Deutscher Städte- und Gemeindebund: Frauenförderung erhöht die Korruption

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Derzeit arbeiten wir u.a. am Thema „Korruption“.

Bei der Recherche zu diesem Thema sind wir auf eine Reihe von Juwelen gestoßen, von denen wir einige unseren Lesern nicht vorenthalten wollen.

Korruption ist in Bereichen, in denen kein Wettbewerb stattfindet, am häufigsten zu finden. Entsprechend werden Regierungen öffentliche Mittel aus Bereichen, in denen Wettbewerb stattfindet, in Bereiche, die wettbewerbsfrei sind, verlagern. Die Bundesregierung hat gerade die Förderung von Projekten zur Prävention von Rechtsextremismus auf 100 Millionen Euro pro Jahr verdoppelt.

Wer die Ergebnisse dazu nachlesen will, der kann dies u.a. bei „Zohal Hessami (2014). Political Corruption, Public Procurement, and Budget Composition: Theory and Evidence from OECD Countries. European Journal of Political Economy 34: 272-289” tun. Darin führt Hessami u.a. den Nachweis, dass Korruption geradezu geschaffen wird, um Personen, die direkt oder indirekt von der Regierung abhängen, also z.B. politische Stiftungen oder andere Stiftungen, zu finanzieren.

Korruption ist bei Großprojekten besonders wahrscheinlich. Das finden Locatelli et al. (2017) in ihrer Studie, die sich mit „Corruption in Public Projects and Megaprojects“ befasst. Hat sich schon einmal jemand die Frage gestellt, wie hoch die Korruptionskosten des Berliner Flughafens sind, der nicht (mehr) fertig wird?

Zu Berlin haben wir etwas besonders Schönes.
Erst einmal der ganz normale Irrsinn der Frauenförderung.
Die Handwerkskammer Berlin schreibt:

„Das Berliner Ausschreibungs- und Vergabegesetz (BerlAVG) vom 8. Juli 2010 zielt im Rahmen der Beschaffung von Gütern und Leistungen mit zusätzlichen sozialen und ökologischen Vergabeaspekten verstärkt auf die Umsetzung politischer Ziele ab. Öffentliche Auftragsvergaben werden nunmehr ausdrücklich an die Kriterien der ILO- Kernarbeitsnormen – u.a. Gewerkschaftszulassung und Kinderarbeitsverbot – geknüpft. Weitere, z. B. ökologische Kriterien, wurden durch Vorgaben der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt über die Verwaltungsvorschrift Beschaffung und Umwelt – VwVBU – vom 23.10.2012 konkretisiert. Allerdings gelten die Klimaschutz- und Umweltvorgaben laut BerlAVG erst ab einem Auftragswert von 10.000 Euro (netto).
Von besonderer Bedeutung für die Berliner Handwerksbetriebe ist das Vergabekriterium der Frauenförderung gemäß der Frauenförderverordnung (FVV) bzw. deren Ausweitung auf den Baubereich: Hierfür gilt sie seit Juli 2011 ab einem Nettoauftragswert von 200.000 €. Für den Bereich der Leistungen wurde der Schwellenwert von bisher 50.000 € auf 25.000 € gesenkt.

Als Vergabeaspekt kommt der Frauenförderung für die Baubetriebe eine erhebliche Bedeutung zu, zumal in manchen Gewerken – wie dem Gerüstbauer- oder dem Maurer- und Betonbauerhandwerk – praktisch kaum weibliche Arbeitskräfte zu finden sind.

Grundsätzlich gilt die Verpflichtung zu Frauenfördermaßnahmen nur für Auftragnehmer (und Nachunternehmer), die mindestens 11 Arbeitnehmer/innen beschäftigen. Je nach Unternehmensgröße ist aus einer Liste von 21 in der FVV aufgeführten Maßnahmen eine festgelegte Mindestanzahl auszuwählen und umzusetzen. Die Angaben zu den gewählten Maßnahmen der Frauenförderung sind dem öffentlichen Auftraggeber in Form einer Erklärung (Formular) abzugeben.“

Weil es keine Frauen im Gerüstbau gibt, ist die Frauenförderung oder die Vereinbarkeit von Familie und Beruf besonders im Gerüstbau wichtig. Es muss gefördert werden, was es nicht gibt. Der Idiotie sind in Berlin offensichtlich keine Grenzen gesetzt.

Dann ein Schmankerl aus der Reihe „Klammer und Kleingedrucktes lesen“. Wir zitieren aus einer Broschüre der Bundesvereinigung Mittelständischer Bauunternehmen und des Deutschen Städte- und Gemeindebunds mit dem Titel „Korruptionsprävention bei der öffentlichen Auftragsvergabe“:

„Beim öffentlichen Vergaberecht beklagen viele Kommunen und Unternehmen, vor allem in der mittelständischen Bauwirtschaft, den hohen Verwaltungsaufwand, der angesichts des immer komplexer und unübersichtlicher gewordenen Vergaberechts besteht. Insbesondere eine bundes- oder landesseitig vorgegebene Anwendung vergabefremder Kriterien (z. B. Ausbildungs- und Frauenförderung sowie Tariftreue) führt zu einem erhöhten Aufwand, der im Ergebnis dem Wettbewerb schadet. Das öffentliche Vergaberecht muss daher auch zur Verhinderung von Manipulationen selbst wieder zu einem transparenten und von überflüssiger Bürokratie befreiten Regelungswerk werden. Insbesondere muss es konsequent von vergabefremden Kriterien entschlackt werden (3).“

Wettbewerb wiederum, das muss man wissen, ist der beste Schutz vor Korruption. Entsprechend kann man aus dem Absatz ableiten, dass Frauenförderung die Gefahr von Korruption erhöht – dass sie das tut, ist angesichts der Forschungsergebnisse zu den Determinanten von Korruption kaum zu bestreiten, aber dass sich in Deutschland jemand in einer offiziellen Broschüre traut, darauf hinzuweisen, das ist erstaunlich.

Schließlich noch ein Datum zum Schluss: 72% derjenigen, gegen die im Jahr 2015 wegen Bestechlichkeit oder anderen Straftaten, die zum Komplex der Korruption gehören, ein Ermittlungsverfahren eröffnet wurde, waren öffentliche Angestellte, die mit Leitungsaufgaben oder Sachbearbeitung betraut waren oder als gewählter Bürgermeister einer Kommune vorstanden. So steht es im Bundeslagebild 2015 „Korruption“ des Bundeskriminalamts.

Literatur:
Bundesvereinigung Mittelständischer Bauunternehmen & Deutsche Städte- und Gemeindebund (2003). Korruptionsprävention bei der öffentlichen Auftragsvergabe. Manipulation verhindern, Korruption bekämpfen. Verlagsbeilage „Stadt und Gemeinde INTERAKTIV“ Ausgabe 5/2003.

Locatelli, Giorgio, Mariani, Giacomo, Sainati, Tristano & Greco, Marco (2017). Corruption in Public Projects and Megaprojects: There is an Elephant in the Room. International Journal of Project Management 35(2): 252-268.

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