Rekordzuwachs bei Mitgliedern: Wie die Grünen hochgejubelt werden sollen

Dieses Jahr sind Landtagswahlen in Ostdeutschland: In Brandenburg, in Sachsen und in Thüringen. Derzeit haben Bündnis90/Grüne in Brandenburg einen Stimmenanteil von 6,2%, in Sachsen einen von 5,7% und in Thüringen einen von ebenfalls 5,7%. Viel vom Aufschwung, den die Grünen erleben, könnte verloren gehen, wenn sie, wie zu erwarten ist, in Ostdeutschland einen Dämpfer erhalten, wenn sie dort deutlich hinter den Ergebnissen, die sie in Westdeutschland gerade gewohnt sind, zurückbleiben. Ein notorisches Problem der Grünen in Ostdeutschland ist die geringe Mitgliederzahl im Osten. Gerade einmal 7,7 Prozent der Parteimitglieder sind in ostdeutschen Landesverbänden organisiert. Ostdeutsche stellen aber rund 19,3 Prozent der deutschen Bevölkerung.

Wahlergebnisse hängen in Deutschland regelmäßig von der Fähigkeit der Parteien ab, ihre Wähler zu mobilisieren. Mitglieder, die lokal aktiv sind und Wähler aktivieren, spielen hier eine große Rolle, obwohl sich bei denen, die sich für politisches Establishment halten, der Eindruck durchgesetzt zu haben scheint, man könne Wahlergebnisse herbeischreiben, indem man Parteien hochjubelt.

Dieser Schimäre laufen derzeit die Mainstreammedien hinterher, die heute alle miteinander eine Meldung durchreichen, die direkt in der Parteizentrale der Grünen geschrieben und als Pressemitteilung an das eigene Gefolge in den Redaktionen weitergegeben wurde. Wir dokumentieren hier für die WELT und die Tagesschau die fast wortgleichen Jubelbeiträge über den Rekord-Mitgliederzuwachs der Grünen.

Die Grünen verzeichnen für das vergangene Jahr die beste Mitgliederentwicklung seit ihrer Gründungsphase und ein Allzeithoch bei der Mitgliederzahl. Seine Partei habe 10.246 neue Eintritte im Jahr 2018 verbucht und zähle nunmehr 75.311 Mitglieder, sagte Bundesgeschäftsführer Michael Kellner im WELT-Interview. „Wir werden jünger, weiblicher und ostdeutscher.

Besonders stark fiel der Zuwachs in den ostdeutschen Bundesländern aus, wo die Grünen bisher extrem schwache Zahlen vorzuweisen hatten. So sei die Mitgliederzahl bundesweit um 15,75 Prozent gewachsen – in Brandenburg habe die Zuwachsrate indes bei 26 Prozent gelegen, in Sachsen bei 23 Prozent und im Osten insgesamt, ohne Berlin, bei 19,1 Prozent, sagte Bundesgeschäftsführer Kellner.

Die Grünen haben so viele Mitglieder wie noch nie – und verzeichnen für das Jahr 2018 das stärkste Wachstum seit ihrer Gründung. Besonders im Osten Deutschlands ist das Interesse an der Partei groß. Der Höhenflug der Grünen spiegelt sich auch bei der Zahl der Mitglieder wider: Die Partei verzeichnet für das vergangene Jahr die beste Mitgliederentwicklung seit ihrer Gründungsphase und ein Allzeithoch bei der Mitgliederzahl.

“Jünger, weiblicher, ostdeutscher”

Bundesgeschäftsführer Michael Kellner sagte der Zeitung “Die Welt”, seine Partei habe 10.246 neue Eintritte verbucht und zähle nunmehr 75.311 Mitglieder. “Wir werden jünger, weiblicher und ostdeutscher. Besonders stark fiel der Zuwachs demnach in den ostdeutschen Bundesländern aus, wo die Grünen bisher große Schwierigkeiten hatten. So habe in Brandenburg die Zuwachsrate bei 26 Prozent gelegen, in Sachsen bei 23 Prozent und im Osten insgesamt, ohne Berlin, bei rund 19 Prozent, sagte Bundesgeschäftsführer Kellner.

Jubel, Trubel, Heiterkeit: Die Grünen im Höhenflug. Die Büttenredner bei WELT und Tagesschau üben sich darin, dem Volk einen Bären aufzubinden, den: Ich-habe-keine-Ahnung-von-Prozentzahlen-Bären. Oder die Leser sollen ganz krude manipuliert werden.

Wann immer in einem Text Prozentzahlen ohne die dazu gehörige Basis berichtet werden, gilt: Manipulationsalarm! Die Auslassungen bei den grünen ostdeutschen Shooting-Stars sind so eklatant, dass man sie nicht übersehen kann: Brandenburg: 26 Prozent Zuwachs (Basis?), Sachsen: 23 Prozent Zuwachs (Basis?), Ostdeutschland: 19 Prozent Zuwachs (Basis), Thüringen: keine Nennung, Sachsen-Anhalt: keine Nennung, Mecklenburg-Vorpommern: keine Nennung.

Offenkundig sind Redakteure bei der WELT und Journalisten-Darsteller bei der Tagesschau nicht in der Lage (oder aufgrund eigener politischer Präferenzen nicht willens), ein wenig zu recherchieren und den gerade berichteten „Rekordzuwachs“ (Tagesschau) bzw. den „Rekord bei der Mitgliederzahl“ (Welt) einzuordnen. Offenkundig soll Lesern der Eindruck vermittelt werden, die 10.246 Eintritte, die die Grünen 2018 verbucht haben, seien eine Spitzenleistung, die vor allem in Ostdeutschland erreicht wurde.

Rechnen wir doch einmal ein wenig.

Die Mitgliederzahlen von Bündnis90/Grüne in den Landesverbänden Ostdeutschlands:

  • Brandenburg: 1.300 Mitglieder
  • Mecklenburg-Vorpommern: 665 Mitglieder
  • Sachsen: 1.400 Mitglieder
  • Sachsen-Anhalt: 800 Mitglieder
  • Thüringen: 823 Mitglieder

Bei den Zuwachsraten verraten uns die Grünen 26% Zuwachs in Brandenburg, 23% in Sachsen und 19% in Ostdeutschland, ergibt:

  • Brandenburg: Ein Plus von 338 Mitgliedern
  • Sachsen: Ein Plus von 322 Mitgliedern
  • Ostdeutschland: Ein Plus von 948 Mitgliedern, d.h. knapp 9,3% der Neumitglieder wurden im Osten geworben. Ostdeutschland bleibt damit Entwicklungsland für die Grünen

660 der 948 neuen Mitglieder, also 69,7%, sind in Brandenburg und Sachsen zu verzeichnen. Das lässt 288 Neumitglieder für Thüringen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern übrig. Berücksichtigt man die dort jeweils vorhandene Mitgliederzahl, dann ergibt sich die folgende Beteiligung dieser drei ostdeutschen Bundesländer am Rekordhoch der Grünen:

  • Mecklenburg-Vorpommern: 78 Neumitglieder;
  • Sachsen-Anhalt: 94 Neumitglieder;
  • Thüringen: 116 Neumitglieder;

Diese Zahlen sind natürlich kein Rekordzuwachs und noch viel weniger sind sie ein Beleg dafür, dass das Interesse an den Grünen besonders in Ostdeutschland groß ist. Tatsächlich waren 2017 knapp 7,7% der 65.065 Mitglieder der Grünen in ostdeutschen Landesverbänden gemeldet, 2018 sind es 7,8% von 75.311 Mitgliedern. Es hat sich schlicht nichts geändert. Wer etwas anderes schreibt, will einen falschen Eindruck erwecken, will Leser manipulieren.

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