Ärmel-Kanal News: Rund ums Ausschnüffeln der Bevölkerung – Democracy Crash Test I

Der nächste Zensus steht an in England und Wales. Am 21. März ist es soweit, dann heißt es: Online gehen und ausfüllen. Man tut das natürlich nicht, weil man mit einem Bußgeld von bis zum £1,000 bedroht wird, für den Fall, dass man es nicht tut, nein, man tut es aus Mitleid, um den staatlichen Stellen, die so wichtige Planungen durchführen müssen, die Peinlichkeit zu ersparen, am Bedarf vorbeigeplant zu haben – was sie natürlich trotzdem tun, aber dann ist die Schuld eindeutig zuschreibbar. Die Kenntnisse über die eigene Bevölkerung, sie sind im Vereinigten Königreich regelmäßig schlecht entwickelt, jedenfalls denken alle Regierungen, ob in Westminster oder in Cardiff, sie wüssten zu wenig von ihrer Bevölkerung. Deshalb schnüffeln sie. Aber dazu gleich.

Tatsächlich wissen sie zuweilen tatsächlich weniger als sie dachten zu wissen.

Nehmen wir z.B. die Anzahl der EU-Bürger, die sich in das Vereinigte Königreich geflüchtet haben, ja haben, nicht wegen Brexit geflüchtet sind, wie es deutsche Medien so gerne behaupten. Die Notwendigkeit, sich als EU-Bürger im Settlement Scheme zu registrieren, um permanent leave to remain zu erhalten oder doch zumindest einen pre-settled status hat zu Tage befödert, dass nach dem Brexit rund 2 Millionen mehr EU-Bürger im Vereinigten Königreich leben als vor dem Brexit. 3,1 Millionen war die Ausgangszahl vor dem Brexit, einen settled Status haben bisland 5,1 Millionen EU-Bürger beantragt. Erhalten haben ihn bislang 4,5 Millionen, 3% der Anträge wurden zurückgewiesen oder zurückgezogen. Die meisten EU-Bürger leben in London. 17% der Londoner sind EU-Flüchtlinge. Es folgt der Südosten (Buckinghamshire, East Sussex, Hampshire, the Isle of Wight, Kent, Oxfordshire, Berkshire, Surrey and West Sussex) und der Osten Englands, also Essex, Norfolk, Suffolk, Bedford-, Cambridge- und Herefordshire.

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Falls jemand dieses Ergebnis der ARD-tagesschau mitteilen will, nur zu, vielleicht kann die dort so gerne beschworene Angst, dass das Vereinigte Königreich nach dem Brexit bar aller EU-Bürger sein würde, dadurch abgemildert werden. Indes, ob sich Fakten dazu eignen, das ideologische Fieber in den Räumen der ARD-tagesschau zu behandeln …


Nun ist der britische Mensch und nicht nur er, in seiner Mehrzahl ein misstrauischer Mensch, einer, der seiner Regierung nicht traut. Deshalb soll man es mit den Daten nicht übertreiben und auch einen Pass nur dann beantragen, wenn es sich nicht vermeiden lässt, weil z.B. die Idioten im Land, das man als Urlaubsland auserkoren hat, auf einem solchen beharren. Ergo sehen sich die britischen Regierungen einer Bevölkerung gegenüber, die sich nur ungern von den Informationen trennt, die Regierungen so gerne hätten. Tragisch ist das vor allem für die Sozialisten von der SNP, der Scottish National Party, nach allem, was man so terminologisch tun kann, eine national-sozialistische Partei. Die SNP ist stets im Dienste der Bürger unterwegs und hat deren Wohl und nur deren Wohl im Sinne, was sich nicht zuletzt daran zeigt, dass die SNP Milliarden Zahlungen aus der EU und aus Westminster abgefischt und vergraben hat, um wohl für schlechtere Zeit gerüstet zu sein (nicht etwa, um sich selbst zu bereichern …). Wie dem auch sei, die SNP-Regierung um Nicoliar Sturgeon, wie sie in Kreisen von Britannien heißt, hat es nun geschafft, eine Hate Crime Bill durch das Schottische Parlament zu schleusen. 82 Abgeordnete waren für die neue Hate Crime Bill, die damit zum Law wird, 32 Tories dagegen. Die Bekämpfung von angeblichen “Hate Crimes”, ist etwas, das allen guten Sozialisten am Herzen liegt, denn diese Bekämpfung, sie verschafft die Möglichkeit, mit seiner vermeintlichen Tugend zu wedeln, um just den Menschen Sand in die Augen zu streuen, denen man Freiheitsrechte stiehlt. So auch in Schottland, wo Hate Crime nunmehr wie folgt definiert wird:

““offences which adhere to the principle that crimes motivated by hatred or prejudice towards particular features of the victim’s identity should
be treated differently from ordinary crimes”.

Der Weg in den Totalitarismus ist immer dann beschritten, wenn sich Regierungen anmaßen, die Motivation, die ein Bürger bei Ausführen einer bestimmten Handlung hatte, erkennen zu können. Dann sind die Gedanken nämlich nicht mehr frei, sondern determiniert, von der Phantasie derer, die die Drecksarbeit für Regierungen erledigen. Schottland reiht sich somit in die Riege ein, die Heiko Maas für Deutschland mit seinem Netzwerkdurchsetzungsgesetz begründet hat, ein Gesetz, das sogar in Russland und Venezuela wohlwollend aufgenommen wurde. Anlass zum Streit über die Hate Crime Bill, die der Schottische Justizminster Humza Yousaf (mit schottischem Akzent auszusprechen!) zu verantworten hat, ein Schotte mit pakistanischem Hintergrund, haben vor allem zwei Passagen gegeben, faktisch die beiden Passagen, die als Neuerung gefeiert wurden: “stiring up hatred” und “possessing inflammatory material”.

Beide Passagen sind, wie es in diesen Gesetzen, die der Kontrolle, nicht dem Schutz dienen, üblich ist, vage formuliert, so dass alles und nichts subsumiert werden kann. Erstere Passage, das “Anfachen von Hass”, war zunächst so formuliert, dass jeder, der “mit der Intention” unterwegs ist, “Hass gegen eine der geschützten Gruppen [die übliche Liste von Trans usw.] anzufachen oder der etwas tut, was als eine wahrscheinliche Folge hat, dass Hass gegen eine geschützte Gruppe angefacht wird, bestraft werden kann. Die Formulierung hätte Orwell einfallen können, denn sie ist so umfassend, dass nichts ausgeschlossen ist. Auf öffentlichen Druck hin, wurde diese Passage so geändert, dass nur derjenige sich strafbar macht, der absichtlich Hass gegen eine geschützte Gruppe anfacht. Ob es das besser macht? Nicht viel.

Das Ziel von Gesetzen gegen so genannte Hasskriminalität besteht darin, Unsicherheit zu verbreiten und den Gebrauch der Meinungsfreiheit zu unterbinden. An beiden Fronten ist Yousaf mit seinem Gesetz erfolgreich. Dass man in Schottland auch in den eigenen vier Wändern nicht mehr vor dem Zugriff der Häscher von Nicolair Sturgeon sicher ist, dafür sorgt die “possession of infammatory material”, die Hausdurchsuchungen nach sich ziehen kann und die Möglichkeit, Hassrede durch Denunziation aus den eigenen vier Wändern nach draußen zu tragen. Abermals ist die Absicht, Unsicherheit zu verbreiten und Keile zwischen die Bevölkerung zu treiben, unverkennbar. Es muss nicht ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass die weiten Befugnisse, die das neue Gesetz schottischen Behörden gibt, in nichts hinter den Befugnissen der Gestapo im Dritten Reich zurückstehen. Aber das ist natürlich nur ein historischer Zufall, wie er so oft auftaucht, wen nationalistische Parteien sozialistische Ideologien vertreiben.

Und was sagt Yousaf zu seinem Werk:

““Through the passing of this landmark Bill, Parliament has sent a strong and clear message to victims, perpetrators, communities and to wider society that offences motivated by prejudice will be treated seriously and will not be tolerated – I am delighted Holyrood has backed this powerful legislation that is fitting for the Scotland we live in.”

Das sind die Äußerungen, auf die Historiker in ein paar Jahrzehnten, wenn sie erkären wollen, wie es soweit kommen konnte, zurückgreifen werden.


Geht es um das Schnüffeln, das Ausschnüffeln der Bevölkerung, dann steht Schottland leider nicht alleine. Ein Leak, eines dieser berühmten Leaks aus Whitehall hat seinen Weg zu Matt Burgess von Wired gefunden. Darin geht es einerseits um die Snooper’s Charter (Schnüfflers Charter), auch bekannt als “Investigatory Powers Act”, ein Gesetz aus dem Jahre 2016, das einmal mehr Theresa May zu verantworten hat, und es geht um eine Versuchsreihe, der derzeit offenkundig britische Bürger unterzogen werden, ohne dass sie es wissen. Die Transparenz lässt, wie so oft, wenn Bürger durch einen übergriffigen Staat bedroht werden, der sie partout schützen will, und wenn es deren bürgerliche Freiheit kostet, zu wünschen übrig. Nun, schon Sir Humphrey hat die wichtigen Unterlagen in den roten Koffern von Minister Jim Hacker versteckt und dem entsprechend findet sich die Kunde von den derzeit durchgeführten Schnüffel-Trials auch in einem offiziellen Bericht:

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“In July 2019 a JC provided the first approval of a CD retention notice regarding internet connection records (ICRs) relating to a telecommunication operator. This approval was granted solely for the purposes of a trial, (‘live’ authorisations and acquisition of ICRs), being conducted by law enforcement in conjunction with the Home Office, of systems and processes for the proposed future operational use of ICRs. An ICR is a record of an event, held by a telecommunications operator, about the sites or services to which a subject has connected on the internet – but explicitly not what was done on those sites or services (the content). As part of the same trial, although solely for testing purposes at this stage (no ‘live’ authorisations and no acquisition of ICRs by a relevant public authority), in October 2019 a JC approved a further CD retention notice regarding ICRs relating to a different telecommunications operator.”

Der Jahresbericht des Investigatory Powers Commissioner enthält diese Passage, der man das an Einzelheiten zum “Live Trial” entnehmen kann, was bislang bekannt ist. Demnach sind die Schnüffler am ICR, am Internet Connection Record der Nutzer interessiert, also an einer Liste der besuchten Internetseiten, an IP-Nummern, and der Menge übertragener und heruntergeladener Daten, an Daten, die es erlauben, ein recht gutes Bild von dem, dem nach nachschnüffelt, zu gewinnen. Die Informationen oben stammen aus dem Jahresbericht für 2019, und seither hat sich wohl – und das ist die gute Nachricht – nicht viel getan, jedenfalls ist nicht mehr als das erfolgreiche Sourcen von 2 ICRs bekannt, wenngleich dann, wenn es um Schnüffelei geht, aus wenig schnell viel, sehr viel wird. Internet Provider, die gesetzlich zur Verschwiegenheit verpflichtet sind, man erkennt deutlich die Handschrift der Regierung “May”, die sich offenkundig EU-Praktiken zum Vorbild genommen hat, könnten verpflichtet werden, ICRs ihrer Nutzer bis zu 12 Monate vorrätig zu halten, ein Unterfangen monumentalen Ausmaßes, dessen technologische Lösung noch aussteht. Bis die Regierung in Whitehall alle UK-Citizens gleichzeitig ausschnüffeln kann, oder auch nur ausgesuchte, zum Beispiel Armeeangehörige oder Polizisten (oder politische Gegner :), dürfte noch einige Zeit vergehen. Aber allein zu wissen, woran derzeit gearbeitet wird, reicht, um Frösteln auszulösen.


Bletchley Park

Ein Glas Sherry um Mitternacht hat offenkundig die “special relationship”, “special snooping relationship” zwischen dem Vereinigten Königreich und den USA ausgelöst. Wie aus dem kürzlich veröffentlichten Tagebuch von Alastair Denniston, Chef des Vorgängers von GCHQ [Government Communications Headquarters], der Government Code & Cypher School, kurz: Bletchley, die Code-Knacker um Alan Turing, die Enigma geknackt haben, hervorgeht. Demnach traf am 10. Feburar 1941 eine US-Delegation um Abraham “Abe” Sinkov, kurz: Yanks, in Bletchley ein und wurden dort mit den Geheimnissen britischer Counter-Intelligence vertaut gemacht. Als Gegenleistung haben die US-Amerikaner eine Kopie der “Japanese Coding Machine” mitgebracht, die wiederum der US Signals and Intelligence Service erfolgreich nachgebaut hatte. Über einem Glas Sherry wurde nachts um 12 Uhr eine Zusammenarbeit begründet, die bis heute als special relationship fortdauert. Heute schnüffeln GCHQ und NSA gemeinsam, und mit an Bord sind zudem die Schnüffeldienste von Kanada, Australien und Neuseeland, auch bekannt als 5-Eyes Alliance.


Plymouth hat seit kurzem eine Skulptur von Sir Anthony Gormley mehr. Das rostige Eisenstück findet sich im Hafen und blickt aufs Meer, etwa so:

Nicht jeder ist mit dem Geschweiß glücklich, vor allem die Kosten, die Plymouth Council sich vergeblich bemüht hat, geheim zu halten, haben einigen Ärger hervorgerufen, denn in Zeiten, in denen die Arbeitslosigkeit um sich greift, Leute ihre Mortgage nicht bezahlen können und im Durchschnitt rund 800 Leute pro Tag im von Sadiq Khan heruntergewirtschafteten London bei einer Esenstafel anstehen, erschließt sich die Freigiebigkeit der Gestalten im Council nicht auf den ersten Blick, und auch nicht auf den zweiten Blick. Indes ist der Filz, der in diesem Fall 764.000 britische Pfund umverteilt hat, von Steuerzahlern zum “Künstler”, dieser Filz, der eine gewisse Schicht von Personen mit denen, die vermeintliche Kunst erstellen, verbindet, ist nicht neu. Quentin Letts hat ihn unter dem Titel “Patronizing Bastards” beschrieben und die Yes Minister Episode “Middle Class Rip-off” hat sich ausführlich damit beschäftigt. Deshalb überlassen wir das entsprechende Schlusswort Alex Belfield, der einen sehr erfolgreichen YouTube-Channel betreibt, den er Voice of Reason nennt. Wie Sie sehen können [englische Sprachkenntnisse erforderlich] ist “the Voice of Reason” fairly outspoken. Gormless, der Begriff, den Belfield anstelle von Gormley nutzt, steht für dämlich, dusselig.



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