Parteien werden zum Panoptikum – Despotie der Randständigen
Politische Parteien werden – immer noch – als intermediäre Variable im politischen Prozess angesehen, die, wie Otwin Massing einst (1969) geschrieben hat, politische Willensströme aggregieren und in Entscheidungshandeln umsetzen. Das passt zu einer alten, auf Heberle (1969) zurückgehende Bestimmung von Partei, die sich bei Otto Stammer und Peter Weingart wie folgt liest:
“In den Parteien werden die Interessen unterschiedlicher sozialer Gruppen, die politischen Meinungen und die Willensäußerungen der politisch interessierten Teile der Bevölkerung mehr oder weniger stark zum Ausdruck gebracht und durch Integration unter gesellschaftspolitischen und oder parteipolitischen Aspekten auch beeinflusst … Begreift man die Parteien als Brennpunkt der politischen Meinungs- und Willensbildung einer Gesellschaft, so muß man ihren Funktions- und Strukturwandel berücksichtigen, der sich etwa gleichzeitig mit der Industrialisierung der Gesellschaft und der bereits mehrfach beschriebenen zunehmenden Komplexität des gesamten politischen Prozesses ergeben hat” (Stammer & Weingart 1972: 164-165).
Massing 1969;
Heberle 1969;
Stammer und Weingart 1972;
Echte Antiquitäten.
Politikwissenschaft aus einer Zeit, in der es noch etwas zu analysieren gab. Aus einer Zeit, in der Parteien vielleicht wirklich gesellschaftliche Organisationen waren, die auf institutionalisierten Interessengegensätzen (Stadt-Land, Religion-Laizismus, Arbeit-Kapital) basiert haben und deren Vertreter tatsächlich Aggregatoren von Interessen und politische Entscheider waren. Aber, wie haben Stammer und Weingart oben und vor rund 48 Jahren geschrieben: Man muss den Wandel von Gesellschaften und dadurch erzwungen den Wandel von Parteien berücksichtigen.
Parteien haben sich gewandelt.
Parteien sind geschrumpft. Aus Mitgliederparteien wie der SPD und der CDU, die einst mehr oder knapp eine Million Mitglieder hatten, sind kondensierte Clubs geworden, in die sich vor allem Opportunisten und die Vertreter von partikularen Interessengruppen verirren.
Es ist unsere These dass politische Parteien zu exklusiven Vereinen geworden sind, in die nur noch Eingang findet, wer – wie das die Chinesen so schön können – den Parteikatechismus (Oath of Allegiance) aufsagen kann. Aus diversen Parteien sind Einheitsparteien geworden.
Mit dieser ideologischen Schließung geht eine personelle Schließung einher, denn Parteien haben sich in den letzten Jahrzehnten immer stärker zum Auffangbecken für Politaktivisten und Hochschul-Absolventen entwickelt, die auf dem freien Arbeitsmarkt keinen Fuß fassen können. Der Weg in die Politik ist eine Form des Race to the Bottom, das immer mehr Inkompetente und immer mehr Vertreter von Fringe-Interessen, dem, was man früher Randständigkeit genannt hat, geworden sind.
Randständigkeit in diesem Sinne beschreibt gesellschaftliche Gruppen, die Minderheitenpositionen vertreten, die auf normalen Wegen (also z.B. durch Arbeit oder Leistung) keinen Zugang zu gesellschaftlichen Ressourcen finden und deshalb den Weg über Parteien nehmen, um die eigenen Ziele durchzusetzen.
Diese Gruppen der Randständigen, die in früheren soziologischen Arbeiten im Kontext der Soziologie der Devianz behandelt wurden, haben weder den Willen noch die Fähigkeit, an politischen Entscheidungen mitzuarbeiten, die im Interesse einer Mehrheit der Bevölkerung sind. Sie haben zunächst das Interesse, sich selbst zu bereichern und dann das Interesse, ihre fehlenden politischen Inhalte, ein Fehlen das zwangsläufig daraus folgt, dass diese Vertreter randständiger Interessen zumeist Einpunkt-Programme verfolgen, bestenfalls ein ideologisches Syndrom umsetzen wollen, dadurch zu kaschieren, dass sie sich als moralische Übergröße, als moralische Elite zu inszenieren suchen.
Belege für unsere These finden sich in einer Reihe von Entwicklungen:
- Parteien werden für normale Menschen immer unattraktiver: Mitgliedschaften werden seltener;
- Parteien werden in ihren Programmen immer radikaler: Themen, die die Interessen der Mehrheit der Gesellschaft umfassen, werden zugunsten von randständigen Partikularinteressen, Interessen von Mittelschichtsfrauen, Transsexuellen, Schwarzen, von allen, die nicht Mehrheit sind, aufgegeben.
- Die Politik wird zunehmend zu einer Despotie der Randständigen über die gesellschaftliche Mehrheit und Parteien werden immer mehr zu dem, was man früher über Jahrmärkte gefahren hat, weil es das Außergewöhnliche gezeigt hat: Ein Panoptikum.
Parteien werden nicht nur in Deutschland zu einem Panoptikum, sie werden es auch in den USA, wobei die Entwicklung dort bislang weitgehend auf die US-Democrats beschränkt ist, die Zulauf von allen Arten Randständiger haben. Tucker Carlson hat dies am Rande des DNC, des Democratic National Congress sehr treffend eingefangen. Wir haben uns des entsprechenden Videos bemächtigt und geben es hier an unsere Leser weiter, mit der Bitte uns Berichte, Anekdoten und andere Belege oder Widerlegungen für unsere These, dass Parteien immer mehr zu einem Panoptikum der Randständigkeit und somit der Devianz, also Abweichung werden, zu schicken (sciencefiles @ textconsulting.net).
Wir haben bereits Untertitel eingestellt. Wer der englischen Sprache nicht mächtig ist, der möge hier klicken, dann auf das Rädchen unten rechts klicken, “Subtitels” anwählen, dann auf “auto-translate” klicken und German anwählen.
Heberle, Rudolf (1967). Hauptprobleme der Politischen Soziologie. Stuttgart: Enke.
Massing, Otwin (1969). Parteien und Verbände als Faktoren des politischen Prozesses – Aspekte politischer Soziologie. In: Kress, Giesela & Senghaas, Dieter (Hrsg.): Politikwissenschaft. Eine Einführung in ihre Probleme. Frankfurt a.M.: Europäische Verlangsanstalt, S.324-369.
Stammer, Otto & Weingart, Peter (1972). Politische Soziologie. Weinheim: Juventa.
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Tucker Carlson ist interessant. Wer macht hier bei uns solchen Journalismus? Zweite Preisfrage – ist Joe Biden noch Herr seiner Sinne? Und was bedeutet es, dass Michelle Obamas Parteitagsrede nur ein sehr geringes Social-Media-Interesse hervorgerufen hat?
Fox-News ist parteiischer Journalismus. Damit will ich nicht gesagt haben, dass er falsch liegt. Es gibt ihn nur in Deutschland nicht in dieser offnen Form (außerhalb von Nischen).
Halten Sie ARD und ZDF für “unparteiisch”?
Tim Groseclose hat um 2005 im Quarterly Journal of Economics, “A Measure of Media Bias” geschrieben und darauf basierend das Buch “Left Turn: How Liberal Media Bias Distorts the American Mind”.
Er hatte eine Skala von 0 bis 100, 0 für total Republikanisch, 100 für total demokratisch. Fox News kam bei ihm auf ca 45 so ich mich recht erinnere, die NYTimes auf um die 75. Zumindest damals war Fox News wesentlich näher an der Mitte und eines der ganz wenigen Medien, die zumindest einen Tick Richtung Republikaner waren. Der überwältigende Rest war um Welten demokratischer und weiter von der Mitte entfernt.
Eric Weinstein vom Intellectual Dark Web (IDW) hat kürzlich etwas Ähnlich Negatives gesagt über die New York Times. Auch Ron Unz und Barri Weiss taten das – dass man sie nicht mehr als objektive Zeitung betrachten soll.
Bzw. Eric Weinstein hat das auf Twitter noch etwas schärfer gesagt: “The New York Times is dead.”
Wenn für Sie Fox News parteiisch ist, was ist dann MSNBC, NBC, CBS, ABC, NPR, NYTimes und Washington Post? Tucker Carlson ist einer der ganz wenigen echten Journalisten, der auch Vertreter generischer Parteien interviewt und sie zu Wort kommen lässt. Zudem sagt er kritische Dinge auch über die Republikanische Partei. DAS (seine parteiliche Unabhängigkeit) ist ungewöhnlich und bescherte ihm die höchste Einschaltquote, die jemals gemessen wurde = 4,3 Millionen Zuschauer. Rekord.
Mit oder ohne aufgepresste Zwangsabgabe (wie hier beim Staatsfunk)???
Die finanzieren sich fast alle (außer NPR) von (lästiger) Werbung. Aber dennoch guter Journalismus.
Ich denke, dass die Parteiendemokratie eine Fehlkonstruktion ist. Und das die Entwicklung der Parteien von einer Zeit in der sie noch nicht vollständig fehlkonstruiert waren zum aktuellen Zustand folgerichtig war. Früher dachte ich Parteien würden regieren. Dann habe ich gehört, dass sie dazu da sind an der Willensbildung des Volkes teilzunehmen. Aber eigentlich dachte ich auch da weiterhin, dass das die Regierung sei. Und ich meine, dass das der heutigen Realität näher kommt.
Wozu benötigt ein Staat überhaupt Parteien? M.e. hat ein Staat nur für zweierlei zu sorgen: für Recht und Ordnung und für innere und äußere Sicherheit. Politik kann dann noch für den Arbeitnehmer oder den Unternehmer gemacht werden, damit sind die politischen Aufgaben erschöpft (auch wenn ich mir da nicht ganz sicher bin).
Es gibt ja Parteien im heutigen Sinn vielleicht noch nicht so lange und früher waren die Aufgaben von Staat und Parteien damit wohl auch erschöpft. Aber das wurde in Frieden und t´relativem Wohlstand langweilig. So dass das Tätigkeitsfeld der Reformen erfunden wurde. Es wurden also nicht mehr Grundaufgaben und die Vertretung von Interessen der entscheidenden Gruppen wahrgenommen, sondern es wurden Entwürfe zu Reformen formuliert. Etwas früher eher große Geister angestoßen haben und was sich dann in der Gesellschaft weiter entwickelt hat.
Von der Reform (was die Basis der Zerstörung gewachsener gesellschaftlicher Strukturen war) ging es dann zur Interessenvertretung von Randgruppen und privater geisteskranker Ideologien aller Art, wo wir heute sind.
Also das Grundproblem ist, dass Politik weit über ihre eigentliche Aufgabe (Sicherheit, innere und äußere Ordnung hinausgreift) und die Parteien überflüssig sind. Durch die Reformen hat die Politik ihr Tätigkeitsfeld überflüssig und unzulässig ausgeweitet. Und die Parteien sind dabei zu Vereinen der Vertretung von Interessen von Perversen geworden.
So haben wir heute die Situation, dass die AfD die Interessen der normalen Bürger gegen den Staat (und dabei auch die eigentlichen Aufgaben des Staates wieder einfordern muß) und die übrigen Parteien vertritt.
Dies ist ein sehr interessantes Buch:
https://de.sott.net/article/1025-Der-Trick-des-Psychopathen-Uns-glauben-machen-dass-Boses-von-anderswo-kommt
Auszug:
Interview mit den Herausgebern der Les Editions Pilule Rouge Ausgabe des Buches Politische Ponerologie
Schweizer Journalistin Silvia Cattori im Interview mit Laura Knight-Jadczyk und Henry See:
Silvia Cattori: Nachdem ich das Buch Politische Ponerologie, Eine Wissenschaft über das Wesen des Bösen und ihre Anwendung für politische Zwecke von Andrzej Łobaczewski gelesen hatte, wollte ich den Autor interviewen. Weil er jedoch krank ist, konnte er auf meine Fragen nicht antworten, außer vielleicht auf kürzeste Art, ein kurzer Paragraph. Zum Glück war es mir möglich, Laura Knight-Jadczyk und Henry See, die Editoren dieses Buches, zu interviewen, die sich mit dem Autor über meine Fragen telefonisch unterhielten und deshalb in der Lage waren, für ihn zu sprechen.
Ich denke, dass jeder dieses Buch lesen sollte, da es den notwendigen Schlüssel zum Verständnis von Ereignissen birgt, die wir sonst nicht nachvollziehen könnten. Das Buch beschreibt die Wurzel des “Bösen” bzw. des “Übels”, das wahre Wesen davon, und illustriert, wie es sich in der Gesellschaft verbreitet.
Ich denke, die These der Größe geht so nicht auf, denn einerseits ist das Phänomen des Opportunismus nicht nur bei kleineren oder „stark geschrumpften“ Parteien anzutreffen, sondern mindestens ebenso bei den großen bis größten – und das überall in der (!) Berufspolitik, wo Einkommen o.a. persönliche Pfründe (persönliche Macht) winken.
Das Phänomen ist auch nicht neu. Ich habe mehrere große Parteien über je ein Jahr von innen verfolgen können – vor weit über 20 Jahren, wo das nicht wirklich anders war (oder auch in der weimarer Republik), nur war das dem Normalbürger „draußen“ weit weniger zugänglich, weil es in ihrem Leben u.a. noch kein Internet und damit verbundene – nicht vom Staat dominierbare – Kommunikationswege gab, die das staatliche Wahrheitsmonopol sicherten. Schon Adenauer handelte höchst opportun mit seiner Kettenbriefrente.
Tatsächlich ist das sogar aus der (echten) Politikwissenschaft (Parteientheorie) ableitbar, denn Parteien bewegen ihre Standpunkte schon allein nur über den Wahlzyklus weiter, als es eine Person mit Rückgratrest „flexibel mitgehen“ könnte. Wer als Berufspaerteiling überleben will, muss ein „sehr flexibeles Wertekorsett“ mitbringen oder fällt schlichtweg raus.
Der Irrglaube bestand bisher lediglich darin, dies träfe nur auf Parteien in offen despotischeren / zwangskollektivistischeren Gesellschaften zu wie bei der KPD, SED der KP Chinas, im Iran usw. – dabei war das bei „westlichen“ Berufspolitikern auch nie wirklich anders. Lediglich die Ausprägung ist gewachsen- mit den winkenden Pfründen persönlicher Macht, Status und Einkommen.
Die „Bonner“ Republik hatte davon noch vergleichsweise weniger zu bieten.
Randständige sind für Parteiführungen attraktiv. Wer außerhalb seiner Partei nix werden kann, ist halt als Parteisoldat wesentlich loyaler als jemand, der ohne die Partei seinen Lebensunterhalt erwirtschaften kann.