Wie ehrlich darf Aufklärung sein, z.B. über Ebola?
Die denkwürdige x-Files Serie F. Emasculata enthält einen noch denkwürdigeren Dialog zwischen Mulder und Cancer Man.
F. Emasculata spielt in Dinwiddie County in Virginia – in einem Gefängnis. Mulder und Scully untersuchen eine mysteriöse Krankheit, die unter den Insassen des Gefängnisses verbreitet wird. Wer sie sich zuzieht, ist in relativ kurzer Zeit tot. Zwei Gefangenen, die sich mit der unbekannten Krankheit infiziert haben, gelingt der Ausbruch aus dem Gefängnis. Im Verlauf der Serie stellt sich heraus, dass die Erkrankung von einem Pharma-Unternehmen absichtlich unter den Insassen herbeigeführt wurde.
Mulder will das entsprechende Unternehmen bloßstellen und die Wahrheit an die Öffentlichkeit bringen. Cancer Man kontert, dass das Wissen um zwei entflohene und infizierte Häftlinge eine Massenpanik zur Folge haben würde. Entsprechend, so Cancer Man, müsse das Wissen um die entflohenen und infizierten Häftlinge geheim gehalten werden, und natürlich auch das Wissen um die Machenschaften des Pharma-Unternehmens.
Die kurze Sequenz aus den x-Files wirft eine interessante Frage auf: Darf eine Regierung oder dürfen offizielle Akteure Informationen vor ihrer Bevölkerung geheim halten, weil sie befürchten, dass ein Wissen um z.B. Träger eines tödlichen Viruses, die in Deutschland unterwegs sind, Aliens, die auf dem Blättersberg in der Pfalz gelandet sind oder die erheblichen gesundheitlichen Folgen, die Fleischkonsum nach sich zieht, zu einer Massenpanik, zu einer kollektiven Hysterie führen würde, die nicht mehr zu beherrschen ist?
In anderer Variante ist dies eine Frage danach, ob man die Mehrzahl seiner Bevölkerung für rationale, urteilsfähige und bedachte Erwachsene oder für irrationale, hysterische und impulsive Kinder hält – eine Frage, die man als Liberaler gerne mit der ersten Alternative beantworten würde, wären da nicht Erfahrungen aus dem Leben in einer ostdeutschen Stadt, nennen wir sie Mad City.
Mad City liegt im Osten Deutschlands und ist bekannt, für eine Vielzahl von Menschen, die in den Jahren 1989 und 1990 im Kreis um den Stadtkern gelaufen sind. Im Zuge der Anthrax-Hysterie, die auch Mad City im Jahre 2001 erfasst hat, hat sich einer der Blogbetreiber völlig unerwartet und ohne Vorwarnung vier Gestalten im Schutzanzug gegenüber gesehen, die ihm den Eingang in das Haus verwehren wollten, in dem sich seine Wohnung befunden hat. Der Versuch, dem Blogbetreiber ohne Schutzanzug, den Zugang zu verwehren war erfolglos, das vermeintliche Anthrax hat sich vermutlich als verschüttetes Mehl herausgestellt, aber die Geschichte hat uns zu denken gegeben. Bis heute fragen wir uns, welches geistige Make-up jemand haben muss, der befürchtet, sein, also sein, das einzig denkbare Wohnhaus in einem entlegenen Stadtteil von Mad City und vor allem wohl er, als ein Bewohner dieses Wohnhauses für al Kaida eine Reise und vor allem das Verschütten von Anthrax im Vierpersonenlift wert sei?
Allein die Existenz solcher Hysteriker macht nachdenklich und wirft die Frage neu auf: Wieviel Aufklärung darf man seiner Bevölkerung zumuten, was muss, darf, soll man der so genannten Öffentlichkeit vorenthalten?
Nehmen wir z.B. Ebola. Das Virus aus Westafrika, das es dieses Mal, ganz im Gegensatz zu zurückliegenden Ausbrüchen, in die Headlines der Medien geschafft hat. Als wir am 11. August diesen Jahres zum ersten Mal über Ebola berichtet haben, da gab es 1.711 Infizierte und 932 Tote. Wir sind nun gut zwei Monate und 3.515 Tote, darunter 236 Pfleger weiter. Kurz: Das Virus wütet mit zunehmender Intensität und steigenden Opferzahlen. Zwischenzeitlich befürchtet die WHO nach Horrormeldungen deutscher Medien wöchentlich 10.000 neue mit Ebola Infinzierte – Infizierte vornehmlich in Westafrika. Denn: In Deutschland, Europa oder dem Westen kann Ebola nicht zu einer vergleichbaren Epidemie führen, das weiß man z.B. beim Stern:
“Selbst wenn Ebola-Kranke nach Deutschland einreisen: Vor einer Krankheitswelle wie in Westafrika müssen sich die Deutschen trotzdem nicht fürchten. Erstens, weil es hierzulande recht gute Vorsorge-Maßnahmen gibt. Dazu gehört etwa das Netzwerk von Sonderisolierstationen, die speziell auf die Behandlung solcher Erkrankungen ausgelegt sind sowie das medizinische Personal, das speziell für die Versorgung von Patienten unter Isolationsbedingungen geschult ist.”
“Viele Menschen machen sich zudem Sorgen, dass Flüchtlinge aus Afrika die Krankheit hier einschleppen. Und manche Experten warnen, dass Krankenhäuser hierzulande nicht ausgerüstet seien für den Notfall. Die Rede ist von etwa 50 Betten für erste Fälle – in ganz Deutschland.”
Niemand scheint sich Sorgen zu machen, dass medizinisches Personal, das als Helfer für die WHO tätig ist, den Virus nach Deutschland “einschleppt”. Die ganze Terminologie, die man in öffentlich-rechtlichen Medien lesen muss, verweist auf nur eine Quelle des Unheils, unsägliche Flüchtlinge, die die Krankheit “einschleppen”. Das Fremde kommt mittlerweile als Krankheit nach Deutschland, und wie gewöhnlich wird es von noch Fremderen den reinen Deutschen zugemutet, Fremden mit dunkler Haut, die man heute nicht mehr Neger nennen darf, aber denen ansonsten immer noch dieselbe sprachliche Animosität entgegen schlägt, weil sie “einschleppen”, was nicht nach Deutschland gehört.
Da hätte man in Frieden mit sich und der Welt leben können und was passiert: Ebola wird von Schwarzen “eingeschleppt”.
Es ist übrigens ein Irrtum zu denken, Ebola komme immer von außen. Im Jahre 1967 forderte hämorrhagisches Fieber sieben Todesopfer in Marburg. Hämorrhagisches Fieber, die Oberklasse von Erkrankungen wie Ebola, kennt seither die Marburg Virus Disease – eine Variante von Ebola.
Die Sicherheit vor einer Epidemie, so steht überall zu lesen, sei darauf zurückzuführen, dass die medizinische Versorgung in Deutschland so hervorragend sei, die Ausrüstung so hervorragend, das medizinisches Personal perfekt so geschützt, dass Isolierstationen den Ebola-Erkrankten, der natürlich entdeckt werde, noch ehe seine Krankheit Zeit habe, sich anderen zu übergeben, sofort aufnähmen und abschotteten und nur medizinisches Personal an ihn heranließen, bis er entweder auf beiden Füßen oder mit den Füßen voran die Isolierstation verlassen würde, usw.
Trotz aller Sicherheits-Rhetorik kommt sie wieder, die Frage, was man seiner Bevölkerung verheimlichen darf, wie man sie belügen muss, um eine befürchtete Massenpanik zu vermeiden. Es ist dies eine Frage, die regelmäßig an die aktuelle Entwicklung angepasst werden muss. Kann man z.B. angesichts der hohen Zahl von medizinischem Personal, das mittlerweile an Ebola verstorben ist, immerhin 5,2% der Ebola-Opfer, weiterhin behaupten, wenn ein infizierter Patient hinter den Türen der Isolierstation verschwunden ist, dann war es das, für den Virus?
Oder muss man seiner Bevölkerung das Wissen um ein Restrisiko, das sich nun einmal nicht beseitigen lässt, zumuten, ihr ehrlich sagen, dass alle hoffen, aber niemand sicher sein kann, dass sich kein Arzt, kein Krankenpfleger, der die Isolierstation betritt und verlässt, mit dem Virus infiziert und es nach draußen trägt.
Kurz: Muss die paternalistische Hatung deutscher Politiker und Ärzte aufgegeben werden: Wir haben alles im Griff! Macht Euch keine Sorgen! Wir kümmern uns um Euch! Muss statt dessen eingestanden werden, dass deutsche Politiker und Ärzte genauso wie westafrikanische und US-amerikanische Politiker und Ärzte nicht alle Eventualitäten einplanen und nicht ausschließen können, dass es einen Ausbruch von Ebola in Westeuropa gibt? Dass man bestenfalls das Risiko einer Epidemie minimieren, aber nicht beseitigen kann?
Hätte man es mit einer erwachsenen Bevölkerung zu tun, man müsste ihr reinen Wein einschenken, etwa so, wie es in den USA und in dem hier verlinkten Beitrag geschieht, in dem sich Sanjay Gupta aus seinem Schutzanzug schält und demonstriert, wie einfach es ist, sich trotz Schutzanzug zu infizieren (ein Beispiel dafür, was US-amerikanische Journalisten als Bestandteil ihres Berufes auffassen).
Eine Infektion mit Ebola ist demnach auch möglich, wenn man im Schutzanzug unterwegs ist. Genauso ist es möglich, dass Ebola von medizinischen Helfern, Journalisten oder Politikern, die als Krisentouristen reisen, wie man wohl sagt: eingeschleppt wird, denn: es gibt keine 100%tige Sicherheit, egal, was der Öffentlichkeit vorgegaukelt werden soll. Das bringt uns zurück zur Anfangsfrage, die wir für uns und wie der verlinkte Beitrag zeigt, im Sinne der vollständigen Aufklärung beantwortet haben.
Bleibt die Frage übrig, wie sich Politiker und diejenigen, die die Informationshoheit in Händen halten im Hinblick auf die gestellte Frage entscheiden.
Wir wissen es nicht, aber wir wissen, dass man von einer Regierung, die ihre Bevölkerung als infantile Masse, der man das Rauchen, das Trinken und das fettige Essen abgewöhnen muss, die man zum Joggen jagen muss und ansonsten bei allen Verrichtungen des täglichen Lebens nicht unbeaufsichtigt lassen kann, kaum erwarten kann, dass sie ausgerechnet im Hinblick auf Ebola von ihrer paternalistischen Wolke Abschied nimmt und auf den Boden der Tatsachen zurückkehrt, um der Bevölkerung die Wahrheit zu sagen.
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Zwischenzeitlich befürchtet die WHO nach Horrormeldungen deutscher Medien wöchentlich 10.000 neue mit Ebola Infinzierte – Infizierte vornehmlich in Westafrika.
Wöchentlich 10.000 wäre zwar viel, aber ein linearer Anstieg. Bei ansteckenden Krankheiten hat man es aber eher mit quadratisch steigenden Infektionszahlen zu tun, d.h. man muss schauen, ob die Zeiträume verdoppelnder Opferzahlen konstant sind.
Vor wenigen Wochen lag die Zeitspanne bis zur Verdopplung bei 3 Wochen. Das ist eine vertausendfachung in 30 Wochen (2 hoch 10 ~= 1000) und in 60 Wochen nicht eine Ausweitung um den Faktor 2*1000 sondern 2 hoch 20, also eine millionenfache Opferzahl, um hübsch zur Panik beizutragen.
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Wöchentlich 10.000 wäre zwar viel, aber ein linearer Anstieg. Bei ansteckenden Krankheiten hat man es aber eher mit quadratisch steigenden Infektionszahlen zu tun, d.h. man muss schauen, ob die Zeiträume verdoppelnder Opferzahlen konstant sind.
Vor wenigen Wochen lag die Zeitspanne bis zur Verdopplung bei 3 Wochen. Das ist eine vertausendfachung in 30 Wochen (2 hoch 10 ~= 1000) und in 60 Wochen nicht eine Ausweitung um den Faktor 2*1000 sondern 2 hoch 20, also eine millionenfache Opferzahl, um hübsch zur Panik beizutragen.