Frankenstein der Affen-Mensch? Wo verläuft die Grenze der Genetik?

Dürfen wir vorstellen: Mascaca Fascicularis:

Der Primat teilt eine lange Geschichte mit Menschen, eine distinkte Geschichte zweier Spezies. Das könnte sich ändern, wenn es nach Tao Tan, Jun Wu und 23 weiteren Forschern, die an der Kunming University (Yunnan, China), der katholischen Universität San Antonio de Murcia in Guadalupe, Spanien, der University of Texas in Dallas und am Salk Institute for Biological Studies in La Jolla, California, angestellt sind. Sie haben es zum ersten Mal geschafft, menschliche Stammzellen in einem Embryo, einem Embryo von Macacia Fascicularis zum Wachsen zu bringen. Das Experiment wurde abgebrochen, bevor aus dem Wachstum ein erkennbarer Organismus geworden ist, der bis dahin gewachsene Organisamus wurde, dessen ungeachtet, zerstört.

Das Experiment, über dessen ethische Dimension sich die Autoren bewusst sind, ethische Dimensionen, die sie zu “ethischen Konsultationen” veranlasst haben, die wiederum zu keinerlei Skrupel geführt zu haben scheinen, hat die folgenden Zutaten:

  • Menschliche pluripotente Stammzellen.

    “Pluripotent stem cells are able to give rise to all cell types of the organism. There are two sources for human pluripotent stem cells: embryonic stem cells (ESCs) derived from surplus blastocysts created for in vitro fertilization and induced pluripotent stem cells (iPSCs) generated by reprogramming of somatic cells.”

    Pluripotente Stammzellen haben nicht nur die Fähigkeit alle Arten menschlicher Zellen zu entwickeln, sie bilden den Ausgangspunkt, um Zellen und Gewebe zu reparieren. Die meisten pluripotenten Stammzellen, die in der Forschung zum Einsatz kommen, sind “Abfallprodukte” aus in vitro Fertilisation.

  • Blastozyten (Vorstadium zum Embryo) von Macaca Fascicularis.

Aus beiden Zutaten haben die oben genannten Autoren erfolgreich eine Chimäre geschaffen, nicht das Wesen der griechischen Mythologie, sondern einen Organismus, in dem zwei distinkte DNA-Stränge vereint sind, der aus Zellen zweier Genotypen besteht, in diesem Fall aus menschlichen Zellen und Zellen von Macaca Fascicularis, Affenzellen. Für ihr Experiment haben die Autoren mit Absicht eng verwandte Spezies ausgewählt, weil dadurch die Wahrscheinlichkeit der Schaffung einer Chimäre erhöht wird, eines Organismus aus Affenzellen und menschlichen Zellen, denn dadurch sei es möglich, xonogene Grenzen zu überwinden, also Grenzen, die eine Kombination der DNA unterschiedlicher Organismen verunmöglichen:

“To maximize the possibility of a positive outcome and to minimize the number of monkeys embryos used, we chose to only focus on a well-characterised hEPSC [human pluripotent stem cells] line. In the current study we combined prolonged ex vivo monkey embryonic culture with hEPSC injection to study human chimerism in a closely related non-human primate species”.

Die menschlichen Stammzellen wurden vom Affen-Embryo aufgenommen und ein neuer Organismus ist dadurch entstanden, ein bislang nicht vorhandener Organismus, der sich von sowohl Affenembryonen als auch von menschlichen Embryonen unterscheidet:

“Our scRNA-seq analyses revealed transcriptomic differences between cells in human-monkey chimeric embryos (both human and monkey) when compared with control human and monkey embryos (data retrieved from a publicly accessible database). This is likely because introduced human cells impacted embryonic developmental niches within the host monkey embryos. To gain insights into the mechanisms underlying these changes, we studied cell-cell interactions and examined ligand-receptor pairing. We found that cell-cell interactions between human and monkey cells within chimeric embryos showed some distinct features when compared to controls.”

Mit anderen Worten, die Autoren haben einen neuen Organismus geschaffen, der sich von allem, was bislang bekannt ist, unterscheidet. Aber keine Sorge, nur für den Fall, dass sie ethische Bedenken ob dieser Frankensteinesken Forschung haben, die Forschung wurde in einem frühen Stadium der Entwicklung des neuen “Embryo” aus menschlichen und Affenzellen abgebrochen. Sie wissen schon, die ethischen Bedenken:

“Ethical consultations and reviews were performed both at the institutional level and via outreach to non-affiliated bioethics with experience in state and national bioethics policies regarding these matters. […] Furthermore, we limited our studies to early stage chimeric embryo development.”

Und vielleicht fragen Sie sich, wozu man ein neues Wesen, einen neuen Organismus aus Affe und Mensch schaffen sollte?

Nun, um herauszufinden, wie sich Menschen in frühen embryonalen Stadien entwickeln, um xenogene Grenzen zu entdecken, also herauszufinden, welche Affen man mit Menschen kreuzen kann und – jetzt kommt das eigentliche Ziel, das, mit dem man Geld verdienen kann, viel Geld: um Organe zur Transplantation zu züchten.

“Using hPSCs to generate human-animal chimeric embryos provides an experimental paradigm for studying early human development and holds great potential for diverse applications in regenerative medicine as well as for producing human tissues and organs for replacement therapies.

[…]

To gain insights into early human development and identify key molecular processes underlying xenogeneic barriers, it is thus imperative to study human-animal chimeras using a host species that is more closely related to humans. […] “

Was halten Sie von dieser Art von Forschung, die sich entwickelndes Leben als Ersatzteillager für defunkte menschliche Organismen gebrauchen will? Unterstützen Sie Forschung, die menschliche Stammzellen in Affen-Blastozyten injiziert, um daraus ein neues Wesen, auf dessen Organe man aus ist, zu züchten? Oder haben Sie ethische Skrupel und denken, man müsse der Forschung hier klare Grenzen ziehen und eine dieser Grenze ist die Züchtung von Chimären, die aus zwei verwandten, aber dennoch distinkten Spezies bestehen?

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In diesem Fall interessiert uns nicht nur ihre Meinung, sondern auch der Grund dafür. Es wäre schön, wenn Sie Ihre Gründe als Kommentar hinterlassen. Vielen Dank!


Tan, Tao et al. (2021). Chimeric Contribution of Human Extended Pluripotent Stem Cells to Monkey Embryos ex vivo. Cell 184: 2020-2032



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