Unnötige Esser: Frag’ Dich, ob Du der Gesellschaft weiter zur Last fallen willst!

Wenn Tabus erst gebrochen sind, moralische Standards erodiert sind, Individuen dem eigenen Denken und der eigenen Boshaftigkeit keine Grenzen mehr setzen, dann verrohen Gesellschaften und der in ihnen stattfindende öffentliche Diskurs, dann wird alles zu einem Mittel für einen Zweck, einen ideologischen, einen kommunistischen Zweck.

Als William F. Nolan und George Clayton Johnson im Jahre 1967 ihren Roman “Logan’s Run” veröffentlicht haben, dachten beide, eine Dystopie, eine Geschichte über eine zukünftige Gesellschaft zu schreiben, die zukünfig bleibt, nie erreicht werden wird, da das, was sie beschrieben, einfach zu derb war, zu amoralisch, um durchsetzbar zu sein. Logan’s Run beschreibt die Geschichte einer Gesellschaft, in der niemand älter als 21 Jahre wird. Wer das Cut-off Alter erreicht, wird getötet. Den Jugendlichen, die diese Gesellschaft bewohnen, sagt man, sie würden “weiterziehen”, in ein anderes Stadium überwechseln. Logan’s Run wurde 1976 verfilmt, relativ nah an der Vorlage, lediglich das Sterbealter von 21 Jahren war Michael Anderson, der Regie führte, zu gering. Ergo wurde es auf 30 Jahre heraufgesetzt.

Wer hätte gedacht, dass eine derartige Dystopie, die Geschichte  einer Gesellschaft, deren Mitgliedern man erzählt, das Leben ende mit 21 Jahren, man ziehe dann weiter, um die vorhandene Gesellschaft nicht mit seiner weiteren Anwesenheit zu belasten, in heutigen Gesellschaften normal geworden ist, Gesellschaften, in der sich diejenigen, die sich für “Intellektuelle” halten, wieder einmal damit befriedigen, kommunistische Ideen zu verbreiten. Wäre Karl Raimund Popper noch am Leben, er könnte seine Beiträge über den “Verrat der Intellektuellen” aktualisieren und neu veröffentlichen.

Heute ist es in manchen Gesellschaften bereits normal geworden, diejenigen, die als Ballast für die Gesellschaft angesehen werden, zu beseitigen. MAiD heißt das, Medical Aid in Dying, in Kanada. Dort wächst die Zahl der jährlich beseitigten Bürger, der überflüssigen Essern, wie Yuval Noah Harari sie wohl nennen würde, stetig.

Gesetzesveränderungen sorgen dafür, dass die Menge derjenigen, die medizinisch assistiert ins Jenseits befördert werden können, ganz legal, stetig wächst. Das Geschäft mit dem Tod, es wird zum Kassenschlager, ganz ohne Krieg. Auch außerhalb von Kanada wird über Assistierten Selbstmord nachgedacht, und in Schottland ist die Regierung von Hamza Useless dabei, ein Gesetz über Assistierten Selbstmord auf den Weg zu bringen, ein Vorhaben, das einem, wenn man in Rechnung stellt, was die Scottish National Party über die letzten Jahrzehnte an Verheerungen in Schottland angerichtet hat, den kalten Schweiß über den Rücken treiben kann.

Just in diesem Moment hat es Matthew Parris für notwendig befunden, in der altehrwürdigen London Times, die mittlerweile nur noch alt und auf keinen Fall mehr ehrwürdig ist, einen Beitrag zu veröffentlichen, der wie folgt überschrieben ist:

Unsere Übersetzung:
Wir können uns kein Tabu auf Sterbehilfe leisten.

Das Argument gegen Sterbehilfe lautet: Damit wird Druck auf unheilbar Kranke ausgeübt, ihr Leben schneller zu beenden – Das ist keine schlechte Sache.

Parris war von 1979 bis 1986 Abgeordneter im Britischen Unterhaus, kehrte dem Abgeordnetendasein indes den Rücken als  ihm eine lukrative Stelle bei ITV als Moderator von “Weekend World” angeboten wurde, eine Sendung die seit 1977 erfolgreich ausgestrahlt und innerhalb von zwei Jahren nach der Übernahme durch Parris eingestellt wurde. Seitdem ist Parris das, was man in Britannien einen “prolific writer” nennt, ein Vielschreiber, unter anderem für die Times und den Spectator.

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Und in der Times ist – wie gesagt – der oben verlinkte Text erschienen, in dem sich Parris für eine Enttabuisierung der Sterbhilfe in Großbritannien starkt macht, denn das Vereinigte Königreich hat, wie so viele westliche Staaten, ein Problem:

Die Menschen werden immer älter, der Anteil der arbeitenden Bevölkerung, der für die karge staatliche Rente aufkommen muss, wird immer kleiner, die Alten immer mehr und langlebiger:

“A proportionately ever-smaller working population carries an ever-larger cohort of elderly and retired citizens, supported by state pensions and advances in medical science that sustain us into ever-longer retirements.”

Schon erstaunlich, darin, dass die Lebenserwartung gestiegen ist, ein Problem zu sehen. Indes, wenn man mit kommunistischem Denken infiziert ist, dann wird ein Schuh daraus, denn die Alten, die immer länger leben, fallen dem Gesundheitssystem [das sie über die Jahrzehnte ihres Lebens über ihre Steuern finanziert haben] immer mehr zur Last, verstopfen Altenheime, machen den Transfer von hohen Summen in ihre Lebenserhaltung notwendig. Kurz: Sie sind zu einer Last, zu “unnötigen Essern” geworden.
Als er jung gewesen sei, so schreibt der 74jährige Parris, überlebten Männer ihre Verrentung nur für wenige Jahre. Frauen waren schon damals langlebiger, aber nun, etliche Jahrzehnte später, sind Männer und Frauen zur wahren Überlebensplage geworden, leben 20 und 30 Jahre über ihr Rentenverfallsdatum hinaus:

“When I was a child the average male lived to about 65, the age of male retirement. The average female lasted about ten years beyond her retirement age at 60. In 2020 the average male had lived on more than 20 years (the average female nearly 30) beyond retirement.

Und das sei keine gute Nachricht, denn Rentner seien oft immobil, krank und hätten Demenz, und das sei für das staatlichen Gesundheitssystem sehr teuer:
“Good news? Often not for the final years of these extended retirements, often characterised by immobility, ill-health and dementia: and typically wildly expensive, cornering resources to fund our health and social care sectors.”
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Und wie jeder gute Kommunist, so kommt Parris schließlich zur Sache:

  • “Ist ein Leben voller Schmerzen lebenswert?”, so fragt er stellvertretend für von ihm gerade erfundene “viele Alte”.
  • “Wie viel kostet es den National Health Service und meine Verwandten, mich am Leben zu erhalten?
  • “Wie groß ist die Last, die ich für andere darstelle?”

Und mit diesen Fragen, so schreibt er weiter, komme eine offenere Diskussion, die soziale Normen verändern werde, und das sei gut:

“I don’t dispute the objectors’ belief that once assisted dying becomes normalised we will become more apt to ask ourselves for how much longer we can justify the struggle. Is life still giving us more pleasure than pain? How much is all this costing relatives and the health service? How much of a burden are we placing on those who love us? How much of a burden are we placing upon ourselves? We will notice others asking themselves these questions and we’ll feel empowered by changing social norms to ask them ourselves. Discussion will become more open. It will become common practice to pose this question without embarrassment, and to weigh the answer up.”

Deutlicher kann man Menschen nicht mehr objektivieren, den einzigen Wert, den sie darstellen, als Kostenfaktor modellieren, Kostenfaktor für das GEMEINWESEN, für den STAAT, denn letztlich sind die Kosten, um die es Parris geht, die Kosten, die er gerne reduzieren will, die Kosten, die staatlichen Einrichtungen wie dem NHS dadurch entstehen, dass “überflüssige” Alte am Leben erhalten werden müssen.

Wie leicht wären gesellschaftliche Leistungen zu finanzieren, wenn diejenigen, die Jahrzehntelang die entsprechenden Leistungen finanziert haben, dann, wenn sie auf die Seite derer gewechselt sind, die Leistungen entnehmen, einfach als Kostenfaktor eliminiert werden würden, einfach durch assistierten Selbstmord, also staatlich sanktionieren Mord beseitigt würden, um die Rentenkasse zu entlasten, das Gesundheitssystem zu entlasten, denn diese Systeme sind das Unveränderliche, die heilige Kuh, die vor denen, die sie im Alter melken wollen, nachdem sie sie jahrzehnte durchgefüttert haben, zu schützen sind. Staatliche Systeme sind Selbstzweck, an dem sich unzählige Gestalten aus der prekären Mittelschicht mästen, und natürlich kann man diesen Leuten nicht ihr Einkommen bestreiten, bestreiten kann man Alten ihre Recht zu leben.

Das ist nicht nur ein Tabubruch, das ist eine Verrohung der Gesellschaft, die der Dystopie, die Nolan und Clayton in Logan’s Run entworfen haben, sehr nahe kommt. Auch in Logan’s Run geht es um Bevölkerungs- und damit letztlich um Kostenkontrolle, ein probates Mittel, um die vielen lebensunwerten “Individuen, die unsere Gesellschaft produziert”, loszuwerden. Bis auf das Adjektiv “lebensunwert” eine wörtliche Übersetzung dessen, was Parris von sich gibt, Aussagen, bei denen man Schwierigkeiten hat, einen Unterschied zu den Auslassungen über das Lebensrecht von Juden, die sich im Stürmer gefunden haben, zu finden.

“Deine Zeit ist abgelaufen”, so schreibt Parris, wird nie ein Befehl sein, aber es könnte eines Tages zum unausgesprochenen Hinweis werden, den jeder, den es betrifft, versteht. In Logan’s Run ist das auch so: Die Norm, mit 21 das Zeitliche zu segnen, ist unausgesprochen und wird [außer von Logan] nicht in Frage gestellt. Wessen Zeit abgelaufen ist, der geht. Indes muss man die Jugendlichen im Roman übertölpeln, ihnen vorlügen, sie würden in eine andere Welt weiterziehen. Die Hoffnung von Parris ist, dass dies mit Alten nicht notwendig sein wird. Eine neue soziale Norm soll ihnen zu verstehen geben, dass ihre Zeit abgelaufen ist, sie im Status des Kostenfaktors und unnötigen Essers zur Last für die Gesellschaft geworden sind, deren Unmenschen ihnen nun, da sie sich in der Notlage finden, auf andere angewiesen zu sein, die kalte Schulter zeigten.

Grauslig:

“I suspect — and believe I notice — that our culture is changing its mind about the worth of old age when coupled with crippling degeneration, incapacity, indignity and often suffering. If I’m right, our growing interest in assisted dying may reflect a largely unconscious realisation that we simply cannot afford extreme senescence or desperate infirmity for as many such individuals as our society is producing. “Your time is up” will never be an order, but — yes, the objectors are right — may one day be the kind of unspoken hint that everybody understands. And that’s a good thing.”

Parris war übrigens für die Konservative Partei im Unterhaus.
Seit 1986 hat er eine erstaunliche Entwicklung genommen.
Das sagt einiges, über heutige “Konservative”.

Bei manchen davon könnte man direkt auf den Gedanken kommen, dass sie eine Last für das Gemeinwesen geworden sind, dass ihre Zeit um ist… Und was bedeutet das für Leute wie Parris vor dem Hintergrund dessen, was Parris in der TIMES von sich gegeben hat?

Die durchschnittliche staatliche Rente im Vereinigten Königreich beträgt derzeit 203,85 GBP pro Woche, also rund 284 Euro. Dagegen waren die 30 Silberlinge, die Judas Iscariot kassiert hat, ein wahrer Fürstenlohn.


 

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