Unbeabsichtigte Folgen? Wie der Mindestlohn private Initiative zerstört

Im sächsischen Arzberg gibt es ein Tierheim, das auf eine private Initiative zurückgeht. Seit 2001 kümmern sich zwischen zwei und drei Freiwillige um Vera M. Besler um Fundtiere, um Igel, Katzen und Kaninchen und haben seit ihrer Gründung rund 1.500 Katzen in ein neues Zuhause vermittelt.

ArzbergInitiativen, wie die aus Arzberg sind das, was eigentlich die Zivilgesellschaft, von der Politiker so gerne schwadronieren, ausmacht. Denn die Zivilgesellschaft wird nicht von den Leuten getragen, die in staatlich geförderten Projekten staatlich vorgegebene Themen bearbeiten oder sich in staatlich gewünschter Weise innerhalb eines staatlich gesetzten Rahmens als Feigenblatt für so genannte Bürgerbeteiligung hergeben.

Eine Zivilgesellschaft entwickelt sich unabhängig vom Staat. Sie funktioniert auf Basis von Privatinitiative und basiert auf Privatinitiative, so wie das Tierheim in Arzberg, das einigen der Betreiber von ScienceFiles persönlich als eines der wenigen sauberen, gut geführten Tierheime in Deutschland bekannt ist, bei denen man nicht das Gefühl hat, man müsse die Tiere aus diesem Tierheim retten, wie dies z.B. im Tierheim Leipzig der Fall ist, das eher einer Gruft für Tiere als einem Tierheim gleicht und in dem Tiere verwaltet werden, weil die Kommune Geld dafür zur Verfügung stellt.

Das Tierheim Arzberg erhält keine Förderung von irgend einer Kommune. Die Arzberger leben von dem Geld, das ihnen gespendet wird, von wenigen Sponsoren, Paten und ab und an von einer zweckgebundenen Förderung. Derzeit wird das Tierheim, in dem rund 100 Tiere beherbergt werden, von zwei Personen, Vera M. Besler und Monika Finn im Alleingang betrieben. Sie kümmern sich um alles. Sie füttern die Katzen, reinigen die Räume, in denen sich die Katzen aufhalten, leeren die Katzenklos, überwintern nebenher Igel, versorgen die anderen Tiere, die sich noch im Tierheim befinden (Vögel, Kaninchen …) und machen dies rund um die Uhr. Urlaub ist etwas, das beide nicht mehr kennen, seit Jahren nicht mehr. Sie tun, was sie tun, um der Tiere willen, die sie aufgenommen haben. So sieht private Initiative aus. Das ist der Ausdruck einer Zivilgesellschaft.

Der Mindestlohn ist das Mittel, diese Form von privater Initiative zu zerstören.

Wer sich in seinem Leben schon einmal um Tiere gekümmert hat, der weiß, das zwei Personen, die zudem nicht mehr die jüngsten sind, nicht in der Lage sind, sich um gut 100 Tiere zu kümmern, nicht einmal, wenn sie rund um die Uhr arbeiten. Deshalb müssen sie, von den Geld, das dem Tierheim gespendet wird und nicht für den Unterhalt der Tiere und des Heims aufgewendet werden muss, Minijober finanzieren.

Bei einem Stundenlohn von 8,50 Euro würden wir für einen Minijob für 150 Euro gerade mal für 17 Stunden im Monat jemanden einstellen können. Das wären vier Stunden in der Woche. Das würde uns nicht helfen. Wir bräuchten jeden Tag Hilfe, doch das ist finanziell für unseren Tierschutzverein zur Zeit nicht zu stemmen“, rechnet Vera M. Besler grob durch und fügt hinzu: „Wir werden auch nicht jünger. Ausfallen darf von uns keiner, es ist schon jetzt kaum zu schaffen.“

Was keiner der Funktionäre in Politik und Gewerkschaften kennt, schon weil es keinen interessiert, sind derartige Beispiele, die zeigen, wie Mindestlohn dazu führt, private Initiative zu ersticken und auf lange Sich unmöglich zu machen. Ob dies der absichtlichen Ignoranz der entsprechenden Funktionäre geschuldet ist oder ob ihnen ein Staat vorschwebt, in dem nur noch passiert, was im staatlichen Plan vorhanden ist und z.B. als staatlich geförderte Zivilgesellschaft von Politikern angesehen wird, ist weitgehend egal, denn letztlich steht in jedem Fall am Ende eine zivilgesellschaftliche, standardisierte Wüste.

Man kann sich diese Wüste gut vorstellen, wenn man sich die Themen vergegenwärtigt, die Politiker derzeit interessant finden. Dies wären die Themen, die in einer Gesellschaft, in der private Initiative nicht mehr möglich ist, als Möglichkeit eines zivilgesellschaftlichen Engagements angeboten würden. Allein die Vorstellung reicht dazu aus, die Nackenhaare zu stellen, und wem sie sich nicht stellen, der soll sich die Spießigkeit und Trostlosigkeit des öffentlichen Lebens in der ehemaligen DDR vor Augen führen. Dann stellen sich seine Nackenhaare.

Maßnahmen wie ein Mindestlohn, der in einem rigide verfassten Arbeitsmarkt wie dem deutschen, so etwas wie der Todesstoß für wirtschaftliche Privatinitiative ist und mit erklärt, warum Deutschland zu den Ländern mit der geringsten Quote von Selbständigen gehört, machen das öffentliche Leben ein Stück trostloser und führen dazu, dass echtes zivilgesellschaftliches Engagement bald unmöglich sein wird.

Den Funktionären in Parteien und Gewerkschaften, deren Ziel wohl in einer kompletten Gleichschaltung der Gesellschaft besteht, wird es recht sein.

Privaten Initiativen, die mit viel Einsatz an Zeit und mit viel persönlichen Opfern verbunden sind, machen die staatlichen Gängeleien den Garaus. Wer dazu beitragen will, dass Initiativen wie das Tierheim in Arzberg überleben können, wer dem Tierheim als Sponsor unter die Arme greifen will oder eine der im Tierheim lebenden Katzen, die nicht vermittelt werden können, weil sie alt, krank oder Menschen nicht gewöhnt sind, als Pate finanzieren will, der kann dies hier tun und sich als Mitglied der Zivilgesellschaft, wie sie von staatlichen Stellen nicht gewollt ist, zeigen.

Wer Lust hat, auch anderen Folgen eines Mindestlohns nachzulesen, der kann das hier tun:
Wirtschaft f Dummies

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