Ohne Mussolini kein Hitler?
Dr. Christian Goeschel, der derzeit an der University of Manchester lehrt, hat sich mit einer interessanten These zu Wort gemeldet:
Mussolini sei kein Witzbold gewesen, den man nicht Ernst nehmen müsse, sondern einer der Wegbereiter des deutschen Nationalsozialismus. Weit davon entfernt, verrückt zu sein, hätten Mussolini und seine faschistische Bewegung Hitler wichtige strategische Ratschläge gegeben, so zum Beispiel den Hinweis, die Mittelschicht als Vehikel zur Machtergreifung zu nutzen.
In einem Interview mit Phys.org sagt Goeschel weiter: “We and indeed many Italians tend to play down the role and importance of Mussolini and Fascist Italy, often seeing it as more benign than Hitler and the Nazis. But this is untrue: Mussolini was the world’s first Fascist dictator, heading an unpleasant regime which used poison gas in Abyssinia and sent oppositionists into repressive ‘confinement”.
Anders formuliert: Mussolini und der itanlienische Faschismus haben Hitler nicht nur strategische Hinweise gegeben, sondern in vielerlei Hinsicht als role model für den deutschen Nationalsozialismus gedient.
Damit schließt Goeschel u.a. an die Arbeit von Wolfgang Schieder an, den er in einem Beitrag aus dem Jahre 2012 bespricht. Schieder hat in seinem Buch “Faschistische Diktaturen: Studien zu Italien und Deutschland” aus dem Jahre 2008 deutliche Parallelen zwischen dem italienischen Faschismus und dem deutschen Nationalsozialismus aufgezeigt. Nicht zuletzt gehe der Kult um einen charismatischen Führer, den die Nazis um die Person Hitlers aufgebaut hätten, auf das italinische Vorbild von Benito Mussolini zurück.
Weiter schreibt Goeschel (2012: 484-485) mit Bezug auf Schieder:
“Hitler admired Mussolini from 1922 when Mussolini was appointed Prime Minister of Italy. Particularly appealing to Hitler and the Nazis, alongside the German and European Right more generally, was the novel twofold strategy with which the Italian Fascists had secured power. First, Fascists squads covered Italy, especially the North with massive political violence against the Left. … Second, the Fascists were keen to conquer power through seemingly legal activity”.
Klar ist, so heißt es an anderer Stelle im Beitrag von Goeschel aus dem Jahre 2012, dass der italienische Faschismus den deutschen Nationalsozialismus in vielerlei Hinsicht beeinflusst hat. Wichtige (leider weitgehend ungenannte) Bestandteile des italienischen Faschismus wurden in den Nationalsozialismus übernommen.
Und während Goeschel seinen Beitrag aus dem Jahre 2012 noch mit der Feststellung abschließt, dass mehr Forschung über das Verhältnis des faschistischen Italien zur NSDAP und später zum nationalsozialistischen Deutschland vonnöten sei, hat er knapp zwei Jahre später wohl nachgelegt und ist aufgrund zusätzlicher Arbeit in Archiven zu dem Schluss gelangt, dass Italiens Faschisten und allen voran Benito Mussolini (geistige) Mentoren von Adolf Hitler und seiner nationalsozialistischen Bewegung waren.
Auch der Faschismus der Nationalsozialisten ist keine Spezialität der Deutschen, so könnte man überspitzt ausdrücken. Das einzige, was im Vergleich zun italienischen Faschismus rein-deutsch am nationalsozialistischen Faschismus ist, darüber sind sich die meisten Historiker einig, ist sein gewalttätiger Rassismus und seine Menschenverachtung, die sich in Millionen Opfern des Regimes niedergeschlagen hat. Menschenverachtung und Millionen, wenn man so will System-Opfer, hat der Nationalsozialismus mit der stalinistischen Variante des Sozialismus gemeinsam, so dass auch hier, das Rein-Deutsche fehlt. Bleibt nur die technokratische Präzision, mit der z.B. die Massenvernichtung im Dritten Reich von einem Heer der Helfershelfer geplant und durchgeführt wurde, als rein-deutsche Errungenschaft.
Goeschel, Christian (2012). Italia docet? The Relationship between Italian Fascism and Nazism Revisited. European History Quarterly 42(3): 480-492.
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“Bleibt nur die technokratische Präzision, mit der z.B. die Massenvernichtung im Dritten Reich von einem Heer der Helfershelfer geplant und durchgeführt wurde, als rein-deutsche Errungenschaft.”
Da bin ich ganz Ihrer Meinung. Mit einem solchen Satz werden Sie allerdings von gewissen Leuten, die sich anmaßen in D-Land die Meinungsführerschaft zu stellen, ganz flugs zum Holocaust-Relativierer gestempelt und befinden sich, aus Sicht der genannten Leute, nur Millimeter vom strafrechtlich Relevanten Holocaust -Leugner entfernt.
Das ist ziemlich dünn analysiert. Es mag ja sein, dass die äußere Erscheinung des italienischen Faschismus Ähnlichkeiten mit dem nationalsozialistischen Erscheinungsbild aufweist, aber alles in allem fehlte es den Italienern an der perfekten Inszenierung, welche die Nazis um ihren Kult pflegten. Der Duce hatte außerdem niemals diesen absoluten Herrschaftsanspruch wie Hitler. Es wäre sinnvoller, den okkult-religiösen Charakter des NS-Systems zu untersuchen, als die Rolle von Hitler über diesen aufgeblasenen Hampelmann aus Rom zu verklären. Die Wurzeln der NS-Diktatur lassen sich ganz sicher nicht bei Mussolini finden, sondern eher bei von der Geschichte vernachlässigten Personen, wie Gurdijew. Die dominant schwarzmagische Komponente des Nationalsozialismus lässt sich beim Faschismus des Duce nirgends auch nur im Ansatz ausmachen. Seine Inzenierungen wirkten gegen die perfekt orchestrierte Aufmachung des NS-Systems geradezu lächerlich und hatten lediglich politischen (jedoch keinen religiösen) Charakter. Daran hat sich bis zu seinem kläglichen Ende auch nichts geändert.
Sorry, aber da hat zum x-ten Male wieder einmal jemand gründlich an den eigentlichen Ursachen des Irrsinns jener Epoche vorbeigeforscht.
“Rein deutsch” = rassistisch und menschenverachtend
Wer denkt sich einen solchen Schwachsinn aus?
Den Schwachsinn der Woche, den schwächsten und konformistischsten Artikel Europas, habt ihr diese Woche selber produziert.
Aber wenn es gegen das eigene Volk geht, darf man sich ja mit den Linken einig sein.
“. Das einzige, was im Vergleich zun italienischen Faschismus rein-deutsch am nationalsozialistischen Faschismus ist, darüber sind sich die meisten Historiker einig, ist sein gewalttätiger Rassismus und seine Menschenverachtung, die sich in Millionen Opfern des Regimes niedergeschlagen hat. Menschenverachtung und Millionen, wenn man so will System-Opfer, hat der Nationalsozialismus mit der stalinistischen Variante des Sozialismus gemeinsam, so dass auch hier, das Rein-Deutsche fehlt. Bleibt nur die technokratische Präzision, mit der z.B. die Massenvernichtung im Dritten Reich von einem Heer der Helfershelfer geplant und durchgeführt wurde, als rein-deutsche Errungenschaft.”
Hmmm… irgendwie ist bei den “rausstreichungen” in dem Absatz aber der erst noch genannte Rassismus/Antisemitismus auf der Strecke geblieben.
Der scheint mir zusätzlich zur technokratischen Präzision noch als Alleinstellungsmerkmal da zu sein.
” Bleibt nur die technokratische Präzision, mit der z.B. die Massenvernichtung im Dritten Reich von einem Heer der Helfershelfer geplant und durchgeführt wurde, als rein-deutsche Errungenschaft”
Hey wir sind die Deutschen, was erwartet ihr? Das wir wir in Ruanda wie die Schwarzen die Leute mit Macheten zerhacken?
Immerhin ist Auschwitz Weltkulturerbe.
Weltkulturerbe kann nur!!! sein wenn der Ort folgende Bedingungen erfüllt:
1. Die Güter stellen ein Meisterwerk der menschlichen Schöpferkraft dar.
2. Die Güter zeigen, für einen Zeitraum oder in einem Kulturgebiet der Erde, einen bedeutenden Schnittpunkt menschlicher Werte in Bezug auf die Entwicklung von Architektur oder Technologie, der Großplastik, des Städtebaus oder der Landschaftsgestaltung auf.
3. Die Güter stellen ein einzigartiges oder zumindest außergewöhnliches Zeugnis von einer kulturellen Tradition oder einer bestehenden oder untergegangenen Kultur dar.
4. Die Güter stellen ein hervorragendes Beispiel eines Typus von Gebäuden, architektonischen oder technologischen Ensembles oder Landschaften dar, die einen oder mehrere bedeutsame Abschnitte der Geschichte der Menschheit versinnbildlichen.
5. Die Güter stellen ein hervorragendes Beispiel einer überlieferten menschlichen Siedlungsform, Boden- oder Meeresnutzung dar, die für eine oder mehrere bestimmte Kulturen typisch ist, oder der Wechselwirkung zwischen Mensch und Umwelt, insbesondere, wenn diese unter dem Druck unaufhaltsamen Wandels vom Untergang bedroht wird.