Sind gleichgeschlechtliche Eltern doch nicht die perfekte Familie?

In der letzten Woche ging eine australische Studie durch die Presse: “Children of same sex couples are happier and healthier than peers” so titelte die Washington Post. “Gay Parents”, so weiß man bei der Daily Mail, “have healthier and less argumentative children”. Der University Herald schreibt, “children raised by homosexual parents are healthier”.

In Deutschland hat die Meldung bislang noch keinen wesentlichen Niederschlag gefunden, wenn man einmal von einem Bericht auf Queer.de absieht – dazu später.

BMCDie zitierten Meldungen erwecken alle den Anschein, Kinder, die von gleichgeschlechtlichen Eltern aufgezogen werden, seien gesündern als, ja, wer eigentlich, die Vergleichgsgruppe fehlt in der Regel, so dass man gezwungen ist anzunehmen, dass alle Kinder heterosexueller Eltern gemeint sind, sogenannte intake Familien, Alleinerziehende, das ganze Spektrum der Möglichkeiten, das heterosexuelle familiäre Arrangements eben annehmen können.

Und damit ist man bereits am ersten Punkt, der zum Runzeln der Stirn führt, nämlich dem Verdacht, dass hier Äpfel mit Birnen verglichen werden. Dass aus dem Stirnrunzeln Kopfschütteln wird, wenn man den Beitrag liest, den Simon R. Crouch, Elizabeth Walters, Ruth McNair, Jennifer Power und Elise Davis in BMC Public Health veröffentlicht haben, hat eine ganze Reihe von Gründen:

Die Datenbasis, auf der Crouch und seine Mitstreiter die Ergebnisse über die bessere Gesundheit von Kindern homosexueller Eltern gefunden haben wollen, sieht 315 Eltern, die in gleichgeschlechtlichen Arrangements leben, Angaben für 500 Kinder machen. Anders formuliert: Für die Vergleichsgruppe nicht gleichgeschlechtlicher Eltern haben Crouch et al. gar keine Daten erhoben, so dass man sich fragt, wie sie den Vergleich, der durch die Presse geht und von Queer gefeiert wird, überhaupt gemacht haben.

Als nächstes fällt auf, dass die 500 Kinder, über die der Datensatz Angaben enthält, zu 84% in lesbischen Arrangements aufwachsen, zu 2% in schwulen Arrangements, 10% wachsen in bisexuellen Arrangements (was auch immer man sich darunter vorzustellen hat), 2% in queer Arrangements, 1% in heterosexuellen Arrangements und weniger als 1% in transsexuellen Arrangements auf. Wenn die Autoren überhaupt etwas über die Gesundheit von Kindern aussagen können, dann über die Gesundheit von Kindern, die in lesbischen Arrangements aufwachsen. Mehr nicht.

Damit nicht genug, gleichgeschlechtliche Partnerschaften sind das, was man eine seltene Population in der empirischen Sozialforschung nennt, d.h. man kann nicht einfach eine repräsentative Stichprobe für die Gesamtgesellschaft ziehen und hoffen, genügend gleichgeschlechtliche Arrangements darin zu finden. Man muss gezielt nach den entsprechenden Arrangements suchen, was dazu führt, dass man mit Sicherheit keine repräsentativen Aussagen machen kann. Im vorliegenden Fall wurden potentielle Befragte über geeignete Medien und Netzwerke gebeten, an der Befragung von Crouch et al. teilzunehmen. Die Befragten haben sich also von sich aus gemeldet. Es ist kaum zu erwarten, dass sich Personen, die in einem gleichgeschlechtlichen Arrangement Kinder erziehen und dabei erhebliche Probleme haben, freiwillig melden, um an einer Studie, die just das untersucht, nämlich die Gesundheit und die Befindlichkeit ihrer Kinder, teilzunehmen. Die Stichprobe der Autoren ist erheblich verzerrt.

Hinzu kommt, dass die Angaben über die Gesundheit der Kinder von den Eltern gemacht werden, so dass man gut daran tut, einen positiven Bias einzurechnen, denn Eltern tendieren dazu, die Gesundheit ihrer Kinder besser darzustellen als sie ist – warum wohl?

Die Autoren wissen auch, dass ihre Stichprobe verzerrt ist, denn sie thematisieren die Verzerrung unter der Überschrift “Limitiations” in ihrem Beitrag für BMC Public Health. Allerdings thematisieren sie vor allem die Tatsache, dass ihre Auswahl im Hinblick auf Einkommen und Bildung erheblich verzerrt ist. Die gleichgeschlechtlichen Eltern, die sich freiwillig gemeldet haben, um an der Befragung von Crouch et al. teilzunehmen, haben im Durchschnitt eine höhere Bildung und ein höheres Einkommen als die Gesamtbevölkerung. Das zeigt abermals, dass die Daten von Crouch et al. alles nur nicht repräsentativ sind.

Aller dieser Einschränkungen ungeachtet, vergleichen die Autoren den durchschnittlichen Wert, den sie im Hinblick auf die Gesundheit der Kinder, die in gleichgeschlechtlichen Arrangements leben, also in lesbischen Arrangements,  errechnet haben, mit dem entsprechenden Wert aus einer Stichprobe für die Gesamtbevölkerung. Sie vergleichen Äpfel mit Birnen. Die Vorgehensweise entspricht in etwa dem Vergleich einer Stichprobe von Priestern mit einer Stichprobe der Gesamtbevölkerung, bei dem sich die Autoren dann freuen, dass die Kirchgangshäufigkeit der Priester höher ist als die der Gesamtbevölkerung. Das ist keine Sozialforschung und kein lauteres Vorgehen, es ist ein willkürliches Zusammenschustern von Ergebnissen, das lautere Wissenschaftler ärgerlich machen muss (Es ist übrigens kein Problem, willkürliche Zusammenhänge oder Unterschiede zu produzieren, wenn man Äpfel mit Birnen vergleich. Sehr schöne Beispiele dazu liefert die Webpage: Spurious Correlations, die Tylor Vigen mit viel Spaß an der Sache zusammenstellt.)

Als Resümee muss man feststellen, dass die Untersuchung von Crouch et al. (2014) nichts zur Beantwortung der Frage, ob Kinder in gleichgeschlechtlichen Arrangements gesünder, glücklicher oder dicker sind als Kinder in heterosexuellen Familien beiträgt. Die Stichprobe ist verzerrt, enthält weitgehend lesbische Arrangements und ein Vergleich der Daten mit einer repräsentativen Stichprobe der Gesamtbevölkerung ist nicht möglich, denn die Gesamtbevölkerung besteht bekanntermaßen nicht nur aus Besserverdienenden mit höherer Bildung.

Und natürlich kann man als Resümee ziehen, dass es nie leichter war als heute, Journalisten mit politisch korrekten Untersuchungen vor einen entsprechenden Karren zu spannen. Das hat eine Wurzel einerseits sicher in dem, was sich manche ideologisch wünschen, andererseits darin, dass Kenntnisse über Methoden der empirischen Sozialforschung ausgerechnet unter denen, die Ergebnisse vermeintlicher Forschung verbreiten, in einem so geringen Maße vorhanden sind, dass man geneigt ist, die entsprechenden Journalisten doch zu bitten, generell die Finger von empirischen Untersuchungen und ihren Ergebnissen zu lassen.

Ungeachtet aller genannten Probleme mit der Studie von Crouch et al., geht die Hymne der gleichgeschlechtlichen Arrangements durch die Presse, die gesündere Kinder aufziehen und Simon Crouch zeigt, wenn man dem, was Queer abdruck, glauben kann, dass er eher ein Aktivist als ein Wissenschaftler ist, denn er fabuliert auf der Basis seiner Nicht-Ergebnisse munter drauflos:

“Studienleiter Simon Crouch erklärte gegenüber dem australischen Fernsehsender ABC, Kinder aus Regenbogenfamilien erzielten durchschnittlich um sechs Prozent höhere Werte in Fragen der Gesundheit und der Familienzusammengehörigkeit als die Durchschnittsbevölkerung. Als Grund nannte der Forscher, dass in Regenbogenfamilien die Rollen nicht nach alten Muster verteilt seien: Die Eltern in Regenbogenfamilien nähmen “die Rollen an, die ihnen am ehesten liegen”. Heterosexuelle Paare hielten dagegen mehrheitlich an den “Geschlechterklischees” fest, nach denen sich die Mutter zu Hause um die Kinder kümmere, während der Vater arbeiten geht. Die freie Rollenwahl führe zu einer “harmonischeren Familie, die dadurch gesünder und glücklicher wird”, sagte Crouch”.

holy familyGleichgeschlechtliche Familien, also lesbische Arrangements sind für Crouch deshalb überlegen, weil in ihnen keine Geschlechterklischees gelebt werden. Müsig darauf hinzuweisen, dass hier die Phantasie von Crouch spricht, denn er hat nichts gemessen, was diesen Schluss nahelegen würde. Daher fragt man sich, warum muss unbedingt gezeigt werden, dass gleichgeschlechtliche Arrangements besser sind als normale Familien?

Warum, so kann man weiter fragen, sind gleichgeschlechtliche Partner so versessen darauf, mit Hilfe eines Reproduktionsmediziners und in-vitro-Fertilisation oder wie auch immer, Nachwuchs zu produzieren und sich als Familie zu institutionalisieren? Wirkt hier die heilige Familie nach, ist sie der einzige Weg, sich vom Makel der Homosexualität, den die entsprechenden Gleichgeschlechtlichen wohl verspüren, freizukaufen? Und warum sind es ausgerechnet die Aktivisten der Szene der Homosexuellen, die Homosexuelle zu den besseren Normalfamilien stilisieren wollen?

Dies alles sind Fragen, die wir nicht beantworten können und auch nicht wollen, denn letztlich sind wir der Ansicht, dass Homosexuelle sowenig wie Heterosexuelle Mustereltern sind. Sofern sich Homosexuelle dazu entschließen, Kinder zu erziehen, ist die Wahrscheinlichkeit, darunter Eltern zu finden, die für Erziehung nicht fit sind, genauso hoch, wie unter Heterosexuellen. Was die Frage, warum man Homosexuelle so unbedingt zu den Mustereltern, die gleich hinter Josef und Maria kommen, stilisieren muss, nur um so dringlicher stellt.

 

Crouch, Simon R., Waters, Elizabeth, McNair, Ruth, Power, Jennifer & Davis, Elise (2014). Parent-reported Measures of Child Health and Wellbeing in Same-sex Parent Families: A Cross-sectional Survey. BMC Public Health 14

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