Ist Deutschland noch zu retten?

Was macht Sie eigentlich zum Deutschen?
Warum denken Sie, sie seien ein Deutscher (sofern Sie das denken)?

Die gewöhnlichen Antworten, … “in Deutschland geboren”, “Kind deutscher Eltern” … verschieben nur das Problem, denn nun kann man fragen:

Warum denken Sie von sich, Sie einen ein Deutscher? Warum nicht Pfälzer, Bad Dürkheimer, Edesheimer, Unterdörfler?

Was glauben Sie, haben Sie mit Berlinern oder Bremern oder Hamburgern oder Kölnern gemeinsam, die sich auch als Deutsche bezeichnen?

Wir sind der Ansicht (und nicht nur wir, sondern auch Benedict Anderson), dass Sie eine Erzählung gemeinsam haben, eine Erzählung, die eine Art “Schöpfungsmythos” oder “Bestandsgarantie” für Deutschland bereitstellt, eine Möglichkeit für unterschiedlichsten Menschen, sich mit “Deutschland” zu identifizieren, sich als Deutsche zu sehen. Wir sind zudem der Ansicht, dass diese Erzählung derzeit systematisch zerstört wird und sich deshalb die Frage: “Ist Deutschland noch zu retten?”, mit Macht stellt.

Unsere Antwort auf diese Frage geben wir unten.



Was ist die Erzählung der Deutschen?
Zunächst ist es notwendig, die Behauptung, eine Nation konstituiere sich über eine Erzählung, zu begründen.

Das bringt uns zurück zur Frage: Warum denken Sie, sofern Sie das denken, Sie seien ein Deutscher?

Jeder von uns lebt zunächst einmal in einer Nachbarschaft, mit der er sich mehr oder weniger identifiziert. Die Nachbarschaft befindet sich in einem Ort oder einem Stadtteil, mit dem manche eine Verbindung empfinden (selbst JFK hat von sich gedacht, er sei ein Berliner). Nachbarschaft und Ort liegen in einer Region, die Region in einem Landesteil von dem, was durch Abgrenzung zu Frankreich, Österreich, der Schweiz, Polen usw. als Deutschland in Landkarten verzeichnet ist.

Sicherlich ist die willkürliche Zuschreibung einer Staatsangehörigkeit nicht das, was Deutsche zum Deutschen macht, denn dann wäre Deutschsein ausschließlich per ordre de mufti begründbar. Ein eher unbefriedigendes Ergebnis und eines, das nicht erklärt, warum sich Millionen der Vorgabe unterordnen.

Sicherlich sind die Dinge, die Sie von einem Berliner oder einem Bremer oder einem Edesheimer unterscheiden, so zahlreich, dass man zu dem Schluss kommen muss, Sie haben nicht viel mit Heino oder Tony Marschall gemeinsam. Und dennoch sehen sich Sie, Heino und Tony Marschall als Deutsche. 

Warum?

Wir denken das ist so, weil sie eine Erzählung gemeinsam haben, einen Gründungsmythos, eine Bestandsgarantie, eine Erzählung, die als Anker gemeinsamer Identifikation, nationaler Identifikation dienen kann, die Erzählung vom erfolgreichen Wirtschaftsstandort Deutschland, vom Exportweltmeister, vom Land der Ingenieure, Erfinder und von Made in Germany. (Das ist übrigens ein Grund dafür, dass wir denken, der Brexit wird Briten zusammenschmieden, ihnen eine neue gemeinsame Erzählung geben, die eine Renaissance von Britishness mit allen ihren innovativen und weltverändernden Seiten zur Folge haben wird).

Man kann sich natürlich darüber streiten, ob die Erzählung von Deutschland auch Bestandteile einer Civic Culture enthält, also Formen demokratischen Umgangs und die Konstitution demokratischer Herrschaft. Wir haben diesen Streit hier erst einmal ausgeklammert, denn wir sind uns darüber einig, dass die wirtschaftliche Entwicklung nach dem Krieg eine erhebliche Rolle in der Entwicklung der gemeinsamen Erzählung von Deutschland gespielt hat. Wer den Streit führen will, der sei auf die Kommentarfunktion verwiesen.




Dass Deutsche eine gemeinsame Erzählung haben, das ist die gute Nachricht.

Die schlechte Nachricht ist, dass diese Erzählung systematisch zerstört wird.

Die nationale Identität, die wir hier als Ergebnis einer Zuordnung zur Erzählung des wirtschaftlich erfolgreichen Standorts “Deutschland” fassen, ist von mehreren Seiten unter Beschuss, wird systematisch durch eine Reihe von “Sabotageakten” demontiert. Man kann diese Sabotageakte auf drei Begriffe bringen:

  • Europäisierung
  • Sozialismus
  • Mythologisierung

Europäisierung

beschreibt die Vorstellung, die Generationen von Nachkriegspolitikern beflügelt hat, man könne sich den Weg in die Staatengemeinschaft durch ein europäisches Engagement zurückkaufen. Diese Vorstellung war so lange kein Problem, so lange sie auf die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft beschränkt wurde. Seit die Europäische Idee zu einem Europäischen Superstaat mutiert ist, ist die Vorstellung eigentlich tot, zu einer Dystopie geworden, denn die Einebnung von Unterschieden, wie sie zwangsläufig in den verschiedenen Erzählungen die die jeweilige nationale Identität prägen, vorkommen, ist nicht möglich, ohne Individuen, die sich nicht als Europäer, sondern als Pole oder Franzose identifizieren, Gewalt anzutun. Hinzukommt, dass die EU über keinerlei Schöpfungsmythos verfügt, keinerlei positive Erzählung bereitstellt, die so mächtig ist, dass sie den Europäern als Fixpunkt dienen könnte, an dem sie eine europäische Identität festmachen. Es müsste eine sehr starke Erzählung sein, denn z.B. die Polen haben eine sehr starke nationale Identität durch ihre Geschichte und den Kampf gegen Nazis und Sowjets gewonnen. 

Zwang und bürokratische Gängelung sind kein Ersatz für die europäische Erzählung. Aber genau diesen Weg denken Deutsche, die immer noch der Ansicht sind, man könne eine europäische Identität auf nichts anderes bauen als ein leeres Versprechen von Völkerverständigung, gehen zu können. Das wird sich bald als Irrtum herausstellen. Wir empfehlen denen, die es nicht glauben, das von Peter Flora, Stein Kuhnle und Derek Unwin herausgegebene Buch “State Formation, Nation Building and Mass Politics in Europe”, in dem die entsprechende Theorie von Stein Rokkan dargestellt ist. 

Die Fixierung auf dem deutschen Heil in der Europäisierung bleibt natürlich nicht ohne Rückwirkungen auf die deutsche Erzählung, die wirtschaftlichen Erfolg, den wir als Kern der Erzählung, die Deutschland zu Deutschland macht, beschrieben haben, nunmehr zum Gegenstand europäischer Bemühungen, der Mitgliedschaft im Europäischen Binnenmarkt macht. Ohne die EU-Mitgliedschaft, kein wirtschaftlicher Erfolg, so die Erzählung die explizit gegen deutschen Nationalismus in Stellung gebracht wird und damit notwendig das, was Deutschland sein soll, erodiert.

Sozialismus

Die Erzählung von Deutschland, Exportweltmeister, Wirtschaftsmacht, ist Linken aus vielen Gründen ein Dorn im Auge. Deutschland, “das miese Stück Scheiße”, das sie auf ihren Tranparenten inszenieren wollen, ist in erster Linie ein wirtschaftlich erfolgreiches, kapitalistisches Deutschland. Wirtschaftssystem und nationale Identität sind für Linke so verwoben, dass sie gar nicht anders können, als beides gemeinsam zu bekämpfen und die Erzählung von Deutschland, die über Jahrzehnte Gemeinschaft ermöglicht hat, zu zerstören. Das Problem der Linken ist wie immer das Nutznießen, das linken Ideologien inhärent ist: Sie können zwar zerstören, aber nichts aufbauen. Es gibt keine linke Erzählung, die an die Stelle der Erzählung von Deutschland gesetzt werden könnte. Es gibt eine Vielzahl narzisstischer Neider, die wissen, wogegen sie sind, wenn sie auch nicht wissen, warum, die aber keinerlei Gemeinsamkeit stiftende Erzählung vorweisen können, die geeignet wäre, eine Gesellschaft darauf zu bauen. Das ist auch nicht verwunderlich bei einer Ideologie, die ihre ganze Wirkung daraus gewinnen will, Anderes, alles, was von der eigenen Ideologie abweicht, zu bekämpfen.

Zwar haben Linke überhaupt nichts, was sie als identitätsstiftende Erzählung zur Integration vieler in eine Gesellschaft anbieten könnten, aber das hindert sie nicht, die vorhandene nationale Identität in Deutschland zu zerstören. Einmal mehr bleibt Deutschland auf der Strecke.



Mythologie

Deutschland als mythologischen Gegenstand haben die Nationalsozialisten etabliert. Blut und arische Abstammung waren der Kern ihrer Erzählung, der bis ins deutsche Staatsbürgergesetz überdauert hat. Die Mythologie, die das Deutschsein als Stammeseigenschaft beschreibt und die Illusion verbreitet, der Stamm habe seit seinen germanischen Anfängen immer nur Inzucht betrieben, erlebt in Teilen Deutschlands eine Renaissance und hat abermals die Folge, dass die Erzählung, die als Fixpunkt nationaler Identität in Deutschland Jahrzehnte gedient hat, erodiert wird und zunehmend verschwindet.

Ist Deutschland noch zu retten?
Wir glauben nein.

Die Angriffe auf das, was deutsche Gesellschaft ermöglicht hat, sind einfach zu zahlreich, zu persistent, zu heftig. Die Konkurrenten Europäisierung, mieses Stück Scheiße und Stammes-Mythologie sind soweit voneinander entfernt, so exklusiv füreinander und so feindlich gegeneinander, dass eine gemeinsame Sinnstiftung in einer gemeinsamen Welt nicht möglich ist. Deutschland, die Erzählung von Deutschland, wird also nach unserer Einschätzung auf der Strecke bleiben, und je weniger die deutsche Wirtschaft in der Lage ist, die Ansprüche der Linken, die Bedarfe der vielen Kostgänger des staatlichen Versorgungssystems zu befriedigen, desto deutlicher werden die Brüche in der deutschen Gesellschaft zum Vorschein kommen, desto heftiger werden die Konflikte werden, wobei es natürlich eine Rolle spielen wird, dass die Regierung Merkel eine große Zahl von Zuwanderern, die keinerlei Chance haben, auf dem deutschen Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, importiert hat. 

Dass “Deutschland” derzeit noch umkämpft ist, die Frage, ob eine deutsche Identität etwas böses, ein National-Chauvinismus oder eine Normalität ist, noch nicht entschieden ist, liegt daran, dass die Erzählung vom Exportweltmeister und vom wirtschaftlich erfolgreichen Land weiterhin aufrechterhalten werden kann. Geht der wirtschaftliche Erfolg, geht auch die Erzählung und was dann kommt, wenn linke Narzissten, deren Lebensleistung in Neid und Missgunst besteht, auf Europafanatiker treffen, deren ganzes Streben auf Gängelung und Zwang gerichtet ist und beide Gruppen all diejenigen, die versuchen, sich ein Auskommen zu sichern, zum Feind erklären, diejenigen, die jetzt versuchen, mit allen möglichen Mitteln und auf Basis ihrer Klimareligion den letzten Strohhalm der deutschen Erzählung zu zerstören, sie werden es in aller Heftigkeit erfahren. 




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