Akademisierte Hate Speech: Ein Erklärungsvorschlag
von Dr. phil. habil. Heike Diefenbach
Der folgende Erklärungsvorschlag für die zunehmende Häufigkeit, mit der man in Deutschland aus angeblich bildungsnahem Munde hate speech vernehmen muss (z.B. hier und hier), zumindest aber Verunglimpfungen und Beschimpfungen ganzer Personengruppen, ist schon seit einiger Zeit in meinem Kopf “gereift”. Ich melde auf diesen Erklärungsvorschlag explizit mein copyright an und beanspruche ihn als mein geistiges Eigentum, das ich im Übrigen in Zukunft noch zu einer durch weitere Argumente, wissenschaftliche Literatur und möglichst auch empirische Daten ergänzten Argumentationskette weiterzuentwickeln und weiterzuverwenden beabsichtige. Ich bitte, diesen Text als einen groben Entwurf der Argumentationskette aufzufassen, die ich bislang entworfen habe und noch weiterentwickeln werde. Die Argumentationskette – soweit sie bislang gediehen ist – hat sehr von der Diskussion mit anderen ScienceFiles-Mitarbeitern profitiert, und für diese Diskussionen will ich ihnen und allen voran Michael Klein meinen Dank aussprechen.
Wir haben in Deutschland zur Zeit eine sehr große und prekäre Mittelschicht, der der Statuserhalt in weiten Teilen nur mit Hilfe staatlicher Unterstützung in Form von Beamtentum, Hochschullehrer-, Projekt- und anderen Stellen an staatlichen Institutionen gelingen kann, die ihrerseits vom Erwerb formaler Bildungstitel abhängig (gemacht) sind. Die Verbitterung der Angehörigen dieser prekären Mittelschicht darüber, dass sie ihren Status nicht aus eigener Kraft erhalten oder verbessern können, war m.E. latent immer, soll heißen: lange vor dem Phänomen der hate speech aus akademischem Mund, vorhanden.
Diese Annahme macht Sinn, wenn man davon ausgeht, dass Menschen das Empfinden von Selbstwirksamkeit brauchen, um den Respekt vor sich selbst entfalten und erhalten zu können. Wenn der Erhalt des eigenen Status aber nicht aus eigener Kraft möglich ist, sondern ständig latent bedroht ist, weil der Staat gibt, der Staat aber auch nimmt, dann kann sich schwerlich Respekt vor sich selbst und Vertrauen in die Fähigkeit einstellen, sich aus eigener Kraft und unabhängig von staatlichen Einrichtungen ein gutes Leben zu schaffen.
Wie gesagt ist m.E. das Gefühl der Verbitterung notwendig mit dem akademischen Prekariat verbunden, aber es konnte bislang überspielt werden oder wurde vielleicht bei einigen tatsächlich dadurch ausgeglichen, dass sie sich in der Annahme wähnen konnten, dass die Menschen “da draußen” das Prekariat samt der Arbeitsbedingungen, unter denen es seinen monatlichen Obolus vom Staat verdienen muss, als solches nicht erkennen würden und daher – statt diese prekären Existenzen zu bemitleiden – sie ob ihrer formalen Bildungsnähe und ihres Prestiges bewundern oder beneiden würden und sogar ihre unbegründeten Behauptungen und Anleitungen zum rechten Leben in der “guten” Gesellschaft fraglos akzeptieren würden. Solange diese Illusion in irgendeiner Weise haltbar war, solange konnte die Verbitterung über die Selbstunwirksamkeit ertragen werden, ging sie doch – so die Annahme – mit einem nach außen hin hohen Prestige und (damit) mit der Möglichkeit einher, den sozialen Status der Herkunftsfamilien zu halten, einen sozialen Abstieg also zu vermeiden.
Dass wir in Deutschland derzeit eine Welle des verbalen Hasses in Form von pauschalen Unterstellungen und akademisierten Beleidigungen auf Seiten des akademischen Mittelschichts-Prekariates beobachten müssen, erklärt sich m.E. daraus, dass sich die oben beschriebene Illusion nicht mehr aufrechterhalten lässt. Die Angehörigen dieses Prekariats können nicht mehr umhin zu bemerken, dass die Leute “da draußen” ihre unbegründeten Behauptungen und Beurteilen und ihre Überlegenheitsansprüche nicht mehr akzeptieren und sich nicht mehr mit Schablonen abfertigen lassen wie der Vorstellung, dass überall, wo “Bildung” oder “Wissenschaft” draufsteht, auch “Bildung” oder “Wissenschaft” drin ist. Sie merken, dass mit der Entwicklung einer Zivilgesellschaft ihr Prestige und ihr sozialer Status, die ihnen die Positionsgesellschaft zugeschrieben hat, gefährdet sind.
Sie sind deshalb notwendigerweise die Fürsprecher des status quo (ganz so, wie das Horkheimer für die Ehefrauen in der traditionellen Kleinfamilie begründet hat), und je stärker der Angriff auf die Positionsgesellschaft von ihnen wahrgenommen wird, desto stärker wird ihr Empfinden für die eigene prekäre Situation und desto stärker fühlen sie den Druck, gegen alles, was den status quo in Frage stellt, vorgehen zu müssen.
Dabei ist auch – im Anschluss an die Argumentation von Raymond Boudon – zu berücksichtigen, dass für diese Leute der Verlust ihres Prestiges bzw. ihres sozialen Status ungleich bedrohlicher ist als für Leute, die einen Arbeiterhintergrund haben (wie z.B. ich ihn habe), denn wenn sie ihn verlieren, dann bedeutet das einen sozialen Abstieg im Vergleich zu ihrer Familientradition oder zumindest im Vergleich zu ihren Eltern, während akademische Bildung und Universitätskarriere für jemanden mit Arbeiterhintergrund ohnehin schon mehr sind als er erwarten konnte bzw. als von seinen Eltern für ihn erwartet wurde, so dass beides für ihn nicht “Pflicht” ist, ganz davon abgesehen, dass – nunmehr auch im Anschluss an Pierre Bourdieu – zu erwarten ist, dass wahrscheinlich wichtige seiner Bezugspersonen, die der Arbeiterschicht entstammen, seine akademische Bildung oder Karriere (zumindest) nicht uneingeschränkt positiv betrachten.
Angesichts des Zusammenbrechens der Positionsgesellschaft (hoffentlich zugunsten einer Zivilgesellschaft) beißt sich die Katze sozusagen in den Schwanz:
Wenn die Position des Akademikers aus der Mittelschicht nur dem Statuserhalt gedient hat oder mehr als der Befriedigung einer Lust an Wissenschaft, verbunden mit einem entsprechenden Berufsethos, dann fehlen ihm die Mittel, Überzeugungsarbeit zu leisten, denn das setzt gute Begründungen und Argumentationsfähigkeit voraus, also alles das, was er nicht geübt hat, weil er von Anfang an kein großes Interesse an Wissenschaft als solcher hatte und er während der vergangenen Jahre oder gar Jahrzehnte von niemandem dazu gezwungen wurde, sich hierin zu üben; sein Prestige kam ja einfach mit dem Bildungstitel und der Anstellung an der Uni oder irgendeinem An-Institut.
U.a.. aus diesem Grund ist es dem akademischen Mittelschichts-Prekariat nun nicht möglich, den neuen Anforderungen, die eine zunehmend kritikfähige und -bereite Öffentlichkeit stellt, gerecht zu werden. (Zumindest ein weiterer Grund ist vorstellbar: vielleicht fehlt ihm sogar die grundsätzliche Bereitschaft hierzu, weil der gepflegte Dünkel es als Zumutung erscheinen lässt, wenn die Öffentlichkeit Begründungen einfordert oder Verdikten, die von einer Position aus verkündet werden, widerspricht.) Es kann daher nur negativ auf die neuen Ansprüche reagieren, d.h. mit Abwehr.
M.E. haben auch die Versuche der letzten beiden Jahrzehnte, die Vergabe von gesellschaftlichen Gütern durch das meritokratische Prinzip durch Herstellung von Ergebnisgleichheit zu ersetzen, dazu beigetragen, dass wir in Deutschland zunehmend mit hate speech auf Seiten des Mittelschichts-Prekariats bzw. akademischen Prekariats konfrontiert werden:
Die Illusion vom hohen Prestige, die ihrerseits u.a. durch Vorstellungen von Gebildet-Sein – angezeigt durch formale Bildungstitel oder bestimmte Positionen an Universitäten – gespeist wird bzw. wurde, erfordert, dass Gebildet-Sein etwas ist, worauf man stolz sein kann, also etwas, was man sich erarbeitet hat, was aber nicht jeder hinterhergeworfen bekommt, nur, weil er zufällig irgendein Merkmal wie ein bestimmtes Geschlecht oder eine bestimmte Hautfarbe mit sich herumträgt. Wenn Bildungstitel und Positionen an Universitäten aber zunehmend aufgrund von Gleichstellung z.B. nach dem Merkmal “Geschlecht” vergeben werden, dann gerät das akademische Mittelschichts-Prekariat gleich von zwei Seiten unter Druck:
Auf der einen Seite klagt die Öffentlichkeit ohnehin schon Begründungen und überhaupt eine Kommunikation mit ihr (und nun zusätzlich noch über Fragen der Verteilungsgerechtigkeit) ein, auf der anderen Seite fällt der Staat seinem akademischen Prekariat in den Rücken, indem er dessen Prestige noch weiter senkt als es ohnehin schon gesunken ist, denn er erklärt ja durch die Gleichstellung nach bildungsfremden Merkmalen die Bildung, die bislang Akademikern unterstellt wurde und die sie vielleicht tatsächlich hatten, für irrelevant, um eine Position zu ergattern. Sie werden also von dem Staat, von dessen Gnaden sie ihren Status erhalten haben, zwar benutzt, um seine Ideologie zu legitimieren, aber gleichzeitig diskreditiert.
Sie können sich hiergegen jedoch nicht wehren, eben weil sie vollständig vom Staat abhängig sind und keine Alternativen sehen, die ihnen eine befriedigende und einträgliche Existenz auf dem Arbeitsmarkt (jenseits staatlicher Einrichtungen) erlauben würden. Also schweigen sie zu der staatlichen Unterwanderung ihres Prestiges oder versuchen, das Beste aus dem Schlechten zu machen, indem sie u.a. Genderismus und Gleichstellung zu ihrem Thema machen. Sie passen sich also dem staatlichen Willen an, um die Position nicht zu verlieren, mit der ihr sozialer Status verbunden ist.
Aber sie befinden sich in einer lose-lose-situation, in der die Anpassung zur Sicherung der vermeintlich prestigeträchtigen beruflichen Position die Aushöhlung der Prestigeträchtigkeit dieser Position bewirkt, die für das akademische Prekariat doch so wichtig ist. Die Öffentlichkeit dürfte nämlich vor einer Profession, in der Positionen nicht nach Leistung, sondern nach Geschlecht oder sozialer Herkunft oder sonst einem bildungsfremden Merkmal vergeben wird, nämlich noch weniger Respekt haben als vor einer Profession, die voller Leute ist, die sich zu schade dafür sind, ihr Wissen in der Kommunikation mit der Öffentlichkeit unter Beweis zu stellen. Letzteren wird oder wurde bislang immerhin die Möglichkeit zugestanden, dass sie über relevantes Wissen verfügen, bei Gleichgestellten ist die Frage nach deren Wissen per definitionem verfehlt.
Welche Folgen es für die institutionalisierte Wissenschaft haben wird, wenn sie in der breiten Öffentlichkeit vollständig diskreditiert ist, kann nicht mit Sicherheit vorausgesagt werden, aber wahrscheinlich wird der Staat zukünftig nicht mehr so viele Positionen für Mittelschichtler an Universitäten, Instituten und An-Instituten samt der damit verbundenen Gehälter und Fördergelder rechtfertigen können, wie er es bisher getan hat, und das wiederum bedeutet, dass die Aufgabe des Statuserhaltes für Mittelschichtler zukünftig noch schwieriger zu lösen sein wird als bisher.
Angesichts dieser vertrackten Situation greift das akademische Mittelschichts-Prekariat zu dem Mittel, das ihm – wie oben argumentiert mittel- bis langfristig fälschlich – als das günstigste und am einfachsten zu handhabende erscheint: es nutzt den seiner Auffassung nach noch verbliebenen Rest von Prestige zur Diskreditierung von Kritik am status quo, und zwar mittels akademisierter Beschimpfungen einzelner Personen und zunehmend häufig ganzer Personengruppen.
Diese Beschimpfungen sind insofern akademisiert als sie – ohne weitere Begründung – verbalen Bezug auf wissenschaftliche oder auch nur theoretische Konzepte nehmen und aus dem hergestellten verbalen Bezug den Anspruch auf tatsächliche Angemessenheit der negativen Beurteilung ableiten, die mit der in Frage stehenden Betitelung vorgenommen wird. Die Beschimpfung soll auf diese Weise transformiert werden in eine wissenschaftlich begründete und damit (bis auf Weiteres) unabweisbare negative Beurteilung. Aus dem Wichtigtuer oder Geltungssüchtigen wird der Narzisst, aus dem, der kein Abitur hat, ein Bildungsferner (vielleicht mit dem Gehirn eines frühen hominiden Vorfahren des modernen Menschen) oder jemand auf der untersten Kompetenzstufe, aus jemandem, der den status quo kritisiert, ein Extremist, Rechter oder ein Phobiker, mindestens aber ein Unzufriedener, Frustrierter oder Querulant.
Dabei ist entscheidend, dass die negativ wertende Betitelung von Personen oder Personengruppen tatsächlich nicht das theoretisch und empirisch begründete Ergebnis einer Analyse ist, sondern die negativ wertende Betitelung eine bloße Behauptung darstellt. Wenn z.B. Uli Hoeneß von Herrn Bandelow in einem Mainstream-Medium als Narzisst samt dessen negativer Eigenschaften beurteilt wird, dann ist diese Unterstellung durch Herrn Bandelow durch nichts begründet als durch seinen gusto; Herr Hoeneß hat nämlich keine Persönlichkeitsskalen für Herrn Bandelow ausgefüllt, die die Bezeichnung “Narzisst” begründen könnten, und dementsprechend drückt Herr Bandelow damit lediglich sein Vorurteil gegen (Leute wie?) Herrn Hoeneß aus.
Durch akademisierte Beschimpfungen und aus ihnen zusammengesetzte hate speeches hoffen diejenigen, die sie pflegen, Kritik am status quo und Widerspruch von vornherein delegitimieren und damit abweisen zu können. Gleichzeitig entlastet der verbal geäußerte Hass kurzzeitig von der (m.E. übrigens angemessenen) angestauten Angst vor dem Statusverlust.
Ein solches Verhalten macht aber der Öffentlichkeit nur weiterhin deutlich, dass das akademische Prekariat nichts zu bieten hat, was ihm Prestige einbringen und einen hohen oder auch nur vergleichsweise höheren sozialen Status rechtfertigen könnte. Und vom Staat ist bis auf Weiteres nicht zu erwarten, dass er seine Politik der Diskreditierung von Leistung und Wissen beendet. Das akademische Prekariat kann sich also durch seine hate speech nicht aus seiner lose-lose-Situation befreien, sondern nur die oben angesprochene kurzzeitige Erleichterung finden, die die Beschimpfung anderer Personen gibt: immerhin hört man, während man selbst beschimpft, nicht die Kritik an der eigenen Person, Position oder Einstellung, oder anders ausgedrückt: Das zu hören, was man nicht hören möchte, kann vielleicht vermieden werden, wenn man selbst möglichst viel und laut spricht, so die Hoffnung.
Die Angst vor dem im Prinzip für alle erkennbaren sozialen Abstieg, vor dem, was um so mehr als soziale Schande empfunden werden dürfte, je stärker man sich vorher von den “Bildungsfernen” und den Andersdenkenden “da draußen” abgesetzt hat, bringt das akademische Mittelschichts-Prekariat anscheinend zu nennenswert großen Anteilen dazu, die Idee der Wissenschaft nur allzu bereitwillig aufzugeben – sofern es sie jemals kennengelernt hat. Für die institutionalisierte Wissenschaft ist dies und die daraus resultierende zunehmende Häufigkeit, mit der akademisierte Beschimpfungen und hate speeches geäußert werden, ein überaus peinliches Eingeständnis ihrer Inkompetenz und Hilflosigkeit.
Aber vielleicht handelt es sich dabei um einen notwendigen und unvermeidlichen Prozess: die Spreu trennt sich vom Weizen, und Wissenschaftler, die Wissenschaft betreiben wollen und können, werden klar unterscheidbar von Akademikern, die bloß möglichst hohes Prestige haben möchten und den sozialen Status erhalten möchten, den ihre Herkunftsfamilie aufzuweisen hatte und hinter den sie auf keinen Fall zurückfallen möchte. In absehbarer Zukunft ist es dann vielleicht und hoffentlich wieder möglich, bei der Erwähnung einer wissenschaftlichen Studie etwas anderes beim Zuhörer zu produzieren als ein Abwinken, ein gelangweiltes Gähnen oder ein zynisches Grinsen.
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Geistiges Eigentum? Glauben Sie wirklich an so was?
Abgesehen davon, an der gelungenen Analyse gibt es noch Frage die eine Erörterung wert wäre:
Ist die mediale Auswahl der Wissenschaftler repräsentativ oder werden qualitativ minderwertige Systemwissenschaftler bevorzugt, um den scheiternden Staat verbal zu unterstützen?
“Analyse war vielleicht das falsche Wort. Theorie passt besser.”
Ich bin wie im Titel zum Text schon gesagt der Meinung, dass derzeit “Erklärungsvorschlag” der angemessenste Begriff ist. Die theoretische und (vielleicht wenigstens im Ansatz) empirische Fundierung habe ich schon im Kopf, aber hier noch ausformuliert, sondern eben nur angedeutet – mit dem Verweis auf Boudon und Bourdieu.
“Geistiges Eigentum? Glauben Sie wirklich an so was?”
Ja, insofern als ich eine Unterscheidung zwischen der Inanspruchnahme und Publikation meiner Ideen durch mich selbst und derselben durch andere kenne. Mir ist es schon passiert, dass jemand klammheimlich meine Idee zur Kenntnis genommen hat und sich ebenso klammheimlich auf “alternativen” Wegen und ganz schnell just die Daten besorgt hat, um meine Idee zu testen, mit denen ich plante, meine Idee zu testen. Diese Person hat es dann geschafft, mir mit ihrer Publikation zuvorzukommen, und sie hat heute einen Job als Professor (und hat deshalb das Publizieren nicht mehr so notwendig, was ich für einen Segen für all diejenigen halte, die eine gute Idee haben und in den Dunstkreis dieser Person geraten). Aus meinem akademischen Bekanntenkreis kann ich sagen, dass ich mit einer solchen Erfahrung nicht alleine bin.
Jedenfalls lege ich seitdem ziemlich großen Wert darauf, frühzeitig und öffentlich festzuhalten, was MEINE Ideen sind bzw. festzuhalten, dass ich eine Idee hatte, BEVOR sie (tatsächlich oder angeblich) jemand anders hatte.
“Ist die mediale Auswahl der Wissenschaftler repräsentativ oder werden qualitativ minderwertige Systemwissenschaftler bevorzugt, um den scheiternden Staat verbal zu unterstützen?”
Es ist nur plausibel anzunehmen, dass Medienvertreter sozusagen ihre Pappenheimer kennen, also wissen, wen sie mit dem gewünschten Ergebnis und ohne großen Aufwand instrumentalisieren können, und zuerst auf diesen zurückzugreifen versuchen. Allerdings soll ja auch nicht der Eindruck entstehen, dass das immer dieselbe und vielleicht die einzige Person ist, die die erwünschte akademisierte Beschimpfung von sich gibt, so dass sie Gefahr läuft, sozusagen als akademischer Narrenkappenträger zu erscheinen; das würde der guten Sache ja keine guten Dienst erweisen. Das wiederum legt es nahe zu vermuten, dass man sich als Medienvertreter immer wieder einmal nach jemandem Neuen umschauen muss, der instrumentalisierbar erscheint. Und mir persönlich scheint, dass sich einige akademische Beschimpfer zu diesem Zweck auch freiwillig melden, z.B. über den Weg der Pressestelle. Aber das sind nur meine Überlegungen aufgrund von Plausibilitätsannahmen und eigenen Erfahrungen. Genau und zuverlässig sagen, kann ich das nicht.
Plausibel ist für mich auch die Vermutung, dass “Systemwissenschaftler” derzeit alles andere als eine Seltenheit sind, erstens, weil es schlichtweg wenige an Unis Angestellte gibt, die aus der Arbeiterschicht kommen oder aus der Oberschicht; die bei weitem große Mehrheit entstammt der Mittelschicht, und sie ist es ja, für die im Zuge der Inflationierung von Bildungsabschlüssen und Restrukturierungen am Arbeitsmarkt der Erhalt des sozialen Status zu einem immer größeren Problem geworden ist.
Darüber hinaus ist die Anreizstruktur an deutschen Universitäten mit Bezug auf Lehrverpflichtung, Forschungsmöglichkeiten und materielle Arbeitsbedingungen dort nicht dazu angetan, Leute anzuziehen, die tatsächlich nur oder vor allem Wissenschaft betreiben möchten – das ist schwierig, wenn man ständig einer großen Gruppe von Leuten dieselben Module vorlesen muss, deren Klausuren korrigieren und übrigens oft auch selbst beaufsichtigen muss, sich eine Sekretärin mit einer anderen Professur teilen muss, Anwesenheitszeiten schriftlich bestätigen muss, beantragen muss, wenn man ein Auslandsgespräch von einem nicht dafür autorisierten Telephonapparat führen möchte, oder die Beschaffungsstelle von einem neuen Foliensatz sozusagen herunterheben muss, ganz zu schweigen von den Ausschreibungen von Forschungsprojekten mit bereits vorformulieren Inhalten und Bearbeitungsbereichen, auf die man sich bewerben darf – und muss, wenn man der Verpflichtung gerecht werden will, Drittmittel einzuwerben, deren Erfüllung wiederum bei der nächsten Mittelzuweisungsrunde bedeutsam ist oder darüber entscheidet, ob jemand vom Junior- zum Senior-Professor ernannt wird etc. etc. etc.
Wenn man gut ist (und man seine erste Naivität überwunden hat und langsam merkt, wie der Hase an deutschen Unis läuft), dann geht man ins Ausland, wo man seine Arbeitsbedingungen und -verträge aushandeln kann (was nicht überall geht, aber doch in vielen anderen Ländern besser als in Deutschland), oder man geht gar nicht erst an die Uni. Die Strukturen an der Uni sind eben nicht die Strukturen, die jemanden zum Verbleib anreizen können, der für sich Chancen sieht, auf dem Arbeitsmarkt bessere Arbeitsbedingungen zu finden oder sich selbst einen Markt zu schaffen. Früher war das anders, und die alten C4-Profs hatten viele Möglichkeiten und Freiheiten, die das Leben an der Uni attraktiv gemacht haben, aber in den letzten 10, 15 Jahren wurde die Anreizstruktur der Uni immer schlechter, und es ist nur noch die Illusion vom Prestige geblieben, die in der Realität durch nichts gerechtfertigt ist.
Deshalb fürchte ich, dass die Universität mit steigender Tendenz, sagen wir: unterdurchschnittlich fähige Wissenschaftler rekrutiert. Klar, damit wird man nicht allen Leute an der Uni gerecht; es gibt die seltsamsten privaten Gründe und Zwänge, warum jemand meint, sein Leben an der Uni fristen zu müssen, aber tendenziell ist das, glaube ich, schon so. Die Erzeugnisse, die von der Uni in Form von Studien und öffentlichen Stellungnahmen bis hin zu akademisierten Beschimpfungen kommen, betrachte ich als Indikatoren dafür, dass ich mit meiner Befürchtung Recht habe.
Die Ergänzung zu den Medienvertretern ist plausibel.
Was die Ideen angeht: Natürlich will ich niemandem das Recht absprechen, etwas geheimzuhalten, und betrachte die Aufdeckung von Geheimnissen auch als Verletzung von Persönlichkeitsrechten, oder die Veröffentlichung von irgendeiner Arbeit unter falschem Namen als Betrug. Ich sehe dennoch nicht, wie man das Verbot eine veröffentlichte Idee weiter zu untersuchen und Arbeiten darauf aufzubauen rational begründen will. Das erinnert einen an die Patenttrolle, die sich schon die Rechte am Quantencomputer gesichert haben.
Ich verstehe ehrlich gesagt nicht so wirklichk, worum es Ihnen geht, aber was den Hinweis am Anfang des Textes von Heike Diefenbach angeht, so ist das eine Auffordung an die Moral, die man in Deutschland leider voranstellen muss, die Moral, die da sagt: Ideen, die andere hatten, nicht als eigene auszugeben. Leider muss man derartige Selbstverständlichkeiten in Deutschland betonen, einem Land, in dem die Politiker das Plagiieren als Sport betreiben und sich dennoch für moralisch integer halten und einem Land, in dem es an Universitäten schon vor Jahren normal war, die Ideen anderer als die eigenen auszugeben …
Ich muss zugeben, dass ich ebenso wenig wie Michael Klein verstehe, worum es hier geht.
Was habe ich denn wann und wo und vor wem geheimgehalten oder will ich geheimhalten?
Und ich habe auch niemandem untersagt, meine Idee nicht weiterzuentwickeln oder sonst was.
Worauf ich Wert lege und was ich betont habe, ist mein Recht, als Urheber einer bestimmten Idee bzw. der entsprechenden Argumentation anerkannt und genannt zu werden. Jemand, der mich wider besseren Wissens nicht als die ursprüngliche Quelle dieser Idee oder Argumentation nennt, macht sich juristisch strafbar und moralisch mir gegenüber schuldig.
Für die Assoziationen, die das bei Ihnen weckt, bin ich nicht verantwortlich, aber mein Recht auf Urheberschaft bestimmter Gedanken werde ich durchsetzen, so gut ich kann – darauf habe ich mich seit meiner sehr unangenehmen Erfahrung, die ich schon geschildert habe, selbst verpflichtet, und ich werde mich nicht enttäuschen! 🙂
Sehr geehrte Frau Dr. Diefenbach, möchten Sie als Referent zu diesem Thema zu einer Veranstaltung nach Dresden kommen? Hier wird es um CS gehen und Ihr Engagement (inklusive Ideenmanagement, Wissensgesellschaft, Honorierung) mit dem Bezug würde m.E. hervorragend passen.
Entschuldigen Sie bitte, dass ich erst jetzt auf Ihren Kommentar reagieren kann; er war mir einfach bislang entgangen.
Zum Inhalt des Kommentars:
Herzlichen Dank für die Einladung nach Dresden!
Ja, vermutlich würden meine Bemerkungen, die ich im Text oben gemacht habe, gut passen, und ich glaube tatsächlich, dass sie eine weitere Verbreitung verdient hätten. Und sie sollten eigentlich auch gut der allseits geforderte und für sich in Anspruch genommene Reflexivität entsprechen und insofern auf fruchtbaren Boden fallen.
Aber wenn ich den Aufwand einer Reise und eines Vortrages (samt der finanziellen und emotionalen Kosten, die mit beidem verbunden sein mögen) und des zu erwartenden Effektes mit dem Aufwand und dem zu erwartenden Effekt des Verfassens eines Textes auf ScienceFiles vergleiche, dann komme ich zu dem Schluss, dass ich meine Zeit besser, nämlich in jeder Hinsicht kostengünstiger bei gleichzeitig vermutlich größerem Effekt (aufgrund größerer Leserschaft), damit zubringe, mich neben all meiner sonstigen Arbeit auf ScienceFiles zu engagieren.
Das ist einfach das Ergebnis eines (subjektiv) rationalen Kalküls, das Sie sicherlich nachvollziehen können. Insofern bitte ich um Verständnis dafür, wenn ich Ihrer freundlichen Einladung nicht nachkomme.
Im Zeitalter des Internet ist für jeden zugänglich, was ich zu bestimmten Themen zu sagen habe, und wer wissen will (oder auch nur dafür offen ist), was ich zu sagen habe, der muss meine Texte lesen.
Das stellt am ehesten sicher, dass er sich mit dem auseinandersetzt, was im Text argumentiert wird und nicht von irgendetwas Zwischenmenschlichem beeinflusst wird, was das Textverständnis leider häufig in den Hintergrund treten lässt.
Dennoch nochmals herzlichen Dank für die Einladung!
Hmm, möglicherweise verpassen Sie was :). Aber vielleicht darf ich Sie weiter zu der Veranstaltung informieren?
Mit freundlichem Gruss aus Dresden
Mario Lehmann
… naja, klar verpasst man immer irgendwo etwas, denn man kann ja nicht überall sein und alles machen und kann nicht vorher wissen, was man wo verpassen wird.
Umso mehr begrüße ich es, wenn Sie mich von der Veranstlatung unterrichten, denn dann weiß ich wenigstens, was ich verpasst habe 🙂
Sie können ja vielleicht auf der Veranstaltung “Reklame” für meinen Text bzw. ScienceFiles machen, wenn Sie wollen!?
Danke im Voraus dafür, dass Sie mich auf dem Laufenden halten werden, und viel Erfolg mit der Veranstaltung!
Nur als kurzer (noch nicht durchdachter) Einwand:
Menschen, die den Beamtenstatus erlangt haben kann man wohl nicht Angst vor sozialem Abstieg als Mecker-Motiv unterstellen. Die leben zwar vom Staat, sind aber nicht mehr von dessen Wohlwollen abhängig. Aber auch diese finden sich gerne mal unter den “Hate-Speechern” und schweigen andererseits fast kollektiv, während die Universitäten zu feministischen Hysteriekindergärten umgebaut werden.
Dass Beamte nicht mehr vom Wohlwollen des Staates abhängig sind, ist ein frommer Wunsch. Selbst Richter, die gewöhnlich als die Spitze der beamtlichen Unabhängigkeit angesehen werden, sind von staatlichen Entscheidungen abhängig. Die Abhängigkeit kann sich darin äußern, dass nicht nachvollziehbare Entscheidungen über Beförderungen treffen werden, darin, einen Strafrichter eben einmal in die Registratur zu versetzen, damit auch andere Richter einmal strafen dürfen oder darin, Richter auf immer und ewig zum Beisitzen in einer Kammer zu verdammen. Im übrigen ist das Beamtenrecht jederzeit der Änderung durch Politiker zugänglich …, so wie es verbeamteten Professoren jederzeit blühen kann, dass ihr Fachbereich geschlossen wird. Das bedeutet dann zwar nicht das Ende der Versorgungssicherheit, aber in jedem der beschriebenen Fälle einen Verlust an Status und Prestige und darum geht es im Text von Dr. habil. Heike Diefenbach.
Danke, Michael! Das bringt es gut auf den Punkt, den ich hier nur noch einmal bestärken kann:
Es geht hier nicht nur oder nicht in erster Linie darum, einen Job zu ergattern, der einen möglichst zuverlässig ernährt.
Ginge es darum, so würde sich ein Studium vieler universitärer Fächer überhaupt nicht lohnen, und selbst, wenn man eine Professur besetzt, kann man vielleicht gerade noch als überdurchschnittlich Verdienender bezeichnet werden, aber schwerlich als wirklich gut Verdienender. Und man muß das, was man in seinen Jahren als regulärer Prof verdient, gewichten mit all den Jahren, in denen man nichts oder sehr wenig verdient hat, weil man studiert hat, Hilfskraft war, Projektmitarbeiter auf einer halben, dann vielleicht auf einer ganzen Stelle war, Juniorprofefssor war, Gastprofessor, Vertretungsprofessor war …. Das lohnt sich einfach nicht im Vergleich zu jemandem, der im Alter von 16 Jahren Klempner gelernt hat, seitdem als Klempner berufstätig war und im Alter von 36 seinen eigenen Betrieb mit zwei Lehrlingen hat. Hinzu kommen die örtliche Bindung oder gerade örtliche Nicht-Bindung und viele andere kleine und größere Opfer, die man im Verlauf der Uni-Karriere bringen muss, die man in anderen Berufen nicht in dem Maß bringen muss.
In Abwesenheit nennenswerter finanzieller Vorteile und in Anwesenheit wenig anreizender Arbeitsbedingungen bleibt – neben der Begeisterung für Wissenschaft, sofern vorhanden – nur das Prestige, das man noch mit dem Wissenschaftler- oder zumindest Akademiker-Sein verbindet. Und DAS ist es, was akut bedroht ist, und in der Folge ist dann der soziale Status bedroht, den man meint zu haben, wenn man einen prestigeträchtigen Job hat.
Gerade weil an der Uni nichts geblieben ist als Prestige (tatsächliches oder vorgestelltes) und man über Geld nicht redet, damit nicht der Eindruck entsteht, man habe es nötig, sich über Finanzielles Sorgen zu machen, oder sei von anderen Motiven geleitet als der reinen Wissenschaftlichkeit, wird mit Zähnen und Klauen um Prestige gekämpft, und Leute, die den Kniefall vor akademischen Mittelschichtlern nicht mehr machen wollen, müssen sozusagen als moralisch und geistig Unterlegene in ihre Schranken gewiesen werden.
Im übrigen gibt es alle möglichen Arten von Degradierungszeremonien, die sich ganz unabhängig davon, ob jemand (derzeit) kündbar ist oder nicht, pflegen lassen, und bei Bedarf spielt die Verwaltung spielt Professuren, Fächer und Institute an Universitäten in ihrem eigenen Interesse und insofern verständlicherweise und völlig legitim gegeneinander aus. Man kann als Professor also aus sehr vielen Gründen das führen, was ich ein “very miserable life” nennen würde, und wie gesagt: deshalb ist der Verlust von Prestige und sozialen Status sozusagen der Supergau, auf den einige Leute einigermaßen hysterisch und hilflos reagieren, eben z.B. durch akademisierte Beschimpfungen ganzer Gruppen der Bevölkerung, die ihre Stellen finanziert.
Liebe Heike, dein Kommentar legt auch eine Erklärung dafür nahe, dass sich viele institutionalisierte Wissenschaftler an die Bundesregierung und ihre Ministerien verkaufen, als Legitimationsbeschaffer in bezahlten Gutachten, Expertisen oder in vorfinanzierten Projekten mit vorgegebenem Ausgang.
… und hier sollte auch der signifikante Anstieg von Promotionen in Deutschland seit ca. 2005 (namentlich in Päd./Soz.) argumentativ mit einbezogen werden. “Während 1993 noch rund 21.000 Promotionen im Jahr abgeschlossen wurden, waren es 2010 schon fast 26.000. Ein noch stärkerer Anstieg in den kommenden Jahren zeichnet sich ab.” (Quelle: http://www.spiegel.de/unispiegel/studium/promovieren-doktortitel-kann-die-jobsuche-erschweren-a-843999.html)
In 2013 rieten Der Spiegel “Vergesst den Doktortitel” und ZEIT “Lasst das Promovieren sein!” ihrer Leserschaft schon explizit ab davon. WEN meinten diese Artikel denn anders, als jene Akteure, die heute ihrer Prekarisierunserfahrung mit akademisierter Hatespeech Ausdruck verleihen?
Es geht also auch um Bildungsinflation (i.S. Bourdieus) d.h. die faktische Entwertung höherer Bildungszertifikate durch die Flucht der Mittelschichten in die Aneignung eben jener Titel um Abstiegsängste zu verringern. Gleichzeitig gabe es keinen gestiegenen obektiven gesellschaftlichen Bedarf für Personen, die Wissenschaftsabschlüsse rein zum Sozialen Aufstieg instrumentalisieren.
Möglicherweise bietet aber die aktuelle Einwanderungswelle ein breites und nachhaltiges Betätigungsfeld für interkulturell gendersensible Geistes- und Sozialwissenschaftler bzw. Sozialingenieure. Alledings dürfte die soziale Anerkennung in diesen anstrengenden und unbeliebten Jobs (Flüchtlingsadministration und -bildung) auch nicht allzu hoch ausfallen.
Mal schauen welche Richtung die akadmisierte Hatespeech nun einschlägt..
Zu “wissenschaftliche Literatur, empirische Daten und ergänzen der Argumentationskette”:
So sehr ich diesen Vorschlag auch begrüsse, so wenig Erfolgsaussichten für eine Umsetzung von Veränderungen kann ich erkennen.
Anbei zwei Gedanken welche sicher sehr viel empirische Daten (aus e.g. Pressemeldungen) bringen können, die aber auch mögliche Wurzeln von akademischem Hate Speech zeigen die man m.E. zwar aufzeigen aber nicht durch Veränderungen beeinflussen kann (die Nahrungskette ist viel zu kostbar):
1: das Strafrecht ist für akademische Spinner-Kultisten und deren Verleumdung unserer frühesten Vorfahren ausgehebelt, daher können skrupellose Sensationsmedien die niederträchtige Propaganda routinemäßig verklickern.
2: es ist garnicht solange her da haben akademischen Spinner-Kultisten die Bauten und Tafeln (etc) der Vorfahren im eigenen Land verdammt, verflucht und zerstört, heutzutage macht das “nur” noch die beleidigende Propaganda zusammen mit den Sensationsmedien.
Ob sich jetzt der akademische Hate Speech gegen Vorfahren oder andere Personengruppen richtet, da sehe ich kaum Unterschied denn es geht es darum irgendwen in Abwesenheit schlecht zu machen der / die / das sich in Abwesenheit nicht wehren kann.
“So sehr ich diesen Vorschlag auch begrüsse, so wenig Erfolgsaussichten für eine Umsetzung von Veränderungen kann ich erkennen.”
Das wundert mich nicht, denn ich habe nur einen Vorschlag dazu gemacht, wie man die akademisierte hate speech ERKLÄREN kann, nicht dazu, wie man sie beseitigt.
Ich bin bekanntermaßen keine Vertreterin von irgendetwas, was unter die Überschrift “zwangsweise Beseitigunsmaßnahme” fallen würde.
Ich kann nur hoffen zu erreichen, dass die Leute, wenn sie mögliche Hintergründe für die akademisierte hate speech dieselbe nicht für bare Münze nehmen, und vielleicht sogar, dass sich in Zukunft keine (naja, immer weniger) Leute, die die Wissenschaft vertreten wollen, dazu hergeben werden, hate speech zu produzieren, sondern sich Rechenschaft darüber ablegen, welche Aussagen sich tatsächlich theoretisch und empirisch begründen lassen und welche nicht, auch dann nicht, wenn sie aus den Erfahrungen, die einem der persönliche Hintergrund vermitteln mag, resultieren.
Da stehe ich und kann nicht anders (und nicht mehr tun) 🙂
Bei den “Gender-Studies” muss dieser Abwehrreflex demnach um einiges stärker ausgeprägt sein als bei anderen Fachbereichen, da bei diesem akademischen Zweig immer auch der Vorwurf der Unwissenschaftlichkeit, gar des Betruges mitschwingt. Ich denke, dass in diesen Kreisen mittlerweile eine gewisse Peinlichkeit eingesetzt hat, dass man so gar nichts hat, um den Vorwurf auch nur in einem einzigen Punkt zu entkräften.
Das klingt plausibel, und tatsächlich haben sich Leute auf solchen Stellen (wie z.B. das Profx) ja auch schon entsprechend geäußert. Sie wollen sich des ehemaligen hohen Status der Wissenschaft bedienen, um sich von der Begründungspflicht vor der Öffentlichkeit zu entledigen und hiervon unbehelligt ihre Ideologie als angeblich wissenschaftliche Erkenntnis oder durch wissenschaftliche Erkenntnisse gestützt zu präsentieren:
Ich habe einen Job an der Uni. Die Uni war traditionell eine Einrichtung, an der Wissenschaft betrieben und weitergegeben wurde. Also müssen die Leute glauben, dass ich Wissenschaft betreibe und das, was ich erzähle, wissenschaftlich begründet sei.
Sie sind die Letzten ihrer Art; sie leiden noch unter dem “Weiße-Kittel-Syndrom”, das in der breiten Bevölkerung inzwischen nur noch sehr selten zu finden sein dürfte.
Deshalb ist ihnen ihr Job an der Uni für Genderisten so wichtig. Aber er basiert eben auf der falschen Prämisse, dass die Leute noch nennenswert Respekt vor allem hätten, was wissenschaftlich daherkommt. Und sie merken nicht, dass sie, also die Genderisten, selbst ein wichtiger Teil des Prozesses sind, der dazu führt, dass der Respekt vor der Wissenschaft in der Bevölkerung immer mehr schwindet.
Diesen Prozess kann man nicht durch hate speech oder Ignoranz oder Arroganz anhalten. Er erfordert, dass das, was wissenschaftlich daherkommt, auch wirklich wissenschaftlich IST, d.h. dass es nach den Regeln der wissenschaftlichen Kunst theoretisch begründbar und empirisch haltbar ist.
Und just dies können Genderisten mangels wissenschaftlicher Bildung nicht leisten, aber ich vermute, dass sie das auch nicht wollen – hätten sie wissenschaftlich arbeiten wollen, wären sie Sozialforscher geworden, also Leute, die wissen möchten, wie es um unser Zusammenleben tatsächlich bestellt ist, warum es sich so darstellt, wie es sich darstellt, etc. und nicht Genderisten, die eine bestimmte Gesellschaft herstellen wollen – ohne Rücksicht auf irgendwelche Realitäten.
Die Realitäten auf diesem Planeten sind nicht so beschaffen, dass sie irgendeine beliebige Ideologie begründen könnten. Man kann daher nicht Wissenschaftler sein und Ideologe. Irgendwoher muss man die Kraft nehmen, Tatbestände akzeptieren zu können, die man vielleicht persönlich nicht mag, die aber trotzdem so sind – wenn man Wissenschaft betreiben möchte.
Wenn man das nicht kann, dann ist Wissenschaft nicht das richtige Betätigungsfeld für einen.
Ein Unterschied zwischen Genderisten und sonstigen Angestellten an Unis oder mehr oder weniger Studierten, die akademisierte hate speech produzieren, mag sein, dass für Letztere das Prestige der Wissenschaft vor allem Mittel zum Statuserhalt und zur Bewältigung von Unsicherheiten allgemein oder Abstiegsängsten ist, während bei Genderisten entweder das Prestige der Wissenschaft lediglich ein Mittel zum ideologischen Zweck ist oder dieses Motiv noch zum Motiv des Statuserhaltes bzw, der Unsicherheitsbewältigung hinzutritt.
Und diese zuletzt genannte Möglichkeit ist es wahrscheinlich, die Sie zu geführt hat, zu vermuten, dass bei Genderisten der “Anwehrreflex” besonders stark ausgeprägt sein müsste, richtig!?
Falls ja – ja, das ist durchaus möglich, und ich persönlich teile diese Vermutung.
Vielleicht greift meine Überlegung in diesem Kontext zu weit, aber in diese Interpretation kann man auch andere Felder die sich in ihrem Status bedroht fühlen einfügen, z.B. “Qualitätsjournalisten” die zwar nicht abhängig vom Staat sind, sich aber an deren Positionen gemein machen und schnell dazu neigen, Alternativen zu diffamieren und für sich in Anspruch nehmen die einzig wahre Wahrheit zu vertreten, oder aber auch “Gutmenschen” die sich sich aus einer absoluten moralischen Position die vermeintliche Berechtigung zu nehmen die Bevölkerung zu belehren und ratiolanen Argumenten nicht zugänglich sind
Ja! Sehr schön. Haben wir studierten Arbeiterkinder also doch alles richtig gemacht.:)
Vielen dank für die Mühe, kann man seinen Verwandten was zu Lesen und Lachen geben.
“Ja! Sehr schön. Haben wir studierten Arbeiterkinder also doch alles richtig gemacht.:)”
Ich weiß nicht, ob Sie oder ich alles richtig gemacht haben, aber unsere familiären Hintergründe haben sicherlich dazu geführt, dass wir die Dinge mit Bezug auf sozialen Status und Wissenschaft sehr viel entspannter sehen können als der durchschnittliche Mittelschichtler.
Obwohl der Weg zur Uni für uns vergleichsweise weit war, haben wir uns auf diesen Weg gemacht, und wir betreiben Wissenschaft oder die fachlichen Anwendungen von Wissenschaft, weil es uns Spaß macht, und weil es zumindest früher so war, dass man ganz gutes Geld damit verdienen konnte. Aber mal ehrlich: wäre das Gutes-Geld-Verdienen das Hauptmotiv gewesen, hätten wir das auf andere Weise früher und schneller bewerkstelligen können.
Wir sind daher vermutlich so etwas wie die Idealisten (manche würden vielleicht sagen: die Romantiker 🙂 ) der Wissenschaft, jedenfalls vergleichsweise frei von dem Ballast, der mit “Wissenschaftlichkeit” für viele Mittelschichtler daherkommt. (Neben der Funktion des Statuserhaltes ist sie bei Mittelschichtlern vielleicht stärker als für unsereinen mit dem Avantgardegedanken und einem gewissen Beratungs-, wenn nicht Führungsanspruch verbunden….) Und deshalb können wir die Wissenschaft, also die Idee der Wissenschaft als solche, eher zu ihrem Recht kommen lassen.
Ich glaube, es wäre SEHR, SEHR interessant, einmal eine Befragung von Wissenschaftlern an den Unis und in der Privatwirtschaft durchzuführen, die aus der Arbeiterschicht kommen, im Vergleich zu denen, die aus der Mittelschicht stammen, also die Forschung im 2×2-Design anzulegen und zu schauen, ob sich nennenswerte Unterschiede beobachten lassen. Theoretisch würde man sie erwarten (Bourdieu und so …), aber wer weiß!?
Diesbezüglich besteht jedenfalls ein großes Forschungsdefizit. Es gab im Zuge des “Frauen-Sind-Per-Se-Interessant”-Motivs der letzten 15 Jahre einmal eine Forschung über Frauen aus Arbeiterfamilien an der Uni, aber das ist schon eine Weile her, und das war’s auch schon weitgehend zu Forschung zum oben genannten Thema. Besonders VERGLEICHENDE Forschung gibt es nicht. Man fragt sich, warum.
Vielleicht wird davon ausgegangen, dass man, nur weil man mit Mittelschichtlern in einer Mittelschichtsinstitution nach den entsprechenden Regeln eine Qualifikation erwirbt, die Erfahrungshintergründe von Mittelschichtlern, sozusagen nachholen würde und die eigenen vergessen, oder dass die Werte und Praktiken der Mittelschicht so attraktiv seien, dass man mit fliegenden Fahnen zu ihnen überwechseln würde, also sozusagen vom Beratenen zu den Beratenden überwechsel und darauf stolz ist. Ich glaube nicht, dass das so funktioniert, aber ich weiß es nicht.
Trotz der Vorbehale mit dem Copyright habe ich mir erlaubt das zu verlinken. Proteste von der Verfasserin werden gerne entgegen genommen und entsorgt! Grins. Ironie aus.
Danke für den Artikel. http://www.DDRZweiPunktNull.de
Statt Protest gibt’s Dank der Verfasserin! Verlinkung eines Textes unter Nennung des Autors ist ja copyright-bezüglich völlig unproblematisch, und man schreibt Texte ja, damit sie gelesen werden … 🙂
Den Äusserungen von Frau Diefenbach zum Betrieb an einer Uni kann ich nur zustimmen. Spätestens seit der Einführung der W-Besoldung hat die Verwaltung (im Normalfall Rektor /Präsident) enorme Möglichkeiten der Einflussnahme übers Geld. Die Grundgehälter sind deutlich niedriger, dafür können finanzielle Zulagen kurz-langfristig oder dauerhaft vergeben werden – in erheblichem Umfang. Die Rektoren selbst müssen nicht vom Fach, also wirkliche Wissenschaftler, mehr sein; die werden praktisch vom Hochschulrat ernannt, dieser wiederum wird vom Fachministerium dominiert.
Mithin der Griff der Politik sehr tief ins Uni-Geschehen hinein (ich schreibe von B.W.); dies wurde taktisch sehr klug als Steigerung der universitären Selbstbestimmung verkauft.
Was Herr Klein in Richtung Beamte schreibt, kann unterstrichen werden; von wegen “Sicherheit”. Es ist ziemlich einfach, da missliebige Leute loszuwerden, sprich zu entlassen. Da braucht einer nur wegen “Volksverhetzung” Probleme zu bekommen – von hässlicheren Dingen wie KiPo auf seinem Büro-PC will ich gar nicht anfangen……
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Abgesehen davon, an der gelungenen Analyse gibt es noch Frage die eine Erörterung wert wäre:
Ist die mediale Auswahl der Wissenschaftler repräsentativ oder werden qualitativ minderwertige Systemwissenschaftler bevorzugt, um den scheiternden Staat verbal zu unterstützen?
*Analyse war vielleicht das falsche Wort. Theorie passt besser.
@rote_pille
“Analyse war vielleicht das falsche Wort. Theorie passt besser.”
Ich bin wie im Titel zum Text schon gesagt der Meinung, dass derzeit “Erklärungsvorschlag” der angemessenste Begriff ist. Die theoretische und (vielleicht wenigstens im Ansatz) empirische Fundierung habe ich schon im Kopf, aber hier noch ausformuliert, sondern eben nur angedeutet – mit dem Verweis auf Boudon und Bourdieu.
@rote_pille
Ja, insofern als ich eine Unterscheidung zwischen der Inanspruchnahme und Publikation meiner Ideen durch mich selbst und derselben durch andere kenne. Mir ist es schon passiert, dass jemand klammheimlich meine Idee zur Kenntnis genommen hat und sich ebenso klammheimlich auf “alternativen” Wegen und ganz schnell just die Daten besorgt hat, um meine Idee zu testen, mit denen ich plante, meine Idee zu testen. Diese Person hat es dann geschafft, mir mit ihrer Publikation zuvorzukommen, und sie hat heute einen Job als Professor (und hat deshalb das Publizieren nicht mehr so notwendig, was ich für einen Segen für all diejenigen halte, die eine gute Idee haben und in den Dunstkreis dieser Person geraten). Aus meinem akademischen Bekanntenkreis kann ich sagen, dass ich mit einer solchen Erfahrung nicht alleine bin.
Jedenfalls lege ich seitdem ziemlich großen Wert darauf, frühzeitig und öffentlich festzuhalten, was MEINE Ideen sind bzw. festzuhalten, dass ich eine Idee hatte, BEVOR sie (tatsächlich oder angeblich) jemand anders hatte.
Es ist nur plausibel anzunehmen, dass Medienvertreter sozusagen ihre Pappenheimer kennen, also wissen, wen sie mit dem gewünschten Ergebnis und ohne großen Aufwand instrumentalisieren können, und zuerst auf diesen zurückzugreifen versuchen. Allerdings soll ja auch nicht der Eindruck entstehen, dass das immer dieselbe und vielleicht die einzige Person ist, die die erwünschte akademisierte Beschimpfung von sich gibt, so dass sie Gefahr läuft, sozusagen als akademischer Narrenkappenträger zu erscheinen; das würde der guten Sache ja keine guten Dienst erweisen. Das wiederum legt es nahe zu vermuten, dass man sich als Medienvertreter immer wieder einmal nach jemandem Neuen umschauen muss, der instrumentalisierbar erscheint. Und mir persönlich scheint, dass sich einige akademische Beschimpfer zu diesem Zweck auch freiwillig melden, z.B. über den Weg der Pressestelle. Aber das sind nur meine Überlegungen aufgrund von Plausibilitätsannahmen und eigenen Erfahrungen. Genau und zuverlässig sagen, kann ich das nicht.
Plausibel ist für mich auch die Vermutung, dass “Systemwissenschaftler” derzeit alles andere als eine Seltenheit sind, erstens, weil es schlichtweg wenige an Unis Angestellte gibt, die aus der Arbeiterschicht kommen oder aus der Oberschicht; die bei weitem große Mehrheit entstammt der Mittelschicht, und sie ist es ja, für die im Zuge der Inflationierung von Bildungsabschlüssen und Restrukturierungen am Arbeitsmarkt der Erhalt des sozialen Status zu einem immer größeren Problem geworden ist.
Darüber hinaus ist die Anreizstruktur an deutschen Universitäten mit Bezug auf Lehrverpflichtung, Forschungsmöglichkeiten und materielle Arbeitsbedingungen dort nicht dazu angetan, Leute anzuziehen, die tatsächlich nur oder vor allem Wissenschaft betreiben möchten – das ist schwierig, wenn man ständig einer großen Gruppe von Leuten dieselben Module vorlesen muss, deren Klausuren korrigieren und übrigens oft auch selbst beaufsichtigen muss, sich eine Sekretärin mit einer anderen Professur teilen muss, Anwesenheitszeiten schriftlich bestätigen muss, beantragen muss, wenn man ein Auslandsgespräch von einem nicht dafür autorisierten Telephonapparat führen möchte, oder die Beschaffungsstelle von einem neuen Foliensatz sozusagen herunterheben muss, ganz zu schweigen von den Ausschreibungen von Forschungsprojekten mit bereits vorformulieren Inhalten und Bearbeitungsbereichen, auf die man sich bewerben darf – und muss, wenn man der Verpflichtung gerecht werden will, Drittmittel einzuwerben, deren Erfüllung wiederum bei der nächsten Mittelzuweisungsrunde bedeutsam ist oder darüber entscheidet, ob jemand vom Junior- zum Senior-Professor ernannt wird etc. etc. etc.
Wenn man gut ist (und man seine erste Naivität überwunden hat und langsam merkt, wie der Hase an deutschen Unis läuft), dann geht man ins Ausland, wo man seine Arbeitsbedingungen und -verträge aushandeln kann (was nicht überall geht, aber doch in vielen anderen Ländern besser als in Deutschland), oder man geht gar nicht erst an die Uni. Die Strukturen an der Uni sind eben nicht die Strukturen, die jemanden zum Verbleib anreizen können, der für sich Chancen sieht, auf dem Arbeitsmarkt bessere Arbeitsbedingungen zu finden oder sich selbst einen Markt zu schaffen. Früher war das anders, und die alten C4-Profs hatten viele Möglichkeiten und Freiheiten, die das Leben an der Uni attraktiv gemacht haben, aber in den letzten 10, 15 Jahren wurde die Anreizstruktur der Uni immer schlechter, und es ist nur noch die Illusion vom Prestige geblieben, die in der Realität durch nichts gerechtfertigt ist.
Deshalb fürchte ich, dass die Universität mit steigender Tendenz, sagen wir: unterdurchschnittlich fähige Wissenschaftler rekrutiert. Klar, damit wird man nicht allen Leute an der Uni gerecht; es gibt die seltsamsten privaten Gründe und Zwänge, warum jemand meint, sein Leben an der Uni fristen zu müssen, aber tendenziell ist das, glaube ich, schon so. Die Erzeugnisse, die von der Uni in Form von Studien und öffentlichen Stellungnahmen bis hin zu akademisierten Beschimpfungen kommen, betrachte ich als Indikatoren dafür, dass ich mit meiner Befürchtung Recht habe.
Die Ergänzung zu den Medienvertretern ist plausibel.
Was die Ideen angeht: Natürlich will ich niemandem das Recht absprechen, etwas geheimzuhalten, und betrachte die Aufdeckung von Geheimnissen auch als Verletzung von Persönlichkeitsrechten, oder die Veröffentlichung von irgendeiner Arbeit unter falschem Namen als Betrug. Ich sehe dennoch nicht, wie man das Verbot eine veröffentlichte Idee weiter zu untersuchen und Arbeiten darauf aufzubauen rational begründen will. Das erinnert einen an die Patenttrolle, die sich schon die Rechte am Quantencomputer gesichert haben.
Ich verstehe ehrlich gesagt nicht so wirklichk, worum es Ihnen geht, aber was den Hinweis am Anfang des Textes von Heike Diefenbach angeht, so ist das eine Auffordung an die Moral, die man in Deutschland leider voranstellen muss, die Moral, die da sagt: Ideen, die andere hatten, nicht als eigene auszugeben. Leider muss man derartige Selbstverständlichkeiten in Deutschland betonen, einem Land, in dem die Politiker das Plagiieren als Sport betreiben und sich dennoch für moralisch integer halten und einem Land, in dem es an Universitäten schon vor Jahren normal war, die Ideen anderer als die eigenen auszugeben …
Ich muss zugeben, dass ich ebenso wenig wie Michael Klein verstehe, worum es hier geht.
Was habe ich denn wann und wo und vor wem geheimgehalten oder will ich geheimhalten?
Und ich habe auch niemandem untersagt, meine Idee nicht weiterzuentwickeln oder sonst was.
Worauf ich Wert lege und was ich betont habe, ist mein Recht, als Urheber einer bestimmten Idee bzw. der entsprechenden Argumentation anerkannt und genannt zu werden. Jemand, der mich wider besseren Wissens nicht als die ursprüngliche Quelle dieser Idee oder Argumentation nennt, macht sich juristisch strafbar und moralisch mir gegenüber schuldig.
Für die Assoziationen, die das bei Ihnen weckt, bin ich nicht verantwortlich, aber mein Recht auf Urheberschaft bestimmter Gedanken werde ich durchsetzen, so gut ich kann – darauf habe ich mich seit meiner sehr unangenehmen Erfahrung, die ich schon geschildert habe, selbst verpflichtet, und ich werde mich nicht enttäuschen! 🙂
Sehr geehrte Frau Dr. Diefenbach, möchten Sie als Referent zu diesem Thema zu einer Veranstaltung nach Dresden kommen? Hier wird es um CS gehen und Ihr Engagement (inklusive Ideenmanagement, Wissensgesellschaft, Honorierung) mit dem Bezug würde m.E. hervorragend passen.
@Mario Lehmann
Entschuldigen Sie bitte, dass ich erst jetzt auf Ihren Kommentar reagieren kann; er war mir einfach bislang entgangen.
Zum Inhalt des Kommentars:
Herzlichen Dank für die Einladung nach Dresden!
Ja, vermutlich würden meine Bemerkungen, die ich im Text oben gemacht habe, gut passen, und ich glaube tatsächlich, dass sie eine weitere Verbreitung verdient hätten. Und sie sollten eigentlich auch gut der allseits geforderte und für sich in Anspruch genommene Reflexivität entsprechen und insofern auf fruchtbaren Boden fallen.
Aber wenn ich den Aufwand einer Reise und eines Vortrages (samt der finanziellen und emotionalen Kosten, die mit beidem verbunden sein mögen) und des zu erwartenden Effektes mit dem Aufwand und dem zu erwartenden Effekt des Verfassens eines Textes auf ScienceFiles vergleiche, dann komme ich zu dem Schluss, dass ich meine Zeit besser, nämlich in jeder Hinsicht kostengünstiger bei gleichzeitig vermutlich größerem Effekt (aufgrund größerer Leserschaft), damit zubringe, mich neben all meiner sonstigen Arbeit auf ScienceFiles zu engagieren.
Das ist einfach das Ergebnis eines (subjektiv) rationalen Kalküls, das Sie sicherlich nachvollziehen können. Insofern bitte ich um Verständnis dafür, wenn ich Ihrer freundlichen Einladung nicht nachkomme.
Im Zeitalter des Internet ist für jeden zugänglich, was ich zu bestimmten Themen zu sagen habe, und wer wissen will (oder auch nur dafür offen ist), was ich zu sagen habe, der muss meine Texte lesen.
Das stellt am ehesten sicher, dass er sich mit dem auseinandersetzt, was im Text argumentiert wird und nicht von irgendetwas Zwischenmenschlichem beeinflusst wird, was das Textverständnis leider häufig in den Hintergrund treten lässt.
Dennoch nochmals herzlichen Dank für die Einladung!
Hmm, möglicherweise verpassen Sie was :). Aber vielleicht darf ich Sie weiter zu der Veranstaltung informieren?
Mit freundlichem Gruss aus Dresden
Mario Lehmann
… naja, klar verpasst man immer irgendwo etwas, denn man kann ja nicht überall sein und alles machen und kann nicht vorher wissen, was man wo verpassen wird.
Umso mehr begrüße ich es, wenn Sie mich von der Veranstlatung unterrichten, denn dann weiß ich wenigstens, was ich verpasst habe 🙂
Sie können ja vielleicht auf der Veranstaltung “Reklame” für meinen Text bzw. ScienceFiles machen, wenn Sie wollen!?
Danke im Voraus dafür, dass Sie mich auf dem Laufenden halten werden, und viel Erfolg mit der Veranstaltung!
Interessanter Ansatz. Das lesen hat sich gelohnt.
Nur als kurzer (noch nicht durchdachter) Einwand:
Menschen, die den Beamtenstatus erlangt haben kann man wohl nicht Angst vor sozialem Abstieg als Mecker-Motiv unterstellen. Die leben zwar vom Staat, sind aber nicht mehr von dessen Wohlwollen abhängig. Aber auch diese finden sich gerne mal unter den “Hate-Speechern” und schweigen andererseits fast kollektiv, während die Universitäten zu feministischen Hysteriekindergärten umgebaut werden.
Dass Beamte nicht mehr vom Wohlwollen des Staates abhängig sind, ist ein frommer Wunsch. Selbst Richter, die gewöhnlich als die Spitze der beamtlichen Unabhängigkeit angesehen werden, sind von staatlichen Entscheidungen abhängig. Die Abhängigkeit kann sich darin äußern, dass nicht nachvollziehbare Entscheidungen über Beförderungen treffen werden, darin, einen Strafrichter eben einmal in die Registratur zu versetzen, damit auch andere Richter einmal strafen dürfen oder darin, Richter auf immer und ewig zum Beisitzen in einer Kammer zu verdammen. Im übrigen ist das Beamtenrecht jederzeit der Änderung durch Politiker zugänglich …, so wie es verbeamteten Professoren jederzeit blühen kann, dass ihr Fachbereich geschlossen wird. Das bedeutet dann zwar nicht das Ende der Versorgungssicherheit, aber in jedem der beschriebenen Fälle einen Verlust an Status und Prestige und darum geht es im Text von Dr. habil. Heike Diefenbach.
Danke, Michael! Das bringt es gut auf den Punkt, den ich hier nur noch einmal bestärken kann:
Es geht hier nicht nur oder nicht in erster Linie darum, einen Job zu ergattern, der einen möglichst zuverlässig ernährt.
Ginge es darum, so würde sich ein Studium vieler universitärer Fächer überhaupt nicht lohnen, und selbst, wenn man eine Professur besetzt, kann man vielleicht gerade noch als überdurchschnittlich Verdienender bezeichnet werden, aber schwerlich als wirklich gut Verdienender. Und man muß das, was man in seinen Jahren als regulärer Prof verdient, gewichten mit all den Jahren, in denen man nichts oder sehr wenig verdient hat, weil man studiert hat, Hilfskraft war, Projektmitarbeiter auf einer halben, dann vielleicht auf einer ganzen Stelle war, Juniorprofefssor war, Gastprofessor, Vertretungsprofessor war …. Das lohnt sich einfach nicht im Vergleich zu jemandem, der im Alter von 16 Jahren Klempner gelernt hat, seitdem als Klempner berufstätig war und im Alter von 36 seinen eigenen Betrieb mit zwei Lehrlingen hat. Hinzu kommen die örtliche Bindung oder gerade örtliche Nicht-Bindung und viele andere kleine und größere Opfer, die man im Verlauf der Uni-Karriere bringen muss, die man in anderen Berufen nicht in dem Maß bringen muss.
In Abwesenheit nennenswerter finanzieller Vorteile und in Anwesenheit wenig anreizender Arbeitsbedingungen bleibt – neben der Begeisterung für Wissenschaft, sofern vorhanden – nur das Prestige, das man noch mit dem Wissenschaftler- oder zumindest Akademiker-Sein verbindet. Und DAS ist es, was akut bedroht ist, und in der Folge ist dann der soziale Status bedroht, den man meint zu haben, wenn man einen prestigeträchtigen Job hat.
Gerade weil an der Uni nichts geblieben ist als Prestige (tatsächliches oder vorgestelltes) und man über Geld nicht redet, damit nicht der Eindruck entsteht, man habe es nötig, sich über Finanzielles Sorgen zu machen, oder sei von anderen Motiven geleitet als der reinen Wissenschaftlichkeit, wird mit Zähnen und Klauen um Prestige gekämpft, und Leute, die den Kniefall vor akademischen Mittelschichtlern nicht mehr machen wollen, müssen sozusagen als moralisch und geistig Unterlegene in ihre Schranken gewiesen werden.
Im übrigen gibt es alle möglichen Arten von Degradierungszeremonien, die sich ganz unabhängig davon, ob jemand (derzeit) kündbar ist oder nicht, pflegen lassen, und bei Bedarf spielt die Verwaltung spielt Professuren, Fächer und Institute an Universitäten in ihrem eigenen Interesse und insofern verständlicherweise und völlig legitim gegeneinander aus. Man kann als Professor also aus sehr vielen Gründen das führen, was ich ein “very miserable life” nennen würde, und wie gesagt: deshalb ist der Verlust von Prestige und sozialen Status sozusagen der Supergau, auf den einige Leute einigermaßen hysterisch und hilflos reagieren, eben z.B. durch akademisierte Beschimpfungen ganzer Gruppen der Bevölkerung, die ihre Stellen finanziert.
Liebe Heike, dein Kommentar legt auch eine Erklärung dafür nahe, dass sich viele institutionalisierte Wissenschaftler an die Bundesregierung und ihre Ministerien verkaufen, als Legitimationsbeschaffer in bezahlten Gutachten, Expertisen oder in vorfinanzierten Projekten mit vorgegebenem Ausgang.
… und hier sollte auch der signifikante Anstieg von Promotionen in Deutschland seit ca. 2005 (namentlich in Päd./Soz.) argumentativ mit einbezogen werden. “Während 1993 noch rund 21.000 Promotionen im Jahr abgeschlossen wurden, waren es 2010 schon fast 26.000. Ein noch stärkerer Anstieg in den kommenden Jahren zeichnet sich ab.” (Quelle: http://www.spiegel.de/unispiegel/studium/promovieren-doktortitel-kann-die-jobsuche-erschweren-a-843999.html)
In 2013 rieten Der Spiegel “Vergesst den Doktortitel” und ZEIT “Lasst das Promovieren sein!” ihrer Leserschaft schon explizit ab davon. WEN meinten diese Artikel denn anders, als jene Akteure, die heute ihrer Prekarisierunserfahrung mit akademisierter Hatespeech Ausdruck verleihen?
Es geht also auch um Bildungsinflation (i.S. Bourdieus) d.h. die faktische Entwertung höherer Bildungszertifikate durch die Flucht der Mittelschichten in die Aneignung eben jener Titel um Abstiegsängste zu verringern. Gleichzeitig gabe es keinen gestiegenen obektiven gesellschaftlichen Bedarf für Personen, die Wissenschaftsabschlüsse rein zum Sozialen Aufstieg instrumentalisieren.
Möglicherweise bietet aber die aktuelle Einwanderungswelle ein breites und nachhaltiges Betätigungsfeld für interkulturell gendersensible Geistes- und Sozialwissenschaftler bzw. Sozialingenieure. Alledings dürfte die soziale Anerkennung in diesen anstrengenden und unbeliebten Jobs (Flüchtlingsadministration und -bildung) auch nicht allzu hoch ausfallen.
Mal schauen welche Richtung die akadmisierte Hatespeech nun einschlägt..
Hat dies auf MURAT O. rebloggt.
Zu “wissenschaftliche Literatur, empirische Daten und ergänzen der Argumentationskette”:
So sehr ich diesen Vorschlag auch begrüsse, so wenig Erfolgsaussichten für eine Umsetzung von Veränderungen kann ich erkennen.
Anbei zwei Gedanken welche sicher sehr viel empirische Daten (aus e.g. Pressemeldungen) bringen können, die aber auch mögliche Wurzeln von akademischem Hate Speech zeigen die man m.E. zwar aufzeigen aber nicht durch Veränderungen beeinflussen kann (die Nahrungskette ist viel zu kostbar):
1: das Strafrecht ist für akademische Spinner-Kultisten und deren Verleumdung unserer frühesten Vorfahren ausgehebelt, daher können skrupellose Sensationsmedien die niederträchtige Propaganda routinemäßig verklickern.
2: es ist garnicht solange her da haben akademischen Spinner-Kultisten die Bauten und Tafeln (etc) der Vorfahren im eigenen Land verdammt, verflucht und zerstört, heutzutage macht das “nur” noch die beleidigende Propaganda zusammen mit den Sensationsmedien.
Ob sich jetzt der akademische Hate Speech gegen Vorfahren oder andere Personengruppen richtet, da sehe ich kaum Unterschied denn es geht es darum irgendwen in Abwesenheit schlecht zu machen der / die / das sich in Abwesenheit nicht wehren kann.
@Chaeremon
“So sehr ich diesen Vorschlag auch begrüsse, so wenig Erfolgsaussichten für eine Umsetzung von Veränderungen kann ich erkennen.”
Das wundert mich nicht, denn ich habe nur einen Vorschlag dazu gemacht, wie man die akademisierte hate speech ERKLÄREN kann, nicht dazu, wie man sie beseitigt.
Ich bin bekanntermaßen keine Vertreterin von irgendetwas, was unter die Überschrift “zwangsweise Beseitigunsmaßnahme” fallen würde.
Ich kann nur hoffen zu erreichen, dass die Leute, wenn sie mögliche Hintergründe für die akademisierte hate speech dieselbe nicht für bare Münze nehmen, und vielleicht sogar, dass sich in Zukunft keine (naja, immer weniger) Leute, die die Wissenschaft vertreten wollen, dazu hergeben werden, hate speech zu produzieren, sondern sich Rechenschaft darüber ablegen, welche Aussagen sich tatsächlich theoretisch und empirisch begründen lassen und welche nicht, auch dann nicht, wenn sie aus den Erfahrungen, die einem der persönliche Hintergrund vermitteln mag, resultieren.
Da stehe ich und kann nicht anders (und nicht mehr tun) 🙂
Bei den “Gender-Studies” muss dieser Abwehrreflex demnach um einiges stärker ausgeprägt sein als bei anderen Fachbereichen, da bei diesem akademischen Zweig immer auch der Vorwurf der Unwissenschaftlichkeit, gar des Betruges mitschwingt. Ich denke, dass in diesen Kreisen mittlerweile eine gewisse Peinlichkeit eingesetzt hat, dass man so gar nichts hat, um den Vorwurf auch nur in einem einzigen Punkt zu entkräften.
@Die Kehrseite
Das klingt plausibel, und tatsächlich haben sich Leute auf solchen Stellen (wie z.B. das Profx) ja auch schon entsprechend geäußert. Sie wollen sich des ehemaligen hohen Status der Wissenschaft bedienen, um sich von der Begründungspflicht vor der Öffentlichkeit zu entledigen und hiervon unbehelligt ihre Ideologie als angeblich wissenschaftliche Erkenntnis oder durch wissenschaftliche Erkenntnisse gestützt zu präsentieren:
Ich habe einen Job an der Uni. Die Uni war traditionell eine Einrichtung, an der Wissenschaft betrieben und weitergegeben wurde. Also müssen die Leute glauben, dass ich Wissenschaft betreibe und das, was ich erzähle, wissenschaftlich begründet sei.
Sie sind die Letzten ihrer Art; sie leiden noch unter dem “Weiße-Kittel-Syndrom”, das in der breiten Bevölkerung inzwischen nur noch sehr selten zu finden sein dürfte.
Deshalb ist ihnen ihr Job an der Uni für Genderisten so wichtig. Aber er basiert eben auf der falschen Prämisse, dass die Leute noch nennenswert Respekt vor allem hätten, was wissenschaftlich daherkommt. Und sie merken nicht, dass sie, also die Genderisten, selbst ein wichtiger Teil des Prozesses sind, der dazu führt, dass der Respekt vor der Wissenschaft in der Bevölkerung immer mehr schwindet.
Diesen Prozess kann man nicht durch hate speech oder Ignoranz oder Arroganz anhalten. Er erfordert, dass das, was wissenschaftlich daherkommt, auch wirklich wissenschaftlich IST, d.h. dass es nach den Regeln der wissenschaftlichen Kunst theoretisch begründbar und empirisch haltbar ist.
Und just dies können Genderisten mangels wissenschaftlicher Bildung nicht leisten, aber ich vermute, dass sie das auch nicht wollen – hätten sie wissenschaftlich arbeiten wollen, wären sie Sozialforscher geworden, also Leute, die wissen möchten, wie es um unser Zusammenleben tatsächlich bestellt ist, warum es sich so darstellt, wie es sich darstellt, etc. und nicht Genderisten, die eine bestimmte Gesellschaft herstellen wollen – ohne Rücksicht auf irgendwelche Realitäten.
Die Realitäten auf diesem Planeten sind nicht so beschaffen, dass sie irgendeine beliebige Ideologie begründen könnten. Man kann daher nicht Wissenschaftler sein und Ideologe. Irgendwoher muss man die Kraft nehmen, Tatbestände akzeptieren zu können, die man vielleicht persönlich nicht mag, die aber trotzdem so sind – wenn man Wissenschaft betreiben möchte.
Wenn man das nicht kann, dann ist Wissenschaft nicht das richtige Betätigungsfeld für einen.
Ein Unterschied zwischen Genderisten und sonstigen Angestellten an Unis oder mehr oder weniger Studierten, die akademisierte hate speech produzieren, mag sein, dass für Letztere das Prestige der Wissenschaft vor allem Mittel zum Statuserhalt und zur Bewältigung von Unsicherheiten allgemein oder Abstiegsängsten ist, während bei Genderisten entweder das Prestige der Wissenschaft lediglich ein Mittel zum ideologischen Zweck ist oder dieses Motiv noch zum Motiv des Statuserhaltes bzw, der Unsicherheitsbewältigung hinzutritt.
Und diese zuletzt genannte Möglichkeit ist es wahrscheinlich, die Sie zu geführt hat, zu vermuten, dass bei Genderisten der “Anwehrreflex” besonders stark ausgeprägt sein müsste, richtig!?
Falls ja – ja, das ist durchaus möglich, und ich persönlich teile diese Vermutung.
Vielleicht greift meine Überlegung in diesem Kontext zu weit, aber in diese Interpretation kann man auch andere Felder die sich in ihrem Status bedroht fühlen einfügen, z.B. “Qualitätsjournalisten” die zwar nicht abhängig vom Staat sind, sich aber an deren Positionen gemein machen und schnell dazu neigen, Alternativen zu diffamieren und für sich in Anspruch nehmen die einzig wahre Wahrheit zu vertreten, oder aber auch “Gutmenschen” die sich sich aus einer absoluten moralischen Position die vermeintliche Berechtigung zu nehmen die Bevölkerung zu belehren und ratiolanen Argumenten nicht zugänglich sind
Ja! Sehr schön. Haben wir studierten Arbeiterkinder also doch alles richtig gemacht.:)
Vielen dank für die Mühe, kann man seinen Verwandten was zu Lesen und Lachen geben.
@Matthias Lehmann
“Ja! Sehr schön. Haben wir studierten Arbeiterkinder also doch alles richtig gemacht.:)”
Ich weiß nicht, ob Sie oder ich alles richtig gemacht haben, aber unsere familiären Hintergründe haben sicherlich dazu geführt, dass wir die Dinge mit Bezug auf sozialen Status und Wissenschaft sehr viel entspannter sehen können als der durchschnittliche Mittelschichtler.
Obwohl der Weg zur Uni für uns vergleichsweise weit war, haben wir uns auf diesen Weg gemacht, und wir betreiben Wissenschaft oder die fachlichen Anwendungen von Wissenschaft, weil es uns Spaß macht, und weil es zumindest früher so war, dass man ganz gutes Geld damit verdienen konnte. Aber mal ehrlich: wäre das Gutes-Geld-Verdienen das Hauptmotiv gewesen, hätten wir das auf andere Weise früher und schneller bewerkstelligen können.
Wir sind daher vermutlich so etwas wie die Idealisten (manche würden vielleicht sagen: die Romantiker 🙂 ) der Wissenschaft, jedenfalls vergleichsweise frei von dem Ballast, der mit “Wissenschaftlichkeit” für viele Mittelschichtler daherkommt. (Neben der Funktion des Statuserhaltes ist sie bei Mittelschichtlern vielleicht stärker als für unsereinen mit dem Avantgardegedanken und einem gewissen Beratungs-, wenn nicht Führungsanspruch verbunden….) Und deshalb können wir die Wissenschaft, also die Idee der Wissenschaft als solche, eher zu ihrem Recht kommen lassen.
Ich glaube, es wäre SEHR, SEHR interessant, einmal eine Befragung von Wissenschaftlern an den Unis und in der Privatwirtschaft durchzuführen, die aus der Arbeiterschicht kommen, im Vergleich zu denen, die aus der Mittelschicht stammen, also die Forschung im 2×2-Design anzulegen und zu schauen, ob sich nennenswerte Unterschiede beobachten lassen. Theoretisch würde man sie erwarten (Bourdieu und so …), aber wer weiß!?
Diesbezüglich besteht jedenfalls ein großes Forschungsdefizit. Es gab im Zuge des “Frauen-Sind-Per-Se-Interessant”-Motivs der letzten 15 Jahre einmal eine Forschung über Frauen aus Arbeiterfamilien an der Uni, aber das ist schon eine Weile her, und das war’s auch schon weitgehend zu Forschung zum oben genannten Thema. Besonders VERGLEICHENDE Forschung gibt es nicht. Man fragt sich, warum.
Vielleicht wird davon ausgegangen, dass man, nur weil man mit Mittelschichtlern in einer Mittelschichtsinstitution nach den entsprechenden Regeln eine Qualifikation erwirbt, die Erfahrungshintergründe von Mittelschichtlern, sozusagen nachholen würde und die eigenen vergessen, oder dass die Werte und Praktiken der Mittelschicht so attraktiv seien, dass man mit fliegenden Fahnen zu ihnen überwechseln würde, also sozusagen vom Beratenen zu den Beratenden überwechsel und darauf stolz ist. Ich glaube nicht, dass das so funktioniert, aber ich weiß es nicht.
Bis auf Weiteres alles Spekulation….
Trotz der Vorbehale mit dem Copyright habe ich mir erlaubt das zu verlinken. Proteste von der Verfasserin werden gerne entgegen genommen und entsorgt! Grins. Ironie aus.
Danke für den Artikel.
http://www.DDRZweiPunktNull.de
Statt Protest gibt’s Dank der Verfasserin! Verlinkung eines Textes unter Nennung des Autors ist ja copyright-bezüglich völlig unproblematisch, und man schreibt Texte ja, damit sie gelesen werden … 🙂
Den Äusserungen von Frau Diefenbach zum Betrieb an einer Uni kann ich nur zustimmen. Spätestens seit der Einführung der W-Besoldung hat die Verwaltung (im Normalfall Rektor /Präsident) enorme Möglichkeiten der Einflussnahme übers Geld. Die Grundgehälter sind deutlich niedriger, dafür können finanzielle Zulagen kurz-langfristig oder dauerhaft vergeben werden – in erheblichem Umfang. Die Rektoren selbst müssen nicht vom Fach, also wirkliche Wissenschaftler, mehr sein; die werden praktisch vom Hochschulrat ernannt, dieser wiederum wird vom Fachministerium dominiert.
Mithin der Griff der Politik sehr tief ins Uni-Geschehen hinein (ich schreibe von B.W.); dies wurde taktisch sehr klug als Steigerung der universitären Selbstbestimmung verkauft.
Was Herr Klein in Richtung Beamte schreibt, kann unterstrichen werden; von wegen “Sicherheit”. Es ist ziemlich einfach, da missliebige Leute loszuwerden, sprich zu entlassen. Da braucht einer nur wegen “Volksverhetzung” Probleme zu bekommen – von hässlicheren Dingen wie KiPo auf seinem Büro-PC will ich gar nicht anfangen……