Experten im Bundestag: arm, mit Migrationshintergrund und asozial?

Vermutet haben wir es ja schon seit langem:

Der Deutsche Bundestag hat eine Kinderkommission.

Die Kommission der Kinder tagt unter dem Vorsitz von Susann Rüthrich.

Achtung KinderUnd Susann ohne “e” hat eine Bitte an Experten. Die Experten mögen doch bitte “konstruktive Vorschläge” dazu machen, wie die “bestehenden Defizite bei der Umsetzung der Kinderrechte in der Bundesrepublik Deutschland effizient zu beheben” sind.

Falls Sie nicht wussten, dass es in der Bundesrepublik Deutschland “Defizite bei der Umsetzung der Kinderrechte” gibt, jetzt wissen Sie es. Falls Sie, der sie die 30 Jahre Altersgrenze überschritten haben, sich wundern, wie sie es ohne verbriefte Kinderrechte jemals zu einem Erwachsenen schaffen konnten, wir wundern uns mit Ihnen.

Doch zurück zur Kommission der Kinder und zum Wichtigsten für die Experten, die vor der Kommission ihre konstruktiven Experten-Vorschläge machen dürfen: Die Unkosten werden erstattet, aus Steuermitteln versteht sich.

Dr. Elke Jäger-Roman, deren Nachname schon prosaisches vermuten lässt, wenngleich man nicht gleich an Jägerlatein denken sollte, weiß erschreckend Konstruktives zu berichten, denn sie ist Stellvertreterin des Generalsekretärs der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendmedizin, also Experte.

Kinder aus “armen Familien mit Migrationshintergrund” würden bis heute nicht ausreichend “sozialkompensatorisch im schulischen und außerschulischen Bereich gefördert”. Sozialkompensatorisch muss man wohl so verstehen, dass die vorhandene a-Sozialität kompensiert werden soll, da der Begriff ansonsten keinen Sinn macht. Dass Kinder aus armen Familien mit Migrationshintergrund folglich von Jäger-Roman wohl als asozial angesehen werden, ist schon ein dicker Hirsch, nein Hund.

jaeger lateinWie auch immer, im Roman von Jäger kommen 20% der Kinder aus armen Familien mit Migrationshintergrund mit schlechten Deutschkenntnissen zur Schule, woraus in ihrem Latein dann 70.000 Schulabberecher werden. Bedenkt man, dass im ganzen Jahr 2013 nur 46.295 Schüler ohne Hauptschulabschluss geblieben sind, darunter 8.631 Ausländer, von denen nicht alle aus armen Familien kommen, dann sind die 70.000 die Roman-Jäger zu kennen vorgibt, eben doch Jägers-Latein.

Weiter geht es mit dem Wünsch-Dir-Was der Experten.

Prof. Dr. Kathinka Beckmann von der Stiftung “Hänsel+Gretel” wünscht sich, dass Hexen verboten werden. Nein – das ist natürlich nicht richtig. Sie wünscht sich, dass Öfen nur noch von qualifiziertem Personal betrieben werden dürfen. Nein, auch nicht. Sie wünscht sich, dass sich die desolate Lage der Kinder, die Zeugen häuslicher Gewalt geworden sind, ändert. Denn 30.000 Mütter mit 6.000 Kindern und nicht etwa 27.898 Mütter mit 5.871 Kindern wendeten sich jährlich an Frauenhäuser und dann wird es desolat, so desolat, dass wir am besten im Originalton zitieren:

“Die Frauenhäuser sind dann erst mal bei der Mutter, die Kinder werden meist schlecht versorgt”.

Verstehen Sie das? Nein? Wir auch nicht.

Da sehen Sie, wie desolat die Lage wirklich ist.

Weiter eilen wir von einem Experten zum nächsten. Prof. Ulrich Gintzel, Experte vom Landesverband Sachsen des Deutschen Kinderschutzbundes, also der Vorsitzende des Landesverbandes, der deshalb Experte ist, beklagt, dass die Infrastruktur auf dem Land ausdünne und Kinder enorme Schwierigkeiten hätten, die Schule mit Bus oder Bahn zu erreichen (auch ohne Streik). Ein fast schon ernst zu nehmendes Problem, das in unserer Jugend mit dem Fahrrad gelöst wurde, und zu dieser Lösung benötigten wir gar keinen Experten.

KinderkommissionWie dem auch sei, Sitzungen der Kommission der Kinder oder Fachgespräche mit Fachexperten wie im vorliegenden Fall sind nur vollständig, wenn es etwas gibt, dem auch die Kinderkommissionisten zustimmen können, die sich das alles angehört haben. Im vorliegenden Fall besteht viel Übereinstimmung:

“Die Abgeordneten stimmten den Einschätzungen der Experten zu. Neben dem Vorschlag der Sachverständigen, einen parlamentarischen Kinderbeauftragten einzusetzen, solle die subjektive Sicht der Kinder öfters in die politischen Entscheidungen über ihre Rechte einbezogen werden, lautete das Resümee.”

Wenn Kinder eine subjektive Sicht haben, dann folgt daraus, dass Kinder auch eine objektive Sicht haben, was die Frage nach sich zieht, warum nicht die objektive Sicht der Kinder “öfters in die politischen Entscheidungen über ihre Rechte einbezogen” wird. Wer nun denkt, das sei haarspalterisch, dem sei gesagt, dass der Wunsch auf eine X-Box dann kaum zu einem Recht wird, wenn ihn Kevin F. subjektiv äußert. Wenn ihn Kevin F. aber objektiv äußert, dann macht das einen erheblichen Unterschied – oder? So wie es einen subjektiven Unterschied macht, ob man die subjektive Sicht einholt und nicht die objektive Sicht. Und vermutlich macht es auch einen objektiven Unterschied, aber das können wir nicht wissen, subjektiv wie wir nun einmal sind.

Den Präzedensfall, den der Einbezug der Sicht der Kinder in politische Entscheidungen darstellt, können wir nur begrüßen. Können sich doch nunmehr alle, die an politischen Entscheidungen mitwirken wollen, zu Wort melden und ihre Sicht einbringen, z.B. im Hinblick auf die Höhe der Steuersätze, die Höhe der Diäten der Abgeordneten, die GEZ-Finanzierung und vieles mehr. Wem das alles subjektiv zu hoch ist, der möge sich nun beim Deutschen Bundestag, zu Händen der Kinder in der Kommission, melden.

Übrigens ist Bildung ein zu ernstes Thema, als dass man es einer Kommission der Kinder überlassen könnte.

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