diesem Land vollendeten Wahnsinn begreiflich zu machen.
Sozusagen als strategische Maßnahme frei nach dem Motte: “Erkenne dich selbst.”
Was das Ganze soll? Nun, der Tag an dem der dahinter stehende Irrsinn, der sich selbst zu allem Überfluß auch noch als “Lehre aus Geschichte” begreift, mehrheitlich realisiert und sich für die Abschaffung ausgesprochen wurde, wäre ironischerweise der “Tag der Befreiung”.
Hehe. Diese Satire war wirklich gut 🙂
so einen geifer sollte man nicht kommentieren, der disqualifiziert sich selbst!
Frage der Definition. Versuchen Sie: “Die Ermordeten wurden von Ihrem Leben befreit”, voila ein Befreiungstag….