Deutsche Polit-Elefanten trampeln in internationalen Porzellanläden

Das Verhältnis zu den USA ist gespannt bis zerrüttet.
Das Verhältnis zu Ungarn ist gereizt.
Das Verhältnis zu Polen ist problematisch.
Das Verhältnis zum Vereinigten Königreich ist … nicht das beste.
Das Verhältnis zu Russland ist nicht vorhanden.

Mit der Türkei herrscht Streit.
Mit Israel herrscht Streit.

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Die deutsche Diplomatie zeichnet sich derzeit durch eine komplette Abwesenheit von Fingerspitzengefühl und Intelligenz aus.

Im Wörterbuch „Deutsch als Fremdsprache“, in dem immer alles ganz einfach und verständlich erklärt wird, wird Diplomatie als „Wahrnehmung von Aufgaben, Interessen durch Beauftragte in den (offiziellen) Beziehungen … verschiedener Staaten zueinander“ beschrieben.

Das sollten auch deutsche Politiker verstehen.

Um z.B. deutsche Interessen in Israel wahrnehmen zu können, ist es notwendig, auf die Empfindlichkeiten der dortigen Regierung zu achten. Denn: Wenn man andere da tritt, wo es besonders weh tut, dann werden sie ungehalten. Benjamin Netanyahu ist empfindlich, wenn er mit Aussagen israelischer Soldaten konfrontiert wird, die allen berichten, was sie wirklich auf palästinensischem Gebiet tun. Er mag es nicht, wenn Videos zeigen, wie ein wehrloser Palästinenser, der am Boden liegt, von einem Soldaten erschossen wird, und er hat seine Probleme, wenn ihm bedeutet wird, dass der illegale Siedlungsbau, den Israel seit Jahren auf Palästinensischem Gebiet betreibt, nun einmal illegal ist.

Das alles musste Siegmar Gabriel wissen.

Dennoch hat er sich mit den israelischen Organisationen getroffen, die für die oben berichtete Missstimmung von Netanyahu verantwortlich sind. Und Netanyahu hat aus Rache das Treffen mit Gabriel platzen lassen.

So ist das, wenn zwei, die nicht über die eigene Schuhspitze hinaus blicken können, aufeinander treffen.

Womit wir wieder bei Diplomatie angekommen sind.
Diplomatie ist zunächst ein formales Unterfangen, kein inhaltliches. So sehr Gabriel oder wir auch der Ansicht sind, es sei wichtig, die Organisationen, die Frieden auch für Palästinenser erreichen wollen, aufzuwerten, so wenig können diese Organisationen im Rahmen von Diplomatie eine Rolle spielen. Weil Netanyahu empfindlich ist.

Gabriel StinkefingerWill man etwas bei ihm erreichen, muss man geschickt und intelligent vorgehen, nicht wie der Elefant im Porzellanladen. Um das zu verstehen, muss sich Gabriel nur vorstellen, der russische Außenminister würde sich mit Vertretern von Pegida und der AfD treffen, um das Augenmerk darauf zu richten, dass in Deutschland die Meinungsfreiheit und die demokratischen Grundwerte nichts mehr gelten.

Gabriel würde sich sicher nicht darüber freuen – wäre irritiert – würde sich ärgern …

So geht es Netanyahu. Und wer sich ärgert und sich in einer Position der Stärke oder Überlegenheit wähnt, der wird den, über den er sich ärgert, wissen lassen, dass er sich ärgert. Ihn entsprechend vor den Kopf stoßen, ihn brüskieren. So, wie Netanyahu das mit Gabriel gemacht hat.

Damit hat die deutsche Außenpolitik das nächste Fiasko erlebt, abermals zur Schau gestellt, dass Laiendarsteller Politik und Diplomatie üben wollen.

Wenn zwei mit Sendungsbewusstsein aufeinander treffen, dann bleibt die Rationalität auf der Strecke. Sendungsbewusstsein zeichnet sich dadurch aus, dass der, der es hat, meint, er habe die moralische Weisheit mit Löffeln gefressen, sei auch ansonsten im Besitz der Wahrheit und könne auf dieser Grundlage durch die Welt gehen und andere brüskieren. Wenn zwei mit Sendungsbewusstsein aufeinander treffen, sitzt der am längeren Hebel, der sich in einer Position der Stärke befindet.

Insofern zeigt die Abfuhr, die Netanyahu Gabriel erteilt hat, dass Ersterer denkt, er sei in der besseren Position als Letzterer, was angesichts der historischen Schuld, die man immer als Faustpfand einsetzen kann, um jedes Argument zu töten, sicher zutrifft. Und die Abfuhr zeigt, wo sich die deutsche Diplomatie international wirklich befindet: Auf einer Lachplatte.

Am 8. März 2017  hat sich übrigens Boris Johnson u.a. mit Peace Now, einer der vier Organisationen, die Netanyahu nicht mag, und mit Netanyahu getroffen.

Es ist eben alles eine Frage der Diplomatie!

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