Polarisiertes Parteiensystem: Warum SPD und CDU im freien Fall sind

Niemand hat gesagt, dass Parteiensysteme sich nicht verändern können. So wie sich die Nachfrage nach Produkten ändert, so ändert sich auch die Nachfrage nach Serviceleistungen, wie sie Parteien anbieten. Parteien, die den Wandel der Nachfrage, wie sie von Wählern kommt, verschlafen, gehen entsprechend den Weg, den Unternehmen gehen, deren Waren niemand mehr will: Sie verschwinden vom Wählermarkt. Da sich Parteien wie die CDU und die SPD seit Jahrzehnten aus Steuergeldern bedienen und vor allem die SPD mittlerweile mehr Konzern als Partei ist, gehen diese beiden Parteien im Gegensatz zu Unternehmen nicht pleite: Sie haben ihr Schäfchen im Trockenen – Steuerzahler sei Dank.

Doch wie konnte es dazu kommen, dass die SPD im freien Fall nunmehr die 20% Marke durchbrochen hat und Richtung 10% unterwegs ist, während die CDU derzeit noch in der Nähe von 30% dümpelt? Um die Entwicklung in ihren entsprechenden historischen Kontext einzuordnen: Seit es Bundestagswahlen gibt, hat die SPD zu keinem Zeitpunkt die Marke von 20% unterschritten, und das schlechteste Ergebnis, dass die CDU jemals erreicht hat, waren 31% der abgegebenen Stimmen bei der Bundestagswahl 1949.

Blickt man in die deutsche Wahlgeschichte, dann hat die SPD zuletzt in der Weimarer Republik mit der 20%-Marke geliebäugelt, und das gleich mehrfach: 21,6% waren es bei den Wahlen vom 6. Juni 1920 und vom 31. Juli 1932. 20,5% und 20,4% bei den Wahlen vom 4. Mai 1924 und vom 6. November 1932. 18.6% dann bei der Wahl vom 5. März 1933. Die schlechten Wahlergebnisse der SPD in der Weimarer Republik, der Absturz von ursprünglich 37,9% in der ersten Reichstagswahl im Jahre 1919, er wird in der Regel damit erklärt, dass die SPD Konkurrenz auf der linken Seite des ideologischen Spektrums hatte: USPD, KPD und unzählige politische Kleinorganisationen und nicht zuletzt die National-SOZIALISTISCHE Partei Deutschlands, haben unter den Wählern der SPD gewildert.

Betrachtet man das katholische Zentrum als Entsprechung zur CDU, dann zeigt sich auch beim Zentrum in der Weimarer Republik ein Rückgang im Wähleranteil, ein gemächlicherer Rückgang im Vergleich zur SPD.

Sartori DTPolitikwissenschaftler, die sich mit Parteienforschung beschäftigen, versuchen Entwicklungen, wie das Kommen und Niedergehen von Parteien u.a. mit den Besonderheiten des Parteiensystems zu erklären. So hat Giovanni Sartori ein Modell des Parteienwettbewerbs entwickelt bzw. teilweise bei Anthony Downs entliehen, das die ideologische Distanz von Parteien zum Ausgangspunkt nimmt. Ist die Distanz zwischen Parteien gering, sind sich die Parteien also ähnlich, dann wird um die Mitte konkurriert, es herrscht ein zentripetaler Parteienwettbewerb und das Parteiensystem besteht aus wenigen Parteien.

Anders bei großer ideologischer Distanz: Nun ist das Parteiensystem polarisiert und viele Parteien versuchen die Wähler für sich zu begeistern, wobei sich die Parteien immer weniger zu sagen haben, die ideologische Distanz zwischen ihnen immer größer wird. Es herrscht zentripetaler Wettbewerb, Wettbewerb um die jeweilige ideologische Extremklientel.

Und genau diese Entwicklung haben CDU und SPD verschlafen. Beider Parteistrategen wähnen sich offensichtlich noch in der Zeit Adenauers, Brands oder Schmidts, als die Bundesrepublik ein gemächlich dahin dümpelnder Kahn war, dessen ideologischer Kern soziale Marktwirtschaft, Wohlstand und die Freiheitsrechte der Einzelnen umfasst hat. Es gab weder Femininismus, noch sozialistische Träume von Einheitsgehalt bei ungleicher Verteilung der Arbeit, es gab keinen Wettbewerb nepotistischer Netzwerke, um die Steuergelder, die zur Finanzierung von Genderismus, Kampf gegen Rechtsextremismus, Kampf gegen Homophobie, gegen Sexismus, Ableismus und Sonstismus bereitgestellt werden, und die letztendlich dazu beigetragen haben, dass sich die deutsche Gesellschaft immer weiter polarisiert hat.

Feministen haben sich in einem steuerzahlerfinanzierten Schutz-Frauenraum eingeigelt und bekämpfen von dort aus den furchtbaren weißen Mann, also den Dachdecker, dem die Steuern abgezogen werden, die den Schutz-Frauenraum ermöglichen.

Rechtsextremismus-Bekämpfer bekämpfen alles und alle, die nicht links sind und fangen entsprechend schon in der Mitte an.

Homophobie und Rassismus-Bekämpfer bekämpfen alle und alles, was nach Rassismus klingt bzw. anders ist, als sie denken, dass man zu sein hat.

Kurz: Alle Nutznießer des Systems, die aus Steuermitteln unterhalten werden, bekämpfen einen spezifischen Teil der Gesellschaft und in der Regel diejenigen, die durch ihre Arbeit erst das Geld erwirtschaften, das die Bekämpfer von diesem und jenem dann verbrauchen.

Dass sich eine solche Gesellschaft, die aus Bekämpfern und Bekämpften besteht, über kurz oder lang polarisieren muss, ist nicht verwunderlich. Verwunderlich ist, dass es so lange gedauert hat. Dass die CDU und die SPD diese Entwicklung verschlafen haben, ist offensichtlich. Und wem es nicht offensichtlich ist, der möge sich die Umfragewerte beider Parteien ansehen. Der Umbau des Parteiensystems ist somit in vollem Gange. Die ideologische Linke, weitgehend diejenigen, die an das Geld der arbeitenden Bevölkerung wollen, sammeln sich in den entsprechenden Nutznießerverbänden der Parteien, die die SPD derzeit beerben. Die Wähler, die nicht länger dafür bezahlen wollen, dass sie bekämpft und beschimpft werden und die ein grundsätzliches Problem mit der Politik der großen Koalition haben, weil sie sich nicht berücksichtigt sehen, sie sammeln sich rechts der CDU, denn sonst gibt es keine Vertretung für sie im vorhandenen Parteiensystem.

CDU und SPD bleiben auf der Strecke. Sie sind wie die Einwohner in einem Dorf, die noch nicht gemerkt haben, dass die Goldmine, aus der bislang der Wohlstand des Dorfes geschürft wurde, versiegt ist.


 

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