HomeEthnologieEthnographieRezension: “Die Soziologie des frühen Buddhismus” oder: Warum Multikulturalismus scheitern muss
Oktober 24, 2019
Rezension: “Die Soziologie des frühen Buddhismus” oder: Warum Multikulturalismus scheitern muss
Dr. habil. Heike Diefenbach
Greg Bailey & Ian Mabbett, 2003: The Sociology of Early Buddhism. Cambridge: Cambridge University Press, vii + 284 Seiten,
EURO 29,97 bei Amazon.de (Paperback) – Rezension
Es ist hinreichend bekannt: Ich bin Soziologin und Ethnologin, und es ist zumindest nicht unbedingt ein Geheimnis, dass ich während der letzten Jahre buddhistische Studien, insbesondere solche über den Theravada-Buddhismus, mehr oder weniger als Hobby, aus persönlichem Interesse betrieben habe, was seinen Ursprung in meinem Studium der Ethnologie am Südasien-Institut in Heidelberg vor vielen Jahren hat. Es ist deshalb nicht überraschend, dass mich dieses Buch interessierte und ich es gelesen habe.
Überraschender ist vielleicht, dass ich es für ScienceFiles rezensiere. Ich rezensiere es für ScienceFiles, weil ich meine, dass die Rezension dieses Buches auch für diejenigen Zeitgenossen informativ und interessant sein könnte, die mit Buddhismus nicht viel am Hut haben, wie man so schön sagt, und vielleicht auch nicht mit Soziologie, und zwar deshalb, weil die zentrale These des Buches die Integration von verschiedenen ethnischen Gruppen in ein größeres soziokulturelles und politisches Gefüge betrifft. Und die Frage nach der Möglichkeit einer solchen Integration ist eine Frage, die uns alle aktuell in den Gesellschaften, in denen wir leben, mehr oder weniger stark betrifft und beschäftigt.
Aber der Reihe nach:
Die Autoren des Buches sind beide ausgewiesen im Bereich der Indologie bzw. „Indian Studies“, wobei Greg Bailey einen Schwerpunkt auf indische Religionen und indische Literatur setzt, während Mabbett sich speziell dem Buddhismus widmet und Ländern, deren Bevölkerung mehrheitlich Buddhisten sind. Bailey ist eher Indien-Spezialist, Mabbett eher Südostasien-Spezialist. Keiner von beiden ist Soziologe. Ein Text ist natürlich als solcher zu würdigen, d.h. wie gut ein Text die Aufgabe, die der Autor/die Autoren sich in ihm gestellt haben, erfüllt, ist unabhängig von den Personen oder Spezialgebieten seines Autors/seiner Autoren. Auf die spezifischen Kompetenzen und Interessen der Autoren hinzuweisen, mag im vorliegenden Fall aber insofern wichtig sein als es nachvollziehbar macht, warum das Buch so aufgebaut ist wie es aufgebaut ist und warum die Darstellung das enthält, was sie enthält – und warum was nicht.
Dem eigentlichen Buchtext vorangestellt sind die übliche Danksagung und ein Abkürzungsverzeichnis. Der Text beginnt mit einer Einleitung, die ihrerseits damit beginnt, den Widerspruch zu formulieren, aus dem sich die Fragestellung ergibt, die im Buch behandelt wird. Es handelt sich um den scheinbaren Widerspruch zwischen den zentralen Inhalten des Buddhismus (auch oder gerade des frühen Buddhismus), insbesondere der Forderung nach Loslösung und schließlich Freiheit von Bindungen und eines Lebens als Wandermönch, der der sozialen Welt entsagt hat, einerseits und dem Erfolg des frühen Buddhismus, dem es gelungen ist, sich in der Gesellschaft zu etablieren und viele Laienbrüder und –schwestern in weltlichen Tätigkeitsbereichen zu rekrutieren, statt eine bloße Alternative zu einem Leben in der Gesellschaft zu bleiben, andererseits:
„The problem faced in this book is to explain how, right from the beginning, Buddhism has from a doctrinal viewpoint required of its Order of monks the practical applicaton of an ethic of renunciation and detachment and yet this very same order has remained a vibrant part of society, culture or politics wherever Buddhism has flourished“ (S. 1).
Und direkt anschließend beschreiben die Autoren, wie sie dieses Problem angehen wollen:
„The present study confronts this problem by focusing on the relationship between Buddhism, understood as its teachings and the activities of the buddhist Order, and its social context in northern India in about the fifth to third centuries BCE, assuming that these were the centuries during which the Pali Canon [der diese Lehren enthält,] took shape, though its formation could have continued for another two hundred years” (S. 1).
Die Autoren bauen ihre Betrachtung also zum einen auf das auf, was im Pali-Kanon über die Interaktionen zwischen dem Buddha, seinen Mönchen bzw. den frühen Mönchsgemeinschaften, dem saṃgha, und Angehörigen der umgebenden Bevölkerung unterschiedlicher sozialer Klassen geschrieben steht. Zum anderen, nämlich um den größeren sozialen Kontext zu rekonstruieren, in dem sich der frühe Buddhismus verbreitet und etabliert hat, stützen sich die Autoren auf archäologische Befunde bzw. die Schriften anderer Autoren, die hierüber berichten, und auf zeitgenössische, nicht-buddhistische Schriften, die in Sanskrit verfasst sind – das zumindest Bailey, der u.a. Sanskrit an der Universität gelehrt hat, lesen und verstehen kann.
Die Autoren argumentieren, dass diese beiden Aspekte, d.h. 1) die Lehren des frühen Buddhismus und die Interaktion des Buddha und der frühen buddhistischen Mönche mit der sie umgebenden nicht-Buddhisten Bevölkerung und 2) der größere soziale, politische und wirtschaftliche Kontext, der die Lebensbedingungen der Menschen damals geprägt hat, zusammen betrachtet werden müssen, um den oben genannten Widerspruch aufzulösen. Und wie für sie die Auflösung dieses Widerspruchs aussieht, berichten die Autoren ebenfalls schon in der Einleitung:
„Our principal contention throughout the book is that Buddhism expanded and flourished, ultimately to a greater extent than its śramaṇic rivals [d.h. andere Gruppen asketischer Wandermönche], because the monk … was able to function as an instrument of mediation between the forces – political and economic – benefiting from the changes that had taken place prior to, and perhaps during, the life of the Buddha, on the one hand, and those other groups for whom such changes were difficult to digest, on the other hand” (S. 5).
Die These der Autoren ist also die, dass die frühen Buddhisten als Vermittler fungierten zwischen Menschen unterschiedlicher ethnischer Zugehörigkeit, zwischen Menschen unterschiedlicher Kastenzugehörigkeit oder unterschiedlichen sozialen Standes, zwischen neu entstandenen Berufsgruppen, insbesondere Händlern und Farmern, sowie ihrer Klientel, zwischen Repräsentanten der Obrigkeit und der ihr unterworfenen Menschen.
Und für diese These argumentieren die Autoren im Verlauf des Buches, das in zwei große Teile gegliedert ist. Von diesen beiden Teilen beschreibt der erste, der die Kapitel 2 bis einschließlich 6 umfasst, den sozialen, politischen und wirtschaftlichen Kontext, in dem sich der frühe Buddhismus ausbreiten konnte, insbesondere die Entwicklung einer landwirtschaftlichen Überschussproduktion, die Entstehung größerer Städte und des Handels – und damit neuer Berufe – und die Entstehung von Königtümern, die erstmals in größerem Umfang verschiedene ethnische Gruppen mit unterschiedlichen Kulturen in ein größeres Ganzes integrieren mussten:
„Not only would the extension of political hegemony have to be justified in other terms than a mere show of power, but different cultural positions would also have to be assimilated. Here, a different sort of cultural cement was required, neutral towards dominant culture and subordinated community alike. It is here that the figure of the holy man, a peripatetic symbol of power and wisdom, explicitly rejecting any stake in the institutions of power and authority, at home alike in the courts of kings and in the settlements of herdsmen or upland agriculturalists, had an important part to play” (S. 171; Hervorhebung d.d.A.).
Und dieses Zitat gibt schon einen Eindruck davon, was im zweiten Teil des Buches ausgeführt wird, nämlich die Vermittlungsfunktionen der frühen buddhistischen Mönche im zuvor beschriebenen sozialen Kontext. Dieser zweite Teil des Buches umfasst die Kapitel 7 bis einschließlich 11.
In diesem Teil beschreiben die Autoren u.a., dass das buddhistische Ideal vom asketischen Wandermönch, der seine Verbindungen zur und sein Interesse an der Welt weitgehend aufgegeben hat oder zumindest das Ziel hat, dieselben so weit wie irgend möglich aufzugeben, besonders für die Vermittlerrolle geeignet war, weil von ihm glaubhaft angenommen werden konnte, dass er – eben aufgrund seiner Interesselosigkeit, die ihrerseits durch Nicht-Sesshaftigkeit erleichtert wurde, – nicht parteiisch sein würde, sondern fähig, die Dinge von verschiedenen Seiten zu betrachten:
„The social role of the monk made him familiar with all conditions of men. He was to be found in the streets of a royal city, just as much as in a group of merchants hurrying along a forest track or among goatherds on upland pastures” (S. 168).
Tatsächlich ist nicht nur der Pali-Kanon, sondern sind auch andere buddhistische Schriften (u.a. der Vinaya Piṭaka und eine Reihe von Jataka-Geschichten, die Begebenheiten aus den früheren Leben des Buddha berichten), voll von Beschreibungen von Situationen, in denen Menschen aus allen Gesellschaftsschichten, darunter häufig Könige oder deren lokale Repräsentanten, den Buddha selbst oder seine Mönche um Rat in der ein oder anderen Sache fragen. Die schlichte Tatsache, dass es sich – zumindest in Teilen – bei dem Vinaya Piṭaka, bei dem es sich um eine Sammlung von Regeln und Verfahrensweisen handelt, die Handeln der Mönche in ihrem täglichen Leben, miteinander, aber auch im Umgang mit Nicht-Mönchen und Nicht-Buddhisten, anleiten sollen, um den ältesten Teil der kanonischen Schriften des Buddhismus handelt (Bekke 2002: 5-20) zeigt, dass sehr früh eine Notwendigkeit für solche Regeln bestand. So enthält der Vinaya Piṭaka (genauer: in den Samghadisesa-Regeln im ersten Teil der Vinaya-Texte, die T. W. Rhys Davids vom Pali ins Englische übersetzt hat; Davis 1881: 8) die Regel, nach der ein Mönch, der als „go-between for a woman to a man, or for a man to a woman, or for a wife, or for a paramour, or even for a harlot …“ fungiert, für eine bestimmte Zeit von der Gemeinschaft der Mönche ausgeschlossen werden soll, und diese Regel muss auch im Zusammenhang mit der Vermittlertätigkeit von Mönchen zwischen Verwandtschaftsgruppen anläßlich von Ehestiftungen gesehen werden (S. 220-221).
Der wichtigste Aspekt der Vermittlerrolle von buddhistischen Mönchen im frühen Buddhismus liegt für die Autoren aber im Bereich der Vermittlung zwischen Angehörigen kulturell verschiedener Gruppen und zwischen diversen Bevölkerungsgruppen und der neuen, durch die Königtümer entstandenen, Obrigkeiten:
„An ideology suitable for the expanding state in a culturally diverse environment needs to disperse with particularistic traditions such as sacrifice [die eine spezifisch brahmanische Tradition war]. What had to take their place was a concept of virtue which was neutral towards birth and community. Buddhist teachings were not the only ones to redefine the sacrificial act in moral terms; but they proved particularly appropriate to the changing environment” (S. 202).
Und
“[t]he social ethic appropriate to the management of a large state containing heterogeneous cultures demands values of fairness and respect. It cannot be easily combined with local cults and culture-bound myths, Hence, the appeal of the impersonal rule of moral law, kamma [als einem der buddhistischen Konzepte, die die universelle buddhistische Ethik beinhaltet]” (S. 204; Hervorhebung im Original).
Der Erfolg des frühen Buddhismus wird von den Autoren also dadurch erklärt, dass er (1) universelle Werte vertrat, (2) unparteiisch war (zumindest idealerweise) und seine Vertreter aufgrund eigener Praxis oder aufgrund der Praxis des asketischen Wandermönches als Idealbild des buddhistischen Mönches (3) glaubhaft waren. Dies alles wird von den Autoren insbesondere als Voraussetzung dafür betrachtet, dass eine Integration kulturell verschiedener Gruppen gelingen kann, oder anders ausgedrückt:
Integration kulturell verschiedener Gruppen als “… a process of interpenetration and fusion in which persons and groups acquire the memories, sentiments, and attitudes of other persons and groups and, by sharing their experience and history, are incorporated with them in a common cultural life“ (Park & Burgess 1969[1921]: 735) erfordert die Überwindung partikularistischer Werte und Interessen.
An dieser Stelle muss mit Bedauern festgehalten werden, dass Bailey und Mabbett den Begriff „Integration“ an keiner Stelle definieren – wie das für eine ernstzunehmende soziologische Arbeit, in deren Argumentation „Integration“ eine zentrale Rolle spielt, selbstverständlich sein sollte –, aber im Zusammenhang der Gesamt-Argumentation kann „Integration“ kaum anders als im oben definierten Sinn aufgefasst werden, und tatsächlich wäre es bestenfalls Wortklauberei und schlimmstenfalls Täuschung, wenn man als „Integration“ etwas anderes bzw. Nicht-Integration bezeichnen wollte, z.B. im Sinn von Relativ-Segregiert-und-Zwangsmäßig-Per-Gesetz-Ergebnisgleich-Nebeneinanderher-Leben-Solange-Es-Keine-Nennenswerten-Interessenkonflikte-Gibt, definieren wollte.
Und wenn wir schon bei Kritik am Buch von Bailey und Mabbett sind, muss auch angefügt werden, dass das Buch keine einigermaßen angemessene Auseinandersetzung mit den Chancen und mit den Gefahren der Methode der Literaturexegese enthält, was ebenfalls etwas ist, was eine Arbeit in der Soziologie aus dem Bereich des Ernstzunehmenden ausschließen würde. Dementsprechend hat Alexander Soucy, der das Buch von Bailey und Mabbett schon im Jahr 2004 rezensiert hat, festgehalten:
„Indeed, one could legitimately question whether the project can really be called sociology, given its methodology and the necessary reliance on data which is far from clear or conclusive” (Soucy 2004: 440).
Aber ich stimme Soucy zu, wenn er das “Projekt” wie folgt würdigt:
„They [die Autoren] did a remarkable job of piecing together the available evidence in order to serve up a tantalizing glimpse of the social currents that existed in northern India at the time of the Buddha“ (Soucy 2004: 440).
Darüber hinaus ist das Buch für die soziologische Theorie in mehrfacher Hinsicht relevant:
Erstens kommt den Autoren das Verdienst zu, klargestellt zu haben, dass der Erfolg des frühen Buddhismus keineswegs als Ausdruck eines kollektiven „Protest Against Commercial Values“ (S. 18) oder „Protest Against City Life“ (S. 19) betrachtet werden muss oder als eine Legitimationsveranstaltung für oder gegen „the Centralized State“ (S. 20; 21), wie es Autoren mit entsprechenden ideologischen Neigungen vorgeschlagen haben. Gegenüber solchen stark politisierten und undifferenzierten Erklärungsvorschlägen (man möchte fast sagen: Hauruck-Erklärungen) für den Erfolg des frühen Buddhismus können die Autoren denselben durch die Vermittlungsfunktion der frühen buddhistischen Mönche in vielen verschiedenen Bereichen und auf vielen verschiedenen Ebenen des menschlichen Mit(-oder Gegen-)einanders in der Gesellschaft erklären, die von der Interaktion zwischen Individuen, z.B. Ehepaaren, bis hin zur Interaktion zwischen Repräsentanten neu entstandener Berufe oder Institutionen mit Angehörigen ihrer jeweiligen Klientel reichen. In einer solchen Erklärung ist Raum für viele verschiedene und sehr unterschiedliche Bedürfnisse, Anliegen und Interessen unterschiedlicher Menschen, die durch die Vermittlerfunktion der frühen buddhistischen Mönche sozusagen in dasselbe Phänomen kanalisiert wurden: die fortschreitende Ausbreitung des Buddhismus.
Zweitens machen Bailey und Mabbett deutlich, dass dieser Prozess auf den Buddhismus zurückgewirkt hat:
„The need to accomodate a lay following meant there would always be several Buddhisms” (S. 261),
und zwar deshalb, weil dies zu einer Arbeitsteilung geführt hat zwischen „echten“ asketischen Wandermönchen, die das die Vermittlerrolle legitimierende Ideal des uninteressierten, unparteiischen, urteilsfähigen, weil durch Abstand von den weltlichen Dingen ausgezeichneten „holy man“ (S. 161) am besten ausgedrückt haben, und Mönchen, die mehr oder weniger regelmäßig oder dauerhaft in einem bestimmten Gebiet wanderten oder gar dort angesiedelt waren und gerade deshalb die Vermittlerfunktion überhaupt erst ausüben konnten, denn ohne ein Mindestmaß an „local knowledge“, das bestehende Interessen, Koalitionen, Antipathien und Sympathien bzw. allgemein: die Situation prägende Hintergründe durchschaut, wäre es schwierig gewesen, eine für verschiedene Parteien befriedigende Vermittlung zu erreichen. Die erste Gruppe von Mönchen hat sozusagen die Legitimation für die Vermittlerrolle der zweiten Gruppe geschaffen, die über das relevante situative Wissen verfügte, um überhaupt ein befriedigendes Vermittlungsergebnis herbeiführen zu können.
In der soziologischen Verallgemeinerung bedeutet das, dass eine Bewegung oder neu entstandene Institution sich nicht längerfristig behaupten kann, wenn es ihr nicht gelingt, sich den Bedürfnissen und Interessen auch derer außerhalb der Bewegung oder der Institution Überantwortenden anzupassen. Eine Verkündigung der „reinen Lehre“ samt der Forderung, dass „gute“ oder wohlmeinende Menschen der Lehre folgen, sich ihr gar unterwerfen sollten, genügt nicht, d.h. kann nicht zum Erfolg führen, wobei „Erfolg“ bedeuten soll: Akzeptanz durch die breite Masse der Bevölkerung und Etablierung in der Gesellschaft.
Akzeptiert man die Erklärung der Autoren für den Erfolg des frühen Buddhismus und überträgt man sie auf die Situation in modernen Gesellschaften, die alle mehr oder weniger stark von Migration kulturell Fremder geprägt sind, dann ergibt sich eine weitere allgemein-soziologisch relevante Schlussfolgerung, und zwar die, dass Multikulturalismus und Identitätspolitik von vornherein zum Scheitern verurteilt sind, denn sie setzen dauerhaft Anreize dazu, eigene Interessen als Gruppeninteressen zu inszenieren oder sich zum „Anwalt“ bestimmter Gruppen zu stilisieren und dadurch die eigenen Interessen gegen Kritik zu immunisieren, sind sie doch angeblich die Interessen Vieler (und häufig als benachteiligt oder diskriminiert Dargestellter), für die der Eigeninteressierte zu sprechen sich anmaßt.
Von dem enormen Potenzial zur mehrdimensionalen Spaltung von Gesellschaften, das dadurch entsteht, sind wir unmittelbar betroffen, oder wir können es unmittelbar beobachten. So können wir beispielsweise den Verlust des Vertrauens der Menschen darein, dass Institutionen die Aufgaben erfüllen, für deren Erfüllung sie geschaffen wurden und verantwortlich sind und für deren Unterhalt die Menschen als Steuerzahler aufkommen, beobachten, einfach, weil die Institutionen tatsächlich nicht mehr vorrangig auf die Erfüllung ihrer Funktionen fokussiert sind, sondern auf die Einhaltung von Vorgaben, die politischer Ideologie geschuldet sind. Das Vertrauen in das Bildungssystem schwindet, je stärker Orte des Lehrens und Lernens in Orte der Verbreitung von Ideologie und der Pflege von Manipulation verwandelt werden, und dem Vertrauen in Gerechtigkeit ist die Erwartung von Ungerechtigkeit um einer Ergebnisgleichheit zwischen einer Reihe von Bevölkerungsgruppen gewichen, etc. Integration verschiedener Menschen und Gruppen von Menschen kann nur auf der Basis universeller Werte und Maßstäbe gelten, die für alle Menschen gleich sind, ungeachtet ihres sozialen Standes, ihrer ethnischen Zugehörigkeit, ihres Geschlechtes etc. Genau solche universellen Werte und Maßstäbe hat der frühe Buddhismus – einigermaßen kompromisslos – bereitgestellt.
Das Buch von Bailey und Mabbett ist deshalb m.E. von einiger Relevanz für Soziologen, obwohl es schwerlich als ein soziologisches Buch bezeichnet werden kann. Und deshalb ist es bedauerlich, dass dem Buch, das mit einem zusammenfassenden Kapitel endet und eine Liste der zitierten Literatur (versteht sich) sowie einen Sach- und Namensindex enthält, kein Glossar beigegeben wurde, in dem Begriffe aus Sanskrit oder Pali, die die Autoren im Text häufig verwenden, erklärt würden, wie schon Soucy (2004: 441-442) bemerkt hat. Anscheinend haben die Autoren des Buches die Kenntnis dieser Begriffe und der damit verbundenen Konzepte beim Leser vorausgesetzt, es also, wenn überhaupt auch für Soziologen, dann bestenfalls für Religionssoziologen geschrieben. Das Verständnis des Buches für den durchschnittlichen Soziologen ist aufgrund des fehlenden Glossars zumindest stellenweise stark erschwert; er bleibt entweder ohne Verständnis der entsprechenden Textstellen, oder er muss die Bedeutung dieser Begriffe selbst recherchieren.
Und so ergibt sich für das Buch von Bailey und Mabbett die seltsame Situation, dass es aus formalen und methodischen Gründen schwerlich als Beitrag zur allgemeinen Soziologie aufgefasst worden kann, inhaltlich für die allgemeine Soziologie aber durchaus relevant ist. In jedem Fall ist das Buch für jemanden, der mein Interessengelage auch nur annähernd teilt, in verschiedenen Hinsichten sehr lesenswert.
Zitierte Literatur (zusätzlich zum rezensierten Buch):
Bekke, Torkel, 2002: Religious Motivation and the Origins of Buddhism: A Social-psychological Exploration of the Origins of a World Religion. London: RoutledgeCurzon.
Park, Robert E. & Burgess, Ernest W. 1969[1921]: Introduction to the Science of Sociology. Chicago: University of Chicago Press.
Rhys Davids, Thomas W., 1881: Vinaya Texts Translated From the Pali, Vol. 1 . Oxford: The Clarendon Press.
Soucy, Alexander, 2004: The Sociology of Early Buddhism (Rezension). Studies in Religion/Sciences Religieuses 33 (3-4): 440-442.
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Da ich mich (laienhaft) für diesen Themenkreis interessiere, bedanke ich mich sehr herzlich für diese ausführliche Rezension, Frau Dr. habil. Diefenbach. Ich speichere sie mir, um sie näher zu studieren.
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Hier eine mich beschäftigende Frage in diesem Zusammenhang, bei der ich keine Antwort weiß, vielleicht können Sie mir helfen:
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Derzeit gerät ein Konflikt zwischen muslimischen Rohingyas und den einheimischen Buddhisten in Burma/Myanmar in den Mittelpunkt. Die westliche Presse (von der ich wenig halte) behauptet, dass die Moslems dort von den Buddhisten vertrieben werden.
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Gehören denn die Moslems dort tatsächlich und ursprünglich zu Burma und ist nicht dort, wo Moslems sich ausbreiten, über kurz oder lang mit Konflikten zu rechnen, ähnlich, wie wir es zu erwarten haben? Ich erlebe Vertreter der Buddhisten stets als friedlich und freundlich. Und die sollen Gewalt ausüben?
Die Rohingya sind kein eigenes Volk oder Ethnie sondern haben ihre Wurzeln in Indien und sind nach Myanmar eingewandert. In dem buddhistischen Myanmar leben über 120 verschiedene Volksgruppen friedlich nebeneinander, trotz unterschiedlicher Kulturen und Religionen Die Rohingya hingegen haben mit bürgerkriegsähnlichen terroristischen Angriffen auf buddhistische Familien, Polizeistationen etc. den Konflikt begonnen. Wenn unzählige buddhistische Familien ohne Grund angegriffen, ihrer Häuser nieder gebrannt werden und ganze Regionen aufgrund von Terrorgefahr der Moslems gesperrt werden müssen, kann man verstehen, dass Buddhisten nicht tatenlos zusehen, sich ermorden lassen und zugucken, wie ihre ihre Lebensgrundlage zerstört wird. U.a. hat die von den Rohingya gegründete Untergrundorganisation Arakan Salvation Army (ARSA) zeitgleich 30 Polizeistationen und militärische Einrichtungen angegriffen, mit dem Ergebnis von über 100 Toten. All das wird in den Medien hier verschwiegen. Insofern sind die Darstellungen der Presse und die Parteiergreifung der UN nicht nur ungerecht sondern verfälschen die tatsächliche Gefahr, die von den dortigen Moslems und ihrer terroristischen Untergrundorganisation ausgeht. Es gibt auf youtube Interviews mit buddhistischen Mönchen, die sich zu dem Konflikt äußern. Ich schenke diesen authentischen Berichten ordinierter Mönche, die ihren Gelübden folgen mehr Vertrauen als den Berichten der hiesigen Presse.,
Sehr gerne würde ich mich dazu kompetent äußern können,aber ich fürchte, ich kann es nicht. Ich könnte nur weitergeben, was ich eher zufällig aus diversen Quellen mitbekomme und kann einfach keine halbwegs zuverlässige Einschätzung geben.
Allgemein kann ich sagen: ja, Buddhisten sind in aller Regel friedlfertige Menschen, aber in der Geschichte des Buddhismus hat es durchaus Partisanentum und Gewalt gegeben. Insofern auch Buddhisten nur Menschen sind und niemand offiziell aus dem Buddhismus ausgeschlossen werden kann (nur aus dem Mönchsorden, aber nicht aus der Gemeinschaft der Buddhisten schlechthin, weil es keine “Kirchen”-Gemeinde in europäischen Sinn gibt), ist es schwierig, in jedem spezifischen Fall zu entscheiden, welche Buddhisten warum ihre relative Friedfertigkeit zu welchen Zwecken aufgegeben haben.
Kurz: Leider muss ich hier passen. Zumindest ohne systematische weitere Recherche traue ich mir über diese Angelegenheit einfach kein kompetentes Urteil zu – und schweige dementsprechend bis auf Weiteres zu dieser Sache; tut mir leid!
Ihre Antwort an mich ehrt Sie, da Sie als Wissenschaftlerin einräumen, dass es Grenzen Ihres Wissens gibt. Sie steigen weiter in meiner Achtung. So verhält sich eine echte Wissenschaftlerin. So etwas ist sehr wertvoll. Haben Sie nochmals Dank.
Die an den Buddhismus glauben, sind friedlich! Aber die Geduld ist enden wollend, auch bei Buddhisten. Meines Wissens ist folgendes passiert:
Die Rohinjas sind allesamt aus dem islamischen Ost-Pakistan, heute Banghladesh. Aus welchen Gründen sie ins buddhistische Burma verschlagen wurden, weiss ich leider nicht, aber sie wurden aufgenommen.
Wie so viele Moslems halten die Rohinjas auch nicht viel vom selbstständigen Broterwerb, wenn sie gefüttert werden. Das führte nach einiger Zeit dazu, dass die buddhistische Bevölkerung mit unverschämten Forderungen der rasse-, religions- und kulturfremden (Arier, Moslems) Rohinja konfrontiert wurde und es zu gewaltsamen Angriffen auf Buddhisten kam. Was sich diese wiederum nicht gefallen liessen, immerhin allimentierten sie die Moslems, und so versuchten sie sie aus Burma zurück nach Ost-Pakistan zu verfrachten, was den Rohinjas naturgemäss nicht behagte, denn in ihrer angestammten Heimat (alle Rohinjas sind noch immer ostpakistanische Staatsbürger. aber Ostpakistan will sie nicht zurück) müssten sie den Arsch bewegen um essen zu können! So ergeb eines das andere und die Situation ist ziemlich verfahren. Die “Weltgemeinschaft” hätte halt gerne, dass der Moslemzeck Rohinja weiter an Burma saugt und dort den Alltag stört, die buddhistischen Burmesen wollen das aber nicht mehr bezahlen und sich mit den frechen Moslems herumschlagen müssen.
Kommt Ihnen die Situation irgendwie bekannt vor?
Es kommt selten vor, Frau Dr. Diefenbach, aber manchmal fehlen mir einfach die Worte!
Und, da ich kein Soziologe bin, genügt hier ein: Chapeau und großer Dank!
Hach, ich werde mit diesem Erklärungsversuch des Erfolges des Buddhismus irgendwie nicht warm. Es liest sich wie eine Graswurzelrevolution. Ich war stets der Ansicht Religionen werden von Menschen begründet, die einem hohes soziales Ansehen genießen und die weitestgehend materielle Sorgen hinter sich gelassen haben. Ihr sozialer Stand und ihr Leumund ist es auch der die Elite einer Gesellschaft überzeugen kann und erst darauf hin zieht der Rest der Bevölkerung nach. Der Mit-viel-Vieh-reich-Gesegnete (SiddhArta Gotama) deutet zumindest dem Namen nach auf dieses Muster hin und Ashoka sah eine Notwendigkeit darin Stelen im ganzen Maurya-Reich aufzustellen. Ich habe das bisher als eine Proklamation gedeutet, weniger als einen Akt Eulen nach Athen zu tragen.
Liebe Frau Diefenbach. Darf ich Sie nach Ihrer Meinung als Ethnologen und Soziologen befragen? ich habe es für eine soziale und kulturelle Konstante von nicht-primitiven Gesellschaften gehalten, also Gesellschaften, die eine städtische Organisation hervorbringen, dass sich in diesen Gesellschaften ein Streben bzw. Nacheifern nach sozialer Anerkennung und Wohlstand einstellt und dass der Kompass dieses Strebens stets auf einen sehr kleinen Teil der Bevölkerung, die ich hier Eliten genannt habe, verkörpert wird. Kennen Sie da Gegenbeispiele?
Frau Diefenbach, gehörte zu Ihrem Studium auch das Lernen einer/ mehrerer asiatischer Sprache/n und/ oder Schriften ? Was bedeutet buddhistische Studien konkret ?
Zunächst möchte ich allen Kommentatoren sagen, dass ich mich sehr über das Interesse an meiner Rezension dieses Buches bzw. überhaupt an „Buddhist Studies“ freue; ganz ehrlich gesagt habe ich nicht auf allzu großes Interesse oder sagen wir vielleicht zutreffender: auf Kommentare zu diesem Thema zu hoffen gewagt – obwohl die Frage des Multikulturalismus uns ja alle direkt angeht; ich dachte einfach: dazu von einer Rezension eines Buches über Buddhismus zu kommen, dürfte vielen Leuten einfach skurril vorkommen. Umso mehr freue ich mich über das Interesse!
@rolandvongilead
Ich bin nicht ganz sicher darüber, welchen Einwand genau Sie haben, welchen Mangel an dem Erklärungsversuch von Bailey und Mabbett Sie sehen. Verzeihen Sie also, wenn ich Ihren Punkt im Folgenden nicht ganz treffe; ich hoffe dennoch, das Folgende trifft den Punkt:
Was Ihre Wahrnehmung betrifft, die Autoren würden die Verbreitung des frühen Buddhismus als eine „Graswurzelrevolution“ interpretieren, so ist diese Wahrnehmung nicht zutreffend (und es tut mir leid, wenn ich in meiner Darstellung solches suggeriert habe). Die Autoren wenden sich ja gerade gegen Erklärungen des Erfolgs es frühen Buddhismus durch soziale Verwerfungen, sozialen Wandel oder gar eine „Revolution“.
Die Autoren meinen vielmehr, dass zur Zeit des Buddha und seiner ersten Mönchen Prozesse der Urbanisierung, der Erwirtschaftung von Surplus, der Entstehung neuer politischer Strukturen schon stattgefunden hatten und die Veränderungen, die diese Prozesse nach sich gezogen haben (z.B. die Entstehung neuer Berufe, einer Händler“klasse“ z.B.), schon Tatsachen waren, die nicht (mehr?) umkämpft waren oder zur gesellschaftlichen Debatte standen. Die Nische, in die der Buddha mit seiner Lehre vorgestoßen ist, war keine sozialrevolutionäre, sondern eine, die das psychologische Leben der Menschen und ihr Umgang miteinander in den veränderten Strukturen einfacher gemacht hat, und zwar eben wegen der universellen Werte des Buddhismus, die dazu geeignet waren, von partikularen Interessen zu abstrahieren und im Effekt zwischen ihnen zu vermitteln.
Ja, gemeinhin wird davon ausgegangen, dass der Buddha selbst aus einer Familie von relativ hohem sozialen Rang kam, aber erstens ist es sehr, sehr schwierig, etwas halbwegs verlässliches über die Biographie des historischen Buddha zu benennen (s. hierzu z.B. Beckwith 2015: „Greek Buddha“, Princeton: Princeton Univ. Press, S. 5-13; z.B. ist nicht klar, ob der Buddha im heutigen Indien geboren wurde, im heutigen Nepal oder irgendwo in Zentralasien), und zweitens ist soziales Ansehen aufgrund von Geburt oder Wohlstand kein hinreichendes Kriterium dafür, dass eine Person mit Erfolg eine Religion begründen kann. Immerhin steht im Kern der Lehre des Buddha, dass es auf soziales Ansehen und Wohlstand nicht nur nicht ankommt, sondern auf dem Weg in die Beendigung von Leid gerade Hindernisse sind, weil sie einen an die Welt binden und weltliche Maßstäbe für Lebenserfolg sind. Sein Ansehen als „Erleuchteter“ hätte also sozusagen darin bestanden, dass er sein soziales Ansehen mit Bezug auf Wohlstand und Herkunft geopfert hätte. Und der Buddha selbst wie seine Mönche habe ausschließlich von Spenden der Bevölkerung gelebt und ihre tägliche Nahrung erbettelt; sie waren tatsächlich das, was man Bettelmönche nennt.
Das ist ein wichtiger soziologischer Punkt: was „soziales Ansehen“ für wen und bei wem ist, ist eine Frage, die man jeweils nur empirisch beantworten kann. Die Vorstellung von „sozialem Ansehen“, das für Leute mit „guter“ sozialer Herkunft, mit Wohlstand, mit Bildung, mit Erfolg im Kampf, mit was auch immer, an sich und immer verbunden ist, ist eine Idee, und diese Idee kann man in allen Gesellschaften der Erde finden, aber die Idee muss gelebt werden, und die gelebte Realität erweist sich in aller Regel, d.h. in allen Gesellschaften, als sehr viel komplizierter als die Idee: Leute von „guter“ sozialer Herkunft verspielen ihren Wohlstand, Leute mit formal hoher Bildung erweisen sich als bigott, Söhne von heldenhaften Kriegern als feige etc. etc. Denken wir an unsere eigene Gesellschaft: Schätzen wir (noch) ernsthaft Politiker als Angehörige von „Eliten“, oder denken wir nicht vielmehr (inzwischen), dass sie einen Haufen von Laiendarstellern sind, die in nichts Expertise und wenig Lebenserfahrung in der realen Welt haben?! Bei einem Aufenthalt in Ägypen habe ich schnell gelernt, dass der „Chef“ in der Region nicht so sehr großes soziales Ansehen hatte, sondern viel Geld aufgrund vieler Abhängigkeitsbeziehungen, die er geschaffen hatte; die Leute hatten Angst vor ihm und haben ihn mehr oder weniger gehasst. Also, das ist so eine Sache mit dem Status bzw. dem „sozialen Ansehen“.
Der Pali-Kanon ist voll von Geschichten, die die Stärke der Lehre des Buddha und seine Überzeugungskraft dadurch illustrieren, dass es ihm gelingt, aus Brahmanen Konvertiten zu machen, also aus denjenigen, die die höchste „Klasse“ im alten Indien stellten und das höchste Ansehen genossen. Bailey und Mabbett sehen diesbezüglich ein starkes Wettbewerbs-Element im frühen Buddhismus (während z.B. Beckwirth meint, dass der Buddha sich zwar auch gegen den Brahmanismus, aber vor allem gegen den Zoroasthrianismus, gewendet hätte …). Insofern hätten Sie Recht, wenn Sie meinen, dass es wichtig ist, „Eliten“ zu überzeugen, und sicher hatte das „Signalwirkung“ in der Bevölkerung. Aber der Buddha hat „Eliten“-Angehörige auch vor den Kopf gestoßen, z.B. als er eine Einladung zu einem Essen für sich und seine Mönche, die ein Töpfer ausgesprochen hatte, angenommen hatte und deshalb eine folgende Einladung durch einen König abgesagt hat. Ich denke, dass die Konsequenz des Handelns und die persönliche Integrität des Buddha grundlegend wichtige Voraussetzungen waren für den Erfolg seiner Lehre (und ich denke, dass auch heute noch Konsequenz und Integrität unverzichtbar sind, wenn man glaubhaft sein will).
Wir sollten auch nicht vergessen, dass es im alten Indien (und nicht nur dort!) keine klare Trennung zwischen „Religion“ und „Philosophie“ gab. Beides stellt ja ab auf „die richtige Lebensführung“, und um sie ging es im Buddhismus wie im Brahmanismus wie im Jainismus und vielen anderen Gruppen, die man – mangels eines besseren Wortes im Deutschen – als „Sekten“ bezeichnen könnte. Und die „richtige Lebensführung“ hat für einen König bedeutet, dass er seine „Bürger“ gerecht behandelt mit Bezug auf Rechtsstreitigkeiten (also z.B. ohne Ansehen der ethnischen Zugehörigkeit der Beteiligten), was wiederum die Stabilität seines Königreiches befördert (das war für Asoka sicherlich auch ein wichtiger Punkt, obwohl man ja auch Königen nicht absprechen soll, dass sie einfach spirituelle Menschen sein können …), für einen Händler, dass er seine Handelspartner gerecht behandelt im Sinn von Reziprozität oder Nicht-Übervorteilung, was ihn zu jemandem machen wird, mit dem man gerne handelt, etc. Gerechtigkeit als universeller Wert taugte (und taugt) als Handlungsprinzip, das partikularistische Werte und Interessen überwinden kann, und eben weil es universelle Werte sind, binden Sie jeden ein, gleich, welcher sozialer Herkunft oder welchen sozialen Ansehens. Die Verbreitung des frühen Buddhismus ist also kein „trickle down“-Effekt, bei dem die Lehre erst durch soziale „Eliten“ angenommen worden wäre und von dort an die „Normalos“ weitergegeben worden wäre, sondern eine Lehre, die als solche, aufgrund ihrer Inhalte, alle ansprechen kann und niemanden ausschließt – so jedenfalls Bailey und Mabbett (und ich persönlich glaube, dass sie Recht haben).
@Frieder
Nein. Ich habe am Südasien-Institut Ethnologie studiert, aber keine Sprachen. Viele meiner Kommilitonen haben sinnvollerweise, wenn sie das Fach „Ethnologie“ belegt haben, auch ein Fach belegt, in dem (u.a.) einschlägige Sprachen gelehrt wurden, z.B. Indologie. Ich habe das nicht getan, weil ich wusste, dass ich mein Studium nicht komplett an einer einzigen Uni verbringen wollen würde (und ich war vorher schon von Mannheim, wo ich gar keine Ethnologie studieren konnte, nach Heidelberg gewechselt) und ich nicht so stark eingeschränkt sein wollte bei der Wahl der nächsten Uni, dadurch dass nur wenige Unis Ethnologie und ein Fach anbieten, in dem die Sprache/n gelehrt wird/werden, auf die ich mich dann schon festgelegt hätte, und die Fächer „Ethnologie“ und „Soziologie“ waren für mich in jedem Fall gesetzt. Ich habe mich im Verlauf meines weiteren Studiums der Ethnologie auf Nordostafrika spezialisiert und deshalb nebenbei – also ohne für diese Studien offiziell eingetragen zu sein – Arabisch und Amaharisch (Amtssprach Äthiopiens) in den entsprechenden Fachkursen der Uni gelernt; das ging damals noch. Meine Versuche in Sanskrit und Pali sind relativ neueren Datums. Weil es „tote“ Sprachen sind, also gelesen und verstanden, aber nicht gesprochen, werden müssen, lassen sie sich ganz gut im Selbststudium erlernen. Für Pali kann ich das Kursbuch von Kurt Schmidt „Pali – Buddha’s Language“ empfehlen (ich weiß nicht, ob es das auch für Deutsch-Sprecher gibt). Und wenn man kein Geld ausgeben will, kann man einen Einstieg in Pali versuchen mit dem „Elementary Pali Course“, den man findet unter http://www.buddhanet.net/pdf_file/ele_pali.pdf. Und natürlich kann man universitäre Online-Kurse machen wie z.B. den der „Pali Online School“ am Oxford Centre for Buddhist Studies. Ich habe daran gedacht, dort einen Kurs zu machen, mich aber noch nicht entschlossen. Mal sehen – ich habe einfach so viel zu tun, dass es mir schwer fällt, weitere zeitliche Verpflichtungen einzugehen.
„Buddhistische Studien“ bedeutet allgemein alles, was mit der Erforschung und Analyse des Buddhismus in Gegenwart und Geschichte zu tun hat. Meine „buddhistischen Studien“ sind notwendigerweise (weil ich bislang noch nicht richtig oder nur mit sehr, sehr hohem Zeitaufwand Pali-Originale lesen kann) vor allem Literaturstudien; ich nehme also auf, was andere kluge Leute dazu geschrieben haben und verstehe mein „Studien-Betreiben“ in diesem Zusammenhang schlicht als „Lernen“. Immerhin liegen für eine große Zahl von kanonischen Schrifren inzwischen englischsprachige Übersetzungen vor, mit denen sich gut arbeiten lässt, und sogar Leute, die an der Uni „Buddhist Studies“ betreiben, greifen auf diese Übersetzungen zurück.
Und dann muss man natürlich wissen, wo die eigenen Stärken und Beschränkungen liegen:
Mangels Sprachkenntnissen kann ich nicht mitreden, wenn es darum geht, zu diskutieren, ob oder wie ein kanonischer Text, der in einer Vollversion nur noch in Chinesisch existiert, die Interpretation der Teilversion z.b. in Sanskrit verändern soll oder muss.
Aber als Soziologe, der Pali nicht richtig lesen kann oder auf englischsprachige Übersetzungen zurückgreifen muss, kann man immerhin noch Netzwerk-Studien betreiben und z.B. verfolgen, welche Konversionen welche weiteren nach sich gezogen haben, oder man kann auszählen, wie oft im Pali-Kanon auf bestimmte Orte als Verweilorte des Buddha Bezug genommen wird, um sich eine Art „Landkarte“ vom Hauptwirkungsbereich des Buddha anzufertigen und und und; die Möglichkeiten sind grenzenlos.
Man darf nicht vergessen, dass die bei weitem größte Zahl aller Menschen, die seit der Lebenszeit des Buddha als Buddhisten auf dieser Erde lebten, selbst auch kein Pali oder Sanskrit lesen konnten, sondern „ihren“ Buddhismus immer als z.B. chinesischen Buddhismus, tibetischen Buddhismus etc. kennen- und schätzengelernt haben. Insofern habe ich kein allzu schlechtes Gewissen, wenn ich mir gewöhnlich mit englischsprachigen Übersetzungen behelfe. Und überhaupt: meine „Buddhist Studies“ sind bislang ja „nur“ ein Hobby; ich habe noch nicht in einer Fachzeitschrift über „Buddhist Studies“ publiziert. Aber vielleicht kommt das ja noch. Wer weiß, wohin mich der Fluss des Lebens in den nächsten Jahren spült!?
Das zu sehen, freut mich sehr! Aber trotzdem: Bislang jedenfalls ist Arabisch, glaube ich, nicht unbedingt eine für buddhistische Studien relevante Sprache – wie gesagt: bislang ….
Glaubwürdigkeit und Integrität: es ist sicherlich kein Zufall, dass sich viele im Westen (seit ca. den 50ern?) vom Christentum abwenden und andere Formen der Spiritualität suchen, und sich dem Buddhismus zuwenden. Wir hatten den 2. Weltkrieg, den Holocaust, den Trinity-Test in der Mexikanischen Wüste, die nukleare Bombardierung von Hiroshima und Nagasaki, dann Vietnam, usw., und all das in, bzw. ausgehend von angeblich christlichen Nationen, in denen die Kirchen zu all dem wohl eher geschwiegen haben. Und Kirchentage, die an Parteiveranstaltungen und feministische “Kunst”-Aktionen erinnern, und von denen Leute mit abweichenden Meinungen über weltliche Themen ausgeschlossen werden, können keine verbindende gesellschaftliche Kraft entfalten. Die heutigen Spalter sind die, die in den anderen die Spalter erkennen wollen.
Dementprechend dürfte eine Begründung für den Abfall vom Glauben, nämlich dass die christlichen Nationen systematisch von den okkulten Interessengruppen der UNO unterwandert werden, im Ansatz falsch sein. Die Krise ist hausgemacht. Sie hatte bereits lange vor der heutigen Forcierung der grenzenlosen Menschheit, indem einfach alle möglichen inkompatiblen Gesellschaften zusammengesteckt werden, begonnen. Strenggenommen ist die UNO auch nur eine Reaktion auf die Streitigkeiten und kriegerischen Auseinandersetzungen der Nationen, bzw. auf den Imperialismus.
Ich persönlich halte übrigens im Element “Abstand von den weltlichen Dingen” einen Ausweg aus dem ewigen Dilemma, in den der moderne (Sozial-)Staat und die modernen Multikulturen mitsamt jeglicher spaltender Tätigkeit der Lager der professionellen Feministen, Genderisten, Klimatisten und Opfer führen. Der Abstand von den weltlichen Dingen gekoppelt mit der Einsicht, dass es keinen göttlichen Plan gibt, über den man sich in den heiligen Büchern der abrahamitischen Religionen informieren könnte; gekoppelt mit der Einsicht, dass man Gott per Definition nicht erkennen kann, und man daher niemals wissen kann, ob man eine göttliche Botschaft bekommen hat, was jegliche Offenbarungsreligion extrem anzweifelbar macht; gekoppelt mit der Einsicht, dass ebenfalls per Definition nur Gott die Welt auf eine Weise verändern kann, dass sie vom Bösen gerettet würde; und schließlich gekoppelt mit der Einsicht, dass genau deswegen auch der Messianismus (Stichwörter: Klimatismus und soziale Aktionen) eine Falle sein kann, in die der Mensch aufgrund von Selbstüberschätzung tappt, und dabei Leid schafft. Man kann ja trotzdem weiterhin daran arbeiten, das Leben auf diesem Planeten so gut wie möglich zu machen. Es scheint aber psychologisch sinnvoller zu sein, eine gewisse Gleichgültigkeit den Dingen gegenüber zu entwickeln, anstatt sich ständig die Probleme dieser Welt auf die Seele zu schreiben, und ein Dauerschuldgefühl für die Vergangenheit und die Fehler früherer Menschen mit sich rumzuschleppen. Ein bißchen mehr Buddhismus würde wohl auch den Klimalyptikern ein wenig innere Ruhe verschaffen.
Und schließlich: ich habe ja in meiner Jugend vor allem Hermann Hesse’s Bücher verschlungen, und zu seinen Büchern gehört auch “Siddhartha”. Kann ich nur empfehlen, unter anderem wegen des Einblicks in buddhistische Lehre (“der Fluß des Lebens” ist ein Stichwort), und weil sämtliche Charaktere, die in diesem Buch eine größere Rolle spielen, unterschiedliche Aspekte des Buddha während seiner Entwicklung zum Buddha darstellen. Auch der Film “Siddhartha” sei empfohlen.
“Ein bißchen mehr Buddhismus würde wohl auch den Klimalyptikern ein wenig innere Ruhe verschaffen”
– ja, da kann ich Ihnen nur zustimmen!
Aber ich würde das verallgemeinern und sagen:
“Ein bisschen mehr Buddhismus würde wohl fast allen Menschen im Westen (und vermutlich auch anderswo) ein wenig (mehr) innere Ruhe verschaffen”,
aber besonders solchen Menschen, die meinen, dass ihr ganzes Ich und ihr Lebensglück von der Unterwerfung unter irgendwelche wohlklingenden Parolen, Sätze oder Vorschriften abhängt, die ihr Denken, Sprechen und Handeln ganz und gar dominieren, die sie aber nicht selbst auf ihrem persönlichen Weg “gefunden” oder durch Erprobung im richtigen Leben auf Tauglichkeit geprüft haben, sondern die ihnen bloß vorgegeben wurden – zur Befolgung und zum “Heil” anderer, das sie naiverweise vertreten, als ginge es um ihr eigenes Glück und ihre eigene Befreiung von unnützen Ideen.
Mehr Gelassenheit, weniger Überhöhung des eigenen Ego, mehr Bereitschaft, Dinge fallenzulassen, wenn sie sich als falsch erweisen oder einfach als für nichts gut, als niemandem das Leben erleichternd, statt an ihnen störrisch festzuhalten, nur, weil man sich an den Krempel gewöhnt hat – das wäre meine “XL-Version” Ihres Satzes; der Buddha war nicht umsonst durch und durch Empiriker!
Aber man muss kein Buddhist sein, um die Selbstbeschränkung des eigenen Geistes um untauglicher Idee willen als Verschwendung wertvoller Lebenszeit zu betrachten….
Falls es Sie – oder andere Leser – interessiert:
Einen guten Einblick darein, wie die buddhistische Lehre als eine gelebte, d.h. empirisch angewendete Lehre funktionieren kann, was sie bedeuten kann, was man damit für das Leben und Zusammenleben “machen” kann (oder lassen sollte), wie sie von real exisitierenden Menschen gewürdigt und umgesetzt werden muss, geben die YouTube-Videos von Yuttadhammo Bhikkhu, einem in Kanada geborenen Mönch, der in einem Kloster in Thailand lebt, zu finden, entweder unter seinem Namen oder unter dem Titel: “Ask a Monk”.
Diese Videos sind keine “Lehr”-Videos wie man sie vielleicht erwarten würde, sondern m.E. sehr persönlich, unmittelbar, oft sehr unterhaltsam, manchmal richtig witzig.
Irgendwie bringen Sie, glaube ich, den Buddhismus (zumindest den Theravada-Buddhismus) Leuten näher als so manches Lehr- oder Einführungsbuch in Buddhismus.(bzw. die vielen Buddhismen).
Danke, ist mir gar nicht bewußt. Ich kann nur sagen, dass ich mich seit über 20 Jahren mit Religion beschäftige, Esoterik und New Age gehörte auch mal dazu, und nicht zu vergessen Hesse’s Bücher. Ich habe auch das Glück gehabt, nicht als Kind getauft zu werden, meine Eltern wollten, dass ich später selbst entscheide. Und ich muß sagen, dass ich es nicht bereue, keiner religiösen Gemeinschaft anzugehören. Ich mag eigentlich sogar den Gedanken wie ein alleinreisender Mönch im Leben zu sein, und mittlerweile lehne ich sämtliche heilsbringerischen Pläne ab, und das schließt auch die Politik, bzw. den modernen Staat ein, mitsamt all den marktschreierischen …. , die nur Parolen und undurchdachte Meinungen in die Welt plärren. Es gibt aber auch andere, die mittendrin sind in der Politk, und dennoch eine gewisse Sensibilität und Spiritualität bewahren, und über der Propaganda stehen. Ist vielleicht typbedingt. Hochsensiblen Personen bleibt vielleicht keine andere Wahl als auf die spirituelle Entdeckungsreise zu gehen, um mit all den Signalen, die auf sie aus der Welt heraus einströmen, klar zu kommen. Wer mehr (gefühlt) leidet, muß vielleicht mehr verarbeiten. Andere scheinen mehr Felsen in der Brandung zu sein, egal wie hart die Wellen gegen sie schlagen, die bleiben fest und wanken nicht, also innerlich, in der Psyche, meine ich. Vermutlich auch kein Zufall, dass buddhistische Konzepte in die Psychotherapie eingegangen sind.
Den Yuttadhammo Bhikkhu habe ich mir eben auf YT rausgesucht. Übrigens fällt mir beim Stichwort “Leiden” auch Krieg ein, nämlich dass Krieg immer Leiden für alle bringt, auch für die Sieger, und es scheint so zu sein, dass die Menschen in den USA von Jahrzehnten der Kriegführung heimgesucht werden. Ich habe in den letzten Monaten viel Twin Peaks und andere David Lynch-Filme gesehen, viel darüber gelesen und auch ihm selbst viel zugehört, YT ist da ja eine Fundgrube, und mir scheint, dass die vielen Probleme im amerikanischen Inland ebenso hausgemacht sind, um es wie Lynch zu sagen, dass ein Geist, ein Zeitgeist der Angst spürbar ist, der mit dem 2. Weltkrieg begonnen hat und sich über die Jahre nur noch verstärkt hat. Ich weiß nicht inwieweit Transzendentale Meditation mit Buddhismus zu tun hat, David Lynch sieht in der TM die Lösung für diese Probleme. Eintauchen bis zur Ebene des Einsseins mit dem Urgrund und Freude erfahren. Wissen Sie vielleicht Näheres, so aus der Erfahrung mit dem Buddhismus heraus?
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Sehr interessant! Danke für diesen Rezension!
Da ich mich (laienhaft) für diesen Themenkreis interessiere, bedanke ich mich sehr herzlich für diese ausführliche Rezension, Frau Dr. habil. Diefenbach. Ich speichere sie mir, um sie näher zu studieren.
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Hier eine mich beschäftigende Frage in diesem Zusammenhang, bei der ich keine Antwort weiß, vielleicht können Sie mir helfen:
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Derzeit gerät ein Konflikt zwischen muslimischen Rohingyas und den einheimischen Buddhisten in Burma/Myanmar in den Mittelpunkt. Die westliche Presse (von der ich wenig halte) behauptet, dass die Moslems dort von den Buddhisten vertrieben werden.
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Gehören denn die Moslems dort tatsächlich und ursprünglich zu Burma und ist nicht dort, wo Moslems sich ausbreiten, über kurz oder lang mit Konflikten zu rechnen, ähnlich, wie wir es zu erwarten haben? Ich erlebe Vertreter der Buddhisten stets als friedlich und freundlich. Und die sollen Gewalt ausüben?
Die Rohingya sind kein eigenes Volk oder Ethnie sondern haben ihre Wurzeln in Indien und sind nach Myanmar eingewandert. In dem buddhistischen Myanmar leben über 120 verschiedene Volksgruppen friedlich nebeneinander, trotz unterschiedlicher Kulturen und Religionen Die Rohingya hingegen haben mit bürgerkriegsähnlichen terroristischen Angriffen auf buddhistische Familien, Polizeistationen etc. den Konflikt begonnen. Wenn unzählige buddhistische Familien ohne Grund angegriffen, ihrer Häuser nieder gebrannt werden und ganze Regionen aufgrund von Terrorgefahr der Moslems gesperrt werden müssen, kann man verstehen, dass Buddhisten nicht tatenlos zusehen, sich ermorden lassen und zugucken, wie ihre ihre Lebensgrundlage zerstört wird. U.a. hat die von den Rohingya gegründete Untergrundorganisation Arakan Salvation Army (ARSA) zeitgleich 30 Polizeistationen und militärische Einrichtungen angegriffen, mit dem Ergebnis von über 100 Toten. All das wird in den Medien hier verschwiegen. Insofern sind die Darstellungen der Presse und die Parteiergreifung der UN nicht nur ungerecht sondern verfälschen die tatsächliche Gefahr, die von den dortigen Moslems und ihrer terroristischen Untergrundorganisation ausgeht. Es gibt auf youtube Interviews mit buddhistischen Mönchen, die sich zu dem Konflikt äußern. Ich schenke diesen authentischen Berichten ordinierter Mönche, die ihren Gelübden folgen mehr Vertrauen als den Berichten der hiesigen Presse.,
Sehr gerne würde ich mich dazu kompetent äußern können,aber ich fürchte, ich kann es nicht. Ich könnte nur weitergeben, was ich eher zufällig aus diversen Quellen mitbekomme und kann einfach keine halbwegs zuverlässige Einschätzung geben.
Allgemein kann ich sagen: ja, Buddhisten sind in aller Regel friedlfertige Menschen, aber in der Geschichte des Buddhismus hat es durchaus Partisanentum und Gewalt gegeben. Insofern auch Buddhisten nur Menschen sind und niemand offiziell aus dem Buddhismus ausgeschlossen werden kann (nur aus dem Mönchsorden, aber nicht aus der Gemeinschaft der Buddhisten schlechthin, weil es keine “Kirchen”-Gemeinde in europäischen Sinn gibt), ist es schwierig, in jedem spezifischen Fall zu entscheiden, welche Buddhisten warum ihre relative Friedfertigkeit zu welchen Zwecken aufgegeben haben.
Kurz: Leider muss ich hier passen. Zumindest ohne systematische weitere Recherche traue ich mir über diese Angelegenheit einfach kein kompetentes Urteil zu – und schweige dementsprechend bis auf Weiteres zu dieser Sache; tut mir leid!
Ihre Antwort an mich ehrt Sie, da Sie als Wissenschaftlerin einräumen, dass es Grenzen Ihres Wissens gibt. Sie steigen weiter in meiner Achtung. So verhält sich eine echte Wissenschaftlerin. So etwas ist sehr wertvoll. Haben Sie nochmals Dank.
Die an den Buddhismus glauben, sind friedlich! Aber die Geduld ist enden wollend, auch bei Buddhisten. Meines Wissens ist folgendes passiert:
Die Rohinjas sind allesamt aus dem islamischen Ost-Pakistan, heute Banghladesh. Aus welchen Gründen sie ins buddhistische Burma verschlagen wurden, weiss ich leider nicht, aber sie wurden aufgenommen.
Wie so viele Moslems halten die Rohinjas auch nicht viel vom selbstständigen Broterwerb, wenn sie gefüttert werden. Das führte nach einiger Zeit dazu, dass die buddhistische Bevölkerung mit unverschämten Forderungen der rasse-, religions- und kulturfremden (Arier, Moslems) Rohinja konfrontiert wurde und es zu gewaltsamen Angriffen auf Buddhisten kam. Was sich diese wiederum nicht gefallen liessen, immerhin allimentierten sie die Moslems, und so versuchten sie sie aus Burma zurück nach Ost-Pakistan zu verfrachten, was den Rohinjas naturgemäss nicht behagte, denn in ihrer angestammten Heimat (alle Rohinjas sind noch immer ostpakistanische Staatsbürger. aber Ostpakistan will sie nicht zurück) müssten sie den Arsch bewegen um essen zu können! So ergeb eines das andere und die Situation ist ziemlich verfahren. Die “Weltgemeinschaft” hätte halt gerne, dass der Moslemzeck Rohinja weiter an Burma saugt und dort den Alltag stört, die buddhistischen Burmesen wollen das aber nicht mehr bezahlen und sich mit den frechen Moslems herumschlagen müssen.
Kommt Ihnen die Situation irgendwie bekannt vor?
Es kommt selten vor, Frau Dr. Diefenbach, aber manchmal fehlen mir einfach die Worte!
Und, da ich kein Soziologe bin, genügt hier ein: Chapeau und großer Dank!
Hach, ich werde mit diesem Erklärungsversuch des Erfolges des Buddhismus irgendwie nicht warm. Es liest sich wie eine Graswurzelrevolution. Ich war stets der Ansicht Religionen werden von Menschen begründet, die einem hohes soziales Ansehen genießen und die weitestgehend materielle Sorgen hinter sich gelassen haben. Ihr sozialer Stand und ihr Leumund ist es auch der die Elite einer Gesellschaft überzeugen kann und erst darauf hin zieht der Rest der Bevölkerung nach. Der Mit-viel-Vieh-reich-Gesegnete (SiddhArta Gotama) deutet zumindest dem Namen nach auf dieses Muster hin und Ashoka sah eine Notwendigkeit darin Stelen im ganzen Maurya-Reich aufzustellen. Ich habe das bisher als eine Proklamation gedeutet, weniger als einen Akt Eulen nach Athen zu tragen.
Liebe Frau Diefenbach. Darf ich Sie nach Ihrer Meinung als Ethnologen und Soziologen befragen? ich habe es für eine soziale und kulturelle Konstante von nicht-primitiven Gesellschaften gehalten, also Gesellschaften, die eine städtische Organisation hervorbringen, dass sich in diesen Gesellschaften ein Streben bzw. Nacheifern nach sozialer Anerkennung und Wohlstand einstellt und dass der Kompass dieses Strebens stets auf einen sehr kleinen Teil der Bevölkerung, die ich hier Eliten genannt habe, verkörpert wird. Kennen Sie da Gegenbeispiele?
Frau Diefenbach, gehörte zu Ihrem Studium auch das Lernen einer/ mehrerer asiatischer Sprache/n und/ oder Schriften ? Was bedeutet buddhistische Studien konkret ?
@rolandvongileas
@Frieder
@Alle Kommentatoren
@Alle Kommentatoren
Zunächst möchte ich allen Kommentatoren sagen, dass ich mich sehr über das Interesse an meiner Rezension dieses Buches bzw. überhaupt an „Buddhist Studies“ freue; ganz ehrlich gesagt habe ich nicht auf allzu großes Interesse oder sagen wir vielleicht zutreffender: auf Kommentare zu diesem Thema zu hoffen gewagt – obwohl die Frage des Multikulturalismus uns ja alle direkt angeht; ich dachte einfach: dazu von einer Rezension eines Buches über Buddhismus zu kommen, dürfte vielen Leuten einfach skurril vorkommen. Umso mehr freue ich mich über das Interesse!
@rolandvongilead
Ich bin nicht ganz sicher darüber, welchen Einwand genau Sie haben, welchen Mangel an dem Erklärungsversuch von Bailey und Mabbett Sie sehen. Verzeihen Sie also, wenn ich Ihren Punkt im Folgenden nicht ganz treffe; ich hoffe dennoch, das Folgende trifft den Punkt:
Was Ihre Wahrnehmung betrifft, die Autoren würden die Verbreitung des frühen Buddhismus als eine „Graswurzelrevolution“ interpretieren, so ist diese Wahrnehmung nicht zutreffend (und es tut mir leid, wenn ich in meiner Darstellung solches suggeriert habe). Die Autoren wenden sich ja gerade gegen Erklärungen des Erfolgs es frühen Buddhismus durch soziale Verwerfungen, sozialen Wandel oder gar eine „Revolution“.
Die Autoren meinen vielmehr, dass zur Zeit des Buddha und seiner ersten Mönchen Prozesse der Urbanisierung, der Erwirtschaftung von Surplus, der Entstehung neuer politischer Strukturen schon stattgefunden hatten und die Veränderungen, die diese Prozesse nach sich gezogen haben (z.B. die Entstehung neuer Berufe, einer Händler“klasse“ z.B.), schon Tatsachen waren, die nicht (mehr?) umkämpft waren oder zur gesellschaftlichen Debatte standen. Die Nische, in die der Buddha mit seiner Lehre vorgestoßen ist, war keine sozialrevolutionäre, sondern eine, die das psychologische Leben der Menschen und ihr Umgang miteinander in den veränderten Strukturen einfacher gemacht hat, und zwar eben wegen der universellen Werte des Buddhismus, die dazu geeignet waren, von partikularen Interessen zu abstrahieren und im Effekt zwischen ihnen zu vermitteln.
Ja, gemeinhin wird davon ausgegangen, dass der Buddha selbst aus einer Familie von relativ hohem sozialen Rang kam, aber erstens ist es sehr, sehr schwierig, etwas halbwegs verlässliches über die Biographie des historischen Buddha zu benennen (s. hierzu z.B. Beckwith 2015: „Greek Buddha“, Princeton: Princeton Univ. Press, S. 5-13; z.B. ist nicht klar, ob der Buddha im heutigen Indien geboren wurde, im heutigen Nepal oder irgendwo in Zentralasien), und zweitens ist soziales Ansehen aufgrund von Geburt oder Wohlstand kein hinreichendes Kriterium dafür, dass eine Person mit Erfolg eine Religion begründen kann. Immerhin steht im Kern der Lehre des Buddha, dass es auf soziales Ansehen und Wohlstand nicht nur nicht ankommt, sondern auf dem Weg in die Beendigung von Leid gerade Hindernisse sind, weil sie einen an die Welt binden und weltliche Maßstäbe für Lebenserfolg sind. Sein Ansehen als „Erleuchteter“ hätte also sozusagen darin bestanden, dass er sein soziales Ansehen mit Bezug auf Wohlstand und Herkunft geopfert hätte. Und der Buddha selbst wie seine Mönche habe ausschließlich von Spenden der Bevölkerung gelebt und ihre tägliche Nahrung erbettelt; sie waren tatsächlich das, was man Bettelmönche nennt.
Das ist ein wichtiger soziologischer Punkt: was „soziales Ansehen“ für wen und bei wem ist, ist eine Frage, die man jeweils nur empirisch beantworten kann. Die Vorstellung von „sozialem Ansehen“, das für Leute mit „guter“ sozialer Herkunft, mit Wohlstand, mit Bildung, mit Erfolg im Kampf, mit was auch immer, an sich und immer verbunden ist, ist eine Idee, und diese Idee kann man in allen Gesellschaften der Erde finden, aber die Idee muss gelebt werden, und die gelebte Realität erweist sich in aller Regel, d.h. in allen Gesellschaften, als sehr viel komplizierter als die Idee: Leute von „guter“ sozialer Herkunft verspielen ihren Wohlstand, Leute mit formal hoher Bildung erweisen sich als bigott, Söhne von heldenhaften Kriegern als feige etc. etc. Denken wir an unsere eigene Gesellschaft: Schätzen wir (noch) ernsthaft Politiker als Angehörige von „Eliten“, oder denken wir nicht vielmehr (inzwischen), dass sie einen Haufen von Laiendarstellern sind, die in nichts Expertise und wenig Lebenserfahrung in der realen Welt haben?! Bei einem Aufenthalt in Ägypen habe ich schnell gelernt, dass der „Chef“ in der Region nicht so sehr großes soziales Ansehen hatte, sondern viel Geld aufgrund vieler Abhängigkeitsbeziehungen, die er geschaffen hatte; die Leute hatten Angst vor ihm und haben ihn mehr oder weniger gehasst. Also, das ist so eine Sache mit dem Status bzw. dem „sozialen Ansehen“.
Der Pali-Kanon ist voll von Geschichten, die die Stärke der Lehre des Buddha und seine Überzeugungskraft dadurch illustrieren, dass es ihm gelingt, aus Brahmanen Konvertiten zu machen, also aus denjenigen, die die höchste „Klasse“ im alten Indien stellten und das höchste Ansehen genossen. Bailey und Mabbett sehen diesbezüglich ein starkes Wettbewerbs-Element im frühen Buddhismus (während z.B. Beckwirth meint, dass der Buddha sich zwar auch gegen den Brahmanismus, aber vor allem gegen den Zoroasthrianismus, gewendet hätte …). Insofern hätten Sie Recht, wenn Sie meinen, dass es wichtig ist, „Eliten“ zu überzeugen, und sicher hatte das „Signalwirkung“ in der Bevölkerung. Aber der Buddha hat „Eliten“-Angehörige auch vor den Kopf gestoßen, z.B. als er eine Einladung zu einem Essen für sich und seine Mönche, die ein Töpfer ausgesprochen hatte, angenommen hatte und deshalb eine folgende Einladung durch einen König abgesagt hat. Ich denke, dass die Konsequenz des Handelns und die persönliche Integrität des Buddha grundlegend wichtige Voraussetzungen waren für den Erfolg seiner Lehre (und ich denke, dass auch heute noch Konsequenz und Integrität unverzichtbar sind, wenn man glaubhaft sein will).
Wir sollten auch nicht vergessen, dass es im alten Indien (und nicht nur dort!) keine klare Trennung zwischen „Religion“ und „Philosophie“ gab. Beides stellt ja ab auf „die richtige Lebensführung“, und um sie ging es im Buddhismus wie im Brahmanismus wie im Jainismus und vielen anderen Gruppen, die man – mangels eines besseren Wortes im Deutschen – als „Sekten“ bezeichnen könnte. Und die „richtige Lebensführung“ hat für einen König bedeutet, dass er seine „Bürger“ gerecht behandelt mit Bezug auf Rechtsstreitigkeiten (also z.B. ohne Ansehen der ethnischen Zugehörigkeit der Beteiligten), was wiederum die Stabilität seines Königreiches befördert (das war für Asoka sicherlich auch ein wichtiger Punkt, obwohl man ja auch Königen nicht absprechen soll, dass sie einfach spirituelle Menschen sein können …), für einen Händler, dass er seine Handelspartner gerecht behandelt im Sinn von Reziprozität oder Nicht-Übervorteilung, was ihn zu jemandem machen wird, mit dem man gerne handelt, etc. Gerechtigkeit als universeller Wert taugte (und taugt) als Handlungsprinzip, das partikularistische Werte und Interessen überwinden kann, und eben weil es universelle Werte sind, binden Sie jeden ein, gleich, welcher sozialer Herkunft oder welchen sozialen Ansehens. Die Verbreitung des frühen Buddhismus ist also kein „trickle down“-Effekt, bei dem die Lehre erst durch soziale „Eliten“ angenommen worden wäre und von dort an die „Normalos“ weitergegeben worden wäre, sondern eine Lehre, die als solche, aufgrund ihrer Inhalte, alle ansprechen kann und niemanden ausschließt – so jedenfalls Bailey und Mabbett (und ich persönlich glaube, dass sie Recht haben).
@Frieder
Nein. Ich habe am Südasien-Institut Ethnologie studiert, aber keine Sprachen. Viele meiner Kommilitonen haben sinnvollerweise, wenn sie das Fach „Ethnologie“ belegt haben, auch ein Fach belegt, in dem (u.a.) einschlägige Sprachen gelehrt wurden, z.B. Indologie. Ich habe das nicht getan, weil ich wusste, dass ich mein Studium nicht komplett an einer einzigen Uni verbringen wollen würde (und ich war vorher schon von Mannheim, wo ich gar keine Ethnologie studieren konnte, nach Heidelberg gewechselt) und ich nicht so stark eingeschränkt sein wollte bei der Wahl der nächsten Uni, dadurch dass nur wenige Unis Ethnologie und ein Fach anbieten, in dem die Sprache/n gelehrt wird/werden, auf die ich mich dann schon festgelegt hätte, und die Fächer „Ethnologie“ und „Soziologie“ waren für mich in jedem Fall gesetzt. Ich habe mich im Verlauf meines weiteren Studiums der Ethnologie auf Nordostafrika spezialisiert und deshalb nebenbei – also ohne für diese Studien offiziell eingetragen zu sein – Arabisch und Amaharisch (Amtssprach Äthiopiens) in den entsprechenden Fachkursen der Uni gelernt; das ging damals noch. Meine Versuche in Sanskrit und Pali sind relativ neueren Datums. Weil es „tote“ Sprachen sind, also gelesen und verstanden, aber nicht gesprochen, werden müssen, lassen sie sich ganz gut im Selbststudium erlernen. Für Pali kann ich das Kursbuch von Kurt Schmidt „Pali – Buddha’s Language“ empfehlen (ich weiß nicht, ob es das auch für Deutsch-Sprecher gibt). Und wenn man kein Geld ausgeben will, kann man einen Einstieg in Pali versuchen mit dem „Elementary Pali Course“, den man findet unter http://www.buddhanet.net/pdf_file/ele_pali.pdf. Und natürlich kann man universitäre Online-Kurse machen wie z.B. den der „Pali Online School“ am Oxford Centre for Buddhist Studies. Ich habe daran gedacht, dort einen Kurs zu machen, mich aber noch nicht entschlossen. Mal sehen – ich habe einfach so viel zu tun, dass es mir schwer fällt, weitere zeitliche Verpflichtungen einzugehen.
„Buddhistische Studien“ bedeutet allgemein alles, was mit der Erforschung und Analyse des Buddhismus in Gegenwart und Geschichte zu tun hat. Meine „buddhistischen Studien“ sind notwendigerweise (weil ich bislang noch nicht richtig oder nur mit sehr, sehr hohem Zeitaufwand Pali-Originale lesen kann) vor allem Literaturstudien; ich nehme also auf, was andere kluge Leute dazu geschrieben haben und verstehe mein „Studien-Betreiben“ in diesem Zusammenhang schlicht als „Lernen“. Immerhin liegen für eine große Zahl von kanonischen Schrifren inzwischen englischsprachige Übersetzungen vor, mit denen sich gut arbeiten lässt, und sogar Leute, die an der Uni „Buddhist Studies“ betreiben, greifen auf diese Übersetzungen zurück.
Und dann muss man natürlich wissen, wo die eigenen Stärken und Beschränkungen liegen:
Mangels Sprachkenntnissen kann ich nicht mitreden, wenn es darum geht, zu diskutieren, ob oder wie ein kanonischer Text, der in einer Vollversion nur noch in Chinesisch existiert, die Interpretation der Teilversion z.b. in Sanskrit verändern soll oder muss.
Aber als Soziologe, der Pali nicht richtig lesen kann oder auf englischsprachige Übersetzungen zurückgreifen muss, kann man immerhin noch Netzwerk-Studien betreiben und z.B. verfolgen, welche Konversionen welche weiteren nach sich gezogen haben, oder man kann auszählen, wie oft im Pali-Kanon auf bestimmte Orte als Verweilorte des Buddha Bezug genommen wird, um sich eine Art „Landkarte“ vom Hauptwirkungsbereich des Buddha anzufertigen und und und; die Möglichkeiten sind grenzenlos.
Man darf nicht vergessen, dass die bei weitem größte Zahl aller Menschen, die seit der Lebenszeit des Buddha als Buddhisten auf dieser Erde lebten, selbst auch kein Pali oder Sanskrit lesen konnten, sondern „ihren“ Buddhismus immer als z.B. chinesischen Buddhismus, tibetischen Buddhismus etc. kennen- und schätzengelernt haben. Insofern habe ich kein allzu schlechtes Gewissen, wenn ich mir gewöhnlich mit englischsprachigen Übersetzungen behelfe. Und überhaupt: meine „Buddhist Studies“ sind bislang ja „nur“ ein Hobby; ich habe noch nicht in einer Fachzeitschrift über „Buddhist Studies“ publiziert. Aber vielleicht kommt das ja noch. Wer weiß, wohin mich der Fluss des Lebens in den nächsten Jahren spült!?
Du sprichst doch arabisch und amharisch… Sind das nun keine einschlägigen Sprachen?
… nicht in der buddhistischen Welt 🙂
Found something for you:
https://www.facebook.com/arabbuddhists/
Das zu sehen, freut mich sehr! Aber trotzdem: Bislang jedenfalls ist Arabisch, glaube ich, nicht unbedingt eine für buddhistische Studien relevante Sprache – wie gesagt: bislang ….
Glaubwürdigkeit und Integrität: es ist sicherlich kein Zufall, dass sich viele im Westen (seit ca. den 50ern?) vom Christentum abwenden und andere Formen der Spiritualität suchen, und sich dem Buddhismus zuwenden. Wir hatten den 2. Weltkrieg, den Holocaust, den Trinity-Test in der Mexikanischen Wüste, die nukleare Bombardierung von Hiroshima und Nagasaki, dann Vietnam, usw., und all das in, bzw. ausgehend von angeblich christlichen Nationen, in denen die Kirchen zu all dem wohl eher geschwiegen haben. Und Kirchentage, die an Parteiveranstaltungen und feministische “Kunst”-Aktionen erinnern, und von denen Leute mit abweichenden Meinungen über weltliche Themen ausgeschlossen werden, können keine verbindende gesellschaftliche Kraft entfalten. Die heutigen Spalter sind die, die in den anderen die Spalter erkennen wollen.
Dementprechend dürfte eine Begründung für den Abfall vom Glauben, nämlich dass die christlichen Nationen systematisch von den okkulten Interessengruppen der UNO unterwandert werden, im Ansatz falsch sein. Die Krise ist hausgemacht. Sie hatte bereits lange vor der heutigen Forcierung der grenzenlosen Menschheit, indem einfach alle möglichen inkompatiblen Gesellschaften zusammengesteckt werden, begonnen. Strenggenommen ist die UNO auch nur eine Reaktion auf die Streitigkeiten und kriegerischen Auseinandersetzungen der Nationen, bzw. auf den Imperialismus.
Ich persönlich halte übrigens im Element “Abstand von den weltlichen Dingen” einen Ausweg aus dem ewigen Dilemma, in den der moderne (Sozial-)Staat und die modernen Multikulturen mitsamt jeglicher spaltender Tätigkeit der Lager der professionellen Feministen, Genderisten, Klimatisten und Opfer führen. Der Abstand von den weltlichen Dingen gekoppelt mit der Einsicht, dass es keinen göttlichen Plan gibt, über den man sich in den heiligen Büchern der abrahamitischen Religionen informieren könnte; gekoppelt mit der Einsicht, dass man Gott per Definition nicht erkennen kann, und man daher niemals wissen kann, ob man eine göttliche Botschaft bekommen hat, was jegliche Offenbarungsreligion extrem anzweifelbar macht; gekoppelt mit der Einsicht, dass ebenfalls per Definition nur Gott die Welt auf eine Weise verändern kann, dass sie vom Bösen gerettet würde; und schließlich gekoppelt mit der Einsicht, dass genau deswegen auch der Messianismus (Stichwörter: Klimatismus und soziale Aktionen) eine Falle sein kann, in die der Mensch aufgrund von Selbstüberschätzung tappt, und dabei Leid schafft. Man kann ja trotzdem weiterhin daran arbeiten, das Leben auf diesem Planeten so gut wie möglich zu machen. Es scheint aber psychologisch sinnvoller zu sein, eine gewisse Gleichgültigkeit den Dingen gegenüber zu entwickeln, anstatt sich ständig die Probleme dieser Welt auf die Seele zu schreiben, und ein Dauerschuldgefühl für die Vergangenheit und die Fehler früherer Menschen mit sich rumzuschleppen. Ein bißchen mehr Buddhismus würde wohl auch den Klimalyptikern ein wenig innere Ruhe verschaffen.
Und schließlich: ich habe ja in meiner Jugend vor allem Hermann Hesse’s Bücher verschlungen, und zu seinen Büchern gehört auch “Siddhartha”. Kann ich nur empfehlen, unter anderem wegen des Einblicks in buddhistische Lehre (“der Fluß des Lebens” ist ein Stichwort), und weil sämtliche Charaktere, die in diesem Buch eine größere Rolle spielen, unterschiedliche Aspekte des Buddha während seiner Entwicklung zum Buddha darstellen. Auch der Film “Siddhartha” sei empfohlen.
@Marvin Falz
“Ein bißchen mehr Buddhismus würde wohl auch den Klimalyptikern ein wenig innere Ruhe verschaffen”
– ja, da kann ich Ihnen nur zustimmen!
Aber ich würde das verallgemeinern und sagen:
“Ein bisschen mehr Buddhismus würde wohl fast allen Menschen im Westen (und vermutlich auch anderswo) ein wenig (mehr) innere Ruhe verschaffen”,
aber besonders solchen Menschen, die meinen, dass ihr ganzes Ich und ihr Lebensglück von der Unterwerfung unter irgendwelche wohlklingenden Parolen, Sätze oder Vorschriften abhängt, die ihr Denken, Sprechen und Handeln ganz und gar dominieren, die sie aber nicht selbst auf ihrem persönlichen Weg “gefunden” oder durch Erprobung im richtigen Leben auf Tauglichkeit geprüft haben, sondern die ihnen bloß vorgegeben wurden – zur Befolgung und zum “Heil” anderer, das sie naiverweise vertreten, als ginge es um ihr eigenes Glück und ihre eigene Befreiung von unnützen Ideen.
Mehr Gelassenheit, weniger Überhöhung des eigenen Ego, mehr Bereitschaft, Dinge fallenzulassen, wenn sie sich als falsch erweisen oder einfach als für nichts gut, als niemandem das Leben erleichternd, statt an ihnen störrisch festzuhalten, nur, weil man sich an den Krempel gewöhnt hat – das wäre meine “XL-Version” Ihres Satzes; der Buddha war nicht umsonst durch und durch Empiriker!
Aber man muss kein Buddhist sein, um die Selbstbeschränkung des eigenen Geistes um untauglicher Idee willen als Verschwendung wertvoller Lebenszeit zu betrachten….
Falls es Sie – oder andere Leser – interessiert:
Einen guten Einblick darein, wie die buddhistische Lehre als eine gelebte, d.h. empirisch angewendete Lehre funktionieren kann, was sie bedeuten kann, was man damit für das Leben und Zusammenleben “machen” kann (oder lassen sollte), wie sie von real exisitierenden Menschen gewürdigt und umgesetzt werden muss, geben die YouTube-Videos von Yuttadhammo Bhikkhu, einem in Kanada geborenen Mönch, der in einem Kloster in Thailand lebt, zu finden, entweder unter seinem Namen oder unter dem Titel: “Ask a Monk”.
Diese Videos sind keine “Lehr”-Videos wie man sie vielleicht erwarten würde, sondern m.E. sehr persönlich, unmittelbar, oft sehr unterhaltsam, manchmal richtig witzig.
Irgendwie bringen Sie, glaube ich, den Buddhismus (zumindest den Theravada-Buddhismus) Leuten näher als so manches Lehr- oder Einführungsbuch in Buddhismus.(bzw. die vielen Buddhismen).
Danke, ist mir gar nicht bewußt. Ich kann nur sagen, dass ich mich seit über 20 Jahren mit Religion beschäftige, Esoterik und New Age gehörte auch mal dazu, und nicht zu vergessen Hesse’s Bücher. Ich habe auch das Glück gehabt, nicht als Kind getauft zu werden, meine Eltern wollten, dass ich später selbst entscheide. Und ich muß sagen, dass ich es nicht bereue, keiner religiösen Gemeinschaft anzugehören. Ich mag eigentlich sogar den Gedanken wie ein alleinreisender Mönch im Leben zu sein, und mittlerweile lehne ich sämtliche heilsbringerischen Pläne ab, und das schließt auch die Politik, bzw. den modernen Staat ein, mitsamt all den marktschreierischen …. , die nur Parolen und undurchdachte Meinungen in die Welt plärren. Es gibt aber auch andere, die mittendrin sind in der Politk, und dennoch eine gewisse Sensibilität und Spiritualität bewahren, und über der Propaganda stehen. Ist vielleicht typbedingt. Hochsensiblen Personen bleibt vielleicht keine andere Wahl als auf die spirituelle Entdeckungsreise zu gehen, um mit all den Signalen, die auf sie aus der Welt heraus einströmen, klar zu kommen. Wer mehr (gefühlt) leidet, muß vielleicht mehr verarbeiten. Andere scheinen mehr Felsen in der Brandung zu sein, egal wie hart die Wellen gegen sie schlagen, die bleiben fest und wanken nicht, also innerlich, in der Psyche, meine ich. Vermutlich auch kein Zufall, dass buddhistische Konzepte in die Psychotherapie eingegangen sind.
Den Yuttadhammo Bhikkhu habe ich mir eben auf YT rausgesucht. Übrigens fällt mir beim Stichwort “Leiden” auch Krieg ein, nämlich dass Krieg immer Leiden für alle bringt, auch für die Sieger, und es scheint so zu sein, dass die Menschen in den USA von Jahrzehnten der Kriegführung heimgesucht werden. Ich habe in den letzten Monaten viel Twin Peaks und andere David Lynch-Filme gesehen, viel darüber gelesen und auch ihm selbst viel zugehört, YT ist da ja eine Fundgrube, und mir scheint, dass die vielen Probleme im amerikanischen Inland ebenso hausgemacht sind, um es wie Lynch zu sagen, dass ein Geist, ein Zeitgeist der Angst spürbar ist, der mit dem 2. Weltkrieg begonnen hat und sich über die Jahre nur noch verstärkt hat. Ich weiß nicht inwieweit Transzendentale Meditation mit Buddhismus zu tun hat, David Lynch sieht in der TM die Lösung für diese Probleme. Eintauchen bis zur Ebene des Einsseins mit dem Urgrund und Freude erfahren. Wissen Sie vielleicht Näheres, so aus der Erfahrung mit dem Buddhismus heraus?