Richtige Männer machen Angst: Weinerliches vom Männerkongress

Durch die Welt der Männerbewegung geht eine Rede, die Matthias Franz anlässlich des 5. Männerkongresses, Ende September 2018, in Düsseldorf gehalten hat. Die Männerbewegung ist in Bewegung. Die Rede wird kritisiert, in unveröffentlichtem Brief von Arne Hoffmann und in offenem Brief von MANNdat.

Das hat unser Interesse geweckt und wir haben die Rede zum Thema „Männer, Macht, Therapie“, einem Titel wie er dümmlicher nicht mehr sein könnte, gelesen.

Wir sind bekanntermaßen keine Freunde von Psychoanalyse und sonstigem Hokus-Pokus, der es mit viel Assoziationen und noch mehr Phantasie an die Hochschulen geschafft hat. Entsprechend war unsere Erwartung an die Rede von Franz schon gedämpft. Aber selbst diese gedämpfte Erwartung hat Franz noch unterboten, und zwar in einer höchst ärgerlichen Art und Weise.

Wir fangen mitten im Text an, in dem Matthias Franz allen Ernstes die „Konjunktur von Verschwörungstheorien“ beklagt. Das ist Realsatire, denn bis dahin hat er seine eigene Verschwörungstheorie entwickelt, die man wie folgt zusammenfassen kann:

In der Kindheit erfahrene „Verunsicherungen und Verletzungen“ treffen im Erwachsenenalter, vielleicht auch im Rentenalter auf „Unsicherheit durch Globalisierung“, auf den „entgrenzten Verwertungskapitalismus“, die „unethische Ungleichverteilung seiner Kapitalströme“, auf „Armut, Ausgrenzung, Migration, … Klimawandel, Umweltzerstörung und Digitalisierung der Arbeitswelt“ und weil den erwachsenen Menschen die Bindung an Mama fehlt und sie in der Kindheit verletzt wurden, deshalb reagieren sie mit Angst, „individueller und kollektiver Angst“. Die Welt mit ihren „diffusen Bedrohungen“ wird zur Welt von „gut und böse, .. Gutmensch und Wutbürger, wir und die“.

Und in dieser Situation der allgemeinen Verunsicherung, die bei Franz nur Männer trifft, nicht etwa Frauen, und die Männer nur deshalb trifft, weil die „sakrosankte Dreifaltigkeit“ aus „D-Mark, Fußball und Auto“ zerstört ist, in dieser Situation der allgemeinen männlichen Selbstwertsuche und Suche nach Selbstbestimmung kommen sie.

Wer?

Sie eben:

Donald Trump und Boris Johnson und sagen:

„America first“ und „Take Back Control”.

Sie verkaufen die „Rettungsphantasie vom starken Mann“ und ermöglichen es „weißen Fabrikarbeitern … in diesem Strom von Männlichkeit mitzuschwimmen“. Es folgt die „Wiederbelebung autoritärer und auch objektiv gefährlicher Aspekte von Männlichkeit in der Politik“, es bildet sich eine „marginalisierte männliche, nach rechts tendierende Bevölkerungsgruppe“ eine „proletarische Protestmännlichkeit“, die „in kindlichen Traumatisierungen“ befangen ist.

Die „archaische Männlichkeit“ erhebt wieder ihr Haupt, so Franz.

“Sounds like crap when you say it”, sagt Mulder in den x-files (Field Trip) und dieses Zitat scheint uns wie die Faust auf den Unsinn, den Franz verbreiten will, zu passen.

Offensichtlich ist die Phantasie der Mittelschichtsmemme mit Franz durchgegangen, jene Phantasie des kleinen Mannes, der sich von Muskelpaketen archaischer Männlichkeit und „proletarischer Protestmännlichkeit“ bedroht fühlt, die sich durch klare Aussagen und nicht – wie in seiner Mittelschichts-Welt – durch seichte Unverbindlichkeit mit sechs Hintertürchen auszeichnen. Derart von Männlichkeit umgeben, einer Männlichkeit, die man in dieser Weise auch bei Frauen findet, nur eben nicht bei Memmen, fühlt sich der Mittelschichtsmann, der bislang durch seine aufgesetzte und zur Schau getragene Kunst der verbalen Leerformel die Angst, die ihm seine prekäre Situation, ohne gesichertes Einkommen, in ständiger Furcht vor den Ansprüchen, die an einen richtigen Mann herangetragen werden, unsicher, ängstlich. In dieser Situation kommen all seine nicht getroffenen Lebensentscheidungen wieder, denn der Mittelschichtsmann, er hat nie entschieden, er wurde immer getrieben. Zeit seines Lebens hat er sich treiben lassen, ist er vor der Notwendigkeit, Entscheidungen zu treffen, geflohen. Das war solange kein Problem, so lange die Memme, der nicht entscheidende Papa, der geheiratet wurde und Kinder bekommen hat, sich sicher in der Mehrheit fühlen konnte, so lange man auf die Proletarier im Fußballstadion, in der weißen Arbeiterschaft und im Opel Mantra heruntersehen konnte, sie diskreditieren konnte, sich von ihnen differenzieren, sich als etwas Besseres betrachten konnte. Aber die Zeiten sind härter geworden. Wettbewerb, Globalisierung, Digitalisierung, sie konfrontieren den Mittelschichtsmann mit Egoshooter-Spielen, mit neuer Männlichkeit im Rap zelebriert, mit Jungen, die Spaß an ihrem Körper haben, mit Männern, die eine Meinung haben und diese ohne zu wanken vertreten, mit jungen Männern, die keine Lust haben, in die Familiensklaverei abzugleiten. Das macht ihm Angst und erinnert ihn an all die Lebenssituationen, in denen er sich dagegen entschieden hat, ein Mann zu sein, in denen er hat für sich entscheiden lassen.

Wie so oft, wenn Mittelschichtsmänner Angst haben, projizieren sie ihre Angst auf diejenigen, die ihnen Angst machen, die Männer, die sagen, was sie von Dingen halten, die abweichen und sich dabei nicht vor Angst in die Hose machen, die zeigen, dass man für eine Sache einstehen kann, ohne von der Gestapo abgeholt zu werden, die seine die ganze Mittelschichtsmann-Lebenslüge einfach nur durch ihre Existenz entlarven.

Dystopische Männlichkeit nennt Matthias Franz das, was ihm Angst macht, Jungen, die ihren Körper feiern und Muskeln bilden, Männer, die feste Überzeugungen haben, die handeln und nicht behandelt werden, Männer, die Konkurrenz lieben, Kampfbereitschaft trainieren, Kraft entwickelt, Gewalt anwenden, wenn notwendig, die eine aggressive Körperlichkeit zur Schau stellen, all das präsentieren, was Franz Angst macht, denn Franz hat im Gegensatz zu diesen Männern eine sehr feste Bindung an seine Mama entwickelt, sich nie richtig gelöst, nie wirklich auf eigenen Füßen gestanden, seinen Mann gestanden.

Poor boy.

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