Abstrakte Bedrohung = konkreter Unsinn?
Der Linken im Bundestag kommt das Verdienst zu, sich um die Klarheit der deutschen Sprache zu bemühen.
So geschehen in einer Kleinen Anfrage, die als Drucksache 18/3495 in den Katakomben des Bundestags verschwinden wird, wenn ihr nicht ein bißchen Publizität zuteil wird, zum Beispiel durch uns.
In der kleinen Anfrage interessieren sich die Linken um Gregor Gysi für den Begriff der “abstrakten Bedrohung” und fragen die Bundesregierung unter anderen:
1. Wie definiert die Bundesregierung den Begriff der abstrakten Bedrohung“, bzw. was sind für die Bundesregierung Charakteristika einer „abstrakten Bedrohung“?
Eine berechtigte Frage, wie wir finden, schon weil die Bundesregierung die “abstrakte Bedrohung” nutzt, um Bundeswehrsoldaten in aller Herren Länder zu schicken, wo sie dann versuchen sollen, in konkreter Person und mit konkreter Bewaffnung gegen einen abstrakten Feind vorzugehen.
So z.B. im Antrag der Bundesregierung auf Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der NATO-geführten Operation Active Endeavour im gesamten Mittelmeer.
Darin heißt es:
“Vor dem Hintergrund einer derzeit als abstrakt zu bewertenden terroristischen Bedrohungssituation und der tatsächlichen Einsatzrealität beschränkt sich die Operation jedoch auf Seeraumüberwachung und Lagebildaustausch.”
und:
“Die Bedrohung durch einen maritimen Terrorismus wird derzeit jedoch als abstrakt bewertet.”
und:
Obwohl die Bedrohungslage im Einsatzgebiet abstrakter Natur ist, wird angesichts der noch geltenden völkerrechtlichen Rechtsgrundlagen für OAE … eine Zustimmung des Deutschen Bundestages im Sinne des Parlamentsbeteiligungsgesetzes
für erforderlich gehalten.”
Man kann wohl davon ausgehen, dass eine abstrakte Bedrohung keine konkrete Bedrohung ist, und weil die abstrakte Bedrohung nicht konkret ist, weiß man eigentlich gar nicht so wirklich, ob die abstrakte Bedrohung überhaupt eine Bedrohung ist oder ob es sich nicht viel eher um ein Hirngespinst von Politikern handelt, die sich gerne ihre Selbstwirksamkeit dadurch beweisen, dass sie Soldaten in diesem Fall ins Mittelmeer und auf das schicken, was man im Englischen als Wild Goose Chase bezeichnet, auf Steuerzahler Kosten versteht sich.
Auch ein Blick in den Duden bring wenig Erfreuliches zu Tage:
Drei Bedeutungen kennt der Duden für “abstrakt”:
1. (besonders Philosophie) die wesentlichen, gesetzmäßigen o. ä. Züge aus etwas Konkretem, sinnlich Wahrnehmbarem ableitend.
Diese Bedeutung setzt voraus, dass es einen konkreten Gegenstand, eine konkrete Bedrohung im vorliegenden Fall gibt, aus dem man die Züge der abstrakten Bedrohung herausarbeiten kann, quasi als das, was viele konkrete Bedrohungen latent gemeinsam haben. Das trifft im vorliegenden Fall nicht zu, denn gäbe es eine konkrete Bedrohung im Mittelmeer, dann wäre die entsprechende Bedrohung sicher benannt.
2. sich [nur] im Gedanklichen, Theoretischen bewegend [und keinen unmittelbar feststellbaren Bezug zur Wirklichkeit habend]
Kurz: diejenigen, die eine abstrakte Bedrohung sehen, leiden unter Hinrgespinsten und sollten schnellstens, ehe sie noch größeren Schaden an den Geldbörsen der Steuerzahler anrichten, in eine geschlossene Institution abgeschoben werden.
“3. (von Kunstwerken des 20. Jahrhunderts) nicht etwas sinnlich Wahrnehmbares, sondern den gedanklichen, abstrakten Gehalt von etwas darzustellen suchend”.
Passt auch nicht, denn es werden Soldaten und keine Künstler ins Mittelmeer geschickt.
Wie man den Begriff der “abstrakten Bedrohung” auch dreht und wendet, immer kommt sprachlicher Unfug dabei heraus, der wohl erfunden wurde, um vorzugaukeln es gäbe etwas, das unbeschreibbar furchtbar und gefährlich ist, und das man durch die Entsendung von konkreten Soldaten behandeln muss.
Man nennt dies im Englischen Scaremongering, und im Deutschen ist damit der Versuch umschrieben, mit Angst Politik zu machen, und zwar durch die Erfindung einer nicht vorhandenen Bedrohung, einer deshalb als abstrakt bezeichneten Bedrohung, die dazu dienen soll, Bürger in Angst und Schrecken zu versetzen, denn Bürger, die vor etwas Abstrakten Angst haben, sind leichter zu manipulieren und zu regieren.
Wer den Stellenwert von “abstrakter Bedrohung” prüfen will, der kann die Forderung einbringen, die Politiker mit abstrakten, nicht mehr mit konkreten Bezügen zu entlohnen.
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Wann gibt es denn die Antwort auf diese interressante Frage?
Wann immer es der Bundesregierung beliebt…
Etwas wunderschönes ist doch an abstrakten Bedrohungen ‘dran: man braucht überhaupt keine konkreten Belege vorweisen …
Ich schlage vor dass die Abgeordneten nur noch abstrakt abstimmen können, denn konkretes ist schon soo out und doof. Wer macht Vorschläge wie das dann geht. Aber: dass Lobbyisten die Gesetze (vor-)schreiben, die dann zur abstrakten Abstimmung kommen, wird nicht mehr als Vorschlag angenommen, das ist schon viel zu konkret!
Hat dies auf psychosputnik rebloggt.