Abstimmung: Was ist der Unsinn des Jahres 2012?

Unsere Kategorie “Unsinn der Woche” ist nicht nur bei den Einzelposts, sondern auch als Seite regelmäßig in der Spitzengruppe der Zugriffszahlen auf diesem blog zu finden. Deshalb haben wir uns entschlossen, zum Abschluss des Jahres eine Wahl zum Unsinn des Jahres 2012 zu veranstalten.

Oh No!cats electWie bei allen Wahlen, so gibt es auch bei uns eine Vorauswahl. Wir haben eine “Liste” erstellt, d.h. wir haben zunächst Delegierte bestimmt, von denen wir wissen, dass sie die Hand an der richtigen Stelle heben. Dann haben wir ein Delegiertentreffen veranstaltet, an dem wir und unsere Katzen mit gleichem Stimmrecht teilgenommen haben, wobei uns angesichts der felinen Übermacht die Notwendigkeit einer Menschenquote in unserem Haushalt sehr bewusst geworden ist. Aber da es uns derzeit noch gelingt, durch gezielten Einsatz politischer Gesten (Verabreichen von kleinen Geschenken an der richtigen Stelle, um die Stimmabgabe in die richtige Richtung zu lenken, Leckerlie in unserem Fall), das Wahlverhalten unserer Deligierten so zu dirigieren, dass auch das richtige Wahlergebnis dabei herauskommt, ist die humane Quote derzeit und bis auf weiteres zurückgestellt.

Wie auch immer, wir haben eine Liste von fünf Kandidaten für den Titel “Unsinn des Jahres 2012” zusammengestellt, die wir nunmehr zur Wahl stellen. Anders als politische Parteien sind wir uns jedoch bewusst, dass manche der Wähler das Angebot als zu beschränkt ansehen werden, und deshalb geben wir Ihnen die Möglichkeit, einen eigenen Vorschlag aus dem Angebot des Unsinns des Monats zu machen.

Die Wahl läuft bis ins Neue Jahr. Wir werden den “Unsinn des Jahres 2012” am 15. Januar bekannt geben. Warum am 15. Januar? Warum nicht?

Hier nun die Kandidaten:

  1. Florian Leclerc, (k)ein Gutmensch, der einst bei der insolventen Frankfurter Rundschau beschäftigt war, hat den Unsinns-Reigen des Jahres 2012 eröffnet, und zwar mit einem Beitrag über Gutmenschen. Sie erinnern sich vielleicht:

    Ein in Deutschland verbreiteter Glaube besagt, dass Worte mehr sind als das, was sie bezeichnen. Sie sind quasi-heilige Hüllen für mehr als ein Bezeichnungsobjekt. Sie offenbaren, sind vom Transzendenten gesalbt und deshalb a priori rein, jedenfalls dann, wenn sie von den Richtigen benutzt werden. Werden Worte von den Falschen benutzt, dann werden sie besudelt, unrein, für die Richtigen nicht mehr benutzbar. Diese Form des deutschen Schwulsts, die quasi-religiöse Vebrämung unschuldiger Worte hat Florian Leclerc in einem Kommentar für die Frankfurter Rundschau in einer geradezu rührend dussligen Weise auf den Punkt gebracht: “Wer das Wort ‘Gutmensch’ benutzt, offenbart, wes Geistes Kind er ist”. Bereits die Formulierung lässt nichts Gutes erahnen und tatsächlich: Gutmensch, sei zwar kein Nazi-Begriff (uff!) , aber einer “der von Rechten benutzt wird”. Damit ist “Gutmensch” besudelt. Ein aufrechter Mensch benutzt nach Ansicht von Leclerc diesen Begriff nicht mehr, denn wer ihn benutzt, ist rechts”. WEITERLESEN

  2. Im achten Unsinn des Monates hat uns Barbara Stiegler von der Friedrich-Ebert Stiftung in die hohe Kunst der Monetarisierung der normalen Verrichtungen des Alltäglichen eingeführt. Care-Arbeit nennt sie das, was mich doch damals sehr bewegt hat:

    Ich sitze hier vor meinem Computer, nachdem ich einen Teil meiner täglichen Care-Arbeit bereits hinter mich gebracht habe: Angefangen beim Zähneputzen (health caring) und Frühstück für mich und meine Frau machen (caring for others), frühstücken (noch healt caring), über das Versorgen der Katzen, (social caring) den kurzen Plausch mit dem Postboten (social relationship management/caring) bis hin zur Beantwortung von Emails (social network caring) . Mit dieser Care-Arbeit gibt es jedoch ein Problem: Sie ist unbezahlt. Barbara Stiegler ist angetreten, dies zu ändern. Als Care-Arbeit gilt ihr dabei im Wesentlichen, die Fürsorge-Arbeit, die “verborgen und überwiegend weiblich” ist, für die es “wenig präzise Daten” gibt, über die man aber dennoch seitenweise schwadronnieren kann, wenn man Barbara Stiegler ist.” WEITERLESEN

  3. Der 13. Unsinn der Woche ist einer, der sich mit Wortemissionen beschäftigt, wie sie leider in so genannten wissenschaftlichen Beiträgen mittlerweile üblich geworden sind. Damals hatte ich mir das Vorbild von Barbara Muracka genommen, um eine kurze Einführung in das Verfassen von verbaler Wissenschafts-Mimikry zu geben.
    Trivialität Trivialität aufgemotzt:
    1: In vielen Haushalten gibt es einen Computer Der Siegeszug der Informationstechnologien hat die Privatsphäre erreicht. In vielen Haushalten findet kommunikative Interaktion nur mehr per Keyboard statt.
    2: plus Ideologie In der globalen Welt des Kapitalismus weckt das Marketing Konsumbegehrnisse, die das Individuum in die Abhängigkeit der neuen Medien bringen, so dass bereits in Kinderzimmern die Vereinzelung ein Ausmaß angenommen hat, das bedenklich ist.
    3: plus geheime Mächte Die Wirkkräfte des globalen Kapitalismus transzendieren über die alles durchdringende Persuasion eines allumfassenden Marketings, sie generieren fiktive Wünsche in gesellschaftlicher Durchdringung und führen zu Vereinzelung und Atomisierung bereits im Kinderzimmer.
    4: plus “fancy” Adjektive Globable und in entropischer Gesamtheit wirkende Kräfte des Kapitalismus verwerfen und transformieren die indivdiuelle Herrschaftshoheit über kognitive und affektive Bedürfnisse und münden in konsumeristisch, segmentierte und nicht zu letzt sedimentierte Vereinzelung bereits im Kinderzimmer

    Versuche, Trivialitäten auf die beschriebene Art und Weise “aufzumotzen”, finden sich täglich und in großer Zahl, und sie sind auch, oder gerade in universitären Bereichen zu finden, in denen sich “Wissenschaftler” tummeln, für die Wissenschaft ein Sprachakt ist, ein Akt, in dessen Verlauf sie Realität durch Sprache schaffen wollen, und ein Akt, in dessen Verlauf sie sich recht häufig in den sprachlichen Konstrukten verheddern, die sie zu weben versucht haben. Ein gutes Beispiel für Letzteres ist ein Beitrag von Barabara Muraca mit dem Titel “Gutes Leben ohne Wachstum?” WEITERLESEN

  4. Es war Woche 16 als die Leser dieses blogs von einer Erkenntnis ereilt wurden, die vermutlich einige davon sprachlos gemacht hat. Nicht nur sind große Unternehmen von Frauen bevölkert, die sich den Kopf an einer gläsernen Decke anstoßen, nein, in großen Unternehmen werden auch Ställe vorgehalten, und in den Ställen finden sich die Gebliebten derjenigen, die oberhalb der “gläsernen Decke” residieren. Dieses unglaubliche Beispiel von Phantasie (oder Traum) findet sich in einem Beitrag von Ute Scheub:

    “Ich gebe zu, nachdem ich das, was Ute Scheub da zu Papier gebracht hat, gelesen habe, war ich sprachlos. Zum Glück hält ein solcher Zustand bei mir nicht lange an, und deshalb können sich die Leser dieses blogs in den folgenden Zeilen ein Bild von dem machen, was mich sprachlos gemacht hat. Um auch gleich alle Unvoreingenommenheit bei Lesern zu tilgen: Sprachlos hat mich der absolute und konsistente Unsinn gemacht, der da von Zeile zu Zeile entwickelt wird. Die Konsistenz ist das, was die Sprachlosigkeit in erster Linie produziert. Die meisten, die Unsinn reden, merken an einem Punkt, dass sie sich in etwas Hineingeredet haben und sind dann entweder ruhig, versuchen, den Unsinn zu relativieren oder geben schlicht zu, dass das jetzt Unsinn war. Nicht so Ute Scheub. Sie nimmt ihre Leser auf eine gnadenlose Reise durch alle Schattierungen von Unsinn mit, bis zum bitteren, unsinnigen Ende”. WEITERLESEN

  5. Der letzte Unsinn, auf den sich unsere Delegierten nach heftiger Auseinandersetzung über die Reste unserer Leckerlie dann doch verständigen konnten, ist der Beitrag von Anne Jenter, in dem sie die Aufmerksamkeit auf die Verdienste richtet, die Frauentoiletten im Hinblick auf die Bildung von Mädchen haben:

    “Manche Pressemeldungen jagen einem einen Schauer über den Rücken, nicht, weil sie einen “thrilling content” hätten, sondern weil sie nur so vor Unsinn triefen. Eine solche Pressemeldung, die eine feine Linie zwischen Täuschung und Unsinn beschreibt, hat die “Bildungs”gewerkschaft GEW am 11. Oktober veröffentlicht, und zu verantworten hat die entsprechende Pressemeldung Anne Jenter. Anne Jenter ist den Stammlesern dieses blog vermutlich noch in Erinnerung, ist Sie doch diejenige, die die Hauptverantwortung für die unsägliche “Expertise” von Thomas Viola Rieske trägt, in der die Bildungsnachteile, die Jungen nun einmal nachgewiesener Maßen und für jeden, der über einen normalen Wahrnehmungsapparat verfügt, nachvollziehbar haben, in Abrede gestellt und mit einer Mischung aus krauser Argumentation und haarsträubenden methodischen Fehlern versucht wurden, aus der Welt zu reden.” WEITERLESEN

Nicht leicht, sich für oder gegen einen spezifischen Unsinn zu entscheiden – oder? Aber es hilft alles nichts, und deshalb bitten wir Sie, sich zu entscheiden, und falls Sie aus welchen Gründen auch immer mit den von uns unter Einhaltung aller “demokratischen Gepflogenheiten” bestimmten Texte nicht einverstanden sind, dann haben Sie die Möglichkeit, einen anderen Unsinn der Woche als Unsinn des Jahres 2012 zu nominieren.

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