Gender-Mainstreaming, Diversity, logischer Unsinn

“The ideal appointee is a black Welsh disabled women trade unionist. We’ re all looking for one of these”, Sir Humphrey, in der britischen Comedy Serie: Yes Minister.”

Schulpläne sind Gender-gemainstreamed. Unternehmensvorstände sollen bald Gender-gemainstreamed sein. Exklusive Studiengänge, zu denen nur Frauen zugelassen sind, sollen dafür sorgen, dass bald auch die Studiengänge der Mathematik, Information und Naturwissenschaften Gender-gemainstreamed sind. Mit dem ganzen Mainstreaming (englisch für gleichmachen) sollen “geschlechterspezifische Rollenzuschreibungen überwunden” werden, es sollen “strukturelle Ungleichheiten” abgebaut werden und eine Gleichstellung von Männern und Frauen erreicht werden. Doch damit nicht genug. Denn sind nicht die Gruppen von Männern und Frauen in sich betrachtet divers? Gibt es nicht unterschiedlich alte Männer und Frauen, Männer und Frauen unterschiedlicher Ethnie, Männer und Frauen verschiedener sexueller Orientierung, Männer und Frauen mit physischer oder geistiger Behinderung, Männer und Frauen mit unterschiedlicher Körpergröße und Augenfarbe? Ist es nicht auch wichtig, diese Differenzen, die ja bloße Konstruktionen darstellen, wie ein Beitrag von Gschwandtner und Jakob lehrt, zu überwinden? Schließlich zeigt die “Orientierung am Individuum, …, dass die Annahme Frauen, Männer oder auch behinderte Menschen bilden aufgrund einer einheitlichen Interessenlage per-se eine Wir-Gruppe, eine bloße Fiktion ist” (Gschwandtner & Jakob, 2011).

Und weil die einheitlichen Interessenlagen angeblich konstruiert und bloße Fiktion sind, deshalb konstruieren Genderisten und Diversifizierer munter an der Erstellung der entsprechenden Interessenlagen, denn erst “weitere Differenzierungen ermöglichen eine genaue Analyse der Situation, der Bedürfnisse und Interessen von Frauen und Männern und ermöglichen erst dann grundsätzliche Änderungen in Richtung Gleichstellung” (Gschwandtner & Jakob, 2011). Wenn man dieses Jonglieren mit möglichst unkonkreten Begriffen einmal auf den Punkt bringt, dann bedeutet Gender-Mainstreaming oder der neue Hype der Diversity, dass man für all die gleichstellungsbedürftigen Gruppen ein “Wir” schafft, auf das sie dann festgeschrieben sind, um auf der Grundlage dieser Festschreibung dann die Überwindung eben dieser Festschreibung zu fordern. Nur so sei es möglich, “das System der Zweigeschlechtlichkeit durch ein Konzept der Heterogenität, der Vielfalt” (Geschwandtner & Jakob, 2011) zu ersetzen. Mit anderen Worten, oder in Deutsch: Die Festschreibung auf Mann und Frau wird durch die Festschreibung auf alte türkische Männer oder alte Frauen mit Alzheimer ersetzt. Was soll das bringen? Diese Frage beantworten Genderisten nicht gerne, aber man kann die Frage doch beantworten, wenn man ihre Konzepte einen Moment ernst nimmt, z.B. das so genannte “doing gender”.

Die Behauptung hinter einem doing gender ist, dass Menschen nicht freiwillig agieren, sondern durch Rollenvorgaben zu bestimmtem,Handeln gezwungen werden. Das krause Menschenbild der Genderisten sieht Menschen also als Marionetten vorgegebener gesellschaftlicher Rollen, die Genderisten alleine überwundern haben, normale Menschen aber nicht. Vor diesem Hintergrund macht dann auch die Bedeutung Sinn, die der Notwendigkeit einer Diversifizierung beigemessen wird, denn damit eröffnet sich Sozialplanern die Möglichkeit, den Fäden, an denen die aus ihrer Sicht Marionetten, also die Bürger hängen, einige weitere hinzuzufügen. Da sich mit jedem neuen Faden bestimmte Anforderungen an die Umwelt verbinden, denn um einem 25jährigen körperlich behinderten Mann, dessen Diversifizität oder Unnormalität man gerade festgestellt hat, ein “normales Miteinander” in der Gesellschaft zu ermöglichen, die Genderisten vorschwebt, ist es notwendig, mit viel öffentlichen Mitteln die Beseitigung der Nachteile der Diversifizität des 25jährigen körperlich behinderten Mannes zu betreiben, die Genderisten gerade erst hergestellt haben.

Wäre das ganze nur eine Form Goldesel, mit dem sich Genderisten öffentliche Mittel und Arbeitsplätze sichern wollen, es wäre in erster Linie ärgerlich, aber es ist mehr als das, denn die Festschreibung von Menschen anhand von Merkmalen, wie sie Genderisten und Diversifizierungs-Apostel derzeit gerade wichtig finden, ent-normalisiert das Leben von Individuen, die in ihrer Mehrzahl bislang nicht wussten, dass sie benachteiligt oder hilfsbedürftig sind und sich schon gar nicht der Gruppe zugehörig fanden, auf die sie Genderisten nun festschreiben wollen. Es stigmatisiert sie, macht sie zu Diversifizierungsopfern, die nunmehr der Hilfe derjenigen bedürfen, die sie zum Opfer gemacht haben. Und mit jedem neuen Merkmal der Diversifizierung wird die Gruppe der Diversifizierten heterogener: Sein logisches Ende hat der Versuch der Genderisten, die Gesellschaft in Gruppen zu diversifizieren, beim Individuum und somit beim Gegenpol ihrer ideologischen Ausrichtung des Kollektivismus. Konsequenter Weise wird der Kollektivismus dann zum Totalitarismus, denn es gilt nun nicht mehr die Bedingungen von Gruppen zu kontrollieren, kontrolliert werden müssen die Handlungs-Bedingungen von Individuen.

Mit jedem neuen Merkmal, anhand dessen diversifiziert werden muss, wird die Luft zum selbständigen Handeln in der Gesellschaft dünner, denn man ist nicht mehr einfach jemand, der beim Bäcker ein Brötchen kaufen will und deshalb in der Reihe steht, man ist ein ethnisch benachteiligter, dem Standard-Körperbau nicht entsprechender Stotterer, für den noch geklärt werden muss, ob er von dem vor ihm stehenden körperlich intakten, aber aufgrund seiner sexuellen Orientierung Benachteiligten aus Mitleid vorgelassen werden muss.

Brave New World.

Gschwandtner, Helga & Jakob, Astrid (2011). Gender Mainstreaming als wesentlicher Aspekt einer inklusiven Pädagogik. Inklusion 1/2011.

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