Rationalität kommt von knappen Ressourcen

Nach all dem Unsinn in Form von angeblich wissenschaftlichen Studien, mit dem wir uns in der letzten Zeit beschäftigen mussten, haben wir uns eine richtig gute Untersuchung verdient, eine gut gemachte und in jeder Hinsicht vorbildliche Untersuchung.

Anuj Shah, University of Chicago, Eldar Shafir, Princeton University und Sendhil Mullainathan, Harvard University sind für die Untersuchung verantwortlich. Alle drei arbeiten am jeweiligen psychologischen Institut ihrer Universität und haben sich mit einem Thema beschäftigt, das derzeit gar nicht politisch korrekt ist.

problem of scarcityIst irrationales Verhalten das Ergebnis von Überfluss? So kann man ihre Forschungsfrage auf den Punkt bringen. Um die Frage zu beantworten, haben Shah, Shafir und Mullainathan eine Reihe von Experimenten mit rund 2.700 Teilnehmern durchgeführt. Die Methoden und die Daten, die Shah, Shafir und Mullainathan angewendet und gesammelt haben, sind komplett verfügbar, d.h. jeder, der es will, kann die Ergebnisse der drei Autoren nicht nur nachvollziehen, sondern auch nachprüfen.

Man befindet sich in einer ganz anderen Welt, wenn man bedenkt, wie deutsche Kultusminister auf den Daten z.B. der PISA-E-Studien sitzen und darüber wachen, dass nichts an die Öffentlichkeit dringt, was die Realität des deutschen Bildungssystems in drastischen Maßen beschreiben könnte (jenseits der bekannten Tatsache, dass bayerische Hauptschüler mehr wissen und können als der durchschnittliche Bremer Abiturient). Transparenz und Erkenntnisfortschritt sind zwei Qualitäten, die bei deutschen Kultusministern hinter Ideologie und Geheimniskrämerei zurückstehen müssen.

Zurück zu Shah, Shafir und Mullainathan.

Drei experimentelle Anordnungen haben die Forscher mit ihren rund 2.700 Probandenden durchgespielt, Szenarien wie das folgende:
Scarcity 2“Imagine that you go to the store to buy a tablet computer that costs [$300, $500, $1000]. The clerk informs you that a store thirty minutes away sells the same tablet computer for $50 less. Would you go to the other store to buy the tablet computer or would you buy it at the current store?

As you consider the discount, what do you think about as you try to determine how large $50 feels and whether it is worth traveling for?
What percentage it is off the tablet’s regular price
How much I plan to use the tablet
Other things I won’t be able to buy if I don’t save money on the tablet
How long I have been waiting to buy the tablet
What day of the week it is

Note. Participants only pick one option.”

Ähnliche Versuchsanordnungen finden sich für den Kauf von Haushaltsgeräten im Wert von $1.500 bzw. $3.000 sowie für das gleiche Bier, das aus einem “teuren Hotel” bzw. einem “billigen, aber etwas heruntergekommenen Laden” besorgt werden kann, wobei die Probanden im letzten Fall nicht nur angeben mussten, von wo Sie das Bier besorgt haben wollten, sondern auch, was sie dafür zu zahlen bereit sind.

Die Ergebnisse aus all den verschiedenen Experimenten zeigen eine bemerkenswerte Kontinuität:

  • Mit der Höhe des eigenen Haushaltseinkommens der Probanden steigt die Irrationalität.
  • Irrationalität äußert sich darin, mehr für ein Bier zu bezahlen als notwendig ist.
  • Irrationalität äußert sich darin, dass Probanden mit hohem Einkommen, bereit waren, für einen Rabatt von $50 einen Laden zu wechseln, wenn sie einen Tablet-Computer im Wert von $300 kaufen sollten, nicht aber, wenn sie einen Tablet-Computer im Wert von $500 oder $1000 kaufen sollten.
  • Generell konnte beobachtet werden, dass mit zunehmendem Wert des Kaufgegenstands und mit der Höhe des Einkommens irrationale Entscheidungen zunahmen.
  • Bei Probanden, die mit knappen Mitteln auskommen müssen, konnte dagegen festgestellt werden, dass sie deutlich häufiger rational entscheiden als Probanden, deren finanzielle Ressourcen nicht knapp sind.

Shah, Shafir und Mullainathan interpretieren die Konsequenzen ihrer Ergebnisse etwas zurückhaltend und weisen nur darauf hin, dass die unter Politikern so beliebte Methode des “Schubsens“, von ihren Ergebnissen in Frage gestellt wird, da eine rationale Entscheidung offenkundig Ergebnis der Bedingungen ist, denen sich ein Akteur gegenübersieht, vornehmlich der eigenen Ressourcen und die kann man nicht schubsen.

Die Ergebnisse von Shah, Shafir und Mullainathan haben jedoch weit größere Konsequenzen:

Delayed gratificationSo herrscht unter Vertretern der Mittelschicht, die sich in der Hilfeindustrie ein Auskommen verschafft haben, die Überzeugung, Hilfsbedürftige bzw. Arme, also die Opfer ihrer Hilfsbemühungen, könnten Gratifikationen nicht aufschieben, seien deshalb arm, weil sie irrationaler Weise Geld, das sie zur Verfügung hätten, quasi in einem Anfall, für Dinge, die sie nicht benötigen, ausgeben.

Die Ergebnisse von Shah, Shafir und Mullainathan belegen das Gegenteil.

Irrational verhalten sich nicht Personen mit geringen Ressourcen, sondern Personen mit üppigen Ressourcen. Es sind Personen mit üppigen Ressourcen, die Gratifikationen nicht aufschieben können oder wollen.

Dass dem so ist, zeigt sich zudem an politischen Programmen und an der Art und Weise, wie Finanzmittel aus dem Fenster geworfen werden, um ideologische Phantasien auszuleben:

  • schiersteiner BrueckeNur wer denkt, er müsse nicht auf die Ressourcen, die er verbraucht, achten, wirft Geld aus dem Fenster, um Studentenwerke in Studierendewerke umzubenennen.
  • Nur wer denkt, er müsse nicht auf die Ressourcen, die er verbraucht, achten, wirft Geld aus dem Fenster, um Professuren an Universitäten zu schaffen, von denen niemand weiß, ob und wenn ja, welchen Nutzen sie für die Allgemeinheit bereitstellen.
  • Nur wer denkt, er müsse nicht auf die Ressourcen, die er verbraucht, achten, wirft Geld aus dem Fenster, um Frauenförderung und ein Netzwerk von Gender Spongern zu finanzieren, während er Probleme hat, Renten für Personen zu finanzieren, die ihr Leben lang gearbeitet haben.
  • Nur wer denkt, er müsse nicht auf die Ressourcen, die er verbraucht, achten, sieht zu, wie die Infrastruktur seines Landes langsam aber sicher verfällt, während Mittel für allerlei ideologischen Unfug, für Parteistiftungen, Volkserziehungsprogramme und Programme zur Indoktrination von Schülern aus dem Fenster geworfen werden.

Derart irrationales Verhalten zeigen, wie man aus den Ergebnissen von Shah, Shafir und Mullainathan schließen muss, nur Personen, deren eigenes Einkommen zu hoch ist, als dass sie es rational einsetzen müssten.

Entsprechend muss man aus den Ergebnissen ableiten, dass Politiker entweder gar keine Gehälter erhalten dürfen oder bestenfalls eine Aufwandsentschädigung, die in etwa dem entspricht, was ein durchschnittlicher Arbeiter verdient, denn ein durchschnittlicher Arbeiter ist mit Knappheiten in seinem Leben konfrontiert und verhält sich deshalb viel rationaler als Politiker, die Ressourcen nach Belieben verschwenden können.

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