Sonntagsfragenunsinn: Kann mit Umfragen gelogen werden? Aber sicher!

Unter den Suchbegriffen, die Google uns in dieser sicheren Zeit für private Daten (sofern sie nicht von Staaten missbraucht / genutzt werden) noch anzeigt, sind Suchen, die nach der Verlässlichkeit von Wahlumfragen, Sonntagsfragen oder nach der Manipulation derselben, z.B: „Forsa-Umfrage Betrug“ oder „Deutschlandtrend gefälscht“ oder „ZDP Politbarometer manipuliert“ oder „INSA Betrüger“ fragen, sehr häufig.

Wir nehmen dies hiermit zum Anlass, um das, was man den politischen Ermessensspielraum der Befragungsinstitute, der zur Manipulation der Ergebnisse bereitsteht und der je nach Auftraggeber und Intention genutzt werden kann, um die Ergebnisse anders darzustellen, hier einmal komplett und klar darzustellen.

Dazu brauchen wir nur die folgenden Hinweise aus dem Kleingedruckten von Befragungen, wie sie z.B. Infratest Dimap dem ARD-Deutschlandtrend beifügt:

“Fehlertoleranz: 1,4* bis 3,1** Prozentpunkte
* bei einem Anteilswert von fünf Prozent ** bei einem Anteilswert von 50 Prozent

*** Die Ergebnisse sind auf ganze Prozentwerte gerundet, um falsche Erwartungen an die Präzision zu vermeiden.”

Die Ausgangsergebnisse sind die folgenden Werte bei der Sonntagsfrage (Wenn am nächsten Sonntag Wahl wäre …), die Infratest-Dimap veröffentlicht hat:

  • CDU/CSU: 30%
  • SPD: 18%
  • AfD: 16%
  • FDP: 8%
  • LINKE: 9%
  • Grüne: 14%
  • Andere: 5%

Fangen wir hinten an:

„*** Die Ergebnisse sind auf ganze Prozentwerte gerundet, um falsche Erwartungen an die Präzision zu vermeiden.“

Die angeblich gute Intention, falsche Erwartungen an Präzision vermeiden zu wollen, hat den manipulationsfördernden Effekt, dass sich für jede Partei hinter der Rundung ein Wertebereich versteckt, der wie folgt aussieht:

  • CDU/CSU: 29,50% bis 30,49%
  • SPD: 17,50% bis 18,49%
  • AfD: 15,50% bis 16,49%
  • FDP: 7,50% bis 8,49%
  • LINKE: 8,50% bis 9,49%
  • Grüne: 13,50% bis 14,49%
  • Andere: 4,50% bis 5,49%

Interessant wird dieser Wertebereich im Zusammenhang mit dem, was sich hinter dem Begriff der Fehlertoleranz verbirgt. Die technische Beschreibung im Kleindgedruckten des Deutschlandtrends der ARD lautet:

„Fehlertoleranz: 1,4* bis 3,1** Prozentpunkte
* bei einem Anteilswert von fünf Prozent ** bei einem Anteilswert von 50 Prozent“

Das wird kaum jemand verstehen, der sich nicht mit empirischer Sozialforschung beschäftigt. Seltsamerweise wird mit diesem Hinweis, den kaum jemand versteht, von Infratest Dimap genau die Präzision der Ergebnisse suggeriert, die die Ergebnisse doch gar nicht haben.
Wir haben die Fehlertoleranz von 1,4 Prozentpunkten bei 5% und von 3,1 Prozentpunkten bei 50% in Fehlerwerte für einzelne Prozentpunkte umgerechnet, wobei wir – wie dies in der Meinungsforschung üblich ist, von einer linearen Anordnung der Fehlerwerte zwischen den beiden Extrempunkten, 1,4 und 3,1 ausgegangen sind.

Für die einzelnen Parteien ergeben sich somit die folgenden Fehlerwerte:

  • CDU/CSU: 2,38%
  • SPD: 1,89%
  • AfD: 1,81%
  • FDP: 1,51%
  • LINKE: 1,55%
  • Grüne: 1,74%
  • Andere: 1,4%

Fehlerwerte werden in der Statistik benutzt, um den Vertrauensbereich anzugeben, innerhalb dessen sich das richtige Ergebnis mit einer Irrtums-Wahrscheinlichkeit von hier 5% findet. Um diesen Vertrauensbereich auszurechnen, muss der Fehlerwert, den wir berechnet haben, von der Rundungsuntergrenze abgezogen und der Rundungsobergrenze hinzuaddiert werden. Im Ergebnis stellt sich der Bereich, innerhalb dessen sich das Ergebnis, das die jeweilige Partei mit einer Sicherheit von 95% erreichen würde, wenn am nächsten Sonntag Wahlen wären, wie folgt dar:

  • CDU/CSU: 27,12% bis 32,87% – Schwankungsbreite: 5,75%
  • SPD: 15,61% bis 20,38% – Schwankungsbreite: 4,77%
  • AfD: 13,70% bis 18,30% – Schwankungsbreite: 4,60%
  • FDP: 5,99% bis 10,00% – Schwankungsbreite: 4,01%
  • LINKE: 6,95% bis 11,04% – Schwankungsbreite: 4,08%
  • Grüne: 11,76% bis 16,23% – Schwankungsbreite: 4,47%
  • Andere: 3,10% bis 6,89% – Schwankungsbreite: 3,79%

Auf Grundlage dieser Schwankungsbreite kann man nun perfekt manipulieren und für sich reklamieren, man habe korrekte Ergebnisse verbreitet. Man nennt das gewöhnlich Gewichtung:

„Gewichtung: nach soziodemographischen Merkmalen
Sonntagsfrage mit separater Gewichtung“

Die folgende Abbildung gibt mögliche Ergebnisse der Sonntagsfrage an, die alle mit den Daten von Infratest-Dimap übereinstimmen. Wie man sieht, weichen die einzelnen Ergebnisse in ihrer politischen Aussage erheblich voneinander ab. Anders formuliert: Die gewählte Alternative, die als Ergebnis der Sonntagsfrage präsentiert wird, ist eine politische Aussage und vermutlich auch eine Aussage, die den Interessen dessen entspricht, der die Umfrage bezahlt.

 

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