Wider das Expertisenunwesen: Wissenschaftler fordern GEW in einem offenen Brief zu Richtigstellung auf

Auf sciencefiles wurde schon mehrfach über von ihren Verfassern als “Expertisen”, “Studien”, oder “Gutachten” deklarierte Texte berichtet, die unter dem Mantel einer scheinbaren Wissenschaftlichkeit versuchen, Ideologie zu verbreiten.

Heute ist es mir eine Freude von wissenschaftlichem Widerstand gegen die regelmäßig wiederkehrenden Versuche von Politikern, Gewerkschaftern und anderen berufsmäßigen Überzeugern zu berichten.

Wissenschaftler, die ihre Profession und ihren Beruf noch erst nehmen, haben sich zusammengefunden, um mit einer bislang einmaligen Stellungnahme gegen den Missbrauch von Wissenschaft zu verwahren und ihm ein Ende zu setzen. In einem offenen Brief fordern die Wissenschaftler die GEW auf, die von der Gewerkschaft vertriebene “Studie” zum Thema “Bildung von Geschlecht” aus dem öffentlichen Raum zu entfernen, die darin enthaltenen Fehler und Falschaussagen öffentlich richtig zu stellen und die Studie in keinem Zusammenhang mehr als wissenschaftliche Studie auszugeben.

Unterzeichnet wurde der offene Brief von:

  • Dr. habil. Heike Diefenbach,
  • Prof. Dr. Rainer Geißler,
  • Prof. Dr. Walter Hollstein,
  • Prof. Dr. Klaus Hurrelmann,
  • Dr. Michael Matzner,
  • Dr. Matthias Stiehler,
  • Prof. Dr. Wolfgang Tischner,
  • Dr. Alexander Ulfig,
  • und Michael Klein, M.A.(science watch)

Weitere Unterstützer des Briefes:

  • Dr. Eugen Maus
  • Arne Hoffmann, M.A.
  • Dr. Andreas Kraußer
  • Dr. Berndt Goossens
  • Burkhard Oelemann, Dipl. päd.
  • Torsten Herwig, Dipl. Wirt.Inf.
  • Dr. Bruno Köhler

Wissenschaftler, die wie die Unterzeichner, dem Missbrauch von Wissenschaft nicht mehr tatenlos zusehen wollen, können dem offenen Brief als Unterzeichner beitreten. Dazu reicht es aus, eine entsprechende Email an science watch zu schreiben.

Hier nun der offene Brief im Wortlaut:

Offener Brief an den GEW-Hauptvorstand

Im Auftrag der Max-Träger-Stiftung und unter Verantwortung von Ulf Rödde und Anne Jenter hat Thomas Viola Rieske eine Studie unter dem Titel „Bildung von Geschlecht. Zur Diskussion um Jungenbenachteiligung und Feminisierung in deutschen Bildungsinstitutionen“ erstellt. Die Studie wird von der GEW als Studie angepriesen, die „Fakten und Argumente statt vereinfachender Thesen bietet“. In ihrem Vorwort zur Studie von Thomas Viola Rieske vermittelt Anne Jenter den Eindruck, die folgenden Seiten stellten eine umfassende Analyse vorhandener Fakten dar und erhebt den Anspruch, mit der entsprechenden Analyse zu einer Versachlichung der Diskussion um die Feminisierung der Schule beitragen zu können. Demgegenüber erklärt Thomas Viola Rieske in einem Interview mit der Mitgliederzeitschrift der GEW-Berlin, Anne Jenter habe ihn angesprochen, damit er eine Studie erstelle, deren Ziel darin bestehe, „eine Position“ zur sogenannten „Feminisierungsthese“ zu finden und argumentationsfähig zu werden. Die beiden Darstellungen von Anne Jenter und Thomas Viola Rieske differieren erheblich. Jenters Vorwort zur von Rieske erstellten Studie spricht von „Fakten und Argumenten statt vereinfachender Thesen“, Rieske spricht davon, man habe eine bereits vorhandene Position begründen, also gerade keine Fakten und Argumente sammeln wollen.

Dass Rieske Recht hat, und unter dem Mantel der Wissenschaftlichkeit, eine ideologische „Studie“ vertrieben werden soll, zeigt eine Analyse der „Studie“, die Michael Klein durchgeführt hat und die unter

http://sciencefiles.org/abuse-of-science

nachgelesen werden kann.

Die Analyse erbringt nicht nur eine Vielzahl handwerklicher Fehler, die, wie Dr. habil. Heike Diefenbach in einer Stellungnahme zur Studie schreibt, sie „nicht einmal von Studierenden im Grundstudium akzeptieren würde“ oder zu denen Prof. Dr. Walter Hollstein, sich dahingehend äußert, dass er sich das markante Fehlen wissenschaftlicher Standards in der Studie nur dadurch erklären kann, dass „der Verfasser wohl sämtliche Grundkurse über wissenschaftliches Arbeiten geschwänzt hat“, die „Studie“ ist vor allem ein Sammelsurium an falschen Behauptungen, handwerklichen Fehlern, falschen Darstellungen, Auslassungen, unredlichen Darstellungen und ideologischen Interpretationen. Deshalb kann nur der Schluss gezogen werden, dass die GEW mit dieser „Studie“ nicht nur versucht, die Benachteiligung von Jungen im deutschen Bildungssystem gegen alle Wirklichkeit, weg zu interpretieren, sondern dass die GEW auch versucht, die Fakten und vorhandenen Argumente, die von vielen Wissenschaftlern unter Bezug auf empirische Daten gesammelt wurden, zu diskreditieren. Besonders perfide an diesem Versuch, wissenschaftliche Ergebnisse zu diskreditieren, ist der Versuch, dies gerade unter dem Mantel der Wissenschaftlichkeit zu tun – Wissenschaftlichkeit für die eigene „Studie“ zu reklamieren.

Die Verantwortlichen der GEW haben es bislang nicht für notwendig befunden, auf Fragen, die die Redlichkeit der „Studie“ betreffen, zu antworten. Mehrere Hunderte Emails von Bürgern, die sich u.a. über die Desinformation der Bevölkerung Sorgen machen, sind bislang unbeantwortet geblieben.

Die Unterzeichner dieses offenen Briefes wenden sich daher in aller Schärfe gegen die Versuche der GEW, ideologische Positionen als wissenschaftlich begründet oder begründbar auszugeben, wissenschaftliche Ergebnisse zu diskreditieren oder zu ignorieren und in der Öffentlichkeit ein falsches Bild über die Situation von Jungen im deutschen Bildungssystem zu erwecken. Zudem verurteilen die Unterzeichner die Ignoranz, mit der die Verantwortlichen der GEW den berechtigten Interessen vieler Bürger gegenüber stehen.

Dementsprechend fordern wir die GEW dazu auf, die „Studie“ aus dem öffentlichen Raum zu entfernen, die darin enthaltenen Fehler und Falschaussagen richtig zu stellen, und es fortan zu unterlassen, die „Studie“ in irgendeinem Zusammenhang als wissenschaftliche Studie auszugeben.

Dr. habil. Heike Diefenbach,
Prof. Dr. Rainer Geißler,
Prof. Dr. Klaus Hurrelmann,
Prof. Dr. Walter Hollstein,
Dr. Michael Matzner,
Dr. Matthias Stiehler,
Prof. Dr. Wolfgang Tischner,
Dr. Alexander Ulfig,
Michael Klein (science watch)

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