HomePolitisches SystemBundestagKeine Satire ist so gut wie die Wirklichkeit: SPD-Fraktion im Bundestag will “Mein Kampf” nicht unverändert veröffentlicht sehen
April 2, 2013
Keine Satire ist so gut wie die Wirklichkeit: SPD-Fraktion im Bundestag will “Mein Kampf” nicht unverändert veröffentlicht sehen
Unsere Satire, die viele unserer Leser ernst genommen haben, während einige wenige natürlich sofort durchschaut haben, dass es sich bei der “dick aufgetragenen” Satire nur um eine Satire handeln kann, ist von der Wirklichkeit überrannt worden. Heute, am Dienstag, den 2. April 2013 hat die SPD Fraktion im Bundestag eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung gestellt, in der es um “Mein Kampf” und dessen unveränderte Veröffentlichung geht.
Ich muss vorwegschicken, dass die Motive der SPD Fraktion natürlich höchst lauter sind, denn die Abgeordneten der Fraktion, die nichts so genau wissen, als dass man seinem Volk nicht trauen kann, sind bemüht und vor uns selbst zu schützen. Wohlwissend, dass mit dem 1. Januar 2016 Hitlers “Mein Kampf” nicht mehr durch die Bayerische Staatskanzlei an seiner Verbreitung gehindert werden kann (weil das Urheberrecht 70 Jahre nach dem Tod des Verfassers ausläuft und das entsprechende Werk ab diesem Zeitpunkt von jedem veröffentlicht werden darf) und wohlwissend dass ab dem 1. Januar 2016 die Deutschen in Massen nicht nur “Mein Kampf” lesen, sondern sicherlich zum Nationalsozialismus konvertieren werden, lotet die SPD-Fraktion in großer Sorge die Möglichkeiten aus, das dumme und verführbare deutsche Volk von der Lektüre des unveränderten Werkes “Mein Kampf” abzuhalten.
Also schreibt die SPD-Fraktion im Bundestag:
“Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wie mit antisemitischem und rassistischem Propagandamaterial wie Hitlers ‘Mein Kampf’, im Hinblick auf einen ggf. inhaltlich unveränderten Nachdruck umzugehen ist, bzw. ob es angesichts der menschenverachtenden Ideologie dieses Dokuments geboten erscheint, eine unveränderte Veröffentlichung, d.h. insbesondere propagandistisch motivierte Versionen gesetzlich zu unterbinden”. [Hervorhebungen von mir]
Ist das nicht herzallerliebst? Nur mal so nebenbei betrachtet, es gibt in der Sozialpsychologie eine Salience Theorie, die in aller Kürze besagt, dass Dinge, die besonders häufig in den Medien bzw. im öffentlichen Diskurs präsent sind, den Wahrnehmungsrahmen von Menschen verändern. So wollte nach dem Hurrikan Kathrina kaum mehr jemand nach New Orleans in Urlaub fahren, aus Angst, von einem Hurrikan erfasst und in den Golf von Mexiko gespült zu werden, während jährlich zehntausende Touristen nach Pompeij fahren, obwohl das Risiko, vom Vesuv in einer Erruption mit Lava bedeckt zu werden, deutlich höher ist, als das Risiko in New Orleans zu ertrinken. Dass die Risiken so unterschiedlich und so falsch eingeschätzt werden, ist ein Ergebnis von “Salience”.
Übertragen auf den Gegenstand von “Mein Kampf”, einem Buch, das einem schon nach rund 2 Seiten ermüdet und auch den interessiertesten Leser ausgelaugt hat, bedeutet die Salience Theorie, dass es durch die Hysterie politischer Aktivisten erst interessant wird, dass sie also durch ihren Aktivismus herbeireden, was sie verhindern wollen.
Es geht eben nichts über Politiker, die in ihrer Unbewusstheit und in ihrem Gefühl der Überlegenheit, “die Bevölkerung” vor “menschenverachtenden Ideologien” schützen wollen (Zu dumm, dass dies niemand im Hinblick auf den Staatsfeminismus bislang tun will). Und das Ärgerlichste an ihrer herablassende Art, in der sie uns alle eben einmal entmündigen und zu absoluten Deppen erklären, die nicht in der Lage sind, sich ein eigenes Urteil zu bilden, ist, dass die meisten der besorgten Politiker das Buch, das sie verbieten oder besser noch: umschreiben wollen, nie gesehen oder gelesen haben. Hätten Sie das getan, sie würden es keiner weiteren Bemerkung würdigen, denn wer Hitlers “Mein Kampf” gelesen hat oder zumindest versucht hat, es zu lesen, der merkt schnell, dass sich der seitenlange Salbader nur zu absoluter Langeweile und sonst nichts eignet, wenngleich die biographischen Passagen am Anfang des Buches (Band 1) eher erhellend sind.
Was dem hysterischen Aufbau eines Papiertigers, den die SPD-Fraktion hier betreibt, die Krone aufsetzt, ist die Tatsache, dass “Mein Kampf” für jeden frei verfügbar im Internet vorhanden ist. Insofern fragt man sich, mit welchem Schatten die Genossen da kämpfen. Welcher Schatten es auch immer sein mag, ich für meinen Teil habe es langsam satt, dass jeder dahergelaufene Politiker denkt, er könne für mich entscheiden, was ich lesen darf und was nicht, und er könne sich für mich ein Urteil bilden. Wenn deutsche Politiker der Ansicht sind, ihr Volk sein unmündig und zu dumm, sich ein eigenes Urteil zu bilden, dann sollten Sie die Konsequenzen ziehen und zurücktreten, denn ihre Wahl ist dann offensichtlich das Ergebnis der Urteile nicht mündiger und dummer Bürger.
Bleibt mir nur noch festzustellen, dass heutzutage Satire kaum mehr möglich ist, denn die Realität ist eine einzige Satire.
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Zitat aus “Es muss nicht immer Kaviar sein” von J.M. Simmel: “Das werden wir sehen. Ich weigere mich zu glauben, daß die ganze Welt ein Irrenhaus ist!” sagte Thomas Lieven.
Ein Jahr später weigerte er sich nicht mehr.
Und achtzehn Jahre später, als er des Nachts in einem Luxushotel zu Cannes sein Leben überdachte, war er überzeugt davon.
Die ganze Welt ein Irrenhaus – das schien ihm die einzige profunde Wahrheit zu sein, an die man sich in diesem Jahrhundert des Wahnsinns noch halten konnte.
Naja, so epochal ist die Erkenntnis, dass uns die Politker für zu dämlich halten ja nicht. Im Prinzip ist unsere gesamte Rechtsprechung – oder zumindest ein Gutteil davon – von dieser Arroganz beseelt.
Wir können nicht selbst entscheiden, welche Lampen wir in die Fassungen schrauben, welche Medikamente wir nehmen, ob und wie wir Sport und Jagdwaffen im Hause aufbewaren, wann wir einkaufen gehen, ob wir am Karfreitag Parties machen dürfen….
Unsere Ingenieure sind zu dumm, verantwortungsvoll Kernkraftwerke zu betreiben – aber gnadenlos genug, um mit Windkraftanlagen Vögel zu choppen. Wie hoch die Gartenhecke sein darf, vereinbare ich nicht mit dem Nachbarn, dafür gibt es eine Verordnung.
Und wenn ich nicht so faul wäre, könnte ich noch eine halbe Stunde weiter aufzählen und gleichzeitg darauf hinweisen, dass es für jede, noch so dämliche Verordnung in Deutschland eine viel liberalere Positition in einem unserer Nachbarländer gibt.
Und die tagesschau sorgt umlagefinanziert für das tägliche Quentchen SALIENCE.
Interessant ist ja auch der Absatz in der Anfrage, in dem (rhetorisch ?) nach einer Übertragung des kanadischen “Criminal Code” gefragt wird:
“Könnte nach Ansicht der Bundesregierung die Regelung der Strafbarkeit von Hasspropaganda im Canadian Criminal Code (Sections 318 bis 319) ein Vorbild für eine entsprechende Strafnorm in Deutschland sein?”
Nach dem Abschnitt 319 macht sich schuldig:
“(1) Every one who, by communicating statements in any public place, incites hatred against any identifiable group where such incitement is likely to lead to a breach of the peace”
“2) Every one who, by communicating statements, other than in private conversation, wilfully promotes hatred against any identifiable group”
Und wenn nach Ansicht der SPD dieses Vorbild für Deutschland geeignet ist, dann geht es nicht mehr nur um ein gruseliges altes Buch, sondern dann ist offenbar “Mein Kampf” nur ein Türöffner für andere Einschränkungen der Meinungsfreiheit.
“2) Every one who, by communicating statements, other than in private conversation, wilfully promotes hatred against any identifiable group”
Gehts dann der “EMMA” an den Kragen, wenn sie wieder mal gegen Männer hetzt?
“Mein Kampf”, einem Buch, das einem schon nach rund 2 Seiten ermüdet und auch den interessiertesten Leser ausgelaugt hat
Ich find das Buch gar nicht so ermüdend. Die Beschreibung seines Elternhauses und seiner Zeit in Wien (wie er z.B. seinen Antisemitismus entwickelt hat) in den ersten 100 Seiten finde ich sogar äusserst interessant (weiter bin ich noch nicht 😉 ).
PS: danke für den Link. 😉
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Zitat aus “Es muss nicht immer Kaviar sein” von J.M. Simmel:
“Das werden wir sehen. Ich weigere mich zu glauben, daß die ganze Welt ein Irrenhaus ist!” sagte Thomas Lieven.
Ein Jahr später weigerte er sich nicht mehr.
Und achtzehn Jahre später, als er des Nachts in einem Luxushotel zu Cannes sein Leben überdachte, war er überzeugt davon.
Die ganze Welt ein Irrenhaus – das schien ihm die einzige profunde Wahrheit zu sein, an die man sich in diesem Jahrhundert des Wahnsinns noch halten konnte.
Naja, so epochal ist die Erkenntnis, dass uns die Politker für zu dämlich halten ja nicht. Im Prinzip ist unsere gesamte Rechtsprechung – oder zumindest ein Gutteil davon – von dieser Arroganz beseelt.
Wir können nicht selbst entscheiden, welche Lampen wir in die Fassungen schrauben, welche Medikamente wir nehmen, ob und wie wir Sport und Jagdwaffen im Hause aufbewaren, wann wir einkaufen gehen, ob wir am Karfreitag Parties machen dürfen….
Unsere Ingenieure sind zu dumm, verantwortungsvoll Kernkraftwerke zu betreiben – aber gnadenlos genug, um mit Windkraftanlagen Vögel zu choppen. Wie hoch die Gartenhecke sein darf, vereinbare ich nicht mit dem Nachbarn, dafür gibt es eine Verordnung.
Und wenn ich nicht so faul wäre, könnte ich noch eine halbe Stunde weiter aufzählen und gleichzeitg darauf hinweisen, dass es für jede, noch so dämliche Verordnung in Deutschland eine viel liberalere Positition in einem unserer Nachbarländer gibt.
Und die tagesschau sorgt umlagefinanziert für das tägliche Quentchen SALIENCE.
Interessant ist ja auch der Absatz in der Anfrage, in dem (rhetorisch ?) nach einer Übertragung des kanadischen “Criminal Code” gefragt wird:
“Könnte nach Ansicht der Bundesregierung die Regelung der Strafbarkeit von Hasspropaganda im Canadian Criminal Code (Sections 318 bis 319) ein Vorbild für eine entsprechende Strafnorm in Deutschland sein?”
Nach dem Abschnitt 319 macht sich schuldig:
“(1) Every one who, by communicating statements in any public place, incites hatred against any identifiable group where such incitement is likely to lead to a breach of the peace”
“2) Every one who, by communicating statements, other than in private conversation, wilfully promotes hatred against any identifiable group”
Und wenn nach Ansicht der SPD dieses Vorbild für Deutschland geeignet ist, dann geht es nicht mehr nur um ein gruseliges altes Buch, sondern dann ist offenbar “Mein Kampf” nur ein Türöffner für andere Einschränkungen der Meinungsfreiheit.
“2) Every one who, by communicating statements, other than in private conversation, wilfully promotes hatred against any identifiable group”
Gehts dann der “EMMA” an den Kragen, wenn sie wieder mal gegen Männer hetzt?
“Mein Kampf”, einem Buch, das einem schon nach rund 2 Seiten ermüdet und auch den interessiertesten Leser ausgelaugt hat
Ich find das Buch gar nicht so ermüdend. Die Beschreibung seines Elternhauses und seiner Zeit in Wien (wie er z.B. seinen Antisemitismus entwickelt hat) in den ersten 100 Seiten finde ich sogar äusserst interessant (weiter bin ich noch nicht 😉 ).
PS: danke für den Link. 😉
Wie wäre es mit “Mein Kampf in gerechter Sprache”?