Einschulungsuntersuchung in Sachsen: Ein Drittel der Kinder kann nicht richtig sprechen, ein Viertel ist in der Motorik gestört

Seit 2014 findet in Sachsen eine verpflichtende Einschulungsuntersuchung statt, die jeweils im Jahr vor der eigentlichen Einschulung erfolgt, um noch rechtzeitig Fehlentwicklungen gegensteuern zu können. Ob und in welchem Ausmaß das gelingt, ist derzeit noch eine offene Frage.

Im Rahmen der Einschulungsuntersuchungen werden eine Reihe von Fähigkeiten der dann in der Regel 5jährigen Kinder getestet, wobei  Sprechen, Motorik und Körperkoordination in Sachsen besondere Aufmerksamkeit gewidmet wird. Seit 2014 fragen Abgeordnete der LINKE die Ergebnisse dieser Einschulungsuntersuchungen in Kleinen Anfragen im Landtag ab und unser Leser Fidel Karsto hat die entsprechenden Anfragen und Daten besorgt, auf deren Grundlage wir uns einen ersten Überblick über die Situation in Sachsen verschafft haben, den wir in diesem Beitrag wiedergeben.

Der Beitrag folgt einem vorherigen Beitrag, in dem wir die ersten Ergebnisse der seit 2025 in Bayern obligatorischen Sprachstandserhebung berichtet haben. Ergebnisse, die gezeigt haben, dass rund ein Drittel der Bayerischen Einzuschulenden ein Jahr vor Einschulung nicht grundschulfähig ist. Die Daten aus Sachsen sind umfangreicher als die Daten in Bayern, wenngleich die Sprachtests im Anspruch hinter den bayerischen Tests zurückbleiben.

Indes vermitteln die sächsischen Einschulungsuntersuchungen, aufgrund ihrer breiten Anlage einen umfassenderen Blick auf die Grundschulfähigkeit sächsischer Schüler, einen erschreckenden Blick, den man wie folgt zusammenfassen kann:

  • Die Sprachfähigkeit und das Sprachverständnis von 34,7% der einzuschulenden Kinder reicht nicht aus, um eine Grundschule zu besuchen.
  • Die Visuomotorik von 22,5% der einzuschuldenden sächsischen Kinder ist unterentwickelt.
  • Bei 20% der einzuschulenden sächsischen Kinder ist zudem die Körperkoordination unterentwickelt.

Was das bedeutet, dazu kommen wir noch im Einzelnen.


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Einzuschulende Kinder, das sind Kinder, die ein Jahr vor dem Einschulungstermin auf ihre Schulfähigkeit getestet wurden. Die Kinder sind zu diesem Zeitpunkt in der Regel 5 Jahre alt.
Getestet werden die Kinder z.B. auf die folgenden Fähigkeiten:

  • Grobmotorik, z.B. die Fähigkeit, auf einer Linie zu laufen oder einen Ball zu werfen / zu fangen.
  • Feinmotorik, z.B. die Fähigkeit, einen Stift zu halten bzw. eine Figur auszumalen.
  • Koordination von Auge und Hand (siehe Vorlage A);
  • Visuelle Wahrnehmung (siehe Vorlage B);
  • Auditive Wahrnehmung, z.B. die Fähigkeit, Geräusche richtig zu benennen oder eine gehörte Geschichte in Reihenfolge der Ereignisse wiedergeben zu können;
  • kinästethische Wahrnehmung, z.B. mit dem Finger bei geschlossenen Augen die Nase treffen;
  • Sprachliche Kompetenz, z.B. Reimwörter finden, Spielanweisungen verstehen, eine Geschichte nacherzählen;

VORLAGE A

Quelle

VORLAGE B

Quelle

Die Anforderungen, die im Rahmen einer Einschulungsuntersuchung gestellt werden, sind nicht sonderlich hoch, umfassen darüber hinaus Fähigkeiten wie sich selbst an- und ausziehen zu können bzw. die Toilette selbständig aufsuchen zu können, mithin Fähigkeiten, die für Fünfjährige normal sein sollten – es aber offenkundig nicht sind.

Die folgende Abbildung zeigt die Entwicklung der Sprachfähigkeit, der visumotorischen Fähigkeiten sowie der Körperkoordination der Einzuschuldenden des jeweiligen Jahrgangs für Sachsen für den Zeitraum von 2014 bis 2023.

Was sofort ins Auge fällt, ist die Tatsache, dass sich im Zeitverlauf kaum etwas ändert. Seit 2014/2015 hat sich der Anteil der einzuschulenden Schüler, die Mindestanforderungen in den drei Testbereichen nicht erfüllen, kaum verändert. Tendenziell steigt der Anteil der Schüler, deren Sprach- und visuomotorische Entwicklung hinter den Anforderungen zurückbleibt, im Zeitverlauf leicht an (pro Jahr um 0,2%), während der Anteil der Schüler, deren Körpermotorik nicht adäquat entwickelt ist, leicht fällt, pro Jahr um 0,26% zurückgeht. Indes, diese Veränderungen sind nur marginal und ändern wenig daran, dass in Sachsen und bezogen auf den Durchschnitt der Schuljahre 2014/15 bis 2023/24:

  • 34,7% der Schüler im Alter von 5 Jahren nicht die Sprachfähigkeit entwickelt haben, die ihrem Alter entspricht;
  • 22,5% der Schüler im Alter von 5 Jahren in ihrer visuomotorischen Entwicklung hinter dem, was in ihrem Alter normal ist, zurückbleiben;
  • 19,9% der Schüler im Alter von 5 Jahren über keine altersangemessene Körperkoordination verfügen.

Die meisten dieser Kinder befinden sich seit Jahren in institutioneller Betreuung in einer Kindertagesstätte, so dass man sich fragen muss, was in diesen Einrichtungen eigentlich getan wird.

Zudem sind die innersächsischen Unterschiede erheblich, wie eine Auswertung nach Landkreisen und kreisfreien Städten ergibt:

  • Der Anteil der Schüler, deren Sprachfähigkeit unterentwickelt ist, reicht von 28,7% im Leipziger Land bis zu 40% in Chemnitz/Land;
  • Der Anteil der Schüler, deren visuomotorische Entwicklung zurückgeblieben ist, reicht von 18,4% im Leipziger Land bis zu 29,5% in Zwickau.
  • Der Anteil der Schüler, die keine altersangemessene Körperkoordination aufweisen, reicht von 13,4% in Leipzig/Stadt bis 27,9% in Dresden/Stadt.

Das sind erhebliche regionale Divergenzen auf mehr oder minder engem Raum, bei denen man sich fragt, welche Ursache sie haben. Eine Frage, zu deren Beantwortung weitere Daten notwendig sind, die wir uns derzeit bemühen, zu beschaffen.

Einstweilen kann als Fazit gezogen werden, das rund ein Drittel der sächsischen Schüler im Alter von 5 Jahren nicht den Entwicklungsstand aufweist, der ihrem Alter angemessen und notwendig ist, um eine Grundschule zu besuchen.


 

 

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10Comments

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  1. 1
    ERINNERUNG

    Würde man die (Schreibtisch-)Vorgaben für die Einstellunganforderungen von KITA-Personal tatsächlich umsetzen, dann bräche der ganze Betrieb zusammen.
    Sie hätten deshalb eigene praxisbezogene Anforderungen aufgestellt.

    So berichtete mir vor einem Jahr eine ältere Frau, die ähnliche Beobachtungen bei Einstellungsgesprächen mit erwachsenen BewerberInnen machen mußte, wie die hier für Kinder im Vorschulalter beschriebenen.

    • 2
      ERINNERUNG

      Früher sei zunächst einmal die Durchführbarkeit von Schreibtischideen geprüft worden, bevor sie dann eventuell Verbindlichkeit erlangt hätten.

  2. 3
    Petersen

    Und mit solcher Jugend wollen die „Eliten“ einen krieg gegen Russland führen.
    Mit Fremdsprachlern und motorisch defizitären Einheimischen.

  3. 4
    Christine

    Ja Leute, wer glaubt, dass Gleichstellung (das heißt: Bevorzugung von ungeeigneten Personen bei jeglicher Besetzung von Arbeitsplätzen) keine Folgen hat, der muss sich jetzt natürlich wundern, warum wir so rasend schnell den Bach runter gehen.

    Vor allem finde ich es skandalös, dass das seit 2014 unter den Teppich gekehrt wird.

  4. 5
    Philooo

    Bin Dresdner, einem Freund aus dem Westen der zwei Tage hier verbracht hat, ist aufgefallen, das es außerordentlich viele behinderte Menschen hier gibt. Ich kann das nicht ganz abstreiten.

    Habe gehört, die DDR war damals auch Versuchslabor für viele Impfstoffe die im Westen entwickelt wurden. Vll ist da was dran.

  5. 7
    Elisa

    Die Vorschuluntersuchung gibt es in Bayern mindestens seit den 80zigern, ob sie jedoch immer noch so durchgefuehrt wird, wie sie war, als ich den Beruf aufgegeben habe, ist mir nicht bekannt.
    Das Gesundheitsamt untersuchte damals hauptsachlich, Seh-und Hoerfaehigkeit, Plattfuesse, auf Zehenspitzen gehen Koerperhaltung, Muskelsterke ,Bilder benennen z.B. Tiere .
    Impfungen wurden damals nicht nachgefragt, jedoch ueberstandene Krankheiten.

    Was die moderen Erzieher in den Kigas machen?
    Uberwiegend nichts, ausser grosser Klappe, Wichtig daherreden , gerne mit Fremdworten , und die Kinder beobachten.

    Ich wurde von meinen Jugenamtsvorgesetzten kritisiert, dass ich nicht die freie Erziehung vertrat
    Ich habe meinen Kindern vorgelesen und danach das Vorgelesene erfragt,, mit ihnen gebastelt, mit der Schere schneiden , mit dem Pinsel malen, einen Stift halten geuebt, die Kinder aufgefordert habe leise zu sein, zuhoeren zu koennen, ausreden zu lassen, vor der Gruppe zu erzaehlen, welche Sorgen sie hatten auch was sie Schoenes erlebt hatten sie mit Messer und Gabel essen zu lassen, struktrierte Turnstunden, Orff, Grob-und Feinmotorikuebungen und Kordination usw.

    Das waere alles zu autoritaer, ich sollte die Kinder einfach machen lassen und koennte mich auch in einen Liegestuhl setzen und die Kinder beobachten Das sagte allen Erntes meine damalige Jugendamt Vorgesetzte, eine Sozpaed., eine fanatische Anhaengerin der freien Paedagogik.
    Die Vorschulkinder hatten Mappen zum Sammeln ihrer Zeichnungen und Basteleien. Am Ende des Jahres hatten die Kinder der anderen Gruppen so ungefaehr 3- 4 Blaetter gesammelt. konnten nicht schneiden oder Stifte halten, waren laut und chaotisch.

    Bei einer Leiterinnenkonferenz wurde nach dem ihrer Meinung nach, wichtigsten Erziehungsziel gefragt. 90% gaben an dies waere fuer sie Selbstbewusstsein foerdern.
    Dass ist einer der Gruende, ausser den Helikopter eltern und Social Media, dass wir heute die Klimakleber- und Huepfer haben, mit grossem Ego, Opfermentalitaet,, mit hohen Anspruechen und Forderungen an Mitmenschen und null Einfuehlungsvermoegen und Ruecksichtnahme,.
    Da ich diese „neue“ Erziehung nicht mit meinem Gewissen vereinbaren konnte, habe ich vor vielen Jahren gekuendigt.
    Eines meiner wichtigsten Erziehungsziele, war uebrigens Frustrationstoleranz, also mit Entaeuschungen umgehen zu lernen. Wenn man sieht, was auf den Schulhoefen passiert wird die immer wichtiger, vor allem fuer die Kinder gewisser Eroberer, von denen ich viele in unserem Kindergrten betreute.

  6. 9
    schliemannss

    Ja läuft doch alles planmäßig…. ob wir hier im „Werte“(?)-Westen damit Erfolg haben werden darf bezweifelt werden. Will sagen, jeder mit ein paar funktionierenden Synapsen muss erkennen, dass hier wirklich alles den Bach runter geht.
    Traurig wenn man bedenkt wo zb die Duale Ausbildung herkommt und so vieles mehr…
    Dann könnte man auch damit weiter machen warum der Diesel so zerstört wurde? Ich meine 2,5 Liter auf 100km wäre doch mal wirklich Ressourcen schonend gewesen…. Heute sehe ich Stadtbusse die echt mit Akku und Elektromotor unterwegs sind. Ohne Witz! Aber nur im Sommer… möglich dass sie ein System entwickeln das im Winter die Akkus mit Dieselstandheizung warm hält damit die 15Tonnen auch im Winter per Batterie fahren können… finde den Fehler… es ist… alles… nicht mehr zu ertragen vor allem wenn man Bildungsferne mit psychischen Defiziten in Ämtern sieht die normalerweise Fachkompetenz erfordern würden….

  7. 10
    Ich glaube auch an den Osterhasen

    Erschreckende Ergebnisse, die die Politik eigentlich auf den Plan rufen müssten. Und wir reden hier von Sachsen, welches eher im konservativen Spektrum zu verorten ist. Wie muss es dann in den traditionell linken Ländern um die Schulfähigkeit bestellt sein? An der Migration kann es nicht liegen, weil die Zahlen seit 2015 schon miserabel sind. Woran sich in den letzten 10 Jahren im sächsischen Kultusministerium niemand gestört zu haben scheint? Aus meiner Sicht ist das das Resultat einer allgemeinen gesellschaftlichen Verwahrlosung. Eltern kümmern sich um ihre Kinder, in dem sie sie vor dem Fernseher plazieren, um sich selbst dem Smartphone zu widmen. Was heut in Kindertagesstätten getrieben wird, kann man sich ausmalen, wenn Eric Big-Clit zur Lesung erscheint. Ich habe damals eine dicke Mappe mit Bastelarbeiten aus dem Kindergarten mit nach Hause genommen. Bei meinen Kindern war das schon nicht mehr so. Und zu allem Überfluss wird dann in der Schule in der ersten Klasse nicht etwa Schreibschrift beigebracht, sondern Druckbuchstaben gelernt, die Worte dann in einzelne Buchstaben zerfallen lassen. Und, was mich persönlich wahnsinnig ägert, bringt man den Kindern erst einmal falsche Schreibweisen bei (Schreiben nach Gehör), um das dann mühsam und mehr schlecht als recht wieder gerade zu rücken. Mathematik findet nicht mehr mit karierten Heften statt und wenn, wird nicht beigebracht, dass die Zahlen in die Kästchen gehören, sodass auch beim Rechnen keine Struktur entsteht. Heutzutage wollte ich wirklich kein Kind mehr sein.

Bitte keine Beleidigungen, keine wilden Behauptungen und keine strafbaren Inhalte ... Wir glauben noch an die Vernunft!

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