ScienceFiles Hinweise aus der Welt der Wissenschaft

Drei Beiträge haben heute unsere Aufmerksamkeit erregt, und wir wollen Sie unseren Lesern nicht vorenthalten:

  • Nepotismus in der Wissenschaft

KmK PlenarsitzungEine sehr piffige Untersuchung kommt aus Italien. In Italien werden mafiöse Strukturen und Nepotismus als Problem wahrgenommen, ganz im Gegensatz zu Deutschland, wo Nepotismus und mafiöse Strukturen durch öffentlich finanzierte Programme wie das Professorinnenprogramm vorsätzlich geschaffen werden.

Stefano Allesina von der Universität Chicago hat sich gefragt, wie man messen könnte, ob die italienische Wissenschaft von Nepotismus und Bekannten-Begünstigung durchzogen ist. Und er ist auf eine sehr pfiffige Idee gekommen, die relativ unaufwändig ist und entsprechend der Nachahmung durch vielleicht sogar deutsche Wissenschaftler harrt. Wer weiß – man soll die Hoffnung ja nie aufgeben.

Allesina arbeitet mit Homonymität, also der Gleichheit von Nachnamen. Er hat die Nachnamen von 61.342 italienischen Professoren gesammelt, darunter 27.220 einmalige Namen und vier Namen, die mehr als 100Mal vorkommen (Rossi, Russo, Ferrari und Romano). Für diese Namen hat er nun untersucht, ob sie in bestimmten akademischen Disziplinen häufiger vorkommen als in der italienischen Gesamtbevölkerung, wobei er sich mit Monte-Carlo Simulationen beholfen hat, um die entsprechende Wahrscheinlichkeit zu bestimmen. Das Ergebnis zeigt eine Reihe von Disziplinen, für die der Verdacht eines erheblichen, vorhandenen Nepotismus begründet ist, insbesondere: Juristerei (wer hätte es gedacht), Maschinenbau und Medizin.

Da in Italien Kinder den Namen ihrer Väter annehmen und Frauen bei Heirat ihren Mädchennamen beibehalten, geht Alesina davon aus, dass er das Ausmaß von Nepotismus in Italien eher unter- denn überschätzt hat.

Und wir sind gespannt, wer sich traut, die Forschung von Alesina auf Deutschland zu übertragen.

Alesina, Stefano (2013). Measuring Nepotism Trough Shared Last Names: The Case of Italian Academia.

  • Fairness im Fussball

Julius Frieling, Stefanie Pohlkamp, Jana Stöver und Henning Vöpel vom Hamburgischen WeltWirtschaftsinstitut haben sich für die Fairness im Fussball interessiert und dies vor dem Hintergrund von “Aufregern” getan, die in Erinnerung bleiben: die “Hand Gottes”, mit der Diego Maradona 1986 England aus der Weltmeisterschaft beförderte, die Hand von Luis Suarez, die ein Tor von Ghana bei der WM 2010 verhinderte, allein die Seltenheit dieser “Aufreger” macht schon deutlich, dass sie eher die Ausnahme als die Regel sind.

DFBDessen ungeachtet untersuchen die vier Autoren die Frage der Fairness im Fussball und kommen zu dem Ergebnis, dass Fairness ein überragendes Motiv im Fussball ist, aber deutlich hinter der Wahrnehmung einzelner unfairer Episoden zurückbleibt. Leider untersuchen die Autoren nicht die Rolle von Schiedrichtern oder absurden Entscheidungen von Schiedsgerichten oder absurde Regeln, die Fussball zunehmend zu einem körperlosen Sport zu degenerieren drohen, und entsprechend kann man nur mutmaßen, dass dann, wenn die drei genannten Faktoren oder der Einfluss von Funktionären auf die Fairness im Fussball untersucht worden wäre, noch deutlicher geworden wäre, dass die Solidarität unter den Fussballspielern, ihr Sinn für Fairness die Triebkraft ist, die Fussball trotz aller Interventionen von Funktionären, zuweilen Schiedsrichtern und Schiedsgerichten zu einem fairen Sport machen. Dessen ungeachtet ist der Beitrag von Frieling et al. ein lesenswerter Beitrag.

Frieling, Julius, Pohlkamp, Stefanie, Stöver, Jana & Vöpel, Henning (2013). Suarez und die “Hand Gottes” – wie fair ist Fußball?

  • Männergesundheit und Weltmännertag

Maennergesundheitsbericht“Männer”, so heißt es in einer Pressemeldung der Stiftung Männergesundheit, “haben nach wie vor eine geringere Lebenserwartung als Frauen: Ein heute geborenes Mädchen darf 83 Lebensjahre erwarten, ein Junge nur 78 Jahre – also gut fünf Jahre weniger! Die Ursachen sind vielfältig; sie reichen von einem ungesünderen Lebensstil (schlechtere Ernährungsgewohnheiten, höherer Alkohol- und bis dato auch Nikotinkonsum) bis hin zu risikoreicherem Verhalten. Eine genauere Analyse lieferte der erste Männergesundheitsbericht , den die Stiftung Männergesundheit 2010 publizierte. Darin wurde deutlich, dass der Mann kein Vorsorgemuffel ist, sondern die Gesundheitsangebote nicht dem männlichen Selbstverständnis entsprechen”.

Leider fehlt hier der Hinweis darauf, dass Berufskrankheiten unter Männern ebenso häufiger sind wie Arbeitsunfälle, vor allem solche mit tödlichem Ausgang als dies für Frauen der Fall ist. Bei aller Sympathie dafür, dass es in Deutschland jemanden gibt, der sich um Männergesundheit sorgt, wäre es doch sinnvoll, die Gründe für die geringere Lebenserwartung nicht mit Hinweisen auf Essgewohnheiten und Lebensstil zu trivialisieren.

Darüber hinaus wird der gute Ansatz, den die Stiftung Männergesundheit verfolgt, durch die Schwerpunktlegung auf Depression, erektile Dysfunktion und Prostatakrebs in eine völlig falsche Richtung verlängert. Angesichts der Tatsache, dass Herz-Kreislauferkrankungen, Herzinfarkte, Lungenkrebs und sonstige Lungenkrankheiten die ersten vier Killer männlicher Leben sind, wäre es wohl angebrachter, andere Schwerpunkte als ausgerechnet Impotenz und Depression zu setzen. Auf diese Weise werden die Gesundheitsprobleme und Lebensrisiken von Männern ebenso verharmlost und fast schon banalisiert, wie dies durch die Auslassung der Tatsache erfolgt, dass die fünf Jahre geringere Lebenserwartung in erster Linie mit der deutlich höheren Arbeitsbelastung, die Männer im Vergleich zu Frauen haben, erklärt werden kann.

Nebenbei: Am 3. November ist Weltmännertag, irgendwie passend, nach Allerheiligen und vor dem Totensonntag (24.11.) …

Die Pressemeldung der Stiftung Männergesundheit findet sich hier.

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