Gesetzliche Rentenversicherung: Ein schlechtes Geschäft – vor allem für Männer

Holger Lüthen hat im Wochenbericht des DIW die Verzinsung von Rentenbeiträgen für die Geburtsjahrgänge 1935 bis 1945 berechnet. Das Besondere an seiner Analyse besteht darin, dass die Berechnung auf Grundlage tatsächlicher Erwerbsverläufe und tatsächlicher Rentenbezüge erfolgt ist. Möglich macht dies der der Wissenschaft zur Verfügung stehende Teil der Versicherungskontenstichprobe, in dem Daten für 55% bis 73% der Rentner der Jahrgänge 1935 bis 1945 zur Verfügung stehen.

Das Ergebnis der Berechnung, die u.a. auf den tatsächlichen Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung, der tatsächlichen Höhe der Rentenbezüge, der Überlebenswahrscheinlichkeit sowie bei Heirat der Sterbewahrscheinlichkeit des Partners des jeweiligen Rentners basiert, ist nicht sonderlich überraschend:

  • Government helpDie Rendite der Beiträge für die gesetzliche Rentenversicherung ist für Männer deutlich geringer als für Frauen.
  • Vor der Rentenreform von 1992, die den Rentenbezug vor Erreichen des Regelalters mit einem Abzug von 0,3% pro Monat, der vorzeitig in Rente gegangen wird, belegt hat, erreichen Männer der Geburtsjahrgänge 1935 bis 1945 eine Rendite von 2,4%, Frauen eine Rendite von 5,2%. Nach der Rentenreform von 1992 sinkt die Rendite auf 1,2% für Männer und 3,7% für Frauen.

Dass Frauen einen höhere Rendite erreichen als Männer hängt im Wesentlichen damit zusammen, dass sie geringere Beiträge zur Gesetzlichen Rentenversicherung leisten, eine höhere Lebenserwartung haben als Männer und Begünstigungen aufgrund leistungsfremder Kriterien erhalten. Dass Frauen durch die Rentenreform von 1992 offensichtlich abermals besser gestellt wurden als Männer ergibt sich daraus, dass bei weitgehend unverändertem Unterschied in der Lebenserwartung von Männern und Frauen die Rendite von Männern vor der Rentenreform von 1992 um das 2,2fache geringer ausgefallen ist als die von Frauen, nach der Rentenreform ist die Rendite von Männern um das 3,1fache geringer als die Rendite von Frauen.

Was Politiker unter Gleichstellung verstehen, dürfte damit hinreichend klar sein.

Nun hat Lüthen diese Ergebnisse für die Geburtsjahrgänge 1935 bis 1945 errechnet und somit für Geburtsjahrgänge, die mit vergleichsweise geringeren Rentenbeiträgen konfrontiert waren als dies derzeit der Fall ist und die darüber hinaus eine höhere Wahrscheinlichkeit, auf eine 45jährige ununterbrochene Muster-Erwerbstätigkeit haben.

Was folgt vor diesem Hintergrund für Geburtsjahrgänge nach 1945, z.B. für die Babyboomer der Jahre 1960 bis 1970?

Die Antwort auf diese Frage gibt Lüthens zwar nicht, aber er gibt ein Beispiel für Euphemismus, der sich in seiner ganzen politischen Korrektheit selbst ad absurdum führt:

DIW Rente“Der Bericht zeigt weiterhin die Auswirkungen einer Rentenreform, die Abschläge auf den vorzeitigen Renteneintritt einführte (1992). Diese Reform macht allerdings – in Abhängigkeit von den getroffenen Annahmen – nur einen Anteil des Rückgangs [der Rendite] von 20 bis 30 Prozent aus; der weitaus größere Teil wird durch gestiegene Rentenbeiträge verursacht. Da nicht zu erwarten ist, dass die Beiträge in Zukunft stark sinken werden, ist davon auszugehen, dass der Trend hin zu sinkenden Renditen weiter anhält. Dennoch ist die Rentenversicherung nicht als schlechtes Geschäft anzusehen, da Risiken wie Langlebigkeit und Erwerbsminderung einer Versicherung bedürfen, die verlässlich ausschüttet. Die Verzinsung sollte allerdings nicht zu stark sinken (zum Beispiel stark negativ werden), da ansonsten Ausweicheffekte (das heißt die Vermeidung versicherungspflichtiger Tätigkeit) drohen, die die Verzinsung noch weiter absenken könnten.”

Die sinkenden Rentenrenditen, so das Ergebnis von Lüthen, sie werden vornehmlich durch das Verhältnis von Einzahlung und Auszahlung bedingt. Je mehr man einzahlt und je weniger man herausbekommt, desto geringer die Rendite. Da die Beiträge gestiegen sind, die Rentenauszahlung aber gesunken ist, seit die Jahrgänge, für die Lüthens zu einer Rendite von 1,2% für Männer und 3,7% für Frauen gekommen ist, in Rente gegangen sind, muss man keine komplexen Rechnungen ausführen, um vorhersagen zu können, dass sich eine gesetzliche Rentenversicherung mindestens für Männer nicht mehr rechnet, dass Männer eine negative Rendite erwirtschaften.

DIW Rente VerzinsungImplizit sagt dies auch Lüthens, denn “Risiken wie Langlebigkeit und Erwerbsminderung” sind weiterhin ausreichend durch die gesetzliche Rentenversicherung abgedeckt, wie er befindet: Männer sterben im Durchschnitt fünf Jahre eher als Frauen. Ihr Risiko, lang zu leben, ist entsprechend geringer. Und dass eine Rentenversicherung diejenigen bestraft, die ihr Erwerbsleben ohne erwerbsminderung hinter sich gebracht haben, die entsprechend ihr Erwerbsleben lang volle Rentenbeiträge geleistet haben, um sich im Alter, was die Rendite angeht, schlechter zu stellen als diejenigen, die weniger einbezahlt haben, die Auszeiten für Kindererziehung und sonstige Privatvergnügen genommen haben, das mit angeblicher Rentengerechtigkeit stimmig zu bekommen, ist eines der Kunststücke, zu dem nur Deutsche fähig sind.

In den meisten anderen Ländern wäre längst real, was Lüthens fürchtet: Ausweicheffekte, eine Schattenwirtschaft, die dem Staat die Beiträge entzieht, die er nutzt, um die konstanten Beitragszahler im Vergleich zu den nicht konstanten Beitragszahlern schlechter zu stellen.

Es ist kaum mit der Idee einer Rentenversicherung zu vereinbaren, dass diejenigen, die relativ mehr einzahlen sich im Alter relativ schlechter stellen als diejenigen, die relativ weniger eingezahlt haben. Eine solche Form der Umverteilung kann nur der gut finden, der davon profitiert, wie dies Politiker tun, deren Rentenansprüche weitgehend unabhängig von der Anzahl der Jahre sind, die sie im Bundestag abgesessen haben.

Die Ergebnisse von Lüthens sind übrigens inflationsbereinigt!

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