EU-Parlament: Nationale Souveränität ist Grundübel unserer Zeit

Lord Lothian; (WP:NFCC#4), Fair use (Old-50), Link

„Thus national sovereignty is the root cause of the most crying evils of our time and of the steady march of humanity back to tragic disaster and barbarism. It is a denial of brotherhood of man of the principle that there ought to be one law or sovereignty, based on moral principle uniting and governing the whole earth”.

Der Text stammt von Lord Lothian, Philip Henry Kerr, dem 11th Marquess of Lothian, der von 1939 bis zu seinem Tod im Dezember 1940 Botschafter des Vereinigten Königreichs in den USA war. Lothian ist, wie man dem Text entnehmen kann, ein Verfechter eines radikalen Föderalismus. Er war zudem eine treibende Kraft hinter der Appeasement-Politik von Neville Chamberlain und hat seine Sympathie gegenüber Hitler erst aufgegeben, als Hitler das Münchner Abkommen gebrochen hat.

Der Text entstammt einem Aufsatz mit dem pathetischen Titel „The Ending of Armageddon“ und somit einem Plädoyer für eine Weltregierung. Als Grundübel, das für die Kriege seiner Zeit verantwortlich ist, macht Lord Lothian in diesem Text die nationale Souveränität aus. Dass Nationalstaaten die Interessen ihrer Bürger den Interessen der Bürger anderer Nationalstaaten überordnen, ist für ihn eine Ursache von Kriegen und hat nach seine Ansicht dazu geführt, dass die League of Nations gescheitert ist. Nationale Souveränität gilt im als Krankheit, die zu einer zwischenstaatlichen Anarchie führt, die nach seiner Ansicht nur in Krieg enden kann, weil er sich normale Formen der Zusammenarbeit zwischen Staaten nicht dauerhaft vorstellen kann. Nationale Souveränität, so führt er aus, sei für Armut und Unfreiheit verantwortlich und müsse deshalb einem „Organismus“ weichen, der alle repräsentiert, der Aufrüstung und ökonomischen Nationalismus (heute würde man Protektionismus sagen) beschränken und für das Wohl aller handeln kann.





Was Lothian vorschwebt, ist nicht mehr und nicht weniger als eine Weltregierung, wie sie der US-amerikanische Journalist Clarence K. Streit, auf den er sich ausdrücklich bezieht, skizziert hat. In der Version von Lord Lothian entsteht eine Weltregierung, die das Sagen hat über Ordnung und Verteidigung, die die Handelsbeziehungen zwischen den Mitgliedsstaaten regelt, Fragen der Migration und Staatsbürgerschaft, über Währungen, Steuern und Schulden entscheidet und die zwischenstaatliche Kommunikation beaufsichtigt. Dieser Superstaat, diese Art aufgemotzte UN, sitzt als administrative Krake über den Nationen, die Lord Lothian nicht auflösen will. Sie sollen weiterbestehen und ihre „internen Angelegenheiten“ ohne Einmischung der Weltregierung regeln.

Was indes zur „internen Regelung“ bleibt, wenn man die kompletten Politikbereiche, die Souveränität ausmachen, an eine Weltregierung abtritt, ist eine offene Frage. Jedenfalls haben die Nationen, die ihre inneren Angelegenheiten unabhängig von der Weltregierung lösen „dürfen“, bei Lord Lothian keinerlei Reicht, etwa Zuweisungen von Migranten oder Umtauschkurse, die die Weltregierung bestimmt oder Fragen darüber, wer denn nun Angehöriger der eigenen Nation ist, selbständig zu lösen. Sie sind nicht mehr und nicht weniger als Vasallen der Weltregierung, die Lord Lothian in einer Art träumerischem Wahn als unabhängigen „Organismus“ entwirft, der das Gute für alle will. Das Problem, das sich mit allen Organisationen verbindet, nämlich dass Organisationen ein Eigenleben entwickeln, eigene Ziele formulieren, über die Köpfe von anderen entscheiden und darüber hinaus in hohem Maße für Korruption und eine -wer-zahlt-bestimmt-Mentalität anfällig sind, ist Lord Lothian wie allen, die verklärte sozialistische Versatzstücke reproduzieren, nicht einmal in den Sinn gekommen.

Umso erstaunlicher, dass sich seine Utopie bei der Europäischen Union wiederfindet. Nicht als Text, sondern als Textfragment, wobei nicht irgendein Textfragment ausgewählt wurde, sondern ein Teil der Passage, die wir eingangs zitiert haben:

„Aus diesen Gründen ist nationale Souveränität das Grundübel der meisten himmelschreienden Übel unserer Zeit und die Ursache für den kontinuierlichen Marsch der Menschheit zurück in Katastrophen und Barbarei … Das einzige Heilmittel gegen dieses oberste und katastrophale Übel unserer Zeit ist eine förderale Union der Völker”.

Diese Inschrift findet sich im Besucherzentrum des Europäischen Parlaments. Es soll also niemand sagen, er habe nichts davon gewusst, dass die EU eine Utopie verfolgt, die einerseits hilflos und hoffnungslos naiv ist, andererseits mit Macht die Beseitigung nationaler Souveränität anstrebt. Und wer sich die Politikbereiche, die nach Ansicht von Lord Lothian nationaler Hoheit entzogen werden müssen, ansieht, der wird feststellen, dass die EU auf dem Weg, die nationale Souveränität abzuschaffen, schon ein beachtliches Stück vorangekommen ist. Interessanter Weise endet das Zitat da, wo bei Lothian die Aufzählung der Politikbereiche beginnt, die den Völkern entzogen und der Weltregierung überantwortet werden sollen.

Zufall? 

Sicher nicht.



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