8. Mai 1945: Tag der Befreiung? Ausgerechnet DDR-Nachfolgesozialisten wollen ihn feiern

Old habits die hard, so heißt es im Englischen. Einen alten Baum verpflanzt man nicht mehr, so heißt es im Deutschen, und gemeint ist in beiden Sprachen die Resistenz von Angewohnheiten, die man in früher Kindheit oder Jugend erworben hat. Von einer formativen Phase sprechen Psychologen und die formative Phase, man kann sie als Konzept auch auf politische Ideologien und deren Vertreter anwenden.

So hat es sich nach 1945 in der sowjetisch besetzten Zone und später in der Deutschen Demokratischen Republik eingebürgert, den 8. Mai 1945 als Tag der Befreiung zu feiern, als Tag, an dem das 1000-Jährige Reich der NSDAP endgültig untergegangen ist.

Am 7. Mai 1945 hat Generaloberst Alfred Jodl, der von Großadmiral Karl Dönitz, dem offiziellen Nachfolger Adolf Hitlers, dazu authrisiert wurde, in Reims die bedingungslose Kapitulation der Deutschen Wehrmacht unterzeichnet. Das Dokument trat am 8. Mai in Kraft.

Tag der BefreiungUnd ausgerechnet diesen 8. Mai haben sich die Kommunisten in der sowjetisch besetzten Zone ausgesucht, um daraus den Tag der Befreiung zu machen, eine Befreiung, die viele politische Gegner der KPD in die KZs von Buchenwald und Sachsenhausen geführt hat. Vor allem Sozialdemokraten, die der Zwangsfusion von KPD und SPD zur SED am 21. April 1946 ablehnend gegenüberstanden, fanden sich schnell in den oben genannten KZs wieder, die die SMAD zu nützlich fand, als dass man sie hätte leerstehen lassen wollen.

Der Tag der Befreiung wurde für viele in der sowjetisch besetzten Zone zu dem Tag, an dem die Unfreiheit Einzug gehalten hat. Mit dem Bau der Berliner Mauer und dem Beginn der Einkerkerung der Ostdeutschen, die es nicht rechtzeitig geschafft haben, auf das Gebiet der drei Westmächte zu fliehen, hat dann die zweite Stufe der Befreiung begonnen, die Stufe der bedingten sozialistischen Freiheit, die Bürger innerhalb eines Käfigs, der um sie gebaut wurde, die volle Freiheit gewährt. Befreiung auf sozialistisch.

Dass man auch in einem Gefängnis den Tag der Befreiung feiern kann, das hat die SED in den durch Todesstreifen und Mauer gesicherten Gebieten regelmäßig zum 8. Mai in der volkseigenen Kammer, in der die Einheitsmeinung zelebriert wurde, zur Schau gestellt. Und diese alte Angewohnheit, den Beginn der Einkesselung der DDR-Bürger als Tag der Befreiung zu feiern, sie ist eine der Angewohnheiten, die bei denen, die noch im Geiste der SED sozialisiert wurden, munter vor sich hinlebt.

Deshalb fordert die Linke den Deutschen Bundestag auf,

einen Gesetzentwurf vorzulegen, um – dem Beispiel Mecklenburg-Vorpommerns, Brandenburgs und Thüringens folgend – dem 8. Mai, an dem im
Jahr 1945 auch die Befreiung der deutschen Bevölkerung von der Nazi-Diktatur erfolgte, als Tag der Befreiung den Status eines gesetzlichen Gedenktages zu
verleihen.

Zur Begründung der Einführung des ehemaligen DDR-Feiertags nun auch in der Bundesrepublik heißt es unter anderem:

“Insbesondere vor dem Hintergrund, dass in absehbarer Zeit keine Zeitzeugen der NS-Vergangenheit mehr berichten können, ist die Etablierung eines gesellschaftspolitische Diskussionen anregenden Gedenktages von besonderer Bedeutung.”

Der Drang, Geschichtsklitterung zu begehen, er ist den Mitgliedern der Nachfolgepartei der SED wohl zu sehr ins Blut übergegangen, als dass sie die Gelegenheit ungenutzt verstreichen lassen würden. Sicher hat es in Deutschland Menschen gegeben, die die Alliierten als Befreier angesehen haben. Und sicherlich sind die Generationen, die den Zweiten Weltkrieg nicht selbst miterlebt haben, den Westalliierten dafür dankbar, dass sie Deutschland, dem Land der Besiegten, Demokratie verordnet haben, den wirtschaftlichen Aufschwung ermöglicht haben und dafür gesorgt haben, dass einige Generationen, die von 1960 bis 1980 geboren wurden, in einem Klima von Liberalismus und Freiheit aufwachsen konnten.

DDR GrenzeAber was um aller Götter willen wollen die Ostdeutschen, was will die Linke als Befreiung feiern? Das Staatsgefängnis DDR? Die Gewissheit, bei Äußerung einer abweichenden Meinung eingesperrt zu werden (so wie das heute wieder manche gerne sehen würden, die in der DDR groß geworden und für die Stasi gearbeitet haben)? Die naheliegende Vermutung, dass mindestens einer im Bekanntenkreis ein Spitzel für die Staatssicherheit ist? Die Sicherheit, beim unbefugten Grenzübertritt erschossen zu werden? Die Gnade, im Rahmen des Fünf bzw. Siebenjahresplans von den Krumen leben zu dürfen, die sozialistische Misswirtschaft geschaffen und in Jahresfarben verewigt hat?

Es wirkt schon wie eine Ironie der Geschichte, wenn ausgerechnet die Erben der SED nun den 8. Mai 1945, den Tag an dem der Bau des Gefängnisses DDR begonnen hat, als Tag der Befreiung feiern wollen.

Der 8. Mai 1945 er war für die meisten Deutschen ein Tag der Niederlage und der Ungewissheit, denn was nun kommen würde, es war alles andere als sicher. Wer das nicht glaubt, der soll die Bilder vom Einzug der Alliierten in Paris mit wahllosen Bildern von einrückenden Truppen der Alliierten in Deutschland vergleichen. Der Unterschied, der sich beim Betrachten der Bilder aufdrängt, das ist der Unterschied zwischen Befreiten und Besiegten.

 

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