Das Ende der Öffentlichen Verwaltung? Schließen wir die Antidiskriminierungsstelle
„Funktionelle Rationalisierung“, sei der Boden, auf dem Bürokratisierung, auf dem öffentliche Verwaltungen wachsen. Das haben Karl Mannheim und Max Weber schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts geschrieben. Aus ihrer Sicht war eine öffentliche Verwaltung eine Notwendigkeit für Organisation und Verwaltung moderner Industriestaaten. Und mit jeder Aufgabe, die Staaten an sich gezogen haben, von der Bildung über die soziale Sicherung bis zur Gesundheit der Bürger, scheint diese Notwendigkeit größer geworden zu sein. Die Effizienz öffentlicher Verwaltung, so die Idee, sie ist, was das um-sich-Greifen der Staaten erst ermöglicht.
Die Effizienz, die noch für Weber die einzige Ursache der Legitimität von öffentlichen Verwaltungen war, sie setzt sich für Weber aus einer Reihe von Eigenschaften bürokratischer Arbeit zusammen: Präzision, Stetigkeit, Disziplin und Verlässlichkeit, Berechenbarkeit, Intensität und Extensität zeichnen die bürokratische Leistungserbringen für Weber aus.
Dadurch, dass Staaten immer mehr Aufgaben für sich selbst erfunden haben und diese Aufgaben mit einer immer größer werdenden Bürokratie zu meistern versuchen, sind Zweifel daran aufgekommen, dass Bürokratie, öffentliche Verwaltung, die beste Form der Erbringung der notwendigen Leistungen ist. Die Effizienz der Bürokratie hat sich in einer Vielzahl von empirischen Studien als nicht vorhanden erwiesen und die vielleicht vernichtendste Darstellung des Abfalls der öffentlichen Verwaltung vom Ziel der Effizienz stammt von DiMaggio und Powell, die nicht mehr die Effizienz als Legitimitätsgrund der öffentlichen Verwaltung ansehen. Für sie ist es nicht mehr die Notwendigkeit für die Effizienz der Bürokratie, die deren Einsetzung und Ausbau rechtfertigt. Satt dessen führen Prozesse, „that make organizations more similar without necessarily making them more efficient“ (DiMaggio & Powell, 1983: 147) zu mehr Bürokratie. Bürokratische Organisation wird somit nicht mehr durch Effizienz legitimiert, vielmehr stellt Bürokratie durch einen Prozess der Bürokratisierung Legitimität für Organisationen bereit.
Man muss kein Hellseher sein, um vorherzusehen, dass Prozesse der Bürokratisierung, die die Legitimität in ihrer Form und nicht mehr in der Erfüllung einer Funktion sehen, über kurz oder lang mit der Realität in Konflikt geraten müssen, dadurch, dass die Abweichung zwischen der Aufgabenstellung und der Aufgabenerfüllung einer Bürokratie zu stark wird, dadurch, dass Bürokratien in Bereiche wachsen, die ohne Bürokratisierung wesentlich effizienter gestaltet werden können.
Anders formuliert: Auch Bürokratie ist kein perpetuum mobile, auch Bürokratie benötigt eine Legitimation die über die bloße Existenz hinausweist, was uns zu Max Weber und seinen Leistungskriterien, deren Erfüllung „Effizienz“ zum Ergebnis und Legitimität zur Folge hat, bringt:
Präzision, Stetigkeit, Disziplin und Verlässlichkeit, Berechenbarkeit, Intensität und Extensität.
Wer kann sagen, dass am Ende seines letzten Kontakts mit einer öffentlichen Verwaltung ein Ergebnis stand, das ihn zufrieden mit der Leistung der öffentlichen Verwaltung zurücklässt, weil das Ergebnis präzise, auf vorgegebenem Weg, korrekt, schnell und verlässlich erreicht wurde?
Offensichtlich können dies wenige Bundesbürger, wie eine Befragung von Infratest-Dimap zeigt. Auf die Frage, wie zufrieden sie mit der Aufgabenerfüllung öffentlicher Verwaltungen sind, geben 16% der 1002 Befragten an, dass sie sehr unzufrieden seien, 42% geben an, unzufrieden zu sein. 58% der Befragten sind demnach unzufrieden oder sehr unzufrieden mit der Leistung öffentlicher Verwaltungen.
Auch wenn die Legitimität öffentlicher Verwaltungen nicht mehr allein von deren Effizienz abhängt, so muss man doch annehmen, dass ihre Existenz in demokratischen Systemen nicht gewährleistet werden kann, wenn sie dauerhaft Leistungen erbringen, die von der Mehrzahl der Bürger als unbefriedigend gewertet werden. Verwaltungen, die nicht zufriedenstellend arbeiten, werden entsprechend delegitimiert und … ja, was passiert dann? Ent-Bürokratisierung? Wer hätte je davon gehört, dass eine Behörde geschlossen worden wäre? Eine Re-Professionalisierung, die effiziente Leistungen zum Ziel hat? In einer Zeit, in der der Balance zwischen Familie und Beruf mehr Bedeutung zugemessen wird als der Frage, ob die Leistung im Beruf befriedigend ist, ist das ebenfalls unwahrscheinlich.
Tatsächlich ist die Frage, was mit ineffizienten Verwaltungen geschehen soll, die ihre Aufgaben mangelhaft erfüllen und von Bediensteten besetzt werden, die mehrheitlich an allem, nur nicht an einer effizienten Leistungserbringung interessiert sind, eine spannende Frage, die bislang kein Organisationssoziologie gewagt hat, zu stellen, geschweige denn zu beantworten.
Was macht eine Gesellschaft mit einer aufgeblähten Bürokratie, die sie nicht braucht, die ihr auf der Tasche liegt? Schließen ist die rationale Antwort und zugleich die utopische Antwort. Bürokratien sind große Versorgungsnetzwerke, deren Herrscher die Bedeutung ihres Reiches in der Zahl der Beschäftigten gewichten. Wer soll sie schließen?
Machen wir ein Experiment.
Die Antidiskriminierungsstelle ist ein Ausbund an Ineffizienz. Sie hat keinen Gegenstandsbereich, ist vollkommen unnötig, hat keinerlei exekutive Funktion und dient einzig als Verteiler von Steuermitteln, die an die verschiedensten Getreuen für mehr oder weniger sinnlose Wortleistungen auf Papier vergeben werden. Bringen wir die Idee in die Welt, dass es an der Zeit ist, dieses Amt, das Steuergeld verschlingt ohne einen gesellschaftlichen Nutzen als Gegenwert zu produzieren, aufzulösen.
Schaun wir mal, was passiert!
DiMaggio, Paul J. & Powell, Walter W. (1983). The Iron Cage Revisited: Institutional Isomorphism and Collective Rationality in Organizational Fields. American Sociological Review 48(2): 147-160.
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Kleiner Hinweis: 16+42=58 (immer noch weit über die Hälfte).
Herzliche Grüße, F.Baur
Mit einer “ineffizienten”, einer gewissen Form der Trägheit anheimfallenden Bürokratie ließe sich leben, was unter solcher Bezeichnung steckt scheint mir aber nun gerade nicht eine bloße Trägheit des Systems.
Erinnert sich noch jemand an Parkinson’s Law? Oder anders gefragt: Hat es jemand gelesen?
Antidiskriminierung ist weitestgehend nicht nur völlig unsinnig, in weiten Bereichen ist Diskriminierung notwendig und sachlich geboten.
Sie ist nicht nur ein Ausbund an Ineffizienz, häufig wendet sie die zu Grunde liegende Logik in ihr Gegenteil, teilweise mit äußerst schädlicher, manchmal sogar gesetzwidriger Wirkung.
Ein Beispiel:
Eine Verwaltungseinheit (Land) organisiert für sich Organspenden und -transplantationenen.
Alles funktioniert, bis auf einmal nicht zur Verwaltungseinheit gehörende Menschen zuwandern und über gutmenschliche Regelungen an diesem System Teil haben, was dazu führt, dass auf Grund des großen Organbedarfs dieser Zuwanderer für die eigentliche Bevölkerung fast keine oder aber zu wenig Organe zur Verfügung stehen und damit in dieser Gruppe Menschen unnötig sterben müssen. Aus den Gebieten der Zuwanderer erfolgen aber keine Organspenden, welche für einen Ausgleich sorgen würden.
Die Folge wird sein, dass auf Grund dieser Gegebenheiten Organspenden stark zurückgehen oder ganz zum Erliegen kommen, womit die Verwaltung dieses Problembereichs das Gewollte mit größtmöglichen Schaden abgeschafft hat. selbst aber trotzdem weiter besteht.
Rechtzeitige Diskriminierung hätte das einst nützliche und funktionierende System am Leben erhalte.
Quintessenz, Effizienz und andere theoretische Werte sind wichtig für Verwaltungen, aber alles ist nichts bei gegebener Dummheit oder, etwas freundlicher, bei fehlender Intelligenz.
Antidiskriminierungsstelle abschaffen, aber ja, und die Gleichstellungsbeauftragtinnen gleich mit !