Höhen des Elends: Bertelsmann-Stiftung macht „Umfragen“
10.960 Europäer wurden im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung zu „Algorithmen“ befragt.
Die Ergebnisse der Umfrage sind natürlich repräsentativ. Das können wir auch so stehen lassen, denn die Ergebnisse sind in erster Linie … Unsinn.
Das ganze Elend der (methoden-)kenntnislosen Sozialforschung findet sich in der folgenden Abbildung wieder.
- 48% wissen nicht, was ein Algorithmus ist.
- 46% sehen mehr Vorteile, 20% mehr Probleme.
- 74% finden, dass der Einsatz von Algorithmen mehr kontrolliert werden sollte.
Wann immer wir denken, man kann Unsinn nicht noch weiter auf die Spitze treiben, kommt eine Stiftung, in diesem Fall die Bertelsmann-Stiftung und falsifiziert uns. Man kann Unsinn offensichtlich in abstruse Höhen steigern, die Höhen des Elends, wie wir sie genannt haben.
Die Höhen des Elends werden von denen erklommen, deren Ziel darin besteht, politischen Entscheidern, wie sie z.B. in Brüssel versammelt sind, deren einziger Lebenszweck darin besteht, andere zu regulieren und diese Manie damit zu begründen, diese anderen hätten das so gewollt, mit Stoff zu versorgen. Die Bertelsmann-Stiftung ist quasi ein Dealer in Umfrage-Gift, die EU-Kommission und viele Abgeordneten im Parlament die danach Süchtigen.
Was fällt ihnen bei den tollen Ergebnissen der Bertelsmann-Stiftung auf?
Auf die Frage „Welche der folgenden Aussagen beschreibt am besten Ihre Vertrautheit mit Algorithmen“, sagen
- 15% der Befragten: „Ich habe noch nie von ihnen gehört“.
- 33% sagen: „Ich habe von ihnen gehört, aber weiß nicht, was sie sind.
- 44% sagen: „Ich weiß ein bisschen über sie.“
- 8% sagen: „Ich weiß viel über sie.“
Nehmen wir die Ergebnisse einmal, wie sie sind, dann kann man davon ausgehen, dass ca. 8% der befragten Europäer eine Idee davon haben, was Algorithmen sind, was sie bewirken und warum sie bei Amazon immer gesagt bekommen, dass Kunden, die das gleiche gekauft haben, auch noch das folgende gekauft haben.
92% haben damit keine oder so gut wie keine Ahnung davon, was Algorithmen sind.
Das hindert die Befrager, die im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung durch Europa dilettieren, nicht daran, die ahnungslosen Befragten danach zu fragen, ob sie glauben, dass das, wovon sie keine Ahnung haben, mehr Vorteile oder mehr Probleme (es muss natürlich „mehr Nachteile“ heißen) bei der Entscheidungsfindung mit sich bringt.
Was ist wohl davon zu halten, wenn 20% derer, die weitgehend ohne Ahnung sind, mehr Probleme und 46% mehr Vorteile von dem erwarten, von dem sie nicht wissen, was es ist?
Um den Irrsinn noch auf die Spitze zu treiben, werden die 92 weitgehend ahnungslosen Prozent noch gefragt, ob sie denken, dass der Einsatz dessen, von dem sie nicht wissen, was es ist, bei der Entscheidungsfindung, von der sie vermutlich keine Ahnung haben, worauf sie sich bezieht, stärker kontrolliert werden sollte. Nehmen wir die 8%, die vermutlich wissen, was Algorithmen sind und bewirken hinzu, dann sind 74% der Befragten für eine stärkere Kontrolle.
Diese Zahl – 74% – wird sich in der dann wohl demnächst von der EU-Kommission erarbeiteten Direktive zum besseren Schutz der Verbraucher vor fiesen Algorithmen wiederfinden, als Begründung dafür, dass die vorgenommene Regulierung des Internets und der damit verbundene weitere Eingriff in Freiheitsrechte der Bürger nicht die Idee der EU-Kommission, sondern der Auftrag der Bürger war.
Oder, wie es in der Zusammenfassung, über die die meisten Politdarsteller und Journalisten nicht hinauskommen, heißt: „Die Menschen in Europa verlangen, dass Algorithmen kontrolliert und nicht in allen Gesellschaftsbereichen eingesetzt werden sollen.“
Ein Sozialforscher, der diesen Namen verdient, hätte eine Filterführung eingeführt und nur die Befragten, die angeben, Kenntnisse über “Algorithmen” zu haben, mit dem Rest der Fragen behelligt. Ein solches, lauteres Vorgehen wirkt sich natürlich auf die Fallzahl aus, reduziert sie erheblich – schlecht für die, die keine Erkenntnis, sondern hohe Zahlen für die politische Verwendung produzieren wollen.
Wer sich das komplette Elend dieser Umfrage als Bericht antun will, der kann das hier tun.
Ein Algorithmus kann übrigens als genau definierte Handlungsvorschrift zur Lösung eines Problems definiert werden. So ist er z.B. in Statistikprogrammen wie SPSS definiert, deren Aufgabe darin besteht, z.B. den Zusammenhang zwischen Idiotie und der Verbreitung von Umfragen mit einem Bootstrapping Algorithmus nach Jackknife-Sampling zu berechnen (S.75-76).
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Irgendwelchen ominösen Umfragen oder Studien glaube ich schon lange nicht mehr. ALLES NUR GEFAKT, GETÜRKT und das GEWÜNSCHTE Ergebnis wird immer erzielt.
Diese fundierten Ergebnisse hätten die Bertelsmänner_innen viel pompöser ausschlachten können. Z.B. so:
1. Die Umfrageergebnisse zu Algorithmen zeigen eindeutig, dass die AFD weg muss.
2. Da sich Trump auch nach vorgegebenen Mustern verhält, also ein Algorithmus ist, wollen die meisten Europäer, dass er besser kontrolliert werden sollte. Hiergegen sträubt er sich nach wie vor.
3. Die ARD und ZDF finden die Ergebnisse gut, kommen bei einer interner Europäerbefragung aber zu noch größeren Zustimmungswerten.
4. (48+74+46+20)% = 188% aller Europäer haben auf unsere Fragen geantwortet, woran man das Bedürfnis der europäischen Bevölkerung für solche Umfragen deutlich erkennen kann. Sie sollten in Zukunft also wöchentlich stattfinden und vom Steuerzahler finanziert werden.
5. Wir haben zwar gleichviel Männer und Frauen befragt, aber mehr Männer haben geantwortet. Daran sieht man, dass in den Köpfen der Menschen immer noch althergebrachte Strukturen vorhanden sind. Wir fordern daher eine gesetzliche geregelte Antwortenparität, die rückwirkend dann auf alle Umfragen seit 2007 angewendet werden soll.
Seltsamkeit ist immer im Überfluss gewesen, wenn und wo die Kraft des Charakters im Überfluss gewesen ist und der Betrag der Seltsamkeit in einer Gesellschaft ist allgemein im Wert vom Genie, geistiger Energie, und moralischem Mut proportional gewesen, den das enthielt.
Das so wenige jetzt wagen exzentrisch zu sein, kennzeichnet die Hauptgefahr der Zeit.
Erscheinen verrückte Fehler in mein Beitrag, schreibt mir das. Ich kann seit meinen Augenoperationen nicht gut sehen. Ich hatte künstliche Linsen implantiert und sie sind nicht wie erwartet ausgefallen, aber Hallo, ich kann das Sehen, nur nicht gut.
( Wir sollten Steuerhinterziehung als Chance begreifen . . . . )
…und wieder ein nervendes Zappelbild. Mittendrin.
Der Artikel wird dadurch weder besser noch glaubhafter oder sonstwas…
Mal deutlich: Hier lesen keine Analphabeten, die sowas brauchen.
Sorry, aber auf meine Skelette lass ich nichts kommen. Sie können in Ihrem Browser Bilder disabled, wenn es stört. Wir – unsererseits – hätten nicht gedacht, dass es notwendig ist, darauf hinzuweisen.
Werter Herr Klein!
Die Skelette müssen bleiben! Sie haben damit die Seele eines morbiden Wieners wohltuend berührt! “Es lebe der Zentralfriedhof und olle seine Todn ….” copyright W. Ambros
Die Skelette müssen bleiben- schon weil es heißt “das Skelett”.
Daß die allerdings nackt sein müssen, darüber sollten Sie nochmal nachdenken, werter Herr Klein.
Stimmt. Man scrolled über so was nerviges möglichst schnell hinweg. Ich habe den Beitrag gelesen, weil das Finden von guten Algorithmen mein Broterwerb und Teil meines Studiums war. Übrigens ist das “Kunden die das gekauft haben, haben auch das gekauft” nicht direkt ein Algorithmus. Hier werden Daten erfasst: alle Kunden und alles, was sie gekauft haben. Aus diesen Daten zu ermitteln, welche Produkte alle Kunden, die gemeinsam ein Produkt erworben haben, am häufigsten noch gekauft haben, das tut ein Algorithmus. Aber nicht einer. Da gibt es viele und den besten muss man finden.
Als beruflicher Internet/IT Geek treffe ich persönlich sehr oft auf Leute, die überzeugt sind zu wissen, was Algorithmen seien und wie sie wirkten/angewendet würden und “freilich dagegen” (also für “staatliche Regulierung” – genauer: Verbot der meisten) sind, weil “kapphidalysdische Ausbeutung und so…”. Kurioserweise treffe ich derlei immer öfter in Kreisen, die sich für “Fachleute” halten, aber statt Details der Technologien vor allem mit “Netzpolitik” befasst sind. “Netzpolitik-Aktivist” ist die neue, komfortable Abkürzung zum “Hacker-Status” – ganz ohne lästige, jahrelange Herumgeekerei mit Code und Lötkolben.
Frage ich genauer nach, bleibt von dem “Wissen” wenig übrig.
Voll unterschrieben Niels…
Ich hab’s gelesen – und ich kann es einfach nicht glauben. Ich kann nicht glauben was ich da lesen muß. Wirklich keine Ahnung aber so viel Meinung. Sowas von im Dunklen tappern und meinen man kennt/sieht alles. Das ist einfach nur schlimm.
„Die Europäer:innen wissen wenig über Algorithmen.“
Wenn, wie oben schon geschrieben, gerade mal 8 Prozent der Befragten „viel“ und weitere 44 Prozent „ein bisschen“ („ein bisschen“?) über Algorithmen wissen, ist es doch bemerkenswert, dass relativ hohe Anteile der Teilnehmer angeben, von Algorithmen bei personalisierter Werbung (47%), Dating-Plattformen (42%), Rechtschreibprüfung (41%), personalisierten Nachrichten (41%), Bewertung der Kreditwürdigkeit (36%), Vorauswahl von Stellenbewerber (31%). Diagnose von Krankheiten (22%) zu wissen. Nur 20 Prozent kreuzten keine der wohl vorgegebenen Punkte an.
In der Tat: Das Gros der abgefragten Einstellungen und Antworten auf im Prinzip ja interessante Fragen kommt von Menschen, die eigentlich, eigentlich keine hinreichende konkrete Ahnung vom Thema haben. Wenn man gar kein oder ein bescheidenes Wissen über einen Themenbereich hat, kann man die Vor- und Nachteile kaum einschätzen oder gar sagen, welche „Kontrollmaßnahmen der EU“ man vernünftig fände. Die Daten beanspruchen, „bevölkerungsrepräsentativ für die EU28 als Ganzes“ zu sein. Dabei wüsste man doch gerne, warum die Befragten in Polen so informiert sein sollen, die Briten wenig.
Ein Fazit der Studie: „Es braucht dringend systematische Initiativen zum zügigen Aufbau von Kompetenzen in der Bevölkerung und der Politik, um algorithmische Systeme bewerten, kontrollieren und regulieren sowie gemeinwohlorientiert gestalten zu können“. Initiativen von wem genau? Wer soll kontrollieren?
Eine Antwort: Die Bertelsmann Stiftung hat ein Projekt „Ethik der Algorithmen“ aufgelegt.
Langsam kann ich nachvollziehen, wie Sie sich, Herr Klein und Fr. Dr. Diefenbach, fühlen, wenn Ihre Wissenschaft verhunzt und missbraucht wird: Als jemand, der auch Vorlesungen zum Thema Algorithmen hält, bekomme ich schon bei den Fragestellungen der Bertelmann-Leute Schmerzen: Wie kann und warum soll ein Algorithmus kontrolliert werden? Würden die Befragten auch so antworten, wenn man ihnen gesagt hätte, dass z.B. ein Kochrezept auch ein Algorithmus ist? Nur, weil man ein Kochbuch kauft, steht noch lange kein leckeres Essen auf dem Tisch, denn ein Algorithmus macht erst mal – nichts.
Entweder haben die Bertelsmann-Leute keine Ahnung oder sie wollen manipulieren – ich tippe auf beides: weil sie manipulieren wollen ist es ihnen egal, ob sie Ahnung haben – Hauptsache, die Befragten haben noch weniger Ahnung!
Aber natürlich kann man den Befragten keinen Vorwurf machen, denn die Angst vor mysteriösen Algorithmen wird ja durch diverse Medien geschürt (wahrscheinlich denken viele Leute an “Terminator” – wo die Maschinen die Menschen vernichten wollen).
Und dagegen können natürlich nur die tapferen Politiker helfen und uns beschützen, in dem sie die “Algorithmen” (also die Meinungsfreiheit) kontrollieren und einschränken.